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Ökumenischer Rat der
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Zur Veröffentlichung frei - 29/04/2009
12:19:06
PALÄSTINENSISCHE CHRISTLICHE
FAMILIE REAGIERT AUF BEDROHUNGEN UND SCHIKANE MIT OFFENHEIT
Von Emma Halgren (*)
"Ein Land ohne Menschen ist nichts wert,
Menschen ohne Land auch nicht." Das ist die Devise des
palästinensischen Landwirts Daoud Nassar. Wenn er von der engen
Verbindung zwischen Menschen und ihrem Land spricht, dann aus
leidvoller Erfahrung.
Nassar, ein palästinensischer Christ,
lebt mit seiner Familie auf 42 Hektar fruchtbarem Land westlich
von Bethlehem. Sein Großvater kaufte das Land 1916. Seither baut
die Familie Nassar dort Oliven, Mandeln, Weintrauben, Birnen und
Feigen an.
1991 erfuhr Daoud Nassar, dass die
israelischen Behörden drei Viertel seines Landes beschlagnahmen
wollten – eine Maßnahme, die zwar völkerrechtswidrig ist, im
Westjordanland aber gang und gäbe.
Seither ist die Familie in einen
kostspieligen Rechtsstreit mit der israelischen Regierung
verwickelt – und das, berichtete Daoud Nassar einem ökumenischen
Besucherteam am 10. März, obwohl sie alle Kauf- und
Registrierungsurkunden vorgelegt habe, die ihren Besitzanspruch
auf das Land belegten.
Die ökumenische Delegation – vom
Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) entsandte "Lebendige
Briefe" – besuchte den Hof der
Familie Nassar sowie ökumenischen Organisationen, Kirchenführern
und zivilgesellschaftlichen Gruppen in Israel und Palästina im
März.
Trotz des Rechtsstreits und der
Schikanen, denen die Nassars durch israelische Siedler am Ort
ausgesetzt sind, hat die Familie sich für den Weg des Friedens
entschieden. Sie lädt Menschen aus der Umgebung und dem Ausland
zu Bildungs- und Friedensprojekten auf ihrem Anwesen ein.
Der Hof der Nassars gehört zu einer
Landparzelle, auf der auch acht palästinensische Bauerndörfer
liegen, die die israelischen Behörden annektieren wollen, um die
Gush-Etzion-Siedlungen mit derzeit rund 50 000 Bewohnern
auszubauen.
Viele Familien im Westjordanland
verfügen nicht über die notwendigen Papiere, um den
Besitzanspruch auf ihr Land nachzuweisen, und noch weniger über
die erforderlichen Mittel, um einen langwierigen Rechtsstreit
auszufechten.
Seit ihrem ersten Erscheinen vor
Gericht im Jahr 1991, als sie den Bescheid über die
Beschlagnahmung ihres Landes anfochten, haben die Nassars die
Gerichte nicht nur mit ihrer soliden Beweisführung, sondern auch
mit ihrer Hartnäckigkeit überrascht. Daoud Nassar berichtet,
dass seiner Familie, mit Hilfe der Unterstützer ihres
Friedensprojekts, für den Rechtsstreit und damit
zusammenhängende Ausgaben Kosten in Höhe von rund 145 000
US-Dollar bestritten und zahlreiche Gerichtsverhandlungen
durchstanden hätten – mit dem Ergebnis, dass ihr Land
gegenwärtig sicher sei.
"Wir weigern uns, Feinde zu
sein"
Der Hof der Nassars ist bereits von
israelischen Siedlungen umgeben und, wie viele andere
Palästinenser auch, ist die Familie Schikanen, Drohungen und
Angriffen benachbarter Siedler ausgesetzt. So wurde Daouds
Mutter bereits mit einem Gewehr bedroht und Siedler entwurzelten
250 Olivenbäume auf dem Land der Familie.
Es seien Übergriffe wie diese, so
Nassar, die die Gewaltbereitschaft unter den Palästinensern
leicht anfachen könnten. Viele andere sähen keine andere
Möglichkeit, als in Resignation zu verfallen oder aber
auszuwandern.
Familie Nassar hingegen wählte einen
anderen Weg: sie weigert sich, Feind zu sein. Deshalb richtete
sie auf ihrem Land das Projekt "Zelt
der Völker" ein - mit dem Ziel,
Brücken zwischen Menschen verschiedener Herkunft wie auch
zwischen Menschen und ihrem Land zu bauen.
"Wir wollten aus dem Teufelskreis der
gegenseitigen Schuldzuweisungen ausbrechen und unsere
Frustrationen in eine positive Richtung umlenken", erklärte
Daoud Nassar dem Team der Lebendigen Briefe.
Die israelischen Behörden haben jedoch
keine neuen dauerhaften Infrastrukturmaßnahmen auf dem Gelände
genehmigt und den Anschluss ans öffentliche Stromnetz und die
Wasserversorgung unterbunden. Daraufhin setzten die Nassars
sieben unterirdische Höhlen instand, strichen die Wände an,
richteten sie mit gemütlichen Teppichen und Kissen ein und
schlossen sie an die Stromversorgung durch einen Generator an.
Nun stehen sie als Versammlungs- oder Begegnungsräume zur
Verfügung. Gegenwärtig gibt es Pläne für die Installation von
Solarpanelen und die Errichtung von Windrädern auf dem Gehöft.
Seit Projektbeginn im Jahr 2000 haben
die Nassars beträchtliche lokale und internationale
Unterstützung gewonnen. Sie geben Kindern aus Bethlehem die
Möglichkeit, durch Baumpflanzaktionen und die Mitarbeit bei der
Trauben- und Olivenernte eine positive Beziehung zu ihrem Land
zu entwickeln.
Im Rahmen eines Frauenprojektes können
Frauen aus dem nahe gelegenen Dorf Nahalin Englisch-, Computer-
und andere fachliche Kenntnisse erwerben. Aufgrund der
restriktiven Passierscheinvergabe können viele Frauen ihr Dorf
nicht verlassen, um zu ihrem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu
gelangen. Das Frauenprojekt bietet den Frauen die seltene
Gelegenheit, im Ort selbst eine Ausbildung zu machen.
Jedes Jahr führen die Nassars eine
Baumpflanzaktion auf ihren Feldern durch. Ziel für 2009 ist es,
mit Hilfe Hunderter von Menschen – lokal ansässigen
Palästinensern, israelischen Friedensaktivisten und Besuchern
aus aller Welt - tausend neue Bäume anzupflanzen.
Auch Freiwillige besuchen den Hof der
Nassars das ganze Jahr über, um bei der Trauben-, Mandel-,
Feigen- und Olivenernte zu helfen und in künstlerischen
Projekten mitzuarbeiten.
Brücken bauen
Zur Bekundung ihrer Solidarität
besuchten Mitglieder von "European Jews for a Just Peace "
(Europäische Juden für einen gerechten Frieden) den Hof der
Nassars und pflanzten 250 Olivenbäume, um die von den Siedlern
zerstörten zu ersetzen.
Auf lokaler Ebene, meint Daoud Nassar,
stellen die Aktivitäten im "Zelt der Völker" einen kleinen
Schritt auf dem Weg dar, eine Verständigung zwischen dem
palästinensischen und dem israelischen Volk zu bewirken.
Anfang 2008 lud eine Frau aus einer
Besuchergruppe von Friedensaktivisten ihre Freundin aus einer
nahe gelegenen israelischen Siedlung zu einem Besuch im "Zelt
der Völker" ein. Die Frau hatte damals bereits neun Jahre in der
Siedlung gewohnt, aber nicht gewusst, dass in den umliegenden
Gebieten Palästinenser lebten. Der Besuch auf dem Hof gab ihr
einen bewegenden Einblick in deren Lebensbedingungen.
Wenn Aktionen wie diese auch nicht die
Realität der Besetzung änderten, so Daoud Nassar, leisten sie
doch einen Beitrag zu besseren Beziehungen zwischen den hier
lebenden Menschen und zur Überbrückung der zwischen ihnen
bestehenden tiefen Kluft.
Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass
dieses Projekt anderen Palästinensern Mut mache, sich nicht als
Opfer zu sehen, sondern vielmehr hoffnungsvoll in die Zukunft zu
blicken: "Was wir hier mit ganzen einfachen Mitteln versuchen,
ist, unser Volk zu motivieren und den Menschen zu zeigen, dass
es eine Zukunft gibt."
(*)
Emma Halgren,
Praktikantin in der ÖRK-Kommunikationsabteilung, ist Mitglied
der Unionskirche in Australien.
Zelt der Völker :
http://www.zeltdervoelker.ch
Feature: "Die israelische
Besetzung belastet die palästinensischen Christen":
http://www.oikoumene.org/de/nachrichten/news-management/a/ger/article/1722/die-israelische-besetzung.html
Fotogalerie
(hoch auflösende Fotos auf Anfrage
erhältlich):
http://gewaltueberwinden.org/de/news-events/fotos/visit-to-israel-and-palestine.html
Sechzig Jahre ÖRK-Engagement für
Palästina/Israel, 1948-2007 (Überblick):
http://www.oikoumene.org/?id=3628&L=2
ÖRK-Mitgliedskirchen in
Israel/Palästina:
http://www.oikoumene.org/?id=4746&L=2
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