Von Dorothy kam heute der folgende Kommentar zu dem jüngsten
Selbstmordattentat:
So, es ist endlich wieder passiert, ein Selbstmordattentat. Ich habe
mich gewundert, wann es passieren würde. Alle großen
englischsprachigen Zeitungen der Welt führen die Nachricht der
Bombe. Sie erwähnen aber nicht das tägliche Leid der
PalästinenserInnen - Pogrome, nächtliche Festnahmen und Sammlungen
und Tötungen durch die IOF. Im September hat die IOF (die
israelische Armee - Israel 'Offensive' Force) 38 PalästinenserInnen
getötet und 163 verletzt. Im Oktober hat die IOF 11 Palästinenser
getötet und 16 verletzt - eine Verringerung gegenüber September,
aber wenn das israelisch Militär die unten beschriebenen Pläne
verfolgt, werden die Zahlen wachsen.
Mit Hilfe der IOF, scheint es, wird der Kreislauf der Gewalt erneut
angetrieben. Das israelisch Militär (sicherlich mit dem Segen der
Regierung) hat die PalästinenserInnen bis zum Geht-nicht-mehr
provoziert. Einerseits spielt die gewaltsame Erwiderung der
Palästinenser Israel in die Hände. Sie liefert Israel die Begründung
dafür, eine Kollektivbestrafung auszuführen, den PalästinenserInnen
das Leben noch schwerer zu machen und viele weitere zu töten,
festnehmen und verletzen. Mit anderen Worten, liefert es Israel eine
Ausrede dafür, seine Bemühungen um ethnische Säuberung zu eskalieren
und die PalästinenserInnen zum Weggehen zu drängen, indem sie das
Leben unmöglich machen.
Andererseits gibt es auch die Wahrscheinlichkeit eines Rückstoßes,
der dem Wunsch der Regierung nach Expansion, nach einem Großisrael,
das fast die gesamte Westbank miteinschließt, entgegensteht. Solche
Pläne sind davon abhängig, dass Menschen die Siedlungen füllen, dass
die Zahl der Juden in Israel wächst, und dass genug Geld da ist, um
die Pläne durchzuführen. Aber die Erneuerung der Gewalt wird
vermutlich das Gegenteil bewirken - Immigration verringern, die
Emigration von israelischen Juden stärken und die Investitionen, die
nötig sind damit die Regierung ihre Pläne ausführen kann, schwächen.
Inzwischen werden PalästinenserInnen und IsraelInnen weiter leiden
und Iran wird weiter drohen. Eine schöne Zukunft.
Dorothy
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Und die ISM schickt einen Bericht über neue gewaltfreie Demos in
Bi'lin und neue Eingriffe des Militärs ins Dorf: Mit israelischen
und internationalen AktivistInnen der ISM sind BewohnerInnen von
Bil'in zur Mauertrasse marschiert mit einer riesigen
palätinensischen Fahne, die durch Bilder von Menschen personalisiert
wurde. Ein schwarz gekleidete Figur hat mit einer riesigen Schere
die Fahne zerschnitten und damit symbolisch die Zerschneidung
Palästinas durch die Mauer dargestellt.
Späger haben BewohnerInnen das Urteil des internationalen
Gerichtshofs implementiert, dass die illegale Mauer abgebaut werden
müsste, indem sie Metallstäbe, die als Fundament für die Mauer
dienen sollten, entfernt haben.
Zweimal wurde nachts in das Dorf eingegriffen und gewaltfreie
Aktivisten festgenommen. Sie wurden beschuldigt, die Barrier
beschädigt zu haben. Ein junger Mann wurde mitgenommen, um seinen
Bruder zu zwingen, sich freiwillig auszuliefern. (Er wurde
allerdings am nächsten oder übernächsten Tag freigelassen) Insgesamt
wurden 9 junge Männer zwischen 16 und 23 festgenommen.
Israelische Soldaten haben einen arabischen Text verteilt, in dem
sie die Leute davor warnen, an direkten Aktionen gegen die Mauer
teilzunehmen, die sie als "Gewalt gegen Sicherheitseigentum"
betrachten.
Der Text behauptete, "die IDF hat an jedem Freitag während der
letzten sechs Monaten den DorfbewohnerInnen gestattet, gewaltfreie
Proteste gegen den Bau der Mauer auf ihrem Land durchzuführen,"
obwohl sie regelmäßig mit Festnahmen, Schlägen, Tränengas,
Gummigeschossen geantwortet hat.
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Eine ISM Gruppe hat sich am 22. Oktober Menschen in der Nähe des
Dorfes Salim zur Olivenernte angeschlossen. Der palästinensischen
Familie, der das Land gehörte, wurde der Zugang verwehrt. Zunächst
wurde behauptet, sie hätten nicht die nötige Erlaubnis, dann, dass
es eine geschlossene militärische Zone sei. Der Kommandant hat eine
jüdische ISM Aktivistin "eine verlorene Jüdin" genannt. Angesprochen
über die Behandlung der PalästinenserInnen durch die Armee
antwortete er, "Araber sind keine Menschen". Nach etwa einer halben
Stunde und einigen Verhandlungen kam ein Vertreter des
Distriktkommandanten und Grenzpolizei, die nachdem sie alle
durchsucht hatten, ihnen erlaubten, die Oliven zu ernten. Wegen der
erzwungenen Vernachlässigung der letzten Jahre haben die Bäume nicht
so gut getragen wie die aus Salim, die am Vortag abgeerntet worden
waren.
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Die ISM ruft zu Protesten auf gegen die weitere Inhaftierung des
Studenten der Birzeit Universität, Walid Hanatche. Er wird bereits
dreieinhalb Jahre ohne Prozess festgehalten, als er von einem Termin
an einem jerusalemer Krankenhaus zurückkam. weil er nicht die nötige
Erlaubnis gehabt hätte, nach Jerusalem zu gehen. Der
Militärkommandant der Westbank hat die Haft immer wieder ernuert,
obwohl das Militärgericht bereits zweimal geurteilt hatte, dass er
freizulassen sei, da es zu wenig Information gegen ihn gab. Im
August 2005 hat der Militärkommandant an das oberste Gericht
appelliert. Dieses hat geurteilt, dass er noch einmal für 3 statt 5
Monate festgehalten werden dürfe, am 22. September aber freizulassen
sei. Eine Woche vor diesem Termin wurde die Haft abermals
verlängert, es sei denn, Walid würde sich 'freiwillig' mindestens
zwei Jahre lang deportieren lassen. Da er sich geweigert hat, bleibt
er im Gefängnis. Diese Order wird nun vom Militärgericht geprüft.
Walid drängt einem Ende diesen Alptraumes entgegen, da bei seiner
Frau ein Gehirntumor diagnostiziert worden sei. Sie haben auch eine
kleine Tochter.
Es wird gebeten, durch den folgenden oder einem eigenen Brief per
Fax an den juristischen Berater der Armee, Oberst Ayeer Lutstein und
dem Chefanwalt des Militärs, Brigadegeneral Avihai Mandelblit, die
Freilassung von Wahid Hanatche zu fordern. Eine Kopie des Faxes -
oder eine Alternative dazu, wenn man keinen Faxzugang hat - soll
gerichtet werden an die Recht auf Bildung Kampagne in der Birzeit Universität
unter right2edu(at)birzeit.edu.
Beispiel eines Briefes:
Colonel Yaeer Lutstein
Legal Advisor
Bet El Civil Administration
West Bank
Fax number: +972 2 997 7326
Brigadier General Avihai Mandelblit
Chief Military Attorney
6 David Elazar Street
Tel Aviv
Fax: +972 3 569 4370
18 October 2005
Dear Colonel Lutstein / General Brigadier Mandelblit
I am writing to call for the immediate release of Birzeit University
student, Walid Hanatche, who has been arbitrarily imprisoned on the
basis of an administrative detention order for the last
three-and-a-half years.
Walid Hanatche was arrested on 19 May 2002. Since that time, the
military court has twice decided to release Walid due to the lack of
information against him. In August 2005, the Israeli High Court also
ruled that Walid's period of detention should be shortened to end on
22 September 2005.
But one week before Walid was due to be released last month, the
Military Commander of the West Bank sent a written letter informing
Walid that he intended to extend his detention order unless he 'voluntarily'
agreed to be deported for a minimum of two years. Such an ultimatum
can only be described as a legal and moral outrage and Walid rightly
refused to be deported.
On 22 September 2005, in gross violation of international law and in
direct contradiction of the Israeli High Court decision and two
military court rulings to release Walid, the Israeli Military
Commander of the West Bank renewed Walid's detention order for the
fourteenth consecutive time.
I draw your attention to the fact that Article 9 of the
International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR), to
which Israel is a State Party, explicitly states, "no one shall be
subjected to arbitrary arrest or detention". In addition, the right
to a fair trial is guaranteed under international humanitarian law.
Clearly, Walid's treatment does not conform to either of these
obligations.
Furthermore, over the course of this period Walid's wife has been
diagnosed with brain cancer. For this reason and for the cause of
justice alone, I ask you to intervene immediately to ensure that the
latest renewal of Walid's administrative detention order – currently
under judicial review - is rejected and that Walid is immediately
and unconditionally released.
Yours sincerely
CC. Birzeit University Right to Education Campaign
Email: right2edu(at)birzeit.edu Fax: +972 2 298 2059
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Soviel für heute,
Gruß, Anka
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