Leserbrief von der
Tochter des verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden des Rats der Juden in
Deutschland zum Fall Friedmann
(Quelle: SZ vom 19. Juni - gefunden im
Nahost-journal)
Kalkuliert medienwirksam austeilen
„Scharfe Kritik an Blüms Äußerungen zu
Israel“ und „Vom Leben in Deutschland“ /
Paul Spiegel wirft Norbert Blüm
„Rassismus pur“ vor. Was ist Rassismus pur? Sind es nicht die ständigen
Maßregelungen des jetzigen Zentralrats der Juden in Deutschland unter
Spiegel, Friedman und Knobloch? Charlotte Knobloch hatte doch selbst einer
rechtsradikalen, vom nordrhein- westfälischen Verfassungsschutz
beobachteten Zeitung, der Jungen Freiheit, ein Interview gegeben. Dieser
Zentralrat hat es von Anfang an verstanden, medienwirksam auszuteilen.
Liegt das nun an Paul Spiegels Künstleragentur oder am Talkmaster und
selbst ernannten Journalisten Michel Friedman?
Friedman hat sich durch sein
Zentralratsamt und seine Position Talkshows „erkämpft“, die er als Anwalt
ohne dieses Amt sicherlich nicht bekommen
hätte. Außerdem sitzt er ja noch im ZDF- Verwaltungsrat und in der CDU,
all diese Posten sind nicht miteinander vereinbar. So hat mein Vater, der
1992 gestorbene Zentralratsvorsitzende, Heinz Galinski, es genau aus
diesen Gründen immer abgelehnt, Parteimitglied zu werden. Auch für Ignatz
Bubis wäre es heute sicher schwierig geworden mit der FDP.
Durch die „Machtfülle“, wie sie nach
meiner Meinung nur in Deutschland möglich ist, gelingt es dem Zentralrat
nun, jegliche Kritik an der israelischen Politik als Rassismus oder
Antisemitismus abzuschmettern. Das betrifft natürlich auch jüdische
Kritik, genau wie der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin,
Alexander Brenner, kritische Stimmen auf jüdischer Seite
(„Nestbeschmutzer“) wie den Ossietzky-Preisträger und Gusch-
Schalom-Gründer Uri Averny, Daniel Barenboim, Felicia Langer, Moshe
Zimmermann dann sicherlich auch dazurechnen darf.
Solange sich der Zentralrat als
diplomatische Vertretung Israels aufführt, ist wohl jegliche Objektivität
zu vermissen. So ist dann ja wohl auch zu verstehen, dass Friedman Scharon
als „Hofberichterstatter“ interviewen darf. Ob er den wohl auch so
anfassen wird, wie seine sonstigen Opfer? Auch für die deutschen Politiker
und Medien wäre es an der Zeit, anstatt ständig der derzeitigen
israelischen Regierung und dem Zentralrat Solidarität zu bekunden, sich
etwas objektiver mit der desolaten Lage der Palästinenser zu beschäftigen.
Außerdem ist es gefährlich und
unerträglich, wie Friedman die Antisemitismus-Angst bei den Juden schürt.
Auch das ist kalkulierte Selbstdarstellung. – Was haben Martin Walser und
Friedman gemeinsam? Immer wenn sie angegriffen werden, denken sie ans
Auswandern.
Evelyn
Hecht-Galinski,
Malsburg-Marzell in einem Leserbrief an der Süddeutschen
Zeitung
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