Junger palästinensischer Fotograf
in Gaza zeigt den täglichen Kampf der Fischer
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4.9.2017 - Charlotte Kates
- Ein jungen palästinensischer Fotograf in Gaza
stellte letzte Woche seine Arbeiten an einem Ort aus,
der sowohl die traditionellen Esskulturen des Gazastreifens
als auch die tägliche Bedrohung durch die israelische
Blockade und Besatzung zeigt – in einem palästinensischen
Fischerboot im Hafen von Gaza City. Khalid Haschem Abu
al-Jedian hat seine Fotografien aufgenommen, als er
Fischer von Gaza auf ihrer gefährlichen Fahrt auf die
See begleitete, wo Gazas traditionelle Fischerei von
allen Seiten von der israelischen Blockade, verstärkt
von Kampfhubschraubern, eingeengt wird.
Wenn palästinensische
Fischer am Morgen hinausfahren, um ihre Netze auszuwerfen,
riskieren sie Verhaftung, Konfiszierung ihrer Boote
und sogar ernste Verletzungen und den Tod. Wenn die
israelische Besatzungsflotte die Grenzen der palästinensischen
Fischereizone unter der Blockade im Wechsel von 3 zu
6 und zu 9 Seemeilen ändert (alle weit unter den 20
Seemeilen, die in den Osloverträgen von 1993 als Fischereizone
für die palästinensischen Fischer von Gaza festgesetzt
wurden), geraten Fischer sogar innerhalb dieser Zone
regelmäßig unter Beschuss, wie das Palestinian Center
for Human Rights dokumentiert hat.
Allein 2016 wurden palästinensische
Fischer 126 Mal von israelischen Marineschiffen beschossen.
2000 gab es in Gaza rund 10.000 Fischer. Heute ist ihre
Zahl auf etwa 4.000 registrierte Fischer reduziert,
die die Ernährer von 50.000 Menschen sind. In einem
Bericht sagt B'Tselem, dass sogar diese Zahl irreführend
ist, da die Hälfte der registrierten Fischer nicht beschäftigt
sind, weil sie nicht in der Lage sind ihre beschädigten
Boote zu reparieren. Das Material dazu ist wegen der
Blockade nicht erhältlich.
Die reichsten Fischgründe
sind in den Meereszonen, zu denen den Palästinensern
der Zugang nicht erlaubt wird. Das Ergebnis der Eingrenzung
(der Fischereizone) ist eine Kombination aus Wasserverschmutzung
und Überfischung, dazu ist die Entnahme von Fischen
aus dem Meer äußerst begrenzt, sodass der Beruf weit
weniger nachhaltig ist als in den vergangenen Jahren.
Millionen Dollar gingen infolge der Blockade verloren,
das hat Auswirkungen auf die Familien der Fischer und
die Palästinenser in Gaza ganz allgemein, die wegen
den Angriffen der Besatzungsmacht auf Bauern und Fischer
mit wachsender Nahrungsunsicherheit konfrontiert sind
[...]. 95% der palästinensischen Fischer in Gaza leben
unterhalb der Armutsgrenze.
Die Ausstellung von Abu
al-Jedian mit dem Titel "Sounarah" (Netz) zeigte Szenen
vom palästinensischen Fischfang, die (Fotografien) waren
an Netzen rundherum an einem traditionellen Fischerboot
im Hafen von Gaza aufgehängt. Nicht nur von Studenten
und Künstlern, sondern auch von Fischern besucht, beleuchtet
die Ausstellung die tägliche Würde der Arbeit auf den
Fischerbooten, eine Tätigkeit, die über Generationen
weitergegeben wird und jetzt durch die schweren Angriffe
auf den Fischereisektor gefährdet ist. Unter den auf
den Fotografien der Ausstellung gezeigten Fischern waren
ältere Menschen über 60 und sogar Kinder unter 10 Jahren,
die in einem von der Blockade drastisch reduzierten
Sektor um das tägliche Überleben kämpfen.
"Ich habe die Situation
der Fischer als Thema für meine erste Ausstellung gewählt,
weil sie in einem ständigen Konflikt mit der Besatzungsmacht
sind, weil diese Seegrenzen setzen, über die die Fischer
bei ihrer Arbeit nicht hinausfahren dürfen. Und dann
fähren die israelischen Besatzungskräfte noch fort die
Rechte der Fischer sogar innerhalb der sogenannten erlaubten
und zugewiesenen Zonen zu verletzen", sagt Abu al-Jedian.
Die beeindruckende Arbeit
des Fotografen fängt Proteste, Straßenszenen, Märkte
und tägliches Leben auf den Straßen von Gaza ein, obschon
er für seine erste öffentliche Ausstellung besonders
den täglichen Kampf der Fischer ausgewählt hat. Seine
Arbeiten sind gesättigt mit leuchtenden Farben [...].
Von der harten Arbeit der Fischer in den dunklen Stunden
vor Sonnenaufgang zum strahlenden Sonnenlicht auf blauen
Fischerbooten auf dem Meer zeugen die Arbeiten von Abu
al-Jedian von künstlerischer Inspiration und ebenso
vom Engagement die Erfahrungen der Palästinenser heute
wiederzugeben.
Abu al-Jedian betont,
dass sein Thema nicht auf Fischer begrenzt ist, er beleuchtet
auch die besondere Notlage und die alltäglichen Kämpfe
der Arbeiter, der armen Palästinenser und insbesondere
der palästinensischen Flüchtlinge unter der Blockade
des Gazastreifens. "Meine erste Ausstellung gilt den
Fischern, aber sie ist die erste in einer Reihe, die
ich für die nächste Zukunft plane, mit dem Fokus auf
Arbeiter und Bauern, die täglich um das Überleben kämpfen
und jeden Tag ihre ganze Kraft für das Leben ihrer Kinder
einsetzen. Fischer, Bauern, Straßenhändler, arbeitende
Kinder, Flüchtlinge in den Lagern usw. Sie fahren
fort zu arbeiten, sie lieben weiter, trotz aller Unterdrückung."
Die wirtschaftliche Situation
unter der Blockade hat noch eine weitere Auswirkung
auf die Fischerei in Gaza: Treibstoff für den Betrieb
der Fischerboote kann extrem teuer sein und verbraucht
Geld vom geringen Haushaltsgeld der Fischerfamilien.
Infolge der hohen allgemeinen Arbeitslosigkeit und der
Verweigerung von Gehaltszahlungen (durch die PA, Ü.)
quer durch den Gazastreifen haben die Familien nur wenig
Geld, um Gazas Fisch zu kaufen, auch wenn es den Fischern
gelingt mit einem kleinen Fang aus der 6-Meilen-Fischereizone
zurückzukommen.
Abu al-Jedian weist darauf
hin, dass seine Fotografie nicht bloß Dokumentation
ist, sondern auch ein Appell gegen das Unrecht. "Mein
Ziel als palästinensischer Journalist ist es, das Leiden
meines Volkes zu transportieren. Die palästinensischen
Fischer sind ständig Übergriffen ausgesetzt. Die Welt
denkt an Fischen als einen Beruf, der auf See ausgeübt
wird, in Gaza ist die Fahrt aufs Meer voll von Blut
und Lebensgefahr. Die Existenzgrundlage der Fischer
ist von der Besatzungsmarine gestohlen, niemand garantiert
oder schützt ihr Leben. Wo ist unser Recht zu arbeiten?
Wo ist unser Recht zu leben?" fragt er. [...]
Quelle
Übersetzung (nicht vollständig): K. Nebauer
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