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Offener Brief an Charlotte Knobloch
Abraham Melzer
17. 8. 2014

Sehr geehrte Frau Knobloch,
ich habe ihren offenen Brief an Jürgen Todenhöfer in dem neuen Kampfblatt der national- religiösen Zionisten gelesen und war überhaupt nicht überrascht. Dieses Hetzblatt passt zu ihnen und Sie passen zu dieser ekelhaften Variante des Stürmers. Wut und Zorn ergreifen mich nur bei dem Gedanken, dass amerikanische, national-religiöse Zionisten den Namen der alten, seriösen Jüdischen Rundschau missbrauchen und beschmutzen. Wenn man bedenkt, dass einst Robert Weltsch Herausgeber und Redakteur dieser Zeitung war, dann kann einem schlecht werden, wenn man heute liest, dass es Zielsetzung der neuen Jüdischen Rundschau sei, ein „heute häufig verzerrtes und unvollständiges Medienbild von Israel sinnvoll zu konterkarieren“. Dazu passt natürlich ein Interview über zwei volle Seiten mit dem widerlichen Rassisten und Siedlungsaktivisten Elyakim Haetzni, der sein Recht auf das Wohnen in besetztem palästinensischen Land wie folgt begründet: „Ich habe direkte Rechte an diesem Gebiet als Mitglied des jüdischen Volkes.“ Also von Gott, da die Juden doch das Volk Gottes sind.

Ich muss freilich zugeben, dass Sie sehr gut dazu passen und ich freue mich, dass „verantwortungsvolle und seriöse Medien“ Ihnen kein Forum bieten und Sie deshalb bei billigen und langweiligen Propagandamedien Ihre Hetztiraden veröffentlichen müssen.

Warum hatte ich beim Lesen ihres offenen Briefes an J.T. das Gefühl, ich müsste kotzen? Warum kann man alles, was Sie J.T. vorwerfen Wort für Wort auf Sie ummünzen, und noch viel mehr? Sie sind selbstgerecht, heuchlerisch, überheblich, schlecht informiert und herzlos. All das kann man Todenhöfer nicht nachsagen. Sie tragen ja ihr Herz nicht mit sich, was Sie ja immer wieder betonen, und das merkt man Ihnen gut an. Ihr Herz ist wohl in einem dieser Betonbunker in Tel Aviv oder bei den israelischen Soldaten an der Front. Sie sagen es offen, naiv und stolz.

Sie leben offenbar in einer autistischen Welt, in der nicht sein kann, was nicht sein darf. Es darf nie mehr Antisemitismus geben, sagen Sie ununterbrochen, aber Menschen wie Sie tun alles, damit es Antisemitismus wieder gibt und wenn er auf kleiner Flamme im Verborgenen so vor sich her flimmert, dann gießen Sie jede Menge Öl in die Flamme, damit sie groß und gefährlich wird und Sie die Juden wieder in Gefahr sehen, in Gefahr vor einem neuen Holocaust. Und wenn es dann soweit ist, dann rufen Sie, nein, dann schreien Sie: Haltet den Dieb.

Ich erwarte nicht, dass Sie mir zustimmen. Ich erwarte nicht einmal, dass Sie mich verstehen. Wie sollten Sie? Aber ich erwarte schon, dass Sie aufschreien, wenn eine israelische Parlamentsabgeordnete der Partei „Jüdisches Haus“ im Parlament offen fordert, man solle alle palästinensischen Mütter töten bzw. ermorden, um Geburten von palästinensischen Kindern zu verhindern. Hat Sie das als Mutter nicht erschreckt? Dabei behauptet diese Partei, dass sie im Namen aller Juden spricht. In meinem Namen jedenfalls nicht. Etwa in ihrem Namen?

Wann haben Sie jemals Israels Politik, Israels Kriegsverbrechen, Israels Aggressivität gegenüber Arabern und besonders gegenüber Palästinensern, kritisiert? Und woher nehmen Sie für sich das Recht und die „Jüdische Chuzpeh“, andere wie z. B. J.T. zu kritisieren und zu diffamieren, nur weil sie einem von Israel unterdrückten Volk helfen wollen? Die Palästinenser in Israel werden von Ihnen und Ihresgleichen unterdrückt und täglich gedemütigt. Sie finden es richtig und schweigen zu diesem Unrecht. Für Sie ist es kein Unrecht, sondern das ewige von Gott gegebene Recht, dass Juden, nur Juden, in Israel bzw. Palästina leben dürfen.

Nehmen Sie aber zur Kenntnis, dass es auf dieser Welt viele Menschen gibt, darunter auch viele Ihrer Glaubensgenossen, die es nicht richtig finden, nicht gut finden und vor allem nicht gerecht finden und die sich davon distanzieren wollen. Sie wollen es beenden auch zum Preis der Niederlage des Zionismus. Nicht alle Juden sind Zionisten, und Sie werden bestimmt wissen, dass ausgerechnet die Juden in der Stadt, in der Sie schon seit mehr als 30 Jahren die jüdische Gemeinde regieren bzw. beherrschen, den ersten Zionisten unter der Führung von Theodor Herzl die Durchführung des ersten Zionistenkongress in München verweigert haben. Er musste nach Basel weichen.

Der Zionismus ist eine barbarische, rückwärtsgewandte Ideologie des Kolonialismus, Rassismus und der Vorstellung von der Überlegenheit der weißen Rasse, zu der der Zionismus auch die Juden zählt, was eigentlich im Gegensatz zu seiner Lehre steht, dass nämlich alle Juden aus dem Orient, aus Palästina stammen und deshalb das Recht haben, die momentanen Bewohner zu vertreiben und das Land wieder in Besitz zu nehmen. Herzl wollte einen Judenstaat gründen, der ein Bollwerk gegen die östliche Barbarei sein sollte. Und was ist daraus geworden? Ein barbarischer Staat ohne Moral, Ethik, Recht und Gerechtigkeit. Lesen Sie, was Jeshajahu Leibowitz , Israel Shahak, Uri Avnery, Erich Fried und andere aufrechte und kluge Juden dazu gesagt haben, und hören Sie auf, sich als Nahost Expertin lächerlich zu machen, besonders wenn Sie andere Nahostexperten beleidigen und verhöhnen wollen.

Welche Qualitäten und Voraussetzungen bringen Sie mit, um hier mitreden zu können? Die Tatsache, dass Sie Jüdin, oder Halbjüdin sind? Oder die Tatsache, dass Sie mit einem Juden verheiratet waren? Mir ist nicht bekannt, dass Sie in Israel waren, dass Sie Hebräisch sprechen oder, wie ich, in der israelischen Armee gedient haben. Sie wissen im Grunde gar nichts, oder das, was Ihnen die Hasbara, die israelische Propaganda, beigebracht hat. Hätten Sie geschwiegen, dann würden vielleicht noch manche Zeitgenossen Sie für klug halten. Sie aber müssen reden.

Sie behaupten in Ihrem offenen Brief, dass „Israel eine Demokratie ist, die einzige freiheitliche Demokratie in der Region, die akribisch darauf achtet, dass jeder Angriff juristisch auf die Vereinbarkeit mit internationalem Recht überprüft wird.“ Das haben auch die Nazis gesagt und luden das Rote Kreuz ein, die KZ zu überprüfen. Was sagen Sie zur richterlichen Entscheidung vom 17.08.2014, wonach es einer faschistischen und rassistischen Organisation in Israel erlaubt ist, bei der Hochzeit eines israelischen Moslems mit einer zum Islam konvertierten jüdischen Israelin, zu demonstrieren und die Hochzeitsfeier zu stören? Was sagen Sie dazu, dass die Polizei sich weigert, die Feier zu beschützen und das Paar aufgefordert hat, selbst für den Schutz zu sorgen? Bekommen Sie dabei kein Ekelgefühl? Was sagen Sie, dass es in Israel überhaupt eine solche rassistische Organisation gibt, die auch noch vom Gericht bestätigt wird? Das ist Demokratie in Israel. Kommentare in Haaretz meinten, dass es sie an Nazi-Deutschland erinnert. Was meinen Sie dazu?

Und nun zu Ihrem offenen Brief, den ich in normalen Zeiten in den Müll geworfen hätte. Aber die Zeiten sind nicht normal, und der Nahost Konflikt findet auch in unseren Medien statt, und da muss man auf ein solch widerliches Pamphlet, wie Ihren Brief, antworten. Sie werfen Jürgen Todenhöfer vor, er habe die Zerstörung einer Sauna in Ashkelon nicht verhindert. Haben Sie die Zerstörung von Tausenden von Häusern in Gaza verhindert? Haben Sie diese Zerstörung überhaupt gesehen oder steckte ihr Kopf wieder einmal im Sand? „Ihr Ego erhält einen angemessenen Resonanzboden, auf den Sie hoffentlich stolz sind. Gefangen in irrwitziger Naivität, die an freiwillige Gehirnwäsche erinnert, fallen Sie der zionistischen Propaganda anheim“. Darauf sind doch stolz, Frau Knobloch, oder?

Sie werfen J.T. vor, dass er „David gegen Goliath“ vergleicht und in Israel den Goliath sieht. Sie protestieren sofort, und es wundert mich, dass nicht schon hier der Vorwurf des Anti-semitismus gekommen ist. Sie meinen, dass Israel, weil seine Fläche so groß wie Hessen ist, nicht Goliath sein kann, sondern nur die „vereinte arabische Nachbarschaft, die seit 1948 von der Auslöschung des verhassten jüdischen Schandflecks phantasiert.“ Sie vergessen aber Folgendes, gnädige Frau: 1. Israel gibt für Waffen und Munition mehr aus, als alle seine arabischen Nachbarn zusammen. 2. Israel hat bereits mehr als 200 mit atomaren Sprengköpfen bestückte Raketen, die Israel auch jederzeit bereit wäre einzusetzen. 3. Sie unterschlagen die Tatsache, dass Ägypten und Jordanien mit Israel bereits seit Jahren Frieden haben und dass die Arabische Liga mehrmals schon Israel Frieden anbot, den aber Israel abgelehnt hat. Aber woher sollen Sie das wissen? In der Jüdischen Rundschau steht nichts darüber.

Sie erwähnen stolz, dass gegen die drei mutmaßlichen Mörder des 16-jährigen Palästinensers Mohammed Abu Chedair in Israel Anklage erhoben wurde. Dass ich nicht lache. Wie oft wurden in Israel schon Klagen gegen jüdische Mörder erhoben, und wie oft wurden jüdische Mörder verurteilt? Und wenn der eine oder andere tatsächlich verurteilt wurde, dann wurde er auch schon vor seiner Verhaftung begnadigt. In Israel gelten nur „mutmaßliche“ arabische Täter als Täter und es werden gleich fünfzig Zivilisten getötet, um einen mutmaßlichen Täter zu erwischen. Wussten Sie das nicht? Jetzt wissen Sie es, wenn Sie es nicht sofort schon beim Lesen verdrängt haben.

Was Sie dann über die „einzige freiheitliche Demokratie in der Region“ schreiben, ist nicht das Papier wert, auf das es gedruckt wurde. „Freiheitlich“ für wen? Doch nicht etwa für die Millionen von Palästinensern, die in den Besetzten Gebieten, in Gaza und auch in Israel selbst leben.

„Auch warnt die Armee die palästinensische Zivilbevölkerung rechtzeitig, um sich in Sicherheit zu bringen.“ Was für eine moralische Armee! Automatische Telefonanlagen rufen wahllos in Gaza an und verkünden, dass man noch 58 Sekunden Zeit hat, um sich in Sicherheit zu bringen. Da müsste man ein Weltrekordläufer sein, um einen Bunker zu erreichen. Aber selbst das wird niemandem nützen, denn es gibt keine Bunker in Gaza. Das ist pure israelische Propaganda. Aber bei Ihnen fällt sie auf fruchtbaren Boden. Sie glauben auch jeden Unsinn, wenn er nur von den Zionisten kommt.

Sie sind ja die Expertin schlechthin und deshalb nehmen Sie sich das Recht zu behaupten, dass „an dieser schreckliche Konfrontation ursächlich die Hamas die Schuld trägt.“ Das ist die berühmte Kindergarten-Frage: Wer hat begonnen? Nun, wie lange wollen Sie zurückgehen? Haben etwa die Palästinenser begonnen, als Mitte des 19. Jahrhunderts Juden nach Palästina kamen und dort Siedlungen bauten? Haben etwa die Palästinenser begonnen, als 1917 der englische Außenminister Lord Balfour der zionistischen Organisation das Versprechen gab, in Palästina eine „Jüdische Heimstätte“ errichten zu können? Hat das Land etwa Lord Balfour gehört? Haben die Palästinenser begonnen, als 1947 die UN 52% ihres Landes den Juden geschenkt hat? Ihre Selbstgerechtigkeit, verehrte Dame, stinkt zum Himmel. Haben Sie den zweiten Teil der Deklaration nicht gelesen oder bewusst vergessen? Die Regierung Seiner Majestät betrachtete nicht nur mit Wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina , sondern bestand auch darauf, wohlverstanden, dass nichts geschehen soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina in Frage stellen könnte. Diesen Passus haben die Zionisten unterschlagen.

Sie beschweren sich, dass „die Hamas den Krieg der Bilder“ perfektioniert hat. Ja und wer hat es erfunden? Die Israelis! Diesen Krieg der Bilder können aber die Israelis leicht gewinnen. Sie sollten sofort aufhören, der Hamas solche Bilder zu liefern.

Sie behaupten, dass Israel „seine Bevölkerung schützen muss“. Vor was und vor wem? In den letzten 10 Jahren haben die primitiven Raketen der Hamas nicht einen einzigen Israeli getötet. Die Vergeltungsaktionen der Israelis haben aber Tausende von Palästinensern ermordet. Und Sie jammern darüber, dass „nur Israel“ mit dieser geopolitischen Situation konfrontiert wird. Andere Staaten müssen jene Fragen nicht beantworten, wie sie Ministerpräsident Netanjahu und das israelische Militär beantworten müssen.“ Das ist richtig und gut so. Andere Staaten haben nicht ihren Nachbarn das Land gestohlen und darauf den eigenen Staat errichtet. Andere reguläre Armeen kämpfen nicht gegen Zivilisten und zerstören ganze Städte. Kritik an Israel ist gerechtfertigt, weil Israel immer wieder gegen das Völkerrecht verstößt und es mutwillig beugt. Erst vor fünf Jahren in Gaza. Und ausgerechnet ein zionistischer Jude, der südafrikanische Richter Richard Goldstone, hat in seinem „Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen über den Gaza-Konflikt 2008/2009“ die Kriegsverbrechen der Israelis aufgedeckt. Ach, Sie wussten es nicht?

Sie werfen J.T. vor, er würde das Schicksal der Israelis gekonnt ausblenden. Das tut er nicht. Aber Sie blenden mehr als gekonnt, nämlich selbstgerecht und heuchlerisch, das Schicksal der Palästinenser aus. Sie behaupten die Israelis wollten nichts sehnlicher als Frieden. Dann sollen sie doch die Gründung eines palästinensischen Staates vorantreiben und die besetzten Gebiete räumen und die Belagerung Gazas aufheben. Das wäre der erste Schritt zum Frieden. Wer das nicht tut, will keinen Frieden.

Die Israelis leiden? Und was ist mit den Palästinensern, die Tag für Tag an Checkpoints gedemütigt und zuweilen auch getötet werden? Wissen Sie davon? „Die israelischen Familien im Süden des Landes verbringen ihre Sommerferien in Schutzräumen“, schreiben Sie. Und das ist falsch. Sie verbringen ihre Sommerferien nicht in Schutzräumen und nicht im Süden, sondern im Norden Israels und wollen nicht in ihre Häuser im Süden zurückkehren, solange die Lage sich noch nicht beruhigt hat. Diese Leute bedauern Sie. Die Menschen in Gaza können sich Sommerferien gar nicht leisten, und Schutzräume kennen sie nur vom Hörensagen. Diese Menschen bedauern Sie nicht. Für diese Menschen empfinden Sie keine Empathie. Wieso auch? Es sind ja bloß Palästinenser, keine Juden.

Und wieder als Höhepunkt der Heuchelei werfen Sie J.T. vor, dass er „das Leid der israelischen Kinder konsequent ausblendet.“ Und Sie, als Mutter, warum blenden Sie konsequent das Leid der Kinder in Gaza und die unverhältnismäßig hohe Zahl von toten Kindern aus? Man kann ja nicht so viel essen, wie man kotzen möchte, angesichts solcher Heuchelei und Selbstgerechtigkeit. Sie beklagen sich über die dramatischen physischen und psychischen Folgen der terroristischen Angriffe. Und was ist mit den noch dramatischeren Folgen für die Menschen und besonders für die Kinder in Gaza? Sind die Bomben der Israelis kein Terror, nur weil sie von einer angeblichen demokratischen Regierung befohlen wurde?

Sie unterlassen es auch nicht J.T. zu verhöhnen, indem Sie fragen, ob er telepathische Fähigkeiten hat, weil er „ganz genau“ weiß, was Netanjahu will. Dazu braucht man doch keine telepathischen Fähigkeiten. Netanjahu sagt offen und frei was er will. Jeder weiß es. In Israel und sonst wo. Nur Sie, verehrte Frau Knobloch, wissen es nicht, weil Sie es nicht wissen wollen.

Es ist traurig, dass das palästinensische Leid in Ihrer zionistischen Weltanschauung keinen Platz hat. Es ist traurig, dass die Sorgen der arabischen Menschen darin missachtet werden. Erfreulich ist dagegen die Tatsache, dass Sie seitens der Medien kein Forum mehr erhalten für ihre weinerlich vorgetragenen Tiraden gegen mutige Journalisten und Friedensaktivisten und auf solche Hetzblätter wie die neue Jüdische Rundschau zurückgreifen müssen, die von den amerikanischen Zionisten der Habad-Bewegung finanziert wird.

Sie wünschen sich eine Welt mit Israel. Auch ich wünsche mir eine Welt mit Israel, aber ohne Zionisten, ohne radikale Siedler, ohne eine brutale Besatzungsarmee und ohne selbstgerechte Politiker, und ich kann nur hoffen, dass sich die Mehrheit der freiheitlich-demokratisch gesinnten Menschen hinter diesem Wunsch vereint. In den USA hat die Organisation, der ich angehöre, Jewish Voice for Peace, in den letzten Wochen bereits 20% mehr zahlende Mitglieder gewonnen. Dank Netanjahu und dank solcher fürchterlichen Juden wie Sie.

Ich kann Ihnen nur raten, genau nachzudenken, was Freiheit bedeutet. Der jüdische Journalist und Freiheitskämpfer Ludwig Börne hat in seinem Exil in Paris Mitte des 19. Jahrhunderts geschrieben: „Man kann jede Idee durch eine andere Idee verdrängen – nur die Freiheit nicht.“

Die Palästinenser haben das verstanden. Wann werden auch Sie es verstehen? Sie werfen schließlich J.T. Profilneurose vor. Nun wirklich, davon verstehen Sie was. Ihre Profilneurose hat sie in politische Ämter gebracht, von denen Sie keine Ahnung hatten. Sie betrachten ja schon die Jüdische Gemeinde in München als ihr Privateigentum und regieren dort so, als ob Sie es von Stalin gelernt hätten. Indem Sie aber helfen, den Palästinensern die Freiheit zu verweigern, zerstören Sie auch die Freiheit ihrer Glaubensgenossen in Israel. Denken Sie mal darüber nach.

Sie schlagen Ihren jüdischen Mitbürgern vor, dass sie sich „in dieser aufgeheizten Situation eher nicht zu erkennen geben sollen“. Dabei tue ich genau das Gegenteil. Wie wollen Sie es aber bewerkstelligen, wo doch in Deutschland jeder potentielle Antisemit Ihr Gesicht kennt? Wollen Sie nicht endlich dorthin auswandern, wo die Jaffa-Orangen nicht mehr blühen, aber Ihr Herz und Ihre Seele begraben sind. Dort brauchen Sie keine Angst vor Antisemiten zu haben und dass man Sie auf offener Straße „vergast, verbrennt“ oder gar „schlachtet“. Höchstens kann Sie eine Kassam-Rakete aus Gaza treffen, aber die ist harmlos und nur dann tödlich, wenn sie Ihnen direkt auf den Kopf fällt. Das ist aber sehr unwahrscheinlich und ist noch nie vorgekommen.

Sie können vereint mit Herz und Seele in Israel noch lange leben, denn wie sagte noch Ihr Freund und Gesinnungsgenosse H.M. Broder: „Israelis sind Täter, aber es macht Spaß Täter zu sein, weil man als Täter länger lebt.“ Mein Freund Hajo Meyer, ein Auschwitzüberlebender, meinte dazu, dass Täter nur dann länger leben, wenn sie kein Gewissen haben. Da können Sie ja ganz beruhigt schlafen.

Sollte sich Ihr Gewissen aber eines Tages doch noch melden, dann können Sie ihre katholische Verwandtschaft aus Ober-Franken bitten, Ihnen einen braven katholischen Pfarrer zu empfehlen, der Ihnen die Beichte abnimmt. Wenn das aber schief geht, dann können Sie sich noch an Ihre national-religiösen Freunde in Judäa oder Samaria wenden, die Ihnen dann einen fanatischen Rabbiner ins Haus nach Tel Aviv oder Jerusalem oder vielleicht doch Sderot schicken, der Ihnen direkt am Bett die göttliche, jüdische Absolution erteilt.

Mit sehr misstrauischen Grüßen
Abraham Melzer
Mitglied der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost

 

 


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