Karama – Würde

Ein Kontrapunkt zum Alltag in einem
Flüchtlingslager
Annika Leu
Deheishe, Ein
palästinensisches Flüchtlingslager bei Bethlehem
Auf einem Platz von ca.
1 qkm leben nach offiziellen Angaben
12.000 Menschen. Das sind dreimal so viele, wie
ursprünglich geplant.
Würde
Aufgrund des
Platzmangels wird dicht aneinander und übereinander gebaut. Raum, Privatsphäre
oder gar etwas wie Marktplätze, Spielplätze, Parks, Fußgängerzonen sind
Fremdworte.
Selbstbestimmung
Sowohl die Wasser- und
Stromversorgung als auch die Abwasserentsorgung ist nicht ausreichend
gewährleistet. Offen verlegte Stromkabel stellen eine zusätzliche Gefahr dar.
Kreative Entfaltung
Die
Bewegungseinschränkung durch die politische Lage und die Checkpoints behindern
nicht nur den landwirtschaftlichen Handel (z.B. Öl, Wein), sondern die gesamte
mögliche Bewegungsfreiheit (ohne Kontrollen) beschränkt sich auf das
Flüchtlingslager und das Stadtgebiet von Bethlehem.
Kultur
Die Arbeitslosigkeit in
den Flüchtlingslagern liegt bei über
80 %.
Bildung
Die Anzahl der Kinder,
die durch die Intifada traumatisiert wurden, wird mit bis zu 80
% angegeben.
Gemeinschaft
Medizinische
Einrichtungen und Medikamente fehlen. Auf etwa 150
000 Flüchtlinge kommt nur je ein Facharzt für
Frauen, Säuglingspflege, Herz- und Magenkrankheiten.
Begegnung
Die Schulen sind
schlecht ausgestattet und zu klein, so dass in zwei Schichten unterrichtet
werden muss. Im Durchschnitt sind 50
Schüler in einer Klasse.
Raum
Dreiviertel aller
Palästinenser im Westjordanland, im Gazastreifen und in den Flüchtlingslagern im
Libanon leben unterhalb der Armutsgrenze (weniger als 2 US$ pro Person/Tag).
Perspektiven
Das Projekt „Karama“ (arab.: Würde) wurde
2002
gegründet.
Das Ziel des Projektes
ist es, den bedrückenden und einschränkenden Lebensbedingungen in Deheishe
etwas entgegenzusetzen und damit Raum zu schaffen für neue Möglichkeiten. Diese
reichen vom Spiel- und Betreuungsangebot für Kinder über Bildungsangebote für
Kinder, Jugendliche und Frauen, bis hin zur psychologischen Beratung und
kulturellen Aktivitäten.
Der Schwerpunkt der
Arbeit des Projekts liegt im Bereich der Kinder und Jugendlichen. Allerdings
gibt es auch gezielte Angebote für Frauen, um sie in ihren Rechten und ihrer
Selbständigkeit zu bestärken und ihnen zu ermöglichen eine aktive Rolle im
gesellschaftlichen Leben zu übernehmen.
Trotz dieser
Schwerpunkte steht Karama prinzipiell allen Interessierten offen. Diese
Offenheit beinhaltet auch eine (partei-)politische Neutralität. Karama ist eine
unabhängige Organisation, die sich explizit keiner Partei zugehörig fühlt. Auch
dies auf dem Hintergrund um die Offenheit und Begegnung jenseits der
Zugehörigkeiten zu ermöglichen.
Die Arbeit von
Ehrenamtlichen spielt bei Karama eine wichtige Rolle. Dies reicht von
Hausaufgabenbetreuung und Sprachunterricht über Computerkurse, dem Angebot von
kreativen Aktivitäten bis hin zur Kinderbetreuung, die zum Teil auch schon von
älteren „Kindern“ des Projekts übernommen wird.
Die Finanzierung des
Projektes ist aufgeteilt. Einiges kann mittlerweile durch öffentliche
Förderungsgelder finanziert werden (wie z.B. der derzeitige Aufbau einer
Bibliothek, sowie 2 Lehrerstellen durch die „Austrian Development Agency“ oder
die letztjährige Sommerfreizeit durch das Deutsche Vertretungsbüro in Ramallah.)
Die laufenden Kosten, wie die Miete des Hauses, Strom etc., müssen allerdings
weiterhin durch Privatspenden getragen werden.
Karama hat mich auf
Anhieb v.a. dadurch beeindruckt, dass in meinen Augen allein schon die
Einrichtung dieses Projekts ein Teil dieser Würde, dieser kreativen
Selbstbestimmung und –definition ist. Die geschilderten Umstände könnten ja erst
einmal dazu führen sich über das Leid, über die Situation zu definieren und
darüber definiert zu werden – als Opfer, als Flüchtlinge, als Leidtragende. Eine
Situation, auf deren Ausprägung man so gut wie keinen Einfluss hat. – Was bleibt
einem bei diesen Bedingungen auch noch zu tun? – Reaktionen, die von Widerstand
über Ertragen bis hin zur Resignation reichen, sind erst einmal naheliegend.
Dieses Projekt aber mit seinen Zielsetzungen, ist keine Re-aktion. Es ist kein
Reagieren auf ein Handeln von außen. Es ist keine Definition, die von jemand
anderem vorgegeben wird. Es ist in der Situation, losgelöst von der erst mal zu
erschlagen scheinenden Macht der äußeren Umstände. „In der Situation“ deshalb,
weil das Projekt die Umstände nicht leugnet, nicht schön färbt oder ignoriert.
„Losgelöst“ trotzdem, weil die Situation nicht mehr das Bestimmende ist, das den
Menschen ihre Möglichkeiten und v.a. Beschränkungen vorgibt. Stattdessen
ermöglicht das Projekt den Menschen vor Ort über Bildung, über gemeinsame
Tätigkeiten, über gegenseitige Unterstützung, über die Vermittlung von
kulturellen Werten und Traditionen verstärkt eine eigene, selbstgewählte,
positive Definition ihrer selbst und gibt ihnen so ihre Würde, unabhängig von
den „unwürdigen“ Lebensbedingungen. Der Flüchtlingsstatus ist Realität, aber
nicht (mehr) das, was den Menschen, die Gemeinschaft ausmacht. Die physischen
Schranken bleiben (erst mal) bestehen.. aber sie verlieren ihre Macht über die
Würde dieser Menschen. Der Name für das Projekt ist gut gewählt: Karama -
Würde.
Weitere Informationen
zu Karama gibt es auf der Homepage des Projektes:
www.karama.org
Mehr in
deutscher Sprache >>>
Wenn Sie Interesse
haben, die Arbeit des Projektes mit Spenden zu unterstützen:
Spenden:
Karama ist
eine sehr junge Organisation und benötigt daher dringend
Spenden, um die bisher so erfolgreiche Arbeit fortsetzen und
ausbauen zu können. Derzeit braucht Karama Palestine dringend
Unterstützung für verschiedene
Projekte.
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weitergeleitet, es entstehen dabei keinerlei Verwaltungskosten.
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Quelle
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