Willkommen im Einstaaten-Klub
- Thomas Friedman - Gideon Levy
-
Der bekannteste Kolumnist der Welt, der immer die Stimmung in
Washington reflektiert und prägt, hat letztendlich realisiert,
dass die Zweistaaten-Lösung tot ist.
Ein neuer, hoch angesehener „Guy“ ist dem Klub
beigetreten. Wie alle Neulinge, so steht er zunächst an der
Seite, zögernd, unsicher - vielleicht fehlt ihm der Mut. Wie
alle Hochangesehenen traut er sich noch nicht, sich in die Mitte
des stürmischen Tanzbodens zu bewegen – aber, er ist da. Geben
Sie ihm etwas Zeit, sich daran zu gewöhnen. Willkommen im Klub,
Thomas L. Friedman.
Der bekannteste Kolumnist der Welt schrieb letzte
Woche(
wrote last week ) in der New York Times: “Es ist
vorbei, Leute, also hört bitte auf, dem Herausgeber der New York
Times-Kolumne eure Vorschläge für eine Zweistaaten-Lösung für
Israelis und Palästinensern zu senden.” („The Many Mideast
Solutions“ /Die vielen Lösungen für den Nahen Osten/ 10.
Februar).
Mit der charakteristischen Verspätung jener, die
versuchen sich in der etwas imaginären Mitte zu positionieren,
kam Friedmann zu dem Schluss, dass der Friedensprozess tot ist,
dass der nächste US-Präsident „sich mit einem Israel
auseinandersetzen muss, dass entschlossen ist, das gesamte
Gebiet zwischen dem Jordan-Fluss und dem Mittelmeer zu besetzen,
inbegriffen, wo 2,5 Millionen Westbank-Palästinenser leben” und
dass Israel nicht länger das Israel ist, das die Großväter der
Präsidentschaftskandidaten gekannt hätten.
Wie es bei vorsichtigen, symmetrischen Menschen
in der liberalen Mitte üblich ist, beeilt sich Friedman, die
Schuld auf die Schulter der Welt zu laden – der Siedler, Sheldon
Adelson, Benjamin Netanyahu, Hamas und Mahmoud Abbas. Es ist
bedauernswert, dass er dies erneut tut. Einer großen Partei kann
man die Schuld an der Situation geben, und sie alleine besaß die
Kompetenz, der Besetzung ein Ende zu setzen – und sie krümmte
nie einen Finger, um dies zu tun.
Israel hatte nie im Sinn, nicht einen einzigen
Augenblick, eine Zweistaatenlösung zu erzielen. Israel ist die
stärkste Partei und auch der Besatzer. Deshalb kann die Schuld
nicht zwischen ihm und der schwachen, besetzten Seite geteilt
werden. Man kann auch nicht Netanyahu, den Siedlern und Adelson
die Schuld geben. Tragen all die anderen, angefangen von Shimon
Peres über Tzipi Livni bis Isaac Herzog and Ehud Barak weniger
Schuld? Und sind die meisten Israelis, die die Fortsetzung
dieser Situation aufgrund ihrer Indifferenz all die Jahre
ermöglichten, weniger schuldig?
Friedmans Schritte sind zögernd,
selbstverständlich nicht entschlossen genug angesichts dieser
maßgebenden Realität. Aber sein Fazit ist so unerschütterlich,
wie es es nur sein kann: “Sie alle haben die Zweistaaten-Lösung
getötet. Lasst die Einstaaten-Lösung beginnen.”
Friedman ist nur ein Journalist. Trotzdem kann
man unmöglich diesen bahnbrechenden Augenblick ignorieren, den
Augenblick, in dem jemand, der immer die Stimmung in Washington
reflektierte und beeinflusste, die Idee verwarf, die ihn und uns
seit Jahren begleitet hatte. Friedman hörte sie auf dem Flur.
Hätte er sie nicht gehört - von jetzt an werden sie darüber
sprechen. Zu wenig, zu spät – aber sehr ermutigend. Der längste
Maskenball, die Zweistaaten-Orgie, hat ihr Ende erreicht, soweit
es Friedman betrifft. Wenn Amerika auf seinen Senior-Kommentator
hört, dann besteht Hoffnung. Europa, das weiterhin in einer
unwillkürlichen Post-mortem-Zuckung die „Zwei Staaten“ rezitiert
– weil sie so angenehm für jeden sind – muss seinen eigenen
Friedman finden, um aus seinem Schlummer zu erwachen.
Nur Amerika and Europa können die schlafende
Schönheit, Israel, rütteln und zur neuen Realität erwecken –
denn von alleine wird Israel das nie tun. Jeder, der Israel
kennt, ist sich dessen bewusst.
Was tut man, nachdem man den Toten beerdigt hat?
Friedman ist noch nicht soweit. Wartet noch ein Bisschen und
vielleicht wird auch er zu dem unausweichlichen Schluss kommen –
dass der „Eine Staat“ bereits schon seit 50 Jahren besteht. Er
besteht, um zu bleiben und alles, was übrig bleibt, ist, gegen
das Apartheidsregime zu kämpfen, dass es in Teilen seines
Gebietes errichtet hat. Gleiche Rechte für alle sollte der Name
des neuen Spiels von jetzt an sein – ein Mensch, eine Stimme,
wie bei dem Kampf gegen andere üble Regime in der Geschichte.
Und wie erreicht man das? Der einzige gewaltfreie
verbliebene Weg ist: durch Bestrafung. Die Möhren wurden alle
von Israel verschlungen, nur die Stiele bleiben übrig. Das nennt
man in Englisch BDS, wie Friedman weiß.
Ja, lieber Tom, es ist nicht der Staat, den
unsere Großväter erträumten, ganz und gar nicht. Jetzt muss er
entsprechend behandelt werden, in einem Versuch, ihn wieder ins
Lot zu bringen. (übersetzt von Inga Gelsdorf)
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