Palestine
Update Nr.8, 6. Jänner 2017
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Kommentar des Herausgebers Ranjan Solomon -
Übers: Gerhilde Merz -
Palestine Update beginnt mit einer
Würdigung des
verstorbenen Griechisch-melkitischen
Erzbischofs Hilarion Capucci,
der für die Rechte der Palästinenser
gekämpft hat und 94jährig gestorben ist. Der
Erzbischof verbüßte einen längeren
Gefängnisaufenthalt in den 1970ern, weil er
den bewaffneten Kampf vermeintlich
unterstützt habe, wurde aber nach zwei
Jahren entlassen. Er blieb jedoch standhaft
in seiner Leidenschaft für Gerechtigkeit und
setzte sich bis zu seinem Ende für die
Freiheit Palästinas ein.
Hanan Ashrawi, Mitglied der Exekutive der
PLO, beschreibt Capucci als eine Person, die
uns erinnert an die Zeit, als Priester aktiv
an politischen Kämpfen teilnahmen, vom
Widerstand gegen den amerikanischen
Vietnam-Krieg zur Führung der
Befreiungsbewegungen in Lateinamerika. In
einem Interview gegenüber Al Jazeera sagte
sie: „Er hat die aktive Kirche verkörpert –
geistliche Führer, die vorbereitet waren,
ihre Prinzipien in Aktion und Kampf gegen
die Ungerechtigkeit umzusetzen. Er wurde zur
Ikone für die Palästinenser“. Sie fuhr fort:
„Die Tage der revolutionären Priester ist
vorüber.
Die Kirche ist nicht mehr tief eingetaucht
in den aktiven Kampf. Sie ist zögerlich und
vorsichtig geworden. Heute zeigen Priester
eher ihre Solidarität, indem sie Zeugen sind
oder Anwälte“.
Diese Ausgabe von
Palestine Update zeigt, wie Israel
funktioniert unter einem Belagerungskomplex
sogar gegenüber einem Regime von gewaltlosem
Widerstand.
Sein Bedürfnis nach unangemessenem
Selbstschutz hat seine Politik ins Extreme
geführt. Israels politische Strukturen
gleiten wie in einer Spirale ab in die
Fehlentwicklung.
In diesem Kontext muss Israels absolute
Kontrolle über die Politik Amerikas gesehen
werden. Wie um diese hässliche Wahrheit zu
bestärken, haben nun drei Senatoren der USA
eine Vorlage in den Kongress eingebracht,
die Jerusalem als Israels ungeteilte
Hauptstadt anerkennen und die US- Botschaft
von Tel Aviv dorthin verlegen solle. Diese
Übersiedlung verspottet internationale
Positionen und Übereinkünfte zur Frage
Palästina. Es ist ein leichtsinniger und
provokativer Vorschlag, der nur die an sich
komplexe Situation zwischen beiden Seiten
verzögern würde.
Ein weiterer Beweis für die Fehlentwicklung
ist die jüngste Aussage des israelischen
Justizministers, das israelische Recht in
Teilen der Westbank einzuführen. Das heißt
Annexion! Die Anwendung dieses Gesetzes
enthüllt die wahre Natur des
diskriminierenden Regimes Israels.
Mehr Fehlentwicklung
zu Diensten:
Unter Missachtung des Urteilsspruches in
einem untypischen Fall von
Gerechtigkeitsempfinden über einen
israelischen Soldaten, der einen
verwundeten, am Boden liegenden und bereits
entwaffneten palästinensischen Mann durch
Kopfschuss tötete, forderte der
Premierminister Banjamin Netanyahu die
Begnadigung des Soldaten. Palästinensische
politische Denker warnen das Volk, dieses
nicht als Zeichen für kommende Dinge zu
bewerten. Dieser Sieg des Gerichts hat nur
symbolischen Wert, wenn man die systemische
Unterdrückung von Palästinensern durch
Israel dem gegenüber stellt. Die Israelis
sind sehr gespalten, aber die Waage schlägt
aus zugunsten des Soldaten Elor Azaria.
Sogar die Medien sind aufgesprungen und die
geschätzte Jerusalem Post hat eine Umfrage
gestartet und stellt die irgendwie absurde
Frage über einen schamlosen Killer: „Sollte
Elor Azaria pardoniert werden?“
Die globale Menschenrechts-Wachhunde-Gruppe
Human Rights Watch (HRW) hat Israel
getadelt, israelische Soldaten und Polizei
aufzuhetzen, das Protokoll zu ignorieren,
wenn sie mit angreifenden Soldaten zu tun
haben. Es wird berichtet, dass israelische
Soldaten und Polizisten das Gesetz brechen,
wenn sie mit Palästinensern konfrontiert
sind. Der Bericht stützt sich auf
Stellungnahmen israelischer
Politiker-Veteranen, die gegen sowohl das
internationale Recht wie die israelischen
Anwendungsregeln sind.
Bei einer
anderen Herausforderung durch israelische
Unterdrückung der Freiheit zum Protest
registrieren wir eine emsige offizielle
Pro-Israel Kampagne, um BDS zu zerstören.
Die BDS-Aktivisten geben aber ihr Recht auf
Freiheit im Ausdruck nicht auf. Als
Vorläufer führen sie besonders die Kampagne
gegen die Apartheid in Südafrika in den
1980ern an. Wie kann man erwarten, dass
irgendjemand das Recht auf freie Rede zu
kämpfen – von seinem Wesen her ein Recht,
über das man nicht verhandeln kann –
aufgibt? Das erklärt, warum BDS-Gruppen ihre
Arbeit wirkungsvoll verteidigen, indem sie
das Recht auf Redefreiheit einfordern.
Derzeit kann es noch ausschauen, als würde
Israel mit Macht und Unterstützung von
dominanter und einflussreicher Seite
gestützt werden. Aber seine moralische
Vormachtstellung wird ständig reduziert und
hinterfragt bei denen, die denken und
wissen. Und das ist die überwiegende
Mehrheit in der Gemeinschaft der Nationen.
Ranjan Solomon, Herausgeber in Solidarität
Erzbischof, „Ikone des
Widerstands“ für die Palästinenser, stirbt
mit 94
- Der Griechisch-melkitische Erzbischof
Hilarion Capucci, der für die Rechte der
Palästinenser gekämpft und im Gefängnis
verbracht hat, starb mit 94. Hilarion
Capucci, der zum Patriarchalvikar von
Jerusalem 1965 bestellt worden war, wurde
neun Jahre später für Waffenschmuggel in
Israel festgenommen. Seine Geschichte geht
zusammen mit der des Konflikts im Mittleren
Osten. Israel beschuldigte ihn, seinen
diplomatischen Status ausgenutzt zu haben,
um Waffen für die militanten Palästinenser
in der besetzten Westbank zu schmuggeln.
Msgr. Capucci saß zwei Jahre von der
verhängten 12jährigen Haft in einem
israelischen Gefängnis ab; dann wurde er
infolge einer Intervention durch den Vatikan
freigelassen und ausgewiesen.
Als Zeichen dafür, wie ihn die Sache
Palästinas weiterhin motivierte, beteiligte
er sich zweimal Hilfsflotten bei ihrem
Versuch, die Gaza-Blockade Israels zu
brechen, obwohl er bereits hoch in den 80ern
war. 2010 befand er sich unter den
Passagieren der Mavi Marmara, als dieses
Schiff in internationalen Gewässern von
einem israelischen Kommando angegriffen
wurde. Neun der an Bord befindlichen
Aktivisten wurden damals getötet. Capuzzi
wurde arretiert und im Gefängnis von
Beersheva kurz eingesperrt, nachdem er zum
ersten Mal nach 32 Jahren seinen Fuß auf
israelischen Boden gesetzt hatte. Ilan
Pappe, israelischer Historiker, der Capucci
mehrmals getroffen hatte, nannte ihn „den
Mann in unserer Zeit“.
Berichten zufolge soll Capucci im Libanon
beerdigt werden.
US-Senatoren schlagen
Übersiedlung der US-Botschaft von Tel Aviv
nach Jerusalem vor.
-
Drei US-Senatoren schlugen am vergangenen
Mittwoch dem Kongress vor, Jerusalem als
ungeteilte Hauptstadt Israels anzuerkennen
und die Botschaft der Vereinigten Staaten
von Tel Aviv dorthin zu übersiedeln unter
Missachtung des internationalen Spruches
über den Jahrzehnte alten Beschluss über den
israelisch-palästinensischen Konflikt zur
Zweistaaten-Lösung.
Sollte der Vorschlag verwirklicht werden,
würde damit die illegale Besetzung von
Ostjerusalem seit 1967 legitimiert und der
palästinensische Anspruch auf die Hauptstadt
übergangen werden. Damit könnte die Praxis
im Weißen Haus, einen Beschluss des
Kongresses von 1995 (die Verzögerung der
Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt
Israels) beendet und die Botschaft dorthin
übersiedelt werden.
Der gewählte Präsident Donald Trump
versprach in seiner Kampagne, dass er im
Falle seiner Wahl die US-Botschaft nach
Jerusalem übersiedeln würde. Trump war auch
ein lautstarker Unterstützer der
Vergrößerung der illegalen israelischen
Siedlungen auf palästinensischem Boden, die
von der Internationalen Gemeinschaft als
eine klare Verletzung von internationalem
Recht verurteilt worden waren.
Im vergangenen Monat hat der scheidende
Präsident Barack Obama sein Veto als
Präsident bekräftigt und damit Pläne für
eine Umsiedlung der Botschaft auf weitere
sechs Monate verschoben – „Im Interesse der
nationalen Sicherheit“.
Der Generalsekretär der PLO (Palestine
Liberation Organisation) Saeb Erekat warnte,
dass die PLO alle früher unterzeichneten
Übereinkommen mit Israel wie auch die
Anerkennung des Staates Israel von 1993
durch die PLO widerrufen würden, wenn Trump
sein Gelöbnis weiter verfolgt, die Botschaft
von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen.
Die Vorstellung des amerikanischen
Vorschlags folgt auf den Fersen dem Verbot
der internationalen Gemeinschaft zur
Erweiterung der israelischen Siedlungen in
den besetzten palästinensischen Gebieten und
wiederholt deren Illegalität unter
internationalem Recht.
Eine Anzahl
palästinensischer Aktivisten haben die
Zweistaatenlösung als nicht dauerhaft und
kaum zum Frieden führend kritisiert
und schlagen als Alternative einen
bi-nationalen Staat mit gleichen Rechten für
Israelis und Palästinenser vor.
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Die
zusätzliche Annexion von Palästina
– Israels Justizminister kündet den Plan an,
israelisches Gesetz auf Teile der Westbank
anzuwenden, in anderen Worten, Annexion! Die
Anwendung dieses Gesetzes wird die wirkliche
Natur des diskriminierenden Regimes von
Israel aufzeigen. Die Annexion von Palästina
scheint bevor zu stehen.
Eine ehemaliger Minister der israelischen
Regierung kündet ein Gesetz an, wodurch bald
– Ende Jänner - Israels drittgrößte Siedlung
in der Westbank, Ma’ale Adumim zur Annexion
vorgeschlagen wird. Kann angenommen werden,
dass er dabei mitdenkt, dass diese
Einverleibung mit der Inauguration von
Donald Trump am 21. Jänner zusammenhängt?
Diese Ideen sind weder neu noch geheim. Der
israelische Erziehungsminister hat versucht,
den öffentlichen Diskurs in Israel und
weltweit in Richtung auf seine
Annexionsgelüste durch Beiträge in den
Massenmedien voranzutreiben um Unterstützung
für seine Bewegung zu erhalten.
Festnahme
eines israelischen Soldaten sollte die
Aufmerksamkeit für ständige Unterdrückung
von Palästinensern nicht zerstreuen
-
Zu einem seltenen Fall von Rechtsprechung
diente ein israelischer Soldat, der einen
verwundeten palästinensischen Mann, nachdem
dieser bereits entwaffnet und
bewegungsunfähig auf dem Boden lag, anschoss
und tötete: er wurde wegen Mordes
festgenommen. Die Nachricht ist ein kleiner
Sieg für die Verantwortlichkeit des IDF
(Israeli Defense Forces). Beobachter warnen,
man sollte sich dadurch nicht ablenken
lassen von der systemischen Unterdrückung,
die in Israel und Palästina weiter geht. Der
israelische Premierminister Benjamin
Netanyahu hat einen Freispruch für den
Soldaten gefordert, der wegen Mordes durch
Erschießen eines verwundeten, bereits auf
dem Boden liegenden angreifenden
Palästinensers festgenommen worden war.
Das Militärgericht hat Israel zutiefst
gespalten: Politiker vom rechten Flügel
verteidigen ihn, obwohl die oberste
militärische Spitze seine Aktionen
verurteilen. (Die Quellen stammen aus dem
Internationalen Middle East Media Centre,
aus einem Bericht der New York Times und
israelischen Berichten)
Human Rights
Watch tadelt die hoch angesetzte „Praxis,
Verdächtige zu töten“
sche Soldaten und Polizisten würden von
einigen Spitzenpolitikern des Landes
angestiftet, Anweisungen zu ignorieren im
Umgang mit Palästinensern, die Angriffe
vorbereiten.
Direktor Sari Bashi von Human Rights Watch /
Anwaltschaft für Israel/Palästina sagte,
dass israelische Soldaten und Polizisten
angestoßen werden von hochrangigen
Politikern, das Gesetz zu brechen, wenn sie
mit Palästinensern zusammenkommen. Die
Bemerkungen fielen nach dem Erscheinen eines
neuen Berichtes von Human Rights Watch, wo
besonders hingewiesen wurde, dass einige der
oberen Verantwortungsträger Israels
Offiziere, die besonders an der Durchsetzung
von Gesetzen arbeiten, ermutigen, ihnen
suspekt erscheinende Palästinenser zu töten,
ob das notwendig ist oder nicht. HRW kam zu
diesem Schluss nach der Dokumentation von
Stellungnahmen von israelischen
Politiker-Veteranen, die sowohl gegen
internationale Gesetze wie auch die
israelischen Regeln der Betätigung sind.
Was wir gegen die
Anti-BDS-Kampagne rechtlich tun können: Das
Recht der freien Meinungsäußerung
- Es ist klar: es gibt eine offizielle
israel-freundliche Kampagne, um BDS zu
zerstören. Als Antwort betonen die Bewegung
und ihre Unterstützer, dass BDS-Anwaltschaft
durch das Recht auf freie Meinungsäußerung
geschützt ist wie seinerzeit die Kampagne
gegen die Apartheid in Südafrika. In der Tat
ist das Recht auf freie Meinungsäußerung
eine wichtige gesetzliche Begründung der
Bewegung, die Anwaltschaft als Unterstützung
der Ziele und der Rechte von Personen zu
schützen, die sich für den Boykott Israels
einsetzen. So wurden vor Gericht gebrachte
Boykottanstrengungen erfolgreich verteidigt
mit dem Recht auf Freiheit des Ausdrucks.
Aktivisten brauchen eine solide
gesetzeskonforme Strategie, um sich gegen
Staaten zu wehren, die sich dem Druck aus
Israel unterwerfen und Verbote für BDS
aussprechen.
Lesen Sie mehr in dem Artikel von Salma
Karmi-Ayyoub in Al Jazeera >>> |