Rede von
Mohammed Hourani, Mitglied des Arabischen Kultur Clubs
Am 29.
Februar 2008 sagte der israelische
Vizeverteidigungsminister Matan Velnai, den
Palästinensern drohe ein Holocaust, wenn sie den
Raketenbeschuss auf israelisches Gebiet fortsetzten.
Seit Samstag, den 27. Dezember bombardiert Israel den
Gazastreifen. Regierungsgebäude, Polizeistationen,
Schulen, Universitäten, Moscheen, Krankenhäuser und
sogar Krankenwägen sind die Ziele des israelischen
Bombardements.
Bis zum Verfassen dieser Rede am 31.Dez. gab es ca. 400
Todesopfer, davon 200 Zivilisten, darunter 13 Frauen und
40 Kinder unter 16 Jahren, und knapp 2000 Verletzte,
wovon 80 % wegen der Schwere ihrer Verletzungen kaum
Überlebenschancen haben.
Israels Vorwand: die Hamas feuere weiterhin
Al-Qassam-Raketen auf israelisches Gebiet ab und hätte
sich nicht an den Waffenstillstand gehalten.
Was ist dem vorausgegangen?
Im Januar 2006 fanden unter dem Beifall und der
Beobachtung Israels, der USA und der EU-Länder
demokratische Wahlen im palästinensischen
Autonomiegebiet statt. Dabei ging die Hamas als Siegerin
hervor.
Daraufhin riegelte im Juli 2007 Israel gemeinsam mit
Ägypten den Gazastreifen hermetisch ab und erklärte ihn
im September zu feindlichem Gebiet.
Es begann eine Phase der kollektiven Bestrafung seiner
Bevölkerung durch eine umfassende Blockade. Etwa 300
Menschen sind an deren Folgen bereits gestorben. 70 %
der Haushalte leben in absoluter Armut. Die Versorgung
der Bevölkerung mit dem nötigsten brach fast völlig
zusammen: Lebensmittel und Medikamente, der Betrieb von
Wasser- und Abwasseranlagen,
die Stromerzeugung, Kühlgeräte, Krankenhäuser und ihre
Geräte, Treibstofflieferungen. 90% der Industrie sowie
Produktion und Export von Agrargütern sind ebenfalls
zusammen gebrochen.
Im Januar 2008 ermordete die israelische Armee bei einem
Militäreinsatz 12 Palästinenser. Im März ermordete
Israel 125 Palästinenser bei der Operation "Heißer
Winter". Im April wurden 5 Palästinenser ermordet. Am
19. Juni vereinbarte Israel mit der Hamas u.a.
palästinensischen Organisationen eine Waffenruhe von 6
Monaten bis zum 19. Dezember. Im November wurden weitere
14 Palästinenser ermordet.
Der Vorwand für das barbarische Embargo war, die Hamas
zu zwingen, die Friedensverhandlungen und ihre
Ergebnisse zu akzeptieren.
Gehen wir einen Schritt zurück. Der verstorbenen
palästinensische Präsident Arafat ging viele für das
palästinensische Volk fast unakzeptable Kompromisse ein
und wurde schließlich von Israel und der USA in Camp
David vor ein Diktat gestellt. Er sollte folgendes
akzeptieren:
Keine Rückkehr zu den Grenzen von 1967
Kein israelischer Abzug aus Ost-Jerusalem
Kein Abbau der israelischen Siedlungen in der Westbank
Kein Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge
Keine palästinensische Kontrolle der eigenen Grenzen
Das musste selbst Arafat als Verrat an den
Palästinensern betrachten und ablehnen.
Der Staat Israel hat seine Besatzungspolitik immer
gewaltsam gegen das palästinensische Volk durchsetzen
wollen, ob mit Arafat oder mit Hamas, mit
Raketenbeschuss oder ohne Raketenbeschuss, vor der
Intifada oder nach der Intifada. Der einzige akzeptable
Partner für Israel und seinesgleichen sind nicht die
wahren Vertreter der Völker, die sie unterdrücken,
sondern diejenigen, die sie selbst an die Regierung
bringen, damit sie scheinbar im Namen dieser Völker
sprechen können.
Im September 1987 erhob sich das palästinensische Volk
gegen die israelische Besatzung. Frauen, Männer und
Kinder gingen auf die Strasse, unbewaffnet forderten sie
ihre Freiheit und Selbstbestimmung. Auf die massiven
Angriffe der Besatzungsarmee antworteten sie mit
Steinewerfen. Hunderte mussten sterben und Tausende
wurden verletzt. Über 10 000 wurden gefangen genommen,
davon viele Frauen und Jugendliche.
Sowohl vor als auch nach der Intifada hat die
israelische Besatzungsmacht immer wieder die
Kollektivstrafe gegen das palästinensische Volk
eingesetzt. Von der Westbank wurden 40% Boden enteignet.
Darauf wurden jüdische Siedlungen erbaut oder
Sicherheitszonen für diese Siedlungen angelegt.
Ausgangssperren für Wochen und Monate über ganze Dörfer
und Städte, willkürliche Verhaftungen, Beschlagnahme
lebensnotwendiger Ressourcen wie Wasser und Strom,
Bestrafung der Angehörigen von Verdächtigen und
Zerstörung ihre Häuser.
///Der Gipfel aller Repression war der Bau einer
rassistischen Sperrmauer /// der Gipfel
Zur Erinnerung: 70 % der Bewohner des Gazastreifens,
also um die 800 000, sowie 5,8 Millionen Palästinenser
im Ausland sind Flüchtlinge. Sie sind 1948 mit der
Gründung des Staates Israel aus ihren Dörfern und
Städten, ihren Häusern und Plantagen vertrieben worden.
385 palästinensische Dörfer wurden dem Erdboden gleich
gemacht. Die Besetzung Palästinas, die Vertreibung
seiner Bevölkerung, die Zerstörung seiner Dörfer und
Städte waren nicht die notwendigen Folgen einer
Bedrohung Israels durch Massenvernichtungswaffen,
Al-Qassam-Raketen oder den Wahlerfolg der Hamas. Sie
waren vielmehr die Folgen einer rassistischen Ideologie
der Zionisten mit ihrer Parole "Ein Land ohne Volk für
ein Volk ohne Land" und dem Ziel, das palästinensische
Volk aus ihrer Heimat zu vertreiben. Genau nach dem
Vorbild der ehemaligen Großmacht Großbritannien mit
ihrem Siedlungskolonialismus z.B. in Australien. Seit
der Gründung Israels vor 60 Jahren ist das
palästinensische Volk Opfer einer Politik der ethnischen
Säuberung und Vertreibung mit allen gewaltsamen Mitteln.
Kann jemand immer noch bezweifeln, dass ein angeblich
nicht eingehaltener Waffenstillstand, der Beschuss durch
Al-Qassam-Raketen oder die Vernichtung der Hamas nichts
anderes als ein Vorwand Israels sind, um seine
Jahrzehnte alte aggressive Vernichtungspolitik zu
rechtfertigen? Ein Volk unter Besatzung hat das Recht
auf Selbstverteidigung. Die Bevölkerung Gazas kann sich
nicht weiterhin aushungern und in die Steinzeit
zurückversetzen lassen.
Es sollte allgemein bekannt sein, dass Israel vermutlich
die viertgrößte Armee der Welt hat, der viertgrößte
Waffenexporteur ist und Atomwaffen besitzt. Und in
diesen Tagen haben sie mit hochentwickelten Kampfjets
Gaza angegriffen, wo die Menschen nichts haben, um sich
zu verteidigen. Wo die Menschen wie in einem
Gefängnislager mit der größten Bevölkerungsdichte der
Welt zusammen gepfercht leben müssen.
Luftangriffe auf das dicht besiedelte Gazagebiet treffen
unausweichlich viele Zivilisten. Wer sie durchführt oder
rechtfertigt, weiß das und macht sich schuldig.
Der kriminelle Angriff Israels zielt nicht allein auf
die Hamas sondern vor allem auf den Willen des
palästinensischen Volkes. Es ist der fortgesetzte
Versuch, die Forderung der Palästinenser nach Freiheit,
Unabhängigkeit und Gerechtigkeit zu brechen.
Die Behauptung, dass Israel als Besatzungsmacht einen
Krieg zur Selbstverteidigung führt, ist eine ungeheure
Frechheit. Wer das unterstützt, ist entweder politisch
blind oder der Mittäterschaft schuldig.
Israel hätte es nicht gewagt, so weit zu gehen, wenn die
so genannte internationale Gemeinschaft nicht zu all den
unmenschlichen Verbrechen geschwiegen hätte.
Die Kriege gegen die Völker von Palästina, Irak ,
Afghanistan, Libanon und viele andern Völker sind
verbrecherische Angriffskriege. Wir und alle
friedliebenden Menschen in der Welt sind ein Teil des
Widerstandes gegen diese Kriege.
Wir fordern:
sofortiger Waffenstillstand
sofortige Öffnung aller Grenzübergänge zum Gazastreifen
sofortiges Ende der Blockade
usw usw usw
Im Januar 2007 |