Gegossenes Blei / Das Militärrabbinat zu
den Soldaten: Manchmal wird Grausamkeit benötigt
Broschüren, die das Rabbinat an
Soldaten während der Aktion „Gegossenes Blei“ verteilt hat,
beinhalten eine nationalistische und politische Indoktrinierung. Bei
der Organisation „Jesh Din“ (Es gibt Gerechtigkeit) fordert man die
Entlassung der Obersten Militärrabbiner.
Von Amos Harel
Während des ganzen Krieges im Gazastreifen ist der religiöse
Rundfunk – und in zwei Fällen auch die Soldatenzeitschrift „Bamachaneh“
– voll mit Lob für die Militärrabbiner. Die auffällige Spende von
Käppi tragenden Offizieren und Soldaten in den Speerspitzen der
Armee, war auch dadurch gekennzeichnet, dass auffällig viele
Rabbiner an der Frontlinie waren. Der Oberste Militärrabbiner,
Brigadegeneral Avi Ronzki, ging einige male mit den kämpfenden
Soldaten in den Frontstreifen rein und dasselbe taten viele seiner
Untergebenen. Offiziere und Soldaten berichteten von dem Gefühl der
„Überlegenheit“ und „Moralische Stärke“ dank der Gespräche mit den
Rabbinern, die ihren Geist stärkten vor dem Kampf mit den
Palästinensern.
Aber welche Inhalte hatten diese Gespräche und die vielen
Broschüren, die das Militärrabbinat während der Kämpfe verteilte?
Ein Militärrabbiner der Reserve sagte dem religiösen Blatt „Besheva“,
dass Ronzki seinen Leuten erklärt hatte, dass ihre Aufgabe nicht
„das Verteilen am Samstag von Wein und Brot“ sei, sondern den
Soldaten „Jiddischkeit und Kampfgeist“ zu vermitteln. Ein Einblick
in einige der Veröffentlichungen während des Krieges zeigt viel von
beidem, aber auch eine nationalistische Propaganda, die grob und
frech in die politische Arena einmarschiert, an Rassismus grenzt und
als Verletzung der internationalen Richtlinien im Verhalten zum
Feind ausgelegt werden kann.
Einige der Broschüren erreichten die Redaktion durch die Hilfe von
Soldaten aus „Wir brechen das Schweigen“, eine Organisation von
Reservisten, die Beweise für eine harte Behandlung der Palästinenser
durch Zahal sammelt. Andere wurden von Offizieren und Soldaten
abgegeben, die sie während des Kampfes erhielten. Hier einige
Zitate:
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Es gibt ein
Verbot aus dem Talmud auch nur auf einen Millimeter des Landes
Israel zu verzichten, in dem man den Unsinn von Autonomie
akzeptiert und andere nationale Schwächen. Wir werden das Land
keinem anderen überlassen, auch nicht ein Finger davon auch
nicht den Fingernagel. (Aus einem Heft für „das tägliche Lernen
der Tora für Soldaten und Offiziere während der Aktion:
Gegossenes Blei“.
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Antwort auf die
Frage: „Kann man die Palästinenser von heute mit den Philister
aus der Bibel vergleichen? Wenn ja, kann man aus der Art der
Verteidigung von Samson und David für unsere Tage lernen?“ Der
Rabbiner Aviner wird zitiert: Man kann vergleichen, da die
Philister von damals nicht aus dem Lande stammten, sondern
Eindringliche aus einem fremden Land waren…sie drangen in Eretz
Israel ein, ein Land, das ihnen nicht gehörte, und behaupteten
es gehöre ihnen…heutzutage ist das Problem ähnlich. Die
Palästinenser behaupten, dass ihnen das Land gehört, wo doch
niemals in den Grenzen unseres Landes eine palästinensischer
Staat je existiert hatte.“
-
Das
Militärrabbinat, das sich auf den Rabbiner Aviner verlässt,
zeigt einen angemessenen Code, wie man sich im Kampfgebiet
verhalten soll: „Wenn man mit einem grausamen Gegner Erbarmen
hat, ist man grausam gegenüber ehrlichen und unschuldigen
Soldaten. Das ist ein schrecklicher und grausamer Mangel an
Ethik und Moral. Hier ist ja nicht die Rede von
Luna-Park-Spielen, bei denen der sportliche Geist uns lehrt zu
verzichten. Hier ist die Rede von Krieg und Mörder. Im Krieg
soll man sich verhalten wie im Krieg“.
Die Thesen wiederholen sich auch in einer Veröffentlichung der
Rabbiner Chalamisch und Freund, aus dem Bereich „Jüdischen
Identität“ beim Militärrabbinat. Rabbiner Freund beruft sich auf den
Wochenabschnitt, um zu erklären, wie „unsere Feinde das barmherzige
und gnadenvolle israelische Herz ausnützen“ und er warnt „kein
Erbarmen zu haben mit dem Feind“. Rabbiner Chalamish bietet seinen
Lesern eine Beschreibung der Ereignisse an der Front. „…die
Fahrzeuge des Feindes versanken im Schlamm…die regulären Einheiten
von Zahal erreichten eindrucksvolle Erfolge. Innerhalb einer Nacht
gelang es ihnen das ganze Gelände zu erobern. Die Unverschämtheit
des Feindes wird ersetzt durch seine Bemühung eine Feuerpause zu
erreichen…das sind Tatsachen, die man in den letzten Tagen entdeckt
hatte: Jahrelang haben wir uns die Grausamkeit und Schlauheit des
Feindes vorgestellt. Jahrelang dachten wir, dass das Eindringen nach
Gaza ein Blutbad verursachen wird“. Diese Einschätzungen, frohlockt
er, erwiesen sich als übertrieben.
Rabbiner Aviner fügt hinzu: „Manchmal ist es leichter den Feind aus
der Ferne zu vernichten als aus der Nähe. Grausamkeit ist eine
schlechte Eigenschaft, aber alles hängt davon ab …manchmal kämpften
unsere heiligen Vorväter gegen Feinde mit Grausamkeit, da man nur so
gegen sie kämpfen konnte…es ist eine Regel: Grausamkeit ist eine
schlechte Eigenschaft, aber wenn sie gebraucht wird, ist es eine
gute Eigenschaft“.
Neben den offiziellen Veröffentlichungen gelang es den radikalen
Rechten in die Militärcamps Broschüren mit viel radikaleren
Botschaften einzuschmuggeln. In einer Synagoge in Camp Zahalim wurde
an einem der letzten Sabbatabende Broschüren verteilt, die von
Schülern des Rabbi Itzchak Ginsburg unterschrieben waren. Das ist
derselbe, der über den Mörder Baruch Goldstein ein Buch geschrieben
hatte, mit dem Titel „Gesegnet der Mann“ In der Broschüre rufen die
Schüler die israelischen Soldaten, „ das Leben eurer Kameraden zu
schonen und auf die Bevölkerung keine Rücksicht zu nehmen. Wir rufen
euch, nach dem biblischen Gesetz zu handeln: Wer euch töten will,
beeilt euch ihn zu töten…und was die Bevölkerung betrifft – sie ist
nicht unschuldig, sie deckt die Schuldigen! Die Ethik der Tora sagt
dazu: Weh dem Grausamen und weh seinem Nachbarn. Wir fordern euch
auf irgendwelche humanistische Lehren, die die Befehle
durcheinanderbringen und logisches Kämpfen verhindern, zu
ignorieren. Ziel des Krieges ist den Feind zu vernichten!.
Rechtsanwalt Michael Sfarad, der Vertreter der Bewegung „Jesh Din
(Es gibt Gerechtigkeit) und „Showrim Shtika (Wir brechen das
Schweigen“, wandte sich gestern an den Verteidigungsminister und an
den Generalstabschef mit der Forderung den Oberrabbiner der Armee zu
entlassen, da dieser seine Stellung ausgenutzt hatte, um den
Soldaten nationalistische Ideologie zu predigen. Es ist nicht die
Aufgabe der Armee, meint Sfarad, sich in kontroversen politischen
Debatten einzumischen. Die Taten des Oberrabbiners beflecken die
gesamte Armee und es gibt keine andere Wahl, als ihn zu entlassen.
Beide haben bis heute noch nicht reagiert.
Übersetzt von Abraham Melzer |