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Präsident Obamas Rede in Kairo an
die muslimische Welt 4.6.2009
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Ein Neuanfang - Teil I
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Rede
des Präsidenten
Kairo – (AD) – Nachfolgend
veröffentlichen wir die unwesentlich gekürzte Rede von US-Präsident Barack
Obama zum Neuanfang in den Beziehungen der Vereinigten Staaten zur
muslimischen Welt vom 4. Juni 2009.
Vielen herzlichen Dank. Guten Tag. Ich fühle mich geehrt, in Kairo zu sein,
dieser zeitlosen Stadt, und Gast zweier bemerkenswerter Institutionen zu
sein. Seit mehr als eintausend Jahren ist die Al-Azhar Universität ein
leuchtendes Beispiel für islamische Bildung, und seit mehr als einhundert
Jahren ist die Universität von Kairo eine Quelle des ägyptischen
Fortschritts. Und gemeinsam stehen Sie für die Harmonie zwischen Tradition
und Fortschritt. Ich möchte mich für Ihre Gastfreundschaft und die
Gastfreundschaft der Bürger Ägyptens bedanken. Ich bin auch stolz darauf,
die guten Wünsche der amerikanischen Bevölkerung und einen Friedensgruß der
muslimischen Gemeinden in meinem Land übermitteln zu können: Salam alaikum.
Wir kommen in einer Zeit großer Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten
und den Muslimen überall auf der Welt zusammen – Spannungen, die in
historischen Kräften verwurzelt sind, die über jede gegenwärtige politische
Debatte hinausgehen. Die Beziehungen zwischen dem Islam und dem Westen
umfassen Jahrhunderte der Koexistenz und Kooperation, aber auch Konflikte
und religiöse Kriege. In der jüngsten Vergangenheit wurden die Spannungen
durch Kolonialismus genährt, der vielen Muslimen Rechte und Chancen versagte
und einem Kalten Krieg, in dem mehrheitlich muslimische Länder zu oft als
Stellvertreter benutzt wurden, ohne dass dabei Rücksicht auf ihre eigenen
Bestrebungen genommen wurde. Darüber hinaus hat der weitreichende Wandel,
der von der Moderne und der Globalisierung herbeigeführt wurde, dazu
geführt, dass viele Muslime den Westen als feindlich gegenüber den
Traditionen des Islams erachteten.
Gewalttätige Extremisten haben diese Spannungen in einer kleinen, aber
starken Minderheit der Muslime ausgenutzt. Die Anschläge vom 11. September
2001 und die fortgesetzten Bemühungen dieser Extremisten, Gewalt gegen
Zivilisten zu verüben, hat einige in meinem Land dazu veranlasst, den Islam
als zwangsläufig feindlich nicht nur gegenüber den Vereinigten Staaten und
Ländern des Westens zu betrachten, sondern auch gegenüber den
Menschenrechten. All das hat zu weiteren Ängsten und mehr Misstrauen
geführt.
Solange unsere Beziehungen von unseren Unterschieden definiert sind, werden
wir diejenigen stärken, die eher Hass als Frieden verbreiten, und
diejenigen, die eher Konflikte fördern als die Zusammenarbeit, die den
Menschen in allen unseren Ländern helfen könnte, Gerechtigkeit und Wohlstand
zu erreichen. Dieser Kreislauf der Verdächtigungen und Zwietracht muss
enden.
Ich bin nach Kairo gekommen, um einen Neuanfang zwischen den Vereinigten
Staaten und den Muslimen überall auf der Welt zu beginnen. Einen Neuanfang,
der auf gemeinsamen Interessen und gegenseitiger Achtung beruht und auf der
Wahrheit, dass die Vereinigten Staaten und der Islam die jeweils andere
Seite nicht ausgrenzen und auch nicht miteinander konkurrieren müssen.
Stattdessen überschneiden sich beide und haben gemeinsame Grundsätze –
Grundsätze der Gerechtigkeit und des Fortschrittes, der Toleranz und der
Würde aller Menschen.
Natürlich weiß ich, dass sich nicht alles über Nacht ändern kann. Ich weiß,
dass im Vorfeld viel über diese Rede gesprochen wurde, aber keine einzelne
Rede kann die Jahre des Misstrauens hinwegfegen, noch kann ich in der Zeit,
die mir heute Nachmittag zur Verfügung steht, all die komplexen Fragen
beantworten, die uns an diesen Punkt gebracht haben. Ich bin aber davon
überzeugt, dass wir, um Fortschritte machen zu können, einander offen sagen
müssen, was uns auf dem Herzen liegt, und das wird zu häufig nur hinter
verschlossenen Türen getan. Wir müssen uns darum bemühen, einander
zuzuhören, voneinander zu lernen, uns gegenseitig zu respektieren und
Gemeinsamkeiten zu finden. Wie der Heilige Koran uns lehrt: ”Sei Gott
gewärtig und spreche immer die Wahrheit.“ Das werde ich heute versuchen –
ich werde die Wahrheit sagen, so gut ich das kann; demütig angesichts der
Aufgabe, die vor uns liegt, und fest in meinem Glauben, dass die Interessen,
die uns als Menschen gemein sind, viel stärker sind als die Kräfte, die uns
entzweien.
Diese Überzeugung beruht teilweise auf meinen eigenen Erfahrungen. Ich bin
Christ, aber mein Vater stammt aus einer kenianischen Familie, zu der
Generationen von Muslimen gehören. Als Junge lebte ich mehrere Jahre in
Indonesien und hörte bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang den Ruf des Adhan.
Als junger Mann arbeitete ich in Gemeinden Chicagos, wo viele Menschen im
muslimischen Glauben Würde und Frieden fanden.
Als Geschichtsstudent weiß ich auch um die Schuld der Zivilisation gegenüber
dem Islam. Es war der Islam – an Orten wie der Al-Azhar Universität – der
das Licht der Bildung über so viele Jahrhunderte getragen und den Weg für
die europäische Renaissance und Aufklärung bereitet hat. Es waren
Innovationen in muslimischen Gesellschaften, durch die die Ordnung der
Algebra entstanden, unser magnetischer Kompass und die Instrumente der
Navigation, unsere Fähigkeit Federhalter herzustellen und unsere
Beherrschung des Drucks sowie unser Wissen um die Verbreitung von
Krankheiten und wie sie geheilt werden können. Die islamische Kultur hat uns
majestätische Bögen und hohe Gewölbe beschert, zeitlose Poesie und
geschätzte Musik, elegante Kalligraphie und Orte der friedlichen
Kontemplation. Im Verlaufe der Geschichte hat der Islam durch Worte und
Taten die Möglichkeiten der religiösen Toleranz und ethnischen
Gleichberechtigung demonstriert.
Ich weiß auch, dass der Islam immer ein Teil der amerikanischen Geschichte
gewesen ist. Die erste Nation, die mein Land anerkannte, war Marokko. Bei
der Unterzeichnung des Vertrags von Tripolis im Jahre 1796 schrieb unser
zweiter Präsident, John Adams: “Die Vereinigten Staaten hegen in ihrem
Innern gegenüber den Gesetzen, der Religion oder dem Frieden der Muslime
keinerlei Feindseligkeit.“ Seit ihrer Gründung haben amerikanische Muslime
die Vereinigten Staaten bereichert. Sie haben in unseren Kriegen gekämpft,
in unserer Regierung gedient, sich für Bürgerrechte eingesetzt, Unternehmen
gegründet, an unseren Universitäten gelehrt, hervorragende Leistungen in
unseren Sportstätten gebracht, Nobelpreise gewonnen, unser höchstes Gebäude
erbaut und die Olympische Fackel entzündet. Und als vor kurzem der erste
muslimische Amerikaner in den Kongress gewählt wurde, legte er den Amtseid
zur Verteidigung unserer Verfassung auf den gleichen Heiligen Koran ab, der
in der Bibliothek eines unserer Gründungsväter stand – Thomas Jefferson.
Ich habe den Islam auf drei Kontinenten kennengelernt, bevor ich in die
Region gekommen bin, wo er zuerst verkündet wurde. Diese Erfahrung leitet
meine Überzeugung, dass eine Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten
und dem Islam auf dem basieren muss, was der Islam ist, und nicht auf dem,
was er nicht ist. Und ich sehe es als Teil meiner Verantwortung als
Präsident der Vereinigten Staaten an, gegen negative Stereotype über den
Islam vorzugehen, wo auch immer sie auftreten mögen.
Aber das gleiche Prinzip muss für die muslimischen Wahrnehmungen der
Vereinigten Staaten gelten. Genauso wie Muslime nicht groben Stereotypen
entsprechen, entsprechen auch die Vereinigten Staaten nicht dem groben
Stereotyp eines nur an sich selbst interessierten Imperiums. Die Vereinigten
Staaten sind eine der größten Quellen für Fortschritt, die die Welt jemals
gesehen hat. Wir sind aus einer Revolution gegen ein Weltreich
hervorgegangen. Unser Land wurde auf den Idealen gegründet, dass alle
Menschen gleich geschaffen sind, und wir haben über Jahrhunderte gekämpft
und Blut vergossen, um diesen Worten Bedeutung zu verleihen – innerhalb
unserer Grenzen und in der übrigen Welt. Wir sind von jeder Kultur in jedem
Winkel der Erde geprägt und folgen einem einfachen Konzept: "E Pluribus Unum
– aus vielen Eins."
Viel wurde über die Tatsache diskutiert, dass ein Afroamerikaner mit dem
Namen Barack Hussein Obama zum Präsidenten gewählt wurde. Meine persönliche
Geschichte ist aber gar nicht so einzigartig. Der Traum von Chancen für alle
Menschen ist nicht für jeden in den Vereinigten Staaten wahr geworden, aber
seine Versprechungen bestehen weiterhin für alle, die in unser Land kommen.
Dies schließt nahezu sieben Millionen amerikanische Muslime ein, die heute
in unserem Land Leben, und die übrigens über ein Einkommen und einen
Bildungsstand verfügen, der über dem amerikanischen Durchschnitt liegt.
Außerdem ist die Freiheit in den Vereinigten Staaten untrennbar mit der
Freiheit der Religionsausübung verbunden. Das ist der Grund, warum in jedem
Staat unserer Union eine Moschee und es insgesamt mehr als 1.200 Moscheen
innerhalb unserer Landesgrenzen gibt. Das ist auch der Grund, warum die
US-Regierung vor Gericht gegangen ist, um die Rechte der Frauen und Mädchen
zu schützen, die das Hijab tragen wollen, und um diejenigen zu bestrafen,
die es ihnen verwehren wollen.
Es besteht also kein Zweifel: Der Islam ist ein Teil der Vereinigten
Staaten. Ich glaube, dass die Vereinigten Staaten in sich die Wahrheit
tragen, dass wir alle, unabhängig von der Hautfarbe, der Religion oder der
Lebensphase, gemeinsame Ambitionen haben – in Frieden und Sicherheit zu
leben, Bildung zu erhalten, und in Würde zu arbeiten und unsere Familien,
Gemeinden und Gott zu lieben. Das sind Dinge, die wir alle anstreben. Das
ist die Hoffnung aller Menschen.
Natürlich ist die Anerkennung unserer gemeinsamen Menschlichkeit erst der
Anfang unserer Aufgabe. Worte alleine können die Bedürfnisse der Menschen in
unseren Ländern nicht befriedigen. Diese Bedürfnisse können nur befriedigt
werden, wenn wir in den kommenden Jahren mutig handeln, und wenn wir
verstehen, dass die Herausforderungen, vor denen wir stehen, gemeinsame
Herausforderungen sind, und ein Versagen uns allen schaden wird.
Aus den jüngsten Erfahrungen haben wir gelernt, dass wenn ein Finanzsystem
in einem Land geschwächt wird, der Wohlstand überall davon betroffen ist.
Wenn ein neuartiges Grippevirus einen Menschen infiziert, wir alle gefährdet
sind. Wenn eine Nation den Erwerb von Atomwaffen anstrebt, das Risiko eines
Atomwaffenangriffs für alle Nationen steigt. Wenn gewalttätige Extremisten
in einer Bergregion operieren, Menschen auf der anderen Seite des Ozeans
gefährdet sind. Und wenn Unschuldige in Bosnien und Darfur abgeschlachtet
werden, es ein Schandfleck auf unserem kollektiven Gewissen ist. Das
bedeutet es, im 21. Jahrhundert die Welt gemeinsam zu bewohnen. Das ist die
Verantwortung, die wir vor einander als Menschen haben.
Das ist eine schwierige Verantwortung, die wir übernehmen müssen. Die
menschliche Geschichte war oft geprägt von Nationen und Stämmen – und auch
Religionen- die einander aufgrund ihrer eigenen Interessen unterjochten. In
dieser neuen Ära ist dieses Verhalten aber völlig sinnlos. Angesichts
unserer gegenseitigen Abhängigkeit wird jede Weltordnung, die eine Nation
oder Gruppe über andere erhebt, unweigerlich scheitern. Ganz gleich, was wir
also über die Vergangenheit denken, wir sollten nicht zu ihren Gefangenen
werden. Unsere Probleme müssen durch Partnerschaft gelöst und Fortschritt
muss geteilt werden.
Das heißt nicht, dass wir Ursachen für Spannungen ignorieren sollten. Das
Gegenteil scheint mir vielmehr angebracht zu sein: Wir müssen uns diesen
Spannungen direkt stellen. Lassen Sie mich in diesem Sinne so klar und so
offen, wie mir das möglich ist, einigen speziellen Themen ansprechen, von
denen ich glaube, dass wir uns ihnen endlich gemeinsam stellen müssen.
Das erste Thema, dem wir uns stellen müssen, ist gewalttätiger Extremismus
in allen seinen Formen.
In Ankara habe ich klar gesagt, dass sich die Vereinigten Staaten nicht mit
dem Islam im Krieg befinden und das auch niemals sein werden. Wir werden uns
jedoch unnachgiebig gegen die gewalttätigen Extremisten stellen, die eine
ernste Gefahr für unsere Sicherheit bedeuten, weil wir dasselbe ablehnen,
was die Menschen aller Glaubensrichtungen ablehnen: Die Ermordung
unschuldiger Frauen, Kinder und Männer. Und es ist meine oberste Pflicht als
Präsident, die Bevölkerung der Vereinigten Staaten zu schützen.
Die Situation in Afghanistan zeigt die amerikanischen Ziele und die
Notwendigkeit der Kooperation. Vor mehr als sieben Jahren haben die
Vereinigten Staaten die Al Kaida und die Taliban mit breiter internationaler
Unterstützung verfolgt. Wir haben das nicht getan, weil wir das tun wollten,
sondern weil es eine Notwendigkeit war. Ich bin mir bewusst, dass es noch
immer einige Menschen gibt, die die Ereignisse des 11. Septembers anzweifeln
oder rechtfertigen würden. Aber lassen Sie uns ganz klar feststellen: Die Al
Kaida hat an diesem Tag fast 3.000 Menschen getötet. Die Opfer waren
unschuldige Frauen, Kinder und Männer aus den Vereinigten Staaten und vielen
anderen Ländern, die niemandem etwas getan hatten. Dennoch hat die Al Kaida
diese Menschen unbarmherzig ermordet, sich mit dem Angriff gebrüstet und
sagt sogar heute, dass sie entschlossen ist, einen massiven Angriff
durchzuführen und viele Menschen zu töten. Sie haben in vielen Ländern
Anhänger und versuchen ihre Reichweite noch auszudehnen. Das sind keine
Ansichten, über die diskutiert werden kann, es sind Fakten, mit denen man
sich befassen muss.
Täuschen Sie sich also nicht: Wir wollen unsere Truppen nicht in Afghanistan
lassen. Wir wollen dort keine Militärbasen einrichten Es ist qualvoll für
die Vereinigten Staaten, ihre jungen Frauen und Männer zu verlieren. Es ist
kostspielig und politisch schwierig, diesen Konflikt fortzusetzen. Wir
würden gerne jeden einzelnen unserer Soldaten nach Hause bringen, wenn wir
sicher sein könnten, dass es in Afghanistan und jetzt auch in Pakistan keine
gewalttätigen Extremisten gibt, die entschlossen sind, so viele Amerikaner
wie möglich zu töten. Aber das ist zurzeit noch nicht der Fall.
Deshalb haben wir eine partnerschaftliche Koalition mit 46 Ländern
geschlossen. Trotz der damit einhergehenden Kosten wird das amerikanische
Engagement nicht nachlassen. In der Tat sollte keiner von uns diese
Extremisten tolerieren. Sie haben in vielen Ländern getötet. Sie haben
Menschen unterschiedlichen Glaubens getötet – allerdings starben mehr
Muslime als Anhänger anderer Glaubensrichtungen. Ihre Taten sind unvereinbar
mit den Menschenrechten, dem Fortschritt von Nationen und dem Islam. Der
Heilige Koran lehrt, dass wenn jemand einen Unschuldigen tötet, es so ist,
als habe er die ganze Menschheit getötet. Und der Heilige Koran sagt auch,
wenn jemand einen Menschen rettet, ist es so, als habe er die ganze
Menschheit gerettet. Der fortdauernde Glaube von mehr als einer Milliarde
Menschen ist so viel größer als der engstirnige Hass einiger weniger. Der
Islam ist nicht Teil des Problems im Kampf bei der Bekämpfung des
gewalttätigen Extremismus - er ist ein wichtiger Teil der Förderung des
Friedens.
Wir wissen auch, dass militärische Macht alleine nicht ausreicht, um die
Probleme in Afghanistan und Pakistan zu lösen. Das ist der Grund, warum wir
vorhaben, jedes Jahr in den kommenden fünf Jahren 1,5 Milliarden US-Dollar
zu investieren, um in Partnerschaft mit der Bevölkerung Pakistans Schulen,
Krankenhäuser, Straßen und Unternehmen aufzubauen und hunderte Millionen
Dollar, um denen zu helfen, die vertrieben wurden. Aus diesem Grund stellen
wir mehr als 2,8 Milliarden Dollar bereit, um den Menschen in Afghanistan zu
helfen, ihre eigene Volkswirtschaft aufzubauen und die Dienste
bereitzustellen, auf die die Menschen angewiesen sind.
Lassen Sie mich auch das Thema Irak ansprechen. Im Gegensatz zu Afghanistan
haben wir uns für den Krieg im Irak entschieden, was zu starken
Meinungsverschiedenheiten in meinem Land und auf der ganzen Welt geführt
hat. Obwohl ich glaube, dass es der irakischen Bevölkerung letztendlich ohne
den Tyrannen Saddam Hussein besser geht, glaube ich auch, dass die
Ereignisse im Irak die Vereinigten Staaten an die Notwendigkeit der
Diplomatie und des internationalen Konsenses zur Lösung von Problemen
erinnert haben, wann immer dies möglich ist. Wir erinnern uns in der Tat an
die Worte von Thomas Jefferson, der sagte: „Ich hoffe, dass unsere Weisheit
mit unserer Macht wachsen und uns lehren wird: Je weniger wir unsere Macht
einsetzen, desto größer wird sie sein.“
Heute haben die Vereinigten Staaten eine zweifache Verantwortung: Dem Irak
zu helfen, eine bessere Zukunft aufzubauen - und den Irak den Irakern zu
überlassen. Ich habe es gegenüber der irakischen Bevölkerung ganz klar
gesagt, dass wir keine Basen errichten wollen und keine Ansprüche auf ihr
Territorium oder Ressourcen erheben. Die irakische Souveränität gehört dem
Irak allein. Daher habe ich den Abzug der Kampfbrigaden bis kommenden August
angeordnet. Daher werden wir uns an unsere Vereinbarung mit der demokratisch
gewählten Regierung im Irak halten und unsere Kampftruppen bis Juli aus
irakischen Städten sowie unsere übrigen Soldaten bis 2012 aus dem Irak
abziehen. Wir werden den Irak dabei unterstützen, Sicherheitskräfte
auszubilden und seine Volkswirtschaft aufzubauen. Aber wir werden einen
sicheren und geeinten Irak als ein Partner unterstützen und niemals als
Schutzmacht.
Und schließlich dürfen wir, genauso wenig wie die Vereinigten Staaten Gewalt
von Extremisten tolerieren können, niemals unsere Prinzipien verändern oder
vergessen. Der 11. September stellte ein enormes Trauma für unser Land dar.
Die Angst und Wut, die er hervorrief, war verständlich, aber in einigen
Fällen führte dies dazu, dass wir entgegen unseren Traditionen und Idealen
handelten. Wir unternehmen konkrete Schritte, um den Kurs zu ändern. Ich
habe unmissverständlich den Einsatz von Folter durch die Vereinigten Staaten
verboten und die Schließung des Gefangenenlagers in Guantánamo Bay bis
Anfang kommenden Jahres angeordnet.
Die Vereinigten Staaten werden sich also unter Achtung der Souveränität von
Nationen und der Rechtsstaatlichkeit verteidigen. Und wir werden das in
Partnerschaft mit den muslimischen Gesellschaften tun, die ebenfalls bedroht
sind. Je eher die Extremisten isoliert und aus muslimischen Gesellschaften
vertrieben werden, desto schneller werden wir alle sicherer sein.
Die zweite große Quelle für Spannungen, über die wir sprechen müssen, ist
die Situation zwischen Israelis, Palästinensern und in der arabischen Welt.
Die starken Bande der Vereinigten Staaten zu Israel sind allgemein bekannt.
Diese Bande sind unzerbrechlich. Sie basieren auf den kulturellen und
historischen Verbindungen und dem Wissen um die Tatsache, dass das Streben
nach einer jüdischen Heimat in einer tragischen Geschichte verwurzelt ist,
die nicht geleugnet werden kann.
• US-AUßENPOLITIK (04. Juni
2009)
Ein Neuanfang, Teil II
Rede des Präsidenten
Überall auf der Welt wurden Juden seit Jahrhunderten verfolgt, und der
Antisemitismus gipfelte in Europa in einem beispiellosen Holocaust. Morgen
werde ich Buchenwald besuchen, das Teil eines Netzwerks von Lagern war, in
denen Juden während des Dritten Reichs versklavt, gefoltert, erschossen und
vergast wurden. Sechs Millionen Juden wurden getötet – mehr als die gesamte
jüdische Bevölkerung, die heute in Israel lebt. Diese Tatsache zu leugnen
ist bar jeder Grundlage, ignorant und abscheulich. Israel mit Zerstörung zu
drohen – oder gemeine Stereotype über Juden zu wiederholen – ist zutiefst
falsch und dient nur dazu, bei den Israelis diese schmerzvollste aller
Erinnerungen wieder zu erwecken und gleichzeitig den Frieden zu verhindern,
den die Menschen in dieser Region verdienen.
Andererseits lässt es sich auch nicht leugnen, dass die Palästinenser –
Muslime und Christen – auf der Suche nach einer Heimat gelitten haben. Seit
mehr als sechzig Jahren ertragen sie den Schmerz der Vertreibung. Viele
warten in Flüchtlingslagern im Westjordanland, im Gazastreifen und den
angrenzenden Ländern auf ein Leben in Frieden und Sicherheit, das sie noch
nie haben führen können. Sie ertragen die täglichen Demütigungen – kleine
und große – die die Besatzung mit sich bringt. Es besteht also kein Zweifel:
Die Situation für die Palästinenser ist unerträglich. Die Vereinigten
Staaten werden dem legitimen Streben der Palästinenser nach Würde, Chancen
und einem eigenen Staat nicht den Rücken kehren.
Seit Jahrzehnten gibt es eine Pattsituation: Zwei Völker mit legitimen
Wünschen, jedes davon mit einer schmerzvollen Geschichte, die einen
Kompromiss erschwert. Schuldzuweisungen sind einfach – die Palästinenser
weisen auf die Vertreibung aufgrund der Gründung des Staates Israel hin, und
die Israelis weisen auf die ständigen Feindseligkeiten und Anschläge hin,
die im Laufe ihrer Geschichte im eigenen Land und aus dem Ausland auf sie
verübt wurden. Aber wenn wir diesen Konflikt nur von der einen oder der
anderen Seite betrachten, verschließen wir unsere Augen vor der Wahrheit:
Die einzige Lösung besteht darin, dass die Wünsche beider Seiten durch zwei
Länder erfüllt werden, in denen Israelis und Palästinenser jeweils in
Frieden und Sicherheit leben.
Das ist im Interesse Israels, im Interesse Palästinas, im Interesse der
Vereinigten Staaten und im Interesse der Welt. Aus diesem Grund habe ich
vor, mich mit all der Geduld und Hingabe, die diese Aufgabe erfordert,
persönlich für dieses Ziel einzusetzen. Die Verpflichtungen, die die
Parteien im Rahmen der Road Map eingegangen sind, sind eindeutig. Um Frieden
zu ermöglichen, ist es an der Zeit, dass sie – und wir alle – unserer
Verantwortung nachkommen.
Die Palästinenser müssen der Gewalt abschwören. Widerstand durch Gewalt und
Morden ist falsch und führt nicht zum Erfolg. Jahrhundertelang ertrugen
schwarze Menschen in den Vereinigten Staaten als Sklaven den Hieb der
Peitsche und die Erniedrigung der Rassentrennung. Aber es war nicht Gewalt,
mit der vollständige und gleiche Rechte errungen wurden. Es war ein
friedliches und entschlossenes Beharren auf den Idealen, die bei der
Gründung der Vereinigten Staaten das Kernstück waren. Dieselbe Geschichte
können Menschen in Südafrika, in Südasien, Osteuropa und in Indonesien
erzählen. Es ist eine Geschichte mit einer einfachen Wahrheit: Gewalt ist
eine Sackgasse. Es ist weder ein Zeichen von Mut noch von Macht, Raketen auf
schlafende Kinder zu schießen oder einen Bombenanschlag auf alte Frauen in
einem Bus zu verüben. So erlangt man keine moralische Autorität; so gibt man
sie auf.
Es ist jetzt an der Zeit, dass sich die Palästinenser auf das konzentrieren,
was sie aufbauen können. Die Palästinenserbehörde muss ihre Fähigkeit zu
regieren entwickeln, mit Institutionen, die die Bedürfnisse der Bürger
befriedigen. Die Hamas hat die Unterstützung einiger Palästinenser, sie muss
aber auch erkennen, dass sie eine Verantwortung trägt. Um eine Rolle dabei
zu spielen, die Wünsche der Palästinenser zu erfüllen und die Palästinenser
zu einen, muss die Hamas die Gewalt beenden und vergangene Abkommen sowie
das Existenzrecht Israels anerkennen.
Gleichzeitig müssen die Israelis anerkennen, dass das Existenzrecht
Palästinas genau so wenig verwehrt werden kann wie das Existenzrecht
Israels. Die Vereinigten Staaten betrachten den fortgesetzten Bau
israelischer Siedlungen nicht als legitim. Der Bau verletzt bestehende
Abkommen und untergräbt die Bestrebungen, Frieden zu erreichen. Es ist an
der Zeit, dass diese Besiedelung aufhört.
Israel muss auch seiner Verpflichtung nachkommen und sicherstellen, dass die
Palästinenser leben, arbeiten und ihre Gesellschaft voranbringen können. Die
andauernde humanitäre Krise im Gazastreifen zerstört nicht nur
palästinensische Familien, sie erhöht auch nicht die Sicherheit Israels. Der
fortbestehende Mangel an Chancen im Westjordanland tut das genauso wenig.
Fortschritte im täglichen Leben der Palästinenser müssen ein wichtiger Teil
des Weges zum Frieden sein, und Israel muss konkrete Schritte unternehmen,
um solchen Fortschritt zu ermöglichen.
Schließlich müssen die arabischen Staaten erkennen, dass die arabische
Friedensinitiative ein bedeutender Anfang war, aber nicht das Ende ihrer
Verantwortung. Der Konflikt zwischen Arabern und Israelis sollte nicht
länger dazu verwendet werden, die Bürger in arabischen Nationen von anderen
Problemen abzulenken. Stattdessen muss es ein Anliegen sein, den
Palästinensern zu helfen, die Institutionen zu entwickeln, die ihren Staat
tragen werden, die Legitimität Israels anzuerkennen und sich für Fortschritt
zu entscheiden, statt sich auf kontraproduktive Weise auf die Vergangenheit
zu konzentrieren.
Die Vereinigten Staaten werden ihre Politik mit jenen abstimmen, die Frieden
anstreben, und öffentlich das sagen, was sie auch in geschlossenen Treffen
zu den Israelis, den Palästinensern und den arabischen Nationen sagen. Wir
können keinen Frieden erzwingen. Aber insgeheim erkennen viele Muslime, dass
Israel nicht einfach verschwinden wird. Genauso erkennen viele Israelis die
Notwendigkeit eines Palästinenserstaates. Jeder kennt die Wahrheit, und
deshalb ist es jetzt an der Zeit, ihr entsprechend zu handeln.
Zu viele Tränen sind geflossen. Zu viel Blut wurde vergossen. Wir alle haben
die Verantwortung, auf den Tag hinzuarbeiten, an dem die Mütter von
israelischen und palästinensischen Kindern diese ohne Angst aufwachsen
sehen, an dem das heilige Land der drei großen Glaubensrichtungen der Ort
des Friedens ist, den Gott für ihn vorgesehen hat, an dem Jerusalem die
sichere und ständige Heimat von Juden, Christen und Muslimen ist und ein
Ort, an dem alle Kinder Abrahams friedlich zusammenkommen können wie in der
Geschichte der Al-Isra, als Moses, Jesus und Mohammed - möge der Friede mit
ihnen sein - gemeinsam beteten.
Die dritte Quelle von Spannungen ist unser gemeinsames Interesse an den
Rechten und den Pflichten von Nationen in Bezug auf Atomwaffen.
Dieses Thema ist eine Quelle der Spannung zwischen den Vereinigten Staaten
und der Islamischen Republik Iran. Iran definiert sich seit vielen Jahren
auch über die Opposition zu meinem Land, und in der Tat steht eine
ereignisreiche Geschichte zwischen uns. Mitten im Kalten Krieg spielten die
Vereinigten Staaten beim Sturz einer demokratisch gewählten iranischen
Regierung eine Rolle. Seit der Islamischen Revolution spielt Iran eine Rolle
bei Geiselnahmen und bei Gewalt gegen amerikanische Soldaten und Zivilisten.
Diese Geschichte ist weithin bekannt. Aber statt in der Vergangenheit
verhaftet zu bleiben, habe ich den iranischen Politikern und Bürgern des
Landes eindeutig gesagt, dass mein Land bereit ist, in die Zukunft zu
blicken. Die Frage lautet jetzt nicht, wogegen Iran ist, sondern welche
Zukunft das Land aufbauen will.
Ich weiß, dass es schwer sein wird, Jahrzehnte des Misstrauens zu
überwinden, aber wir werden mutig, rechtschaffen und entschlossen vorgehen.
Es wird viele Fragen geben, die unsere beiden Länder diskutieren müssen, und
wir sind bereit, ohne Vorbedingungen und auf der Grundlage gegenseitiger
Achtung zu handeln. Aber es ist allen Beteiligten klar, dass wir beim Thema
der Atomwaffen einen entscheidenden Punkt erreicht haben. Dabei geht es
nicht einfach um die Interessen der Vereinigten Staaten. Es geht darum, ein
Wettrüsten im Nahen Osten zu verhindern, das die Region und die ganze Welt
auf einen zutiefst gefährlichen Kurs bringen könnte.
Ich verstehe jene, die protestieren und sagen, dass einige Länder Waffen
besitzen, die andere Länder nicht haben. Kein einzelnes Land sollte
aussuchen dürfen, welche Länder Atomwaffen besitzen dürfen. Aus diesem Grund
habe ich das Bekenntnis der Vereinigten Staaten maßgeblich gestärkt, auf
eine Welt hinzuarbeiten, in der kein Land Atomwaffen besitzt. Jedes Land –
auch Iran – sollte das Recht auf friedliche Nutzung der Atomkraft haben,
wenn es seinen Verpflichtungen im Rahmen des atomaren
Nichtverbreitungsvertrags nachkommt. Dieses Bekenntnis ist das Kernstück des
Vertrages, und es muss für alle bewahrt werden, die sich vollständig daran
halten. Ich habe Hoffnung, dass alle Länder in der Region dieses gemeinsame
Ziel verfolgen können.
Das vierte Thema, über das ich sprechen werde, ist Demokratie.
Ich weiß, dass die Förderung von Demokratie in den vergangenen Jahren Anlass
zu einigen Kontroversen gegeben hat, und dass ein Großteil dieser
Kontroversen mit dem Krieg im Irak zu tun hat. Ich sage es ganz deutlich:
Kein Regierungssystem kann oder sollte einem Land von irgendeinem anderen
Land aufgezwungen werden.
Das heißt jedoch nicht, dass ich mich weniger für Regierungen einsetze, die
dem Willen ihrer Bürger entsprechen. Jedes Land erfüllt dieses Prinzip auf
seine eigene Art und Weise mit Leben, und diese beruht auf den Traditionen
seiner Bürger. Die Vereinigten Staaten maßen sich nicht an zu wissen, was
für alle anderen am besten ist, genau so wenig wie sie sich anmaßen, das
Ergebnis von friedlichen Wahlen beeinflussen zu können. Aber ich bin der
unerschütterlichen Überzeugung, dass sich alle Menschen nach bestimmten
Dingen sehnen: Die Fähigkeit, seine Meinung zu äußern und ein
Mitspracherecht dabei zu haben, wie man regiert wird, Vertrauen in die
Rechtsstaatlichkeit und die Gleichheit vor dem Gesetz zu haben, eine
Regierung, die transparent ist und die Menschen nicht bestiehlt sowie die
Freiheit, so zu leben, wie man möchte. Das sind nicht nur amerikanische
Ideen, es sind Menschenrechte. Und aus diesem Grund werden wir sie überall
auf der Welt unterstützen.
Es gibt keine eindeutige Linie, wie diese Versprechen verwirklicht werden
können. Aber folgendes ist klar: Regierungen, die diese Rechte schützen,
sind letzten Endes stabiler, erfolgreicher und sicherer. Das Unterdrücken
von Ideen führt nicht zu ihrem Verschwinden Die Vereinigten Staaten
respektieren das Recht aller friedlichen und gesetzestreuen Stimmen auf der
Welt, Gehör zu finden, auch, wenn wir nicht ihrer Meinung sind. Wir begrüßen
alle gewählten, friedlichen Regierungen – wenn sie beim Regieren alle ihre
Bürger achten.
Dieser letzte Punkt ist wichtig, weil es einige gibt, die Demokratie nur
fordern, wenn sie nicht an der Macht sind. Wenn sie dann an der Macht sind,
unterdrücken sie rücksichtslos die Rechte anderer. Unabhängig davon, wo sie
Wurzeln schlägt: Eine Regierung für die Bürger und bestehend aus den Bürgern
setzt einen Standard für alle, die an die Macht kommen: Man muss die Macht
durch Konsens, nicht durch Zwang erhalten, durch die Achtung der Rechte von
Minderheiten und Mitwirkung im Geist der Toleranz und des Kompromisses sowie
die Einstufung der Interessen der Bürger und der legitimen Arbeit des
politischen Prozesses über der Partei. Wahlen allein machen ohne diese
Zutaten noch keine wahre Demokratie aus.
Das fünfte Thema, das wir gemeinsam ansprechen müssen, ist
Religionsfreiheit.
Der Islam blickt auf eine stolze Tradition der Toleranz zurück. Wir sehen
das an der Geschichte Andalusiens und Cordobas während der Inquisition. Ich
habe es als Kind selbst in Indonesien erlebt, wo fromme Christen ihren
Glauben frei in einem mehrheitlich muslimischen Land praktizierten. Das ist
die Geisteshaltung, die wir heute brauchen. Die Menschen in allen Ländern
sollten die Freiheit haben, ihren Glauben aufgrund der Überzeugung des
Geistes, des Herzes und der Seele zu wählen und zu leben. Diese Toleranz ist
unerlässlich, damit eine Religion erblühen kann, aber sie wird in vielerlei
Hinsicht angegriffen.
Unter einigen Muslimen gibt es die beunruhigende Tendenz, den eigenen
Glauben zu messen, indem man den Glauben eines anderen Menschen ablehnt. Die
Reichhaltigkeit der religiösen Vielfalt muss aufrechterhalten werden -
unabhängig davon, ob es um die Maroniten im Libanon oder die Kopten in
Ägypten geht. Und wenn wir ehrlich sind, müssen zwischen Muslimen auch
Spaltungen überwunden werden, da die Entzweiung zischen Sunniten und
Schiiten zu tragischer Gewalt geführt haben, insbesondere im Irak.
Religionsfreiheit ist ein wesentliches Kriterium dafür, dass verschiedene
Menschen zusammenleben können. Wir müssen immer die Art und Weise
untersuchen, wie wir sie schützen. Beispielsweise haben es in den
Vereinigten Staaten Vorschriften zu wohltätigen Spenden schwieriger für
Muslime gemacht, ihre religiösen Pflichten zu erfüllen. Daher bin ich fest
entschlossen, mit amerikanischen Muslimen zusammenzuarbeiten um zu
gewährleisten, dass sie die Zakat erfüllen können.
Es ist genauso wichtig, dass westliche Länder aufhören, ihre muslimischen
Bürger dabei zu behindern, ihre Religion auszuüben, wie sie möchten -
beispielsweise, indem muslimischen Frauen vorgeschrieben wird, welche
Kleidung sie zu tragen haben. Wir können Feindseligkeit gegenüber einer
Religion nicht unter dem Deckmantel des Liberalismus verstecken.
Unser Glauben sollte uns vielmehr zusammenbringen. Aus diesem Grund fördern
wir in den Vereinigten Staaten Projekte, bei denen Christen, Muslime und
Juden zusammengebracht werden. Deshalb begrüßen wir Bestrebungen wie den
religionsübergreifenden Dialog des saudi-arabischen Königs Abdullah und die
Führungsrolle der Türkei in der Allianz der Zivilisationen. Überall auf der
Welt können wir aus Dialog glaubensübergreifendes Engagement machen, so dass
Brücken zwischen Menschen Maßnahmen zur Folge haben – ob es um die
Bekämpfung von Malaria in Afrika geht oder um Hilfsmaßnahmen nach einer
Naturkatastrophe.
Das sechste Thema, das ich ansprechen möchte, sind die Rechte von Frauen.
Ich weiß, dass dieses Thema viel diskutiert wird, wie man auch an der
Reaktion des Publikums hört. Ich lehne die Ansicht einiger Menschen im
Westen ab, dass eine Frau, die ihre Haare bedecken möchte, auf irgendeine
Weise weniger gleich ist, aber ich bin der Meinung, dass man einer Frau, der
man Bildung verweigert, auch Gleichberechtigung verweigert. Es ist kein
Zufall, dass in Ländern, in denen die Frauen gut gebildet sind, die
Wahrscheinlichkeit weitaus höher ist, dass die Länder selbst erfolgreich
sind.
Ich sage es ganz deutlich: Fragen, die mit der Gleichberechtigung von Frauen
zu tun haben, sind keineswegs nur für den Islam ein Thema. In der Türkei, in
Pakistan, Bangladesch und in Indonesien haben wir gesehen, wie mehrheitlich
muslimische Länder Frauen an die Spitze ihres Staates gewählt haben.
Gleichzeitig dauert der Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen in
vielen Bereichen des Lebens in den Vereinigten Staaten noch an, wie auch in
vielen anderen Ländern auf der Welt.
Ich bin überzeugt, dass unsere Töchter genauso viel zu unserer Gesellschaft
beitragen können wie unsere Söhne. Unser gemeinsamer Wohlstand wird
gefördert, wenn alle Menschen – Frauen und Männer – ihr volles Potenzial
ausschöpfen können. Ich glaube nicht, dass Frauen dieselben Entscheidungen
treffen müssen wie Männer, um gleichberechtigt zu sein, und ich respektiere
Frauen, die sich entscheiden, ihr Leben in traditionellen Rollen zu leben.
Aber es sollte ihre Entscheidung sein. Aus diesem Grund gehen die
Vereinigten Staaten Partnerschaften mit allen mehrheitlich muslimischen
Ländern ein, damit mehr Mädchen lesen und schreiben lernen, und um jungen
Frauen durch Mikrofinanzierung, die Menschen hilft, ihre Träume zu leben, zu
unterstützen, eine Anstellung zu finden.
Schließich möchte ich über wirtschaftliche Entwicklung und Chancen sprechen.
Ich weiß, dass die Globalisierung vielen als widersprüchlich erscheint.
Internet und Fernsehen fördern Wissen und stellen Informationen bereit,
bringen aber auch offensive Sexualität und gedankenlose Gewalt in unser
Wohnzimmer. Handel kann neuen Wohlstand und Chancen ermöglichen, aber auch
riesige Brüche und Veränderungen in Gemeinden mit sich bringen. In allen
Ländern – auch in den Vereinigten Staaten – verursachen diese Veränderungen
Angst. Angst, dass wir aufgrund der Modernität die Kontrolle über unsere
wirtschaftlichen Entscheidungen verlieren, über unsere Politik und, was am
wichtigsten ist, über unsere Identität - die Dinge, die wir in unseren
Gemeinschaften, Familien, Traditionen und in unserem Glauben am meisten
schätzen.
Aber ich weiß auch, dass sich menschlicher Fortschritt nicht aufhalten
lässt. Es muss keinen Widerspruch zwischen Entwicklung und Tradition geben.
Länder wie Japan und Südkorea förderten das Wachstum ihrer Volkswirtschaften
und bewahrten sich dennoch ihre eigene Kultur. Dasselbe ist bei den
erstaunlichen Fortschritten in mehrheitlich muslimischen Ländern von Kuala
Lumpur bis Dubai der Fall. Weit in der Vergangenheit und auch heute sind
muslimische Gemeinschaften führend, wenn es um Innovationen und Bildung
geht.
Das ist wichtig, weil keine Strategie für Entwicklung ausschließlich darauf
aufbauen kann, was aus dem Boden kommt; genauso wenig kann sie
aufrechterhalten werden, wenn junge Menschen keine Arbeit finden. Viele
Golfstaaten genießen aufgrund von Erdöl großen Wohlstand, und einige fangen
an, diesen Wohlstand in eine umfassendere Entwicklung zu investieren. Aber
wir alle müssen erkennen, dass Bildung und Innovationen die Währung des 21.
Jahrhunderts sein werden. In zu vielen muslimischen Gemeinden wird zu wenig
in diese Bereiche investiert. Ich konzentriere mich in meinem Land auf
solche Investitionen. Und während sich die Vereinigten Staaten in der
Vergangenheit in diesem Teil der Welt auf Öl und Gas konzentriert haben,
wollen wir uns jetzt umfassender engagieren.
Im Bildungssektor werden wir Austauschprogramme ausweiten und mehr
Stipendien anbieten, wie das, das meinen Vater in die Vereinigten Staaten
führte. Gleichzeitig werden wir mehr Amerikaner ermutigen, in muslimischen
Gesellschaften zu studieren. Wir werden vielversprechenden muslimischen
Studenten Praktika in den Vereinigten Staaten anbieten, in Online-Angebote
für Lehrer und Kinder überall auf der Welt investieren und ein neues
Online-Netzwerk aufbauen, so dass ein junger Mensch in Kansas direkt mit
einem jungen Menschen in Kairo kommunizieren kann.
Im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung werden wir ein neues Corps von
freiwilligen Unternehmen schaffen, das Partnerschaften mit mehrheitlich
muslimischen Ländern eingeht. Ich werde in diesem Jahr einen Gipfel für das
Unternehmertum abhalten um festzustellen, wie wir die wirtschaftlichen
Verbindungen zwischen führenden Vertretern aus der Wirtschaft, von
Stiftungen und sozialen Unternehmern in den Vereinigten Staaten und
muslimischen Gesellschaften überall auf der Welt vertiefen können.
Im Bereich Wissenschaft und Technologie werden wir einen neuen Fonds ins
Leben rufen, der technologische Entwicklung in mehrheitlich muslimischen
Ländern unterstützt und dazu beiträgt, Ideen auf den Markt zu bringen, so
dass mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir werden in Afrika, im Nahen
Osten und in Südostasien wissenschaftliche Exzellenzzentren eröffnen und
neue wissenschaftliche Beauftragte ernennen, die an Programmen zur
Erschließung neuer Energiequellen, bei der Schaffung grüner Arbeitsplätze,
der Digitalisierung von Daten, bei sauberem Wasser und dem Anbau neuer
Pflanzen zusammenarbeiten. Heute kündige ich zudem neue globale mit der
Organisation der Islamischen Konferenz unternommene Bestrebungen zur
Bekämpfung von Polio an. Wir werden ferner Partnerschaften mit muslimischen
Gemeinden ausweiten, die Gesundheit von Kindern und Müttern zu verbessern.
All diese Dinge müssen in Partnerschaften geleistet werden. Die Amerikaner
sind bereit, mit den Bürgern und Regierungen, mit Gemeindeorganisationen,
religiösen Vertretern und Unternehmen in muslimischen Gemeinden überall auf
der Welt zusammenzuarbeiten, um unseren Bürgern zu helfen, ein besseres
Leben zu führen.
Die von mir beschriebenen Themen werden nicht einfach anzusprechen sein.
Aber wir haben die Verantwortung, uns gemeinsam für die Welt, die wir
anstreben, einzusetzen - eine Welt, in der Extremisten nicht mehr unsere
Bürger bedrohen und die amerikanischen Soldaten heimgekehrt sind, eine Welt,
in der sowohl Israelis als auch Palästinenser ihr eigenes Land haben, in der
Atomenergie für friedliche Zwecke genutzt wird, in der die Regierungen ihren
Bürgern dienen und die Rechte aller Kinder Gottes geachtet werden. Das sind
gemeinsame Interessen. Das ist die Welt, die wir anstreben. Aber wir können
sie nur gemeinsam erreichen.
Ich weiß, es gibt viele – Muslime und Nicht-Muslime – die sich fragen, ob
wir diesen Neuanfang erreichen können. Einige sind sehr daran interessiert,
Spaltung zu schüren und sich dem Fortschritt in den Weg zu stellen. Einige
bringen vor, dass es die Mühe nicht wert sei - dass es unser Schicksal ist,
unterschiedlicher Meinung zu sein, und dass es Kulturen bestimmt ist,
gegeneinander zu kämpfen. Viele andere sind einfach skeptisch, ob wahre
Veränderungen wirklich stattfinden können. Es gibt so viel Angst und so viel
Misstrauen, die sich im Laufe der Jahre aufgebaut haben. Aber wenn wir
beschließen, dass wir an die Vergangenheit gebunden sind, werden wir niemals
Fortschritte machen. Ich möchte das insbesondere an die jungen Menschen
aller Glaubensrichtungen in allen Ländern richten – Sie, mehr als jeder
andere, haben die Fähigkeit, diese Welt neu zu erdenken, neu zu gestalten.
Wir alle teilen diese Welt nur für einen kurzen Augenblick. Die Frage ist,
ob wir uns in dieser Zeit auf das konzentrieren, was uns auseinander treibt,
oder ob wir uns einem Unterfangen verpflichten – einer andauernden
Bestrebung – Gemeinsamkeiten zu finden, uns auf die Zukunft zu
konzentrieren, die wir für unsere Kinder wollen, und die Würde aller
Menschen zu achten.
Es ist einfacher, Kriege zu beginnen, als sie zu beenden. Es ist einfacher,
die Schuld auf andere zu schieben, als sich selbst zu betrachten. Es ist
einfacher zu sehen, was uns von jemand anderem unterscheidet, als die Dinge
zu finden, die wir gemeinsam haben. Aber wir sollten uns für den richtigen
Weg entscheiden, nicht nur für den einfachen. Es gibt auch eine Regel, die
jeder Religion zugrunde liegt – dass man andere behandelt, wie man selbst
behandelt werden möchte. Diese Wahrheit überwindet Nationen und Völker - ein
Glaube, der nicht neu ist, der nicht schwarz oder weiß oder braun ist, der
nicht Christen, Muslimen oder Juden gehört. Es ist ein Glaube, der in der
Wiege der Zivilisation pulsierte, und der noch immer in den Herzen von
Milliarden Menschen auf der Welt schlägt. Es ist der Glaube an andere
Menschen, und er hat mich heute hierher gebracht.
Es steht in unserer Macht, die Welt zu schaffen, die wir uns wünschen, aber
nur, wenn wir den Mut für einen Neuanfang besitzen, und uns an das erinnern,
was geschrieben steht.
Der Heilige Koran lehrt uns: “O ihr Menschen, wir haben euch von einem
männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und wir haben euch zu
Verbänden und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt.”
Der Talmud lehrt uns: “Die ganze Tora gibt es nur, um den Frieden unter den
Menschen zu erhalten.”
Die Heilige Bibel lehrt uns: „Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden
Gottes Kinder heißen."
Die Menschen auf der Welt können in Frieden zusammenleben. Wir wissen, dass
das Gottes Weitblick ist. Jetzt muss es unsere Arbeit hier auf der Erde
sein.
Vielen Dank. Möge der Friede Gottes mit Ihnen sein. Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank.
Originaltext: Remarks of President Barack Obama in Egypt
Siehe: www.whitehouse.gov
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