Was sie sagt
Lisa
Suhair Majaj
„In Palästina gibt es keine Schneetage –
aber Tage mit militärischer Invasion“
(ISM-Aktivistin beschreibt das Leben der
Kinder in Palästina unter israelischer
Militärbesatzung)
Sie sagte: geht nach draußen zum
Spielen,
aber werft keinen Ball in die Nähe von
Soldaten.
Wenn ein Jeep vorbeifährt, schaut auf den
Boden
Und hebt keine Steine auf – auch nicht
fürs Hüpfspiel.
Sie sagte, ärgert die Nachbarn nicht – ihr
Sohn wurde letzte Nacht verhaftet.
Hängt die Wäsche auf, macht die Betten,
schrubbt die Graffitis von den Wänden,
bevor die Soldaten sie sehen.
Sie sagte: es gibt kein Geld, wenn euch die
Schuhe drücken, schneidet sie vorne auf.
Dies haben wir zum Essen – bis morgen
gibt es nichts mehr.
Nein, wir haben keine Orangen – sie
haben die Bäume abgesägt.Ich weiß nicht
warum. Vielleicht haben die Bäume die
Panzer bedroht.
Sie sagte: es gibt kein Wasser -
wir baden erst nächste Woche wieder – so
Gott will.
Bis dahin spülen wir auch die Toilette
nicht.
Geht nicht in die Nähe der Olivenbäume –
dort sind Siedler mit Waffen.
Nein, ich weiß nicht, wie wir die Oliven
ernten werden Und ich weiß auch nicht,
was wir tun werden, wenn sie die
Olivenbäume zerstören werden.
Gott wird uns versorgen, wenn er will
oder die UNWRA, aber sicher nicht die
Amerikaner.
Sie sagte: ihr könnt heute nicht nach
draußen gehen, es ist Ausgangssperre.
Geht auch nicht in die Nähe dieser
Fenster; hört ihr das Schießen?
Nein, ich weiß nicht, warum die
Bulldozer das Haus der Nachbarn
zerstörten.
Und wenn Gott es weiß – wird er es uns
nicht erzählen.
Sie sagte: heute ist keine Schule. Es gibt
wieder eine militärische Invasion.
Nein, ich weiß nicht, wann sie zu Ende
sein wird oder ob überhaupt.
Sie sagte: denkt nicht über die Panzer,
die Flugzeuge, die Kanonen nach
oder darüber, was den Nachbarn geschehen
ist.
Kommt in den Flur. Hier ist es sicherer.
Macht die Nachrichten aus, ihr seid zu
jung dafür.
Hört zu, ich werde euch eine Geschichte
erzählen, damit ihr nicht so erschreckt.
Kan ya ma kan - es war einmal ein
Land, das Palästina hieß – oder gab es
dies gar nicht?
Dort spielten Kinder auf den Straßen und
in den Feldern, auch in den Obstgärten -
sie pflückten Aprikosen und Mandeln und
machten Girlanden aus Jasmin für ihre
Mütter. Und wenn einmal ein Flugzeug
über ihre Köpfe flog, schrieen sie
fröhlich und winkten.
Kan ya ma kan - haltet euren Kopf nach
unten!
„In Palästina gibt es keine Schneetage –
aber Tage mit militärischer Invasion“
(ISM-Aktivistin beschreibt das Leben der
Kinder in Palästina unter israelischer
Militärbesatzung)
Dieses Gedicht kam beim
Kriegsgedichte-Wettbewerb 2004 in
die Endrunde.
Lisa Suhair Majaj, eine
amerikanische Palästinenserin, die auf
Zypern lebt, sie hat Gedichte in
vielen Zeitschriften ...
veröffentlicht.
(Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs)
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