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Universalismus und Israels
Universitäten
Menachem
Klein, Jerusalem Report, 2.8.10
http://www.kibush.co.il/show_file.asp?num=41372
Durch
Israels akademische Welt wehen keine
guten Winde. Während das Land unter
dem Druck der internationalen Arena
steht, wächst die Anzahl der Leute
in Machtpositionen in der Regierung
und den Universitäten, die danach
drängen, akademische Loyalität
gegenüber dem Staat zu mobilisieren
– auf Kosten der universalen
humanistischen Werte, die im Zentrum
westlicher akademischer Bemühungen
liegen.
Die
Bar-Ilan-Universität, an der ich
wirke, liegt gegenüber der
Haredi-Stadt von Bnei Brak. Als die
Universität 1955 gegründet wurde,
war sie in Opposition zu Bnai Brak.
Bar-Ilan vertrat einen modernen,
moderat-religiösen Zionismus,
während Bnei Brak die moderne Welt
ausschloss und zwischen
Anti-Zionismus und
nicht-zionistischer Ultra-Orthodoxie
hin und herschwankte. Seit damals
haben Bar-Ilan und Bnei Brak sich
verändert. Bnei Brak ist ein Teil
der allgemeinen Bevölkerung
geworden und unterstützt die Rechte
oder gar die extreme Rechte. Was
Bar-Ilan betrifft, ist die moderate,
moderne Orthodoxie aus früheren
Zeiten selten geworden. Im heutigen
Israel gehen jüdische Orthodoxie und
radikaler Nationalismus Hand in
Hand.
Wie
Bar-Ilan wurde die Hebräische
Universität in Jerusalem als eine
Antithese zur engstirnigen
Orthodoxie gegründet. Es war nicht
zufällig, dass sie auf dem
Skopusberg, außerhalb der Altstadt
Jerusalems und über dem Tempelberg
gegründet wurde. Die prominenten
akademischen Führer der frühen Jahr
waren liberale Humanisten wie der
Universitätspräsident Judah Magnes,
die Philosophen Martin Buber und
Shmuel Hugo Bergmann und der Judaist
Gershom Scholem und Ernst Simon.
Aber jeder, der heute den Campus
besucht, betritt eine ummauerte
Festung, die gegenüber ihrer
Umgebung arrogant und taub ist. Die
Errichtung des neuen Campus auf dem
Skopusberg nach dem 1967er-Krieg
war vor allem eine Reflektion
dessen, was Israel damals
darstellte: imperiale Ignoranz
verbunden mit dem naiven Traum einer
ruhigen, unangefochtenen
israelischen Rückkehr zum
historischen Jerusalem. Aber die
Geschichte weigerte sich
mitzuspielen. Heute sieht der Campus
aus wie eine geballte Faust, die in
die Umgebung ausschlägt, noch eine
Festung, die verhindern soll, dass
Israel zwischen den Israelis und den
Palästinensern geteilt werden soll –
es ist schwierig, dies mit den
universalen humanistischen Werten
ihrer Gründungsväter in Einklang zu
bringen. Die israelische akademische
Welt lebt nicht in einem Vakuum. Sie
ist ein Teil der israelischen
Gesellschaft. Und die
Schlüsselfragen der akademischen
Welt im heutigen Israel sind
folgende: Wem gegenüber sind die
Universitäten verantwortlich und wem
gegenüber schulden die einzelnen
akademischen Dozenten ihre oberste
Loyalität? Der Institution, die sie
beschäftigt? Dem Staat, der sie
finanziert? Oder den universalen
humanistischen Werten, die ihre
wissenschaftliche Forschungsarbeit
bestimmt?
Diese
Fragen werden heute von der
Fakultät, der allgemeinen
Öffentlichkeit und der Regierung
gestellt.
Natürlich gibt es ehrbare
israelische Akademiker mit
universalen humanistischen Werten.
Einige
von ihnen haben einen Preis gezahlt
– ihre Karriere – weil sie sich in
öffentliche Angelegenheiten
eingemischt haben. Natürlich gibt
es heute in Israel akademische
Freiheit - und in der Vergangenheit
war auch nicht alles rosig. Einiges
verändert sich direkt vor unsern
Augen. Bei internen akademischen
Debatten und bei öffentlichen
Diskursen, gibt es einen größer
werdenden Chor von Stimmen, die
Akademiker nach dem Grad ihres
Patriotismus’ beurteilen. Dieser
potentiell repressive Schritt wird
durch eine rechte
Regierungskoalition und eine
Öffentlichkeit ermutigt, die sich
durch „linken intellektuellen
Terror“ bedroht fühlt, von dem sie
glauben, dass er Israels bloße
Existenz bedrohe.
In
Übereinstimmung mit der
vorherrschenden Stimmung
unterrichtete der Lehrplan, dass in
den sozialen Wissenschaften
kürzlich von einer Gruppe
Akademikern und Politikern nach
zionistischen und anti-zionistischen
Autoren kategorisiert würde. Dies
führte zu einer Debatte im
Knesset-Bildungskomitee über „die
Promotion von zionistischen
Positionen in der akademischen
Welt“, zu der 14 Professoren und
Studenten, zwei Vertreter der
Vereinigung für Bürgerrechte und der
stellvertretende Rektor der Tel
Aviver Universität eingeladen wurden
und für die der Bildungsminister
seine Unterstützung zugesagt hatte.
In seiner Zusammenfassung stellt das
Komitee fest, „die direkten Berichte
der postzionistischen (einseitigen)
Ausrichtung und der
anti-zionistischer Einstellung (??)…
und beschließt,
dass dieses Phänomen Israels
Werten als einem jüdischen und
demokratischen Staat widerspreche,
der sich auf zionistische Prinzipien
, auf die Unabhängigkeitserklärung
und die Herrschaft des Gesetzes
gründet. Das Komitee beschließt
weiter, dass das Einführen von Nach-
und Anti-Zionismus ( in den
Lehrplan) subversiv sei und die
Grundlage des Staates erschüttere.
Dazu gehört auch der akademische
Boykott, die
Militärdienstverweigerung, die
Missachtung des Gesetzes und dass
dies nichts mit akademischer
Freiheit zu tun habe, in deren Namen
sie sich umsonst beruft.
In den
80er-Jahren war die politische
Anspannung vorwiegend innenpolitisch
zwischen dem rechten und linken
Flügel , die fast gleich groß waren.
Nun ist die politische Linke von
der politischen Karte fast
verschwunden und die Anspannungen
sind vorherrschend zwischen der
rechten Gesellschaft und Regierung
und der westlichen Welt mit ihren
universalen humanistischen Werten.
Die negative Haltung der Regierung
und der Öffentlichkeit gegenüber den
Menschenrechtsorganisationen hängt
damit zusammen. Das überwältigende
Gefühl der Regierung und der
Öffentlichkeit, belagert zu werden,
fordert die Mobilisierung (auch)
der akademischen Welt, den Staat zu
verteidigen. Das läuft im Grunde
auf die
Forderung (??) hinaus, dass
die Akademiker den universalen
Humanismus dem engen Nationalismus
vorziehen. Das Dilemma für einzelne
Akademiker ist nicht einfach. Viele
unterstützen die Regierung und die
Ziele der Mehrheit. Andere finden es
schwierig, dem Druck zu widerstehen,
während andere in engen
wissenschaftlichen Feldern weit vom
allgemeinen Wertesystem entfernt,
auf dem wissenschaftliche Forschung
beruht, sich dessen nicht bewusst
sind.
Meine
Position ist klar: ich wähle die
humanistischen Werte und würde es
gerne sehen, wenn das Land und seine
Universitäten dasselbe tun würden.
Menachem Klein ist Dozent für
politische Wissenschaften an der
Bar-Ilan-Universität und ist einer
der Verantwortlichen für die Genfer
Initiative für Frieden mit den
Palästinensern.
(dt.
Ellen Rohlfs - mir ist nicht alles
klar – deshalb die Fragezeichen )
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