1. Europäischen Kongress zur
Unterstützung der politischen Gefangenen Palästinenser.
Die Rede von Felicia Langer

Dieser Kongress wurde von unserer Allianz unter
Schirmherrschaft der PLO-Abteilung für die Palästinenser im Ausland,
des Ministeriums für Gefangenen- Angelegenheiten und der
Palästinas-Botschaft in Deutschland in Berlin am 26.4.2014 (10 bis
18 Uhr) und 27.4.2014 (9 bis 13Uhr) organisiert.
Gemeinsam mit den Vertretern der teilnehmenden Organisationen wurde
an die Anliegen der Gefangenen und ihre leidvolle Situation in
Missachtung des Völkerrechts erinnert. - Europäische Allianz für die
Solidarität mit den Palästinensischen Gefangenen e.V.
Felicia
Langers Rede beim 1. Europäischen Kongress zur Unterstützung der
politischen palästinensischen Gefangenen (26.4.14 in
Berlin)
Zunächst möchte ich meine herzlichen Grüße aussprechen allen
angesehenen Diplomaten, Gästen und Aktivisten von überall her,
besonders die palästinensischen, die zu dieser Konferenz gekommen
sind, wie ihre Eminenz, die
Botschafterin
Dr. Khouloud Daibes, und Dr. Khaled Hamad, der Koordinator „ der
Vereinigung zur Verteidigung der palästinensischen
Gefangenen“, ich grüße das verehrte Publikum, das sich in Berlin
versammelt hat. Ich bin glücklich, in der Lage zu sein, zu diesem
äußerst wichtigen Thema etwas beizutragen: die
palästinensischen Gefangenen und ihr Schicksal.
Das Motto dieses
Kongresses:
„Wir werden unsere
Verhafteten nie vergessen“. Die palästinensischen Gefangenen,
begleiten mich seit Beginn der Besatzung 1967 und sind bis zum
heutigen Tag ein Teil meines Lebens und meiner Bücher geworden.
Ich werde nie die palästinensischen Kinder als die jüngsten
Gefangenen Palästinas vergessen. Ich möchte erwähnen und aus
bedeutenden Dokumenten wie des Internationalen Rechtes ( auch
Völkerrecht genannt) zitieren (aus Zeitmangel nur wenige), die
palästinensische Gefangene betreffen und die von Israel
ständig verletzt werden.
Ein solches Dokument
ist die „Universale Erklärung der Menschenrechte, 1948. §9 diese
bedeutende Erklärung spricht gegen willkürliche Verhaftung. Jene
Tausende palästinensischer Verwaltungshäftlinge, die ohne
Gerichtsverhandlung verurteilt, und ohne irgendeine reale, legale
Verteidigungsmöglichkeit waren; während dieser fast 47 Jahre bis
heute sind sie der Beweis der israelischen Verletzung des
einen unbedingt notwendigen Maxims des Völkerrechts. Die
Gerichtsprozesse gegen diese Administrativhaft ist eine Farce, die
ich einen „Kampf gegen Geister“ genannt habe.. Artikel 55 der
UN-Charta spricht über die Pflicht jedes Staates, die Menschenrechte
des Volkes und sein Recht auf Freiheit zu achten – doch Israel
ignoriert mit Impertinenz diesen Artikel ständig.
Eines der
bedeutendsten Dokumente des Völkerrechtes ist die Vierte Genfer
Konvention von 1949, die ich am Ende dieser juristischen
Untersuchung analysieren sollte. Palästina wurde vor kurzem
als eine sehr hohe vertraglich verpflichtete Partei der
Vierten Genfer Konvention und dem zusätzlichen Protokoll
akzeptiert.
195 Staaten
unterstützen die Vierte Genfer Konvention. Eine der bedeutendsten
Konventionen ist die Konvention gegen Folter von 1984, die Israel
ständig verletzt. Ich werde später über die israelische
Folterpraxis, die Israel während all der Jahre
durchführte und die ich in meinen Büchern beschrieben habe, sprechen
, auch über die Folterspuren am Körper, die ich mit eigenen
Augen gesehen habe. Ja, ich bin eine Anwältin und eine Zeugin all
dieser Verbrechen.
Ich kehre zurück zur
Vierten Genfer Konvention von 1949, die sich auf den Schutz von
zivilen Personen in Kriegszeiten bezieht.
Den Text dieser
Konvention habe ich 23 Jahre mit mir getragen, von einem
Gerichtssaal in den anderen, in den besetzten Gebieten und ins
Oberste Gericht in Jerusalem und zitierte daraus – aber vergeblich.
Die Konvention fordert Schutz der angeklagten Personen, der
Gefangenen, der gerichtlichen Prozesse. Folterungen sind
verboten, auch Kollektivstrafen, Repressalien gegen geschützte
Personen und ihr Eigentum. Angeklagte Personen (§72) sollen
das Recht haben, zu ihrer Verteidigung den notwendigen
Beweis zu präsentieren etc.
Im Lichte dieser
Grundsätze ist die Administrativ-Haft illegal, auch die
Kolonisierung der besetzten Gebiete ist illegal! Artikel 147 der
Konvention spricht von ernsten Brüchen der Konvention,
einschließlich mutwilligen Tötens, Folter oder unmenschlicher
Behandlung, die Kriegsverbrechen darstellen. Nach diesem Artikel
begehen die israelischen Militärbehörden und die israelischen
Politiker Kriegsverbrechen gegen die Palästinenser. Sie sollten vor
den Internationalen Gerichtshof nach Den Haag wegen 47 Jahre
langen Kriegsverbrechen.
Ich möchte jetzt über
die Situation der palästinensischen Gefangenen sprechen, die
ihre Würde behalten haben, deren Preis sehr hoch war. Viele Male
gab es heldenhafte Hungerstreiks, da der Körper des Gefangenen
seine letzte Waffe war. Ich habe versucht, und es gelang mir,
einige von ihnen zu retten: sie kehrten ins Leben zurück. Der
heldenhafte Hungerstreik von Samer El Essawe von 2012 brachte mich
in meine Vergangenheit zurück. Die längste kolonialistische
Besatzung der modernen Zeit foltert permanent
seine Opfer - und die Welt schweigt!
Israel steht über dem
Gesetz, instrumentalisiert unsere Toten( der Shoa) und spielt die
Rolle eines permanenten Opfers. Israel, die
viert-stärkste Militärmacht der Welt, in Besitz von Atom-Bomben etc.
Mein Respekt gilt denen in Israel, die gegen die Besatzung
kämpfen, die auch eine israelische Tragödie ist. Sie brauchen
und verdienen unsere Solidarität.
Den letzten Teil
meiner Rede möchte ich denen widmen, deren Leiden ich als ihre
Anwältin als Zeugin miterlebt habe. Die Opfer waren Mitglieder
der linken „Nationalfront“, die 1974 verhaftet wurden. Die Namen
waren wohl bekannt: Souleiman al Najab, Husni Hadad, Ghassan al
Harb, Abed al Majid Hamdan und Halil Hijasy. Alle habe ich mit
Hochachtung vertreten und habe ihr Schicksal in meinem Buch(„Zorn
und Hoffnung“ 1990) beschrieben, einige von ihnen waren in der
Vergangenheit schon in Jordanien verhaftet; sie erzählten mir, dass
das, was sie in „der größten Demokratie der
Welt“ erlebten, am schlimmsten war.
All die hier
erwähnten Palästinenser waren für Frieden und Versöhnung
mit Israel!
Nach einem langen
Kampf erhielt ich die Genehmigung, sie im Jalame-Gefängnis zu
besuchen. Ich werde nie die Wunden, offene Wunden, an ihrem
Körper vergessen. Ich habe sie in Gegenwart eines Shin Bet-Agenten
mit Namen Abu Nabil gesehen, der dicht neben mir saß. Mit
zitternden Händen hab ich ihre Aussagen aufgeschrieben. Sie
erzählten mir, dass ihre Äußerungen über Frieden ( mit Israel) mit
mehr Folterungen beantwortet wurden
Khalil Higasy war
fast unfähig zu gehen, seine Füße waren ernsthaft durch Schläge
verletzt. Er sagte zu mir: „Felicia, wenn ich über Frieden
zwischen uns und Israel sprach, wurde ich schwer geschlagen.“
Es war 1974. So viele
Jahre sind vergangen mit unzähligen Gefolterten. An ein
bedeutendes Charakteristikum des israelischen Establishments
bis zum heutigen Tag muss erinnert werden: sein totaler
Widerstand gegen den Frieden!
Im Namen der
Gefolterten, meiner Mandanten von 1974, habe ich an das Oberste
Gericht appelliert. Mein Gesuch wurde zurückgewiesen, weil Abu Nabil
aussagte, dass mein Zeugnis über Folter nicht wahr sei … obwohl er
dieselben Wunden wie ich gesehen hatte. … Die Palästinenser konnten
von diesem juristischen System keine Gerechtigkeit
bekommen, da es eher auf Lügner wie Abu Nabil hörte und nicht
auf die gefolterten und verletzten palästinensischen Gefangenen. Was
ich hier vorbrachte, ist nur ein Beispiel. Deshalb wenden wir
uns an das Gewissen der Welt, das Schweigen zu durchbrechen, um den
von den Besatzern Gequälten zu helfen, den geliebten Angehörigen der
palästinensischen Gesellschaft! Seinen besten Söhnen!.
Gesegnet seien jene,
die ihre Stimme für die palästinensischen Gefangenen erheben und für
ihre Freiheit.
Es wäre auch eine
Stimme für einen gerechten Frieden! Dieses Jahr ist das Jahr der
Solidarität mit dem palästinensischen Volk! Solidarität ist
das schönste Geschenk der Menschheit.
( dt. Ellen Rohlfs)
First European Conference in
support of Palestinian detainees
Felicia
Langer
26. 4. 2014 - Berlin
I am
extending my hearty greetings to the conference, to all the
distinguished Diplomats, guests and activists from everywhere, to
the Palestinian ambassador, to Dr. Khaled Hamad, the coordinator of
the Alliance in defence of the Palestinian detainees, to the
honourable public gathered in Berlin. I am happy to be able to
contribute something to this extremely vital subject, the
Palestinian detainees and their fate.
The motto of this congress:
“We shall
never forget our detainees”, the palestinian prisoners, is
accompanying me from the very beginning of the occupation in 1967
and has become a part of my life and my books, to this very day. I
shall never forget the palestinian children as the youngest
prisoners of Palestine! I would like to mention and quote some
important documents of international law (only some, because of the
lack of time) pertaining palestinian prisoners, which Israel is
constantly violating.
Such is
the “Universal Declaration of Human Rights”, 1948. Article 9 of this
so important declaration speaks against arbitrary arrest. Those
thousands of the palestinian administrative detainees, detained
without trial, or any possibility of real legal defence, during all
these almost 47 years, till today, are the proof of the Israeli
violation of the one of the most vital maxims of international law.
The judicial process against this administrative imprisonment is a
farce, which I have called a struggle against the ghosts…
Article 55
of the UNO Charter speaks about the duty of every state to honour
the human rights of the people and their right to freedom. Israel
ignores this article permanently, with impertinence.
The one of
the most important documents of international law is the Fourth
Geneva Convention, 1949, which I shall analyse at the end of this
judicial scrutiny. Palestine was recently accepted as a high
contracting party to the Fourth Gen. Convention and the additional
protocol.
195 states
supported the Fourth Gen. Convention. One of the most important
conventions is the convention against tortures, 1984, which Israel
is violating. I shall speak later about the Israeli practice of
tortures during all these years, which I have described in my books,
about the marks of tortures which I have seen with my own eyes. Yes,
I am a lawyer and a witness of these crimes!
I do return to the Fourth “Geneva Convention 1949
relative to the protection of civilian persons in time of war.”
I was
carrying with me the text of this convention for 23 years, from
courtroom to courtroom in the occupied territories and in the High
Court of Justice in Jerusalem and quoting it, but in vain. The
Convention requires protection of the accused persons, of prisoners,
of judicial proceedings. Tortures are forbidden, so are collective
penalties, reprisal against protected persons and their property.
Accused persons (art. 72) shall have the right to present evidence
necessary to their defence, etc.
In the
light of this maxims the administrative imprisonment is illegal,
also colonisation of the O. T. is illegal!! Article 147 of the
convention speaks about grave breaches of the convention, including
wilful killing, torture or inhuman treatment, which constitute war
crimes. According to this article Israeli military authorities and
also Israeli politicians are committing war crimes against the
Palestinians and are supposed to be tried by the International Court
of Justice in Den Haag, for committing 47 years of war crimes!

Die Botschafterin Palästinas Dr. Khouloud Daibes und Felicia Langer
I am
coming now to speak about the situation of the palestinian prisoners
who have preserved their dignity, but the price was very high, many
times these were heroic hunger strikes, while the body of the
prisoner was his last weapon… I have tried and succeeded to save
some of them, and they have returned to life. The heroic hunger
strike of Samer El Essawe returned to me my past. So, the longest
colonialistic occupation of modern time is permanently tormenting
its victims and the world remains silent!
Israel is
above the law, instrumentalizing our deads, playing a role of a
permanent victim. Israel, the fourth military might in the world, in
possession of A-Bombs etc. My respect to those in Israel, who are
struggling against the occupation, which is also an Israeli tragedy.
They need and deserve our solidarity!
The last
part of my speech I wish to devote to those, whose suffering I, as
their lawyer, have witnessed. The victims were members of the
leftist “National Front”, arrested in the year 1974. The names were
well known, Souleiman Al Najab, Husni Hadad, Ghassan Al Harb, Abed
Al Majid Hamdan and Halil Hijasy. All of them I have represented,
with pride, and have described in my book (“El Ghadab al Amal“, F.
L., “Fury and Hope”, 1990) their fate. Some of them were in the past
arrested in Jordan, but they told me, that what they have suffered
in the “most cherished democracy in the world”, was the worst
possible…
All those
mentioned represented Palestinians, who were for peace and
understanding with Israel!
After a
long struggle I got the permit to visit them at Jalame prison. I
shall never forget the wounds on their bodies, open wounds! I have
seen them in presence of a Shin Beit agent, named Abu Nabil, who was
sitting next to me. With shaking hands I have written their
testimonies. They told me, that their peace-utterances were answered
with more tortures…
Khalil
Higasy was almost unable to walk, his feet were severely injured by
beatings. He said to me: “Felicia, when I mentioned peace between us
and Israel, I was severely beaten.”
It was in
1974, so many years passed, with so many tortured. One important
characteristic of the Israeli establishment till this very day, has
to be remembered: Their total resistance to peace!!
In the
name of the tortured, my clients in 1974, I have applied to the High
Court of Justice. My application was rejected, because Abu Nabil
testified, that my testimony about tortures is not true… Although he
has seen the same wounds as me… So, the Palestinians were not able
to obtain justice from this judicial system, which obeys liars as
Abu Nabil, and not the tortured and wounded palestinian prisoners.
What I have brought here is only one example! Therefore we apply to
the conscience of the world, to break the silence, to help those
tormented by the occupiers, the beloved ones of the Palestinian
society! Its best sons!
Blessed
are those, who raise their voice for the palestinian prisoners! For
their freedom!
It is also
a voice for a just peace! This year is the year of solidarity with
the Palestinian People! Solidarity is the most beautiful gift of
mankind!

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