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 Kurznachrichten  -  Archiv  - Themen  -  Links  -  15. April 2023  - Sponsern Sie  -  Aktuelle Termine  - Facebook  - Suchen

 

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Am 14. 4. 2023 feiern die palästinensischen Christen den "Karfreitag" und die Muslime den "Waisenfreitag" in Jerusalem.

Da mir die israelische Armee die Einreise nach Jerusalem verweigert, beschloss ich (Fareed Taamallah) , die Frühlingsblumen auf dem Berg Albireh/ Jabal altaweel zu feiern.  Quelle

„Zionismus über alles. Israel my country“

Das irrationale, absurde und menschenverachtende Weltbild des Chefs des Springer-Konzerns Mathias Döpfner ist schon länger bekannt / Warum hat bisher niemand daran Anstoß genommen?


Arn Strohmeyer - 14. 4. 2023

Die jetzt durch Wochenzeitung Die Zeit bekannt gewordenen politischen Äußerungen des Chefs des Springer Konzerns Mathias Döpfner haben in den deutschen Medien hohe Wellen geschlagen. Auch in Bezug auf den Nahen Osten und Israel hat er sich geäußert: „Zionismus über alles. Israel my country.“ Für Muslime dagegen hat der mächtig CEO des größten deutschen Zeitungsverlages nur Verachtung übrig: „Free west, fuck the intolerant muslims and all das Gesochs!“ Denn: „Wer Türen öffnet, wird Rassismus ernten!“ Döpfner outete sich auch als ausgesprochener Fan des früheren US-Präsidenten Donald Trump. Er forderte, dass man Barack Obama den Friedensnobelpreis wegnehmen und ihn Trump verleihen sollte, weil dieser den Befehl gegeben hatte, den iranischen General Suleiman zu ermorden. Suleiman war in Springers BILD als „Terror-General“ diffamiert worden.

Der Mann hat publizistische Macht wie vermutlich kein anderer in Deutschland und er bestimmt mit dieser Macht maßgeblich mit, wie die Deutschen über Israel und den Nahen Osten denken sollen: der Chef des Springer-Konzerns Mathias Döpfner. In den sogenannten „Essentials“, die der Verlagsgründer Axel Springer bereits 1967 formuliert hat und die jeder Redakteur und jede Redakteurin des Hauses akzeptieren muss, heißt es: „Wir unterstützen die Lebensrechte Israels.“ Aus dieser Formulierung ergeben sich natürlich Fragen: Wer ist das israelische Volk? Gehören auch die Palästinenser dazu, die immerhin 20 Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen? Werden hier nicht Israelis ganz allgemein mit Juden verwechselt? Wird mit einer solchen Formel nicht das Lebensrecht eines ganzen Volkes – der Palästinenser – völlig negiert?

Wenn man die einseitige Berichterstattung und Kommentierung von BILD (und auch anderer Springer-Produkte) über Israel und seinen Konflikt mit den Palästinensern betrachtet, kann man das nur so zusammenfassen: Die Fakten werden zwar wahrgenommen, aber im Sinne der Springer-Ideologie völlig verzerrt und zurechtgebogen. Ein Meister dieser Methode der realitätsverformenden Darstellung ist der Konzernchef selbst, der auch bisweilen zur Feder greift und mit seinen Artikeln dem Haus so die Leitlinien vorgibt.

Als jetzt die skandalösen Sex-Eskapaden des BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt mit von ihm abhängigen Frauen in der Redaktion bekannt wurden und Döpfner ihn deswegen feuern musste, verloren selbst der SPIEGEL und SPIEGEL-online den Respekt vor Deutschlands mächtigsten Verleger (und Präsidenten des deutschen Verlegerverbandes) und bezeichneten ihn als „irrlichternden“ politischen „Wirrkopf“, der von Islamophobie und der Angst erfüllt sei, dass das christliche Abendland vom Islam übernommen werde. Kurz gesagt: Dass Döpfner mit seinen Texten ins Reich der Verschwörung abdrifte.

Seine Sicht auf das Abendland, den Islam und in diesem Zusammenhang auch Israel hat Döpfner schon vor Jahren in einem Artikel mit dem Titel „Der Westen und das höhnische Lachen der Islamisten“ (Die Welt, 23.11.2010) dargestellt. Es lohnt sich, diesen Text noch einmal in Erinnerung zu rufen, da er von Irrationalität, Absurdität und „Abschweifen ins Reich der Verschwörung“ nur so strotzt und immer noch von höchster Aktualität ist. Döpfner will in diesem Artikel die Frage beantworten, ob Israel wirklich bedroht und welches seine Rolle in der Strategie des Westens ist. Dass Israel gerade wieder angekündigt hat, dass es zum Militärschlag gegen den Iran rüste und zum Angriff bereit sei, unterstreicht die Aktualität von Döpfners Ausführungen.

Döpfner teilt die Welt in Gut und Böse ein. Da ist auf der einen Seite die „kollektivistische, autoritäre, religiöse und vormoderne Gesellschaft“, nach deren Menschenbild „der Einzelne eine höchst unvollkommene, in seinen Trieben dunkle, für die Gemeinschaft gefährliche Erscheinung ist, die des Schutzes einer höheren Instanz bedarf.“ In dieser Gesellschaft traut man dem Menschen nicht. Auf der anderen Seite steht dagegen die „individualistische, moderne, säkulare, offene Gesellschaft“, die ein Menschenbild pflegt, „nach dem der Einzelne ziemlich gut selbst zurechtkommt und dank seines freien Willens weitgehend selbst dafür verantwortlich ist, was er aus seinem Leben macht.“ Diese individualistische Gesellschaft traut dem Menschen. Sie ist ein „Insel der Seligen“, die von Rechtsstaat, Meinungsfreiheit, Demokratie, freien Wahlen sowie sexueller und religiöser Liberalität bestimmt ist. Das kollektivistische Ideal haben einst der Kommunismus und der Faschismus vertreten, heute ist es die Ideologie und die Lebensform des Islamismus und ist – so Döpfner – vor allem im Osten und Mittleren Osten verbreitet. In diesem Reich des Bösen gelten westliches Freiheitsverständnis, freie Marktwirtschaft [Neoliberalismus], freie Sexualität, Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau als „dekadent, degeneriert, gefährlich, verachtenswert und gottlos.“

Dieses Reich des Bösen strebt mit dem „Heiligen Krieg“ das „Weltkalifat“ an und um dieses Ziel zu erreichen, ist den fundamentalistischen Moslems jedes Mittel recht. Es strebt danach, „zuerst Israel, dann Amerika und schließlich den gesamten libertären Westen von innen zu unterminieren und von außen zu zerstören – mit Parallelgesellschaften, Selbstmordattentaten und Atomwaffen.“ Meint Döpfner in diesem Zusammenhang nur die Islamisten oder alle Moslems? Man erfährt es nicht so genau. Der freie Westen will diese Ziele der aggressiven Mohammed-Anhänger partout nicht verstehen, reagiert aus einem wegen der Verbrechen des Nationalsozialismus und des Kolonialismus heraus falsch verstandenem Schuldbewusstsein mit Dialogbereitschaft, interkultureller Verständigung, westlicher Sehnsucht nach Harmonie – eben mit schlechtem Gewissen und Büßermanier. Oder politisch ausgedrückt: mit Beschwichtigung und Appeasement. Und was ist die Antwort der Strategen des Kalifats darauf? Ein höhnisches Lachen!

Dabei ist der „Heilige Krieg“ schon längst im Gange: „Zum finalen atomaren Endschlag rüstet sich derweil der Iran.“ Da sich die Freiheitsfeinde zum Ziel gesetzt haben, die Welt von den Ungläubigen zu befreien, steht als erstes die Vernichtung Israels auf ihrer Todesliste. Um dieses Ziel zu erreichen, ist der Iran zu einem Atomerstschlag bereit und nimmt es dabei auch in Kauf, dass durch den nuklearen Gegenschlag Israels das eigene Volk vernichtet wird, denn er „wird den Heldentod seiner Landsleute im Heiligen Krieg nicht als Opfer, sondern als schnelleren Weg ins Paradies sehen und begrüßen. Die Psychologie des Selbstmordattentäters liegt im erlösendenden Knall des Sprenggürtels.“

Um die Vernichtungsabsichten des Iran gegen Israel zu belegen, stellt Döpfner dann den damaligen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad [der später sein Amt durch eine für iranische Verhältnisse relativ demokratische Wahl längst verloren hat] mit solchen blutrünstigen Diktatoren wie Stalin und Mao in eine Reihe. Im einzelnen zählt er auf, wie viele Menschen sie auf dem Gewissen haben, um dann auf einen anderen Feind der Israelis zu kommen, der auch nur Vernichtungs- und Mordabsichten gegen die Überlebenden des Holocaust hegt: die Palästinenser. Sie sind die Aggressoren und wollen die Atommacht Israel mit Selbstmordattentaten in die Knie zwingen.

Döpfner weiß auch, wie das Problem zu lösen ist: nur mit Gewalt: „Die einzig richtige Haltung Deutschlands und Europas wäre in der Israel-Frage ein klares Bündnis mit Israel – an der Seite der Vereinigten Staaten. Nur das, verbunden mit klaren Sanktionen und militärischen Reaktionen, sobald die Spielregeln von irgendjemandem missachtet werden, könnte in der Region Stabilität bewirken. Von Frieden wage ich nicht zu sprechen. Aber zumindest Stabilität, das wären wir dem kleinen Land am Meer schon schuldig. Wenn es also auch keine altruistischen Motive sein dürfen, dann bleiben nur noch blank egoistische Gründe, und die gibt es genug: Es ist im Interesse Deutschlands an der Seite Israels zu stehen. Wenn Israel fällt, fällt langfristig auch der Westen, Europa, Deutschland.“

Und weiter: „Solange Europa und Amerika sich in ihrer Haltung gegenüber Israel und fundamentalistischen Nachbarregimes gegeneinander ausspielen lassen, besorgen sie die Arbeit ihrer gemeinsamen Feinde. In Israel, in Afghanistan, im Iran, im Irak, in Pakistan, aber auch in Berlin, London und Paris, also überall, wo die westliche Welt mit den Terrorkommandos der Freiheitsfeinde konfrontiert wird, hilft nur eine Politik der Geschlossenheit und Stärke. Jedes andere Signal wird falsch verstanden. Wir haben es mit einer anderen Kultur, mit einer anderen Mentalität, mit einem anderen Werterahmen zu tun. Wir stehen hier im Konflikt mit Terroristen, die von Vernichtungs- und Allmachtsphantasien getrieben werden, nicht mit Demokraten, die ihr Handeln im Rahmen von Humanismus und Rechtsstaat abwägen. Nur Gegenwehr, Geschlossenheit und Stärke wird die Angriffe auf unsere freiheitliche Ordnung verlangsamen und schwächen.“

Döpfner hat kein Problem mit der von Kanzlerin Angela Merkel erhobenen Forderung, dass Israels Sicherheit deutsche „Staatsräson“ sei. Wenn Israel den Iran angreift, müssen die Deutschen dabei sein: „Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Zusammenhang mit der Atompolitik des Iran in absehbarer Zukunft zu einer militärischen Auseinandersetzung in der Region kommt, ist extrem hoch. Entweder werden die Amerikaner aktiv, oder Israel wird es aus Selbstschutz tun. Dass ein Volk, das durch den Holocaust beinahe vollständig vernichtet worden ist, geduldig wartet, dass es von den aggressivsten Antisemiten der Gegenwart in dem Land vernichtet wird, das ihm als sicherer Hafen, als ultimativer Fluchtpunkt alles bedeutet, ist unwahrscheinlich – und schwer zu erwarten. Israel wird also, insbesondere, wenn es sich allein gelassen fühlt, aktiv. Spätestens dann stellt sich die Frage: Helfen oder der Vernichtung Israels zusehen? Dies ist der Ausgangspunkt für die nächste große Auseinandersetzung um unsere Freiheit.“

Die Freiheit muss also unbedingt mit militärischen Mitteln verteidigt werden. Die Deutschen müssen endlich – so Döpfner – die richtigen Schlüsse aus ihrer Geschichte ziehen. Anstatt auf das Militär und den Krieg (natürlich immer im Kampf für die Freiheit) zu setzen, haben sie ihre Geschichte völlig falsch interpretiert: „Nie wieder Krieg, nie wieder militärische Involvierung, nie wieder sollte Deutschland irgendwo eine Führungsrolle übernehmen wollen. Der gute Deutsche als europäisches Wir ohne eigene Interessen, als Pazifist, der sich heraushält. Dass mit dieser Haltung Unfreiheit, Diktatur, Rassismus, Massenmord ermöglicht statt verhindert werden, ist bisher kaum aufgefallen. Lernen wir aus der Geschichte nur, dass wir aus der Geschichte nichts lernen? Oder wird es der freie Westen es diesmal besser machen.?“

Die „Analyse“ des mächtigen Springer-Chefs macht wegen ihrer Realitätsferne und Irrationalität zutiefst betroffen. Hier verteidigt einer die schlimmsten Traditionen der deutschen Geschichte: Unbelehrbare Großmannssucht und die Arroganz aus Gewalt resultierender Macht! Als ob Hitler ein Produkt des deutschen Pazifismus war! Mit missionarischem Eifer kämpft hier einer noch die ideologischen Schlachten der Vergangenheit. Der Kalte Krieg ist für ihn noch nicht vorbei, nur das Feindbild hat sich geändert. Döpfner teilt auch die Welt manichäisch in Gut und Böse ein und dämonisiert die ganze moslemische Kultur in schlimmster Weise – hätte er doch nur einmal Edward Saids großes Werk über den europäischen „Orientalismus gelesen! Oder Jürgen Todenhöfers Untersuchungen über das Verhältnis des Westens zum Orient.

Said macht da klar, wie sehr die Einstellungen des Westens zum Orient „durchsetzt sind mit europäischen Überlegenheitsphantasien, verschiedenen Formen von Rassismus, Imperialismus und Chauvinismus, dogmatischen Ansichten ‚des Orientalen‘ als gleichsam ideale, feststehende Abstraktion.“ Die abendländische Sicht auf den Orient beruht – so Said – „auf einem Bewusstsein der westlichen Souveränität, aus dessen unangefochten zentraler Stellung erst eine orientalische Welt resultierte – zunächst allgemeiner Prinzipien darüber, wer oder was als orientalisch zu gelten hatte, und dann nach einer speziellen Logik, die indes nicht einfach der empirischen Realität folgte, sondern einem ganzen Bündel von Bedürfnissen, Verdrängungen, Unterstellungen und Projektionen.“ Döpfner ist ein Musterbeispiel für einen Westler, der allen diesen Unterstellungen und Projektionen dem Orient gegenüber zum Opfer gefallen ist.

Todenhöfer schreibt: „Nicht ein einziges Mal in den letzten zweihundert Jahren hat ein muslimisches Land den Westen angegriffen. Die europäischen Großmächte und die USA waren immer Aggressoren, nie Angegriffene. Seit Beginn der Kolonialisierung wurden Millionen arabische Zivilisten getötet. Der Westen führt in der traurigen Bilanz des Tötens mit weit über 10:1. Die aktuelle Diskussion über die angebliche Gewalttätigkeit der muslimischen Welt stellt die historischen Fakten völlig auf den Kopf. Der Westen war und ist viel gewalttätiger als die muslimische Welt. Nicht die Gewalttätigkeit der Muslime, sondern die Gewalttätigkeit einiger westlicher Länder ist das Problem unserer Zeit. Wer den muslimischen Extremismus verstehen will, muss versuchen, die Welt wenigstens einmal aus der Sicht eines Muslim zu betrachten. Unser Horizont ist nicht das Ende der Welt. Ein junger Muslim, der Fernsehnachrichten verfolgt, sieht Tag für Tag, wie im Irak, in Afghanistan, in Palästina, im Libanon, Somalia und anderswo muslimische Frauen, Kinder und Männer durch westliche Waffen, westliche Verbündete und westliche Soldaten sterben.“   

Döpfner fällt in alt-bekannte Hasskategorien zurück: Früher bedrohten die Juden die Welt. heute sind es die Islamisten oder die „Feinde aus dem Morgenland“. Der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz hat beschrieben, wie nahe sich hier Juden- und Islamhass sind: „Es geht nicht um die Terrorakte radikaler Islamisten oder um Modernisierungsdefizite in islamischen Staaten oder Gesellschaften. Gegenstand sind Ressentiments gegen Muslime in unserer Gesellschaft, die diskriminiert werden, weil sie Muslime sind. Gegen sie werden Feindbilder konstruiert, die in den Komplex gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gehören und deshalb aus der Perspektive der Vorurteilsforschung zu betrachten sind. Das Paradigma des Antisemitismus kann zur Erklärung des Gruppenverhaltens gegenüber Muslimen gute Dienste leisten. Die wütend vorgebrachte Abwehrreaktion, damit setze man Juden und Muslime gleich, marginalisiere den Holocaust und verrate Israel, beweist nur ebenso starke Emotionen wie dahinter zurückstehende intellektuelle Fähigkeiten.“   Benz argumentiert also genau umgekehrt – und sehr viel glaubhafter und realistischer als Döpfner: Dass der Hass und die Intoleranz gegenüber dieser Minderheit die Freiheit und letzten Endes die Demokratie bedrohen.

Was hat Döpfner von der Realität des Nahostkonflikts wahrgenommen? Nichts! Da gibt es keinen Zionismus, der das Land eines anderen Volkes seit Jahrzehnten in Besitz nimmt und die ursprünglichen Bewohner dieses Landes vertreibt, da gibt es keine Besatzungspolitik einschließlich Mord und Folter, keine Siedlungen auf fremden Boden, kein Wegsperren der Palästinenser hinter hohen Mauern, keine Angriffskriege des militärisch weit überlegenen Israel gegen seine Nachbarn mit unzähligen unschuldigen Opfern, keine permanenten Verstöße gegen Menschenrechte und Völkerrecht, keine von Israel alle abgelehnten bzw. völlig ignorierten Friedensvorschläge von arabischer Seite. Es gibt nur kulturlose Barbaren, die Israel vernichten wollen – aber keine Frage nach den Ursachen des Hasses: warum Menschen als letztem verzweifelten Mittel zum Sprengstoffgürtel gegriffen haben. Auch den Wirkungszusammenhang zwischen westlich hegemonialer Gewalt gerade im Nahen und Mittleren Osten und der Zunahme des islamischen Extremismus blendet Döpfner völlig aus.

Die Palästinenser haben der Gewalt mit Selbstmordattentaten inzwischen längst abgeschworen, weil sie eingesehen haben, dass dies ihrer Sache nur schadet. Sie setzen inzwischen – sieht man von Splittergruppen ab – längst auf Diplomatie und nicht mehr auf Gewalt. Die Terrorwelle mit Selbstmordattentaten begann übrigens im Jahr 1994, als ein jüdischer Extremist, Dr. Baruch Goldstein, in der Abraham-Moschee in Hebron 29 betende Moslems erschoss und 150 verletzte. Heute wird er von den Siedlern im Westjordanland wie ein Heiliger verehrt. Döpfner macht die Opfer zu Tätern und sieht in der westlichen „Wertegemeinschaft“ mit diesem angeblich unschuldigen Staat die Rettung des Abendlandes, andernfalls werde es von dem barbarischen Sturm aus dem Morgenland hinweggefegt werden.

Und nur BILD und die Springer-Medien mit ihrem tapferen abendländischen Kreuzritter an der Spitze sind die Trutzburg, die dem islamistischen Ansturm aus dem Osten standhalten und Europa vor dem Untergang retten kann. SPIEGEL-Online merkt zu dem Konzern und seiner politischen Linie, die maßgeblich von Döpfner geprägt wird, an, dass er nicht von digitalen Visionen geprägt sei, sondern fest im chauvinistischen Muff der 60er Jahre festsitze.

 

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Massaker zur Staatsgründung

Palästina: Vor 75 Jahren ermordeten zionistische Milizen die Einwohner des Dorfes Deir Jassin

Karin Leukefeld -  15.04.2023

Überlebende von Deir Jassin: Die heute 85jährige Mariam Akil Umm Osama (Ostjerusalem, 8.4.2021)

Hintergrund: Demoverbote in Berlin

Die Berliner Polizei hat für dieses Wochenende zwei Demonstrationen für die Rechte der Palästinenser sowie mögliche Ersatzveranstaltungen verboten. Geplant war unter anderem eine Demonstration zum Tag der palästinensischen politischen Gefangenen am Sonntag. Es habe die Gefahr bestanden, dass es zu antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichung oder Gewalttätigkeiten komme, begründete die Polizei am Donnerstag die Verbote. Hintergrund ist eine propalästinensische Demonstration vom vergangenen Sonnabend. In einem Videozusammenschnitt im Internet sind Parolen gegen den Staat Israel sowie zur Unterstützung des palästinensischen Widerstands zu hören, die nach bisheriger Einschätzung der Polizei allerdings nicht strafbar waren. An einer Stelle ruft ein einzelner Mann: »Tod den Juden!« Verschiedene Medien und Vertreter von Israel-Lobbyorganisationen, die ein schärferes Vorgehen der Polizei und Verbote solcher Demonstrationen forderten, hatten fälschlich kolportiert, der judenfeindliche Ruf sei vom Lautsprecherwagen gekommen oder von der Menge skandiert worden. Gegen den bislang unbekannten Rufer hat die Polizei ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Volksverhetzung eingeleitet.

Am 29. November 1947 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen die Resolution 181 (II), den Teilungsplan für Palästina. Unmittelbar darauf begann die systematische Vertreibung von bis zu 800.000 Palästinensern. Was die Israelis »Unabhängigkeitskrieg« nennen, ist für die Palästinenser bis heute die Katastrophe (arabisch: Nakba).


Laut UN-Charta wäre die UN-Vollversammlung nicht befugt gewesen, eine Entscheidung von solcher Tragweite zu treffen. Nach Artikel 1 Absatz 2 der Charta müssen »Beziehungen zwischen den Nationen« den Grundsatz von »Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker« respektieren. Palästina in einen arabischen und einen jüdischen Staat zu teilen, hätte mindestens ein Referendum der dort lebenden Bevölkerung erfordert. Doch das von der UNO eingerichtete Sonderkomitee Palästina (UNSCOP), das den Teilungsplan befürwortete, setzte sich durch: Ein Referendum gab es nicht, und mit einer knappen Mehrheit von 21 zu 20 Stimmen bei 13 Enthaltungen wurde die Entscheidung über die Teilung Palästinas der UN-Vollversammlung überlassen. Dort stimmten schließlich 33 Staaten für die Aufteilung, 13 Staaten stimmten dagegen, und zehn Staaten enthielten sich.

Keines der zustimmenden Länder lag auch nur annähernd in der Nachbarschaft Palästinas. Alle damals existierenden Staaten der Region – Türkei, Libanon, Syrien, Irak, Iran, Saudi-Arabien, Jemen und Ägypten – stimmten gegen den Teilungsplan und wurden von Afghanistan, Griechenland, Indien, Kuba und Pakistan unterstützt.

Die rund 1,9 Millionen Menschen in Palästina wurden nicht gefragt. Zwei Drittel waren muslimische, christliche und drusische Palästinenser. Etwa ein Drittel waren Juden, die in den 50 Jahren zuvor dorthin zugewandert waren.

Unmittelbar nach der Verabschiedung der Teilungsresolution begann der »Unabhängigkeitskrieg«, wie es in Israel heißt. In den »Kriegstagebüchern« des späteren Ministerpräsidenten David Ben-Gurion ist mit Datum 15. Januar 1948 nachzulesen, was das strategische Ziel des Krieges war: »die Zerstörung der städtischen Gemeinden, die die organisiertesten und politisch bewusstesten Teile des palästinensischen Volkes waren«. Die ländlichen Siedlungen in der Umgebung der Städte sollten »erobert und zerstört« werden, um die städtischen palästinensischen Gemeinden »von Transportmitteln, Lebensmitteln und Rohstoffen« abzuschneiden. Der so ausgelöste »Prozess des Zerfalls, des Chaos und Hungers« sollte die Palästinenser zur Aufgabe zwingen.

Anfang April 1948 verschärften die zionistischen Milizen ihre militärische Strategie mit »Plan D« (Dalet), der von der Haganah ausgearbeitet worden war. Die wichtigste paramilitärische Organisation war 1920 unter der britischen Mandatsmacht entstanden. Bei der Gründung des Staates Israel am 15. Mai 1948 bildete die Haganah den Kern der neuen israelischen Streitkräfte.

»Plan D« bedeutete die Vertreibung der arabischen Bevölkerung. Ihre Dörfer sollten zerstört werden, um die Rückkehr der Vertriebenen zu verhindern
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Das Massaker muss ein Geheimnis bleiben
(Störend für die eigene Geschichtsschreibung der Zionisten)

Jochen Stahnke - 25.07.2019

Israels Verteidigungsministerium sperrt Dokumente über Vorgehen gegen Palästinenser aus dem Jahr 1948.
Die Organisation Akevot veröffentlicht dennoch Texte – und zeigt, wie sich das Narrativ der israelischen Regierung verändert hat.

Die Abteilung Malmab ist im israelischen Verteidigungsministerium dafür zuständig, Spionage und das Entrinnen sensibler Dokumente zu verhindern: Informationen über Israels Nuklearprogramm etwa.

Doch gibt es noch ein weiteres Betätigungsfeld. Wie jetzt bekannt wurde, stuft Malmab seit einigen Jahren systematisch bislang zugängliches Archivmaterial nachträglich ein, welche das staatliche Verhalten gegen palästinensische Araber insbesondere während des Kriegs im Jahr der Staatsgründung, 1948, beschreiben. Darin werden Massaker und Vertreibungen dokumentiert.  mehr >>>


 

Krasser Widerspruch

aus DER SPIEGEL 26/1982

Die Araber wehrten sich gegen die zionistische Landnahme nicht erst 1947, sondern bereits im großen Aufstand 1936 bis 1939 und noch früher, weil sie wußten und wissen, daß der Zionismus Palästina nur ohne arabisches Volk will. Joseph Weitz, Führer der »olonisierungsabteilung der Jewish Agency, schrieb: Die einzige » » Lösung ist ein Palästina ... ohne Araber ... kein einziges » » Dorf, kein einziger Stamm darf übrigbleiben ... Erst nach » » dieser Verlegung wird das Land Millionen unserer Brüder » » aufnehmen können. Es gibt keinen anderen Ausweg. »  mehr >>>
 


 

Zum 76. Jahrestag des Massakers von Deir Yassin

Wir gedenken, an das Massakers von Deir Yassin und lassen es nicht vergessen.

Der Plan D wurde aktiviert und das Morden und Vertreiben begann und geht weiter (ohne dass die Welt es verhindert)

 

Texte zum Deir Yassin Massaker

Deir Yassin Massaker - Fotos

 

Widerstand gegen IHRA

Offener Brief an UNO: Keine Übernahme von Antisemitismusdefinition durch Organisationen

Jakob Reimann - 11. 4. 2023

Eine Gruppe von 60 internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen hat in einem offenen Brief die UNO »mit Nachdruck« aufgefordert, eine unwissenschaftliche Definition von Antisemitismus nicht für ihre Institutionen zu übernehmen und damit zur Grundlage ihres weltweiten Kampfes gegen diese Form des Rassismus zu machen. Denn entgegen dem ursprünglichen Anspruch werde die »Arbeitsdefinition Antisemitismus« der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) in der Praxis »häufig dazu verwendet, Kritik an Israel fälschlicherweise als antisemitisch zu labeln«, heißt es im vergangene Woche veröffentlichten Brief, »und damit gewaltfreien Protest, Aktivismus und israel- und/oder zionismuskritische Äußerungen zu unterdrücken«. Mehrere Staaten und proisraelische Lobbygruppen drängen die UNO, die IHRA-Definition anzunehmen, so wie es einige westliche Regierungen, darunter die deutsche, bereits getan haben. Als Folge kam es zu einer Vielzahl von Fällen, in denen nach einer de facto rechtsgleichen Anwendung der fragwürdigen Definition öffentliche Veranstaltungen mit Nahostbezug und propalästinensische Demonstrationen abgesagt oder Einzelpersonen die berufliche Grundlage entzogen wurde. Kritiker sehen die Anwendung der Definition daher als Angriff auf Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Unterschiedslos antisemitisch

Die IHRA-Definition ist sehr vage formuliert: »Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann.« An diese Definition sind elf Beispiele für angeblich antisemitische Handlungen angehängt, von denen sich sieben direkt auf Israel beziehen. Dieser Fokus öffne die Tür, eine Bandbreite an Aussagen unterschiedslos als antisemitisch darzustellen, heißt es im offenen Brief, den neben palästinensischen und israelischen NGOs auch viele internationale Menschenrechtsorganisationen wie Medico international und Human Rights Watch unterzeichnet haben. Als Beispiel für nach der IHRA-Definition potentiellen »Antisemitismus« wird im Brief exemplarisch die von Dutzenden Organisationen in Berichten vorgetragene Aussage genannt, Israel habe ein System der Apartheid etabliert. Reflexartig werden diese NGOs von rechten Unterstützern der israelischen Regierung mit dem Antisemitismusvorwurf diffamiert, um so eine sachliche Kritik an der systematischen Gewalt gegen Palästinenser im Keim zu ersticken. So wurde Amnesty International wegen seiner Bewertung, Israel sei ein Apartheidstaat, vom Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, als »korrupter Honigtopf für Antisemit:innen« denunziert.

»Da mit Hilfe der IHRA-De
finition immer mehr kritische Aussagen über Israel, auch die sachlichsten, als antisemitisch dargestellt werden«, sagte Wieland Hoban am Montag gegenüber jW, »haftet dem Antisemitismusvorwurf an sich zunehmend die Aura einer Instrumentalisierung an«.  mehr >>>

 


Antisemitismusvorwurf -  Antsemitismuskeule
2019 - Gutachten zur «Arbeitsdefinition Antisemitismus»
2019  Bundestag gegen BDS
2017 - Bundesregierung  Antisemitismus-Definition
2016 - IHRA -   Arbeitsdefinition Antisemitismus
IHRA - Bestreiten jüdischen Selbstbestimmungsrechts
IHRA - Europäische Gewerkschaften
2005 - EUMC Definition  Antisemitismus
2005 Dortmunder Erklärung
2007 - Koordinierungsrat - Antisemitismus

Quelle Facebook - um die Bilder zu vergrößern auf das Bild klicken
Photos by: @oren_ziv, Activestills.


Activestills ist hier: Qalandia Checkpoint.

14. 4. 2023

HEUTE: Tausende von Palästinensern aus dem Westjordanland durchqueren den israelischen Militärkontrollpunkt Qalandiya auf ihrem Weg nach #Jerusalem zum letzten Freitagsgebet des Ramadan. Die israelischen Kolonialmächte haben angekündigt, dass sie an jedem Freitag des Ramadan nur Frauen aller Altersgruppen und Männern über 45 Jahren erlauben werden, ohne militärische Bewegungsgenehmigung aus dem übrigen Westjordanland nach Jerusalem zu reisen.  Quelle

 

Israel: Beginnt der krisengeschüttelte Netanjahu einen Krieg, um

seine Haut zu retten?

Der israelische Premierminister hat durch den Beginn von Feindseligkeiten ebenso viel zu verlieren wie zu gewinnen. Aber da religiöse Extremisten seine Agenda diktieren, könnte es ihm schwer fallen, die Region nicht in Brand zu setzen

Jonathan Cook - 14 April 2023 - Übersetzt mit DeepL

Eine beliebte Taktik israelischer Ministerpräsidenten in Schwierigkeiten ist es, eine Konfrontation zu provozieren oder zumindest zu überreagieren, um eine solche herbeizuführen, und dann die Armee zu schicken.

Man kann davon ausgehen, dass Kriege die Israelis hinter einer scheiternden Regierung vereinen und die Opposition zum Schweigen bringen, während man gleichzeitig die unkritische Unterstützung der Juden im Ausland und die Sympathie der westlichen Staaten gewinnt.

Gaza hat in den letzten 15 Jahren wiederholt diesen Zweck erfüllt. Ehud Olmert entschied sich bekanntlich für den Libanon - ein militärisch viel schwierigeres Gebiet -, um 2006 seinen Mut zu beweisen und die israelische Bevölkerung hinter seiner schwachen Regierung zu versammeln. Das ist nicht gut für ihn ausgegangen.

Benjamin Netanjahu ist ein israelischer Regierungschef, der viel tiefer in Schwierigkeiten steckt als seine Vorgänger - sowohl in persönlicher als auch in politischer Hinsicht.

Er befindet sich mitten in einem Korruptionsprozess, der nicht in seinem Sinne verläuft. Er muss sich unbedingt an der Macht halten und Gesetze zur Schwächung der Gerichte verabschieden, wenn er nicht riskieren will, im Gefängnis zu landen.

Doch seine so genannte "Justizreform", mit der er seinen religiös-extremistischen Verbündeten eine effektive Kontrolle über die Gerichte geben will, hat im ganzen Land beispiellose Proteste ausgelöst. Netanjahus Umfragewerte sind in den Keller gegangen. Er würde mit ziemlicher Sicherheit eine Wahl verlieren, wenn sie heute angesetzt würde.

Gleichzeitig sieht er sich einem beispiellosen Protest der Elite des Militärs, darunter Piloten und erfahrene Reservisten, gegenüber, die sich seiner Einmischung in die Justiz widersetzen - zum Teil aus Eigeninteresse. Die angebliche "Aufsicht" des Obersten Gerichtshofs über die israelischen Kriegsverbrechen ist das größte Hindernis, um sie auf die Anklagebank des Internationalen Strafgerichtshofs zu bringen.

Ministerielle Pyromanen

Die von Netanjahu ausgelöste Rebellion in den eigenen Reihen wird aber auch zunehmend als Unterminierung der von Israel so hoch geschätzten Abschreckung in einer "feindlichen" Region angesehen. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, muss Netanjahu seinen faschistischen, religiösen Siedlerpartnern in der Koalition auch noch endlos nachgeben, sonst wird seine Regierung mit ziemlicher Sicherheit stürzen.

Doch die rechtsextremen Minister, die die Polizei und die Militärverwaltung leiten, die den Palästinensern das Leben diktieren, sind nichts anderes als Pyromanen, die entschlossen sind, die besetzten Gebiete in Brand zu setzen.

Auf diese Weise haben die Siedler und die Armee einen Vorwand, um den Prozess der Vertreibung der Palästinenser von ihrem Land zu beschleunigen und sie in eine Handvoll städtischer Ghettos zu treiben.

Infolgedessen findet die starke Pro-Israel-Lobby, insbesondere in den Vereinigten Staaten, zum ersten Mal Grund, die Legitimität einer israelischen Regierung anzuzweifeln.

Die Apologeten Israels sind von einem doppelten Schlag getroffen worden: Netanjahu hat offen religiös-faschistische Parteien in seine Koalition eingeladen und versucht, ihnen die Kontrolle über die Gerichte zu geben.

Die Lobby war bereits in die schwierige Aufgabe vertieft, die internationale Menschenrechtsgemeinschaft zu verleumden, weil sie Israel als Apartheidstaat einstuft. Jetzt sträubt sie sich gegen die Aufgabe, Netanjahus Bemühungen zu verteidigen, Israel in eine theokratische Diktatur zu verwandeln.

Und hinter all dem ist die Regierung Biden unglücklich darüber, dass Netanjahu Israel so offensichtlich undemokratisch aussehen lässt, dass Washingtons Predigten über "gemeinsame Werte" und "ewige Bande" mehr als hohl klingen.

Feuer entfachen

Das Jonglieren mit all diesen Problemen stellt selbst Netanjahus Einfallsreichtum auf die Probe. Er ist Israels dienstältester Premierminister und ein Politiker, dem man normalerweise ein fast mythisches Talent zum Machterhalt nachsagt.

Unter diesen Umständen könnte die Aussicht auf einen Krieg in den nächsten Wochen verlockend erscheinen - eine Gefahr, die israelischen Kommentatoren nicht verborgen geblieben ist. Netanjahus Regierung hat bereits Feuer an den palästinensischen, libanesischen und syrischen Fronten entfacht.

Die Entweihung der Al-Aqsa, einer heiligen Stätte, die nicht nur für die Palästinenser, sondern für alle Muslime von großer Bedeutung ist, durch einen selbsternannten jüdischen Staat war ein todsicherer Weg, die arabische Welt zu beleidigen

Der Auslöser war, dass Israel letzte Woche zweimal seine Polizeikräfte in die Al-Aqsa-Moschee im besetzten Jerusalem schickte, um friedliche Gläubige während des heiligen Fastenmonats Ramadan zu schlagen und zu demütigen. Die Entweihung der Al-Aqsa-Moschee, einer heiligen Stätte, die nicht nur für die Palästinenser, sondern für alle Muslime von großer Bedeutung ist, durch einen selbsternannten jüdischen Staat war ein todsicherer Weg, um die arabische Welt zu beleidigen.

Fast sofort kam es zu einem Wiederaufleben der palästinensischen "Einzelkämpfer"-Angriffe. Palästinenser im besetzten Westjordanland schossen auf ein Auto und töteten drei israelische Juden - eine Mutter und ihre beiden Töchter, die aus Großbritannien in eine illegale Siedlung gezogen waren. Und ein Angehöriger der viel geschmähten palästinensischen Minderheit, die innerhalb Israels lebt, wurde erschossen, nachdem er an der Strandpromenade von Tel Aviv in Menschen hineingefahren war und einen italienischen Touristen getötet hatte.

Darüber hinaus wurden aus dem Gazastreifen, dem Libanon und Syrien zahlreiche Raketen abgefeuert, was Israel zu begrenzten Luftangriffen auf seine Nachbarn veranlasste.

Trotz der erhöhten Spannungen schienen jedoch alle Seiten - einschließlich Israel - bestrebt zu sein, sich vom Rand zurückzuziehen.

Aufmüpfiges Gemurmel

Die Lage hat sich vorerst beruhigt, offenbar auf Drängen von Netanjahu. Berichten zufolge hat er seinen rechtsextremen Polizeiminister Itamar Ben-Gvir überstimmt und jüdischen Siedlern in den verbleibenden Tagen des Ramadan den Zutritt zur Al-Aqsa verweigert, vermutlich um eine Wiederholung der Polizeigewalt von letzter Woche zu verhindern.

Dennoch bleibt die Frage: Könnte Netanjahu in den kommenden Wochen beschließen, dass es für ihn von Vorteil ist, die Dinge wieder aufzuwühlen?

Er steht unter demselben Druck. Er muss seine Reform des Justizwesens durchsetzen - sowohl um seinen eigenen Hals als auch den seiner Regierung zu retten. In dieser Woche schwor er, mit einem, wie er es nannte, "klaren Mandat zur Verbesserung des Justizsystems" weiterzumachen.

Aber der Kern der Protestbewegung, von Israels säkularer Mittelschicht bis zu den Reservisten, gibt nicht auf. Sie versammeln sich immer noch auf den Straßen, um ihn zu stoppen.

Israel in eine Konfrontation mit den Palästinensern oder einen Krieg mit dem benachbarten Libanon zu ziehen, könnte verlockend sein. Es würde das israelische Militär zwingen, sich zu fügen.

Israel in eine Konfrontation mit den Palästinensern oder in einen Krieg mit dem benachbarten Libanon zu ziehen, könnte verlockend erscheinen. Es würde das israelische Militär zwingen, sein meuterndes Gemurmel aufzugeben und sich, wenn auch widerwillig, zu fügen. Außerdem würde es wahrscheinlich die Protestbewegung spalten, da einige Teile in einer Zeit der nationalen Krise Einigkeit fordern. Auch die Israel-Lobby in Übersee würde unter Druck gesetzt und in ihre übliche Unterwürfigkeit zurückgedrängt werden.

In Anbetracht der Tatsache, dass die wichtigsten Teile von Netanjahus Justizreform fast sofort nach der Rückkehr des israelischen Parlaments aus der Pessach-Pause Ende April verabschiedet werden könnten, könnte er versuchen, die Änderungen unter dem Deckmantel des Krieges durchzudrücken.

Dies könnte der Grund sein, warum Regierungsquellen den israelischen Medien am Wochenende mitteilten, dass sie nach dem Ende der Ramadan- und Pessach-Ferien zu einer größeren Militäroperation gezwungen wären.

Netanjahu gab einen Vorgeschmack auf seine eigenen Begründungen für etwaige künftige Feindseligkeiten. In seinen jüngsten Reden hat er argumentiert, dass die Vorgängerregierung unter Yair Lapid die regionale Abschreckung Israels durch die Unterzeichnung eines "Kapitulationsabkommens" mit der Hisbollah untergraben habe. Sie legte Seegrenzen mit dem Libanon fest, die angeblich Gasreserven "an den Feind übergaben, ohne eine Gegenleistung zu erhalten".

Er hat auch die rebellischen Reservisten ins Visier genommen und sie beschuldigt, die israelische Sicherheit zu untergraben. "Wenn unsere Feinde den Aufruf zur Verweigerung sehen, interpretieren sie ihn als Schwäche unserer nationalen Widerstandskraft." Er warnte davor, dass Israels Feinde dies als Einladung zu einem Angriff auffassen könnten.

Netanjahu deutete an, dass er einem arabischen Angriff zuvorkommen könnte und fügte hinzu: "Wir werden die Abschreckung wiederherstellen. Es wird Zeit brauchen, aber es wird geschehen. Ich habe der vorherigen Regierung gesagt, sie solle nicht so viel ruinieren, denn wir müssen es in Ordnung bringen".

Schwindende Abschreckung

Doch während das Schüren eines Krieges auf dem Papier einfach klingt, könnte sich die Umsetzung eines solchen Plans als weitaus schwieriger erweisen.

Zwar würden israelische Reservisten im Falle einer Einberufung wohl kaum zu Hause bleiben. Die Stimmung der Revolte würde jedoch anhalten und mit Sicherheit wieder aufflammen, sobald eine unnötige Konfrontation ihren Lauf genommen hätte.

Darüber hinaus würden pensionierte israelische Generäle es der Regierung schwer machen, die Situation zu bereinigen. Sie würden während der Kämpfe mit Sicherheit die Schlagzeilen beherrschen und den Eindruck erwecken, Netanjahu habe eine militärische Krise inszeniert, um seine innenpolitischen Probleme zu lösen.

Moshe Ya'alon, ein ehemaliger Verteidigungsminister unter Netanjahu und ehemaliger Militärchef, sagte am vergangenen Wochenende vor Demonstranten in Tel Aviv: "Ich habe jahrzehntelang in der Armee gedient, und ich habe kein so rücksichtsloses Verhalten gesehen wie das des Angeklagten Netanjahu jetzt."


Die Schuld für etwaige Feindseligkeiten würde wahrscheinlich direkt auf Netanjahus Schultern fallen. Ihm wird bereits vorgeworfen, Israels Ansehen in den Augen seiner Nachbarn durch die internen Spaltungen zu schwächen, die er mit den Plänen für die Überarbeitung der Justiz geschürt hat. Dieser Punkt wurde von Ya'alon hervorgehoben. Er sagte über Netanjahu: "Sein obsessiver Plan, Israels Demokratie zu stürzen, stellt eine unmittelbare Bedrohung für Israels Sicherheit dar... Unsere Feinde schauen zu, und unsere Abschreckung nimmt ab."

Arabische Führer haben öffentlich das gleiche Argument vorgebracht. In dieser Woche erklärte Saleh al-Arouri, der stellvertretende Vorsitzende des politischen Flügels der Hamas, Israel befinde sich in einer "noch nie dagewesenen Krise" und stehe vor einem "inneren Zerfall". Arouri, der einer Hamas-Delegation angehörte, die mit Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah zusammentraf, um den jüngsten Schusswechsel zu erörtern, fügte hinzu: "Die Widerstandsachse gewinnt an Schwung, und die Entwicklungen in der Region kommen ihr zugute." Netanjahu kann davon ausgehen, dass eine von ihm gewählte militärische Konfrontation weitaus schlimmere Folgen haben wird als Olmert nach seinem desaströsen 34-tägigen Patt mit der Hisbollah im Jahr 2006.

Eifer für den Krieg

Wenn es Netanjahu schwer fallen dürfte, die Israelis in ihrem üblichen Eifer für den Krieg zu mobilisieren, sieht er sich auch einer Region gegenüber, die ungewöhnlich einig ist - gegen ihn.

Netanjahu brüstet sich gern mit seinem Erfolg bei der Sicherung des Abraham-Abkommens von 2020, einer förmlichen Erklärung zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Golfstaaten Vereinigte Arabische Emirate und Bahrain. Letztlich hoffte er, Israel zu einem Ehrenmitglied der "sunnitischen" Gemeinschaft zu machen und Saudi-Arabien dazu zu bewegen, das Abkommen ebenfalls zu unterzeichnen, um so die regionale Koordination gegen den Iran zu verstärken.

Doch in den letzten Tagen hat Saudi-Arabien, das Machtzentrum der sunnitischen arabischen Welt, eine unerwartete Bereitschaft gezeigt, seinen historischen, schiitisch geführten Rivalen, insbesondere Iran und Syrien, Israels Hauptgegnern in der Region, Friedensangebote zu machen.
Riad will Syrien wieder in die Arabische Liga aufnehmen und hat - gegen den Widerstand der USA - ein Abkommen unterzeichnet, das das Kriegsbeil mit dem Iran begraben soll. In einer gemeinsamen Erklärung, die in Peking veröffentlicht wurde, heißt es, die beiden Länder würden gemeinsam handeln, um die regionale Sicherheit zu fördern.

Die erneuerten Beziehungen zwischen Riad und Teheran könnten den Handlungsspielraum des israelischen Militärs im Libanon weiter einschränken, wo der Iran operiert und die Hisbollah beim Aufbau ihrer militärischen Stärke zur Abwehr eines israelischen Angriffs unterstützt hat. Dies könnte auch Israels Vorgehen im Gazastreifen erschweren, wo die Hamas ebenfalls iranische Unterstützung erhält. Und da Israels US-amerikanischer Schutzherr seine Energien vorrangig darauf verwendet, Russland in der Ukraine zu "schwächen" und gegen China zu sabbeln, hat Israel guten Grund, sich in der Region isolierter denn je zu fühlen.

Bei rationaler Betrachtung stehen die Chancen nicht gut, dass Israel einen Krieg provoziert. Aber die Vernunft ist vielleicht nicht der Leitstern, vor allem, wenn Netanjahu mit militanten religiösen Extremisten wie seinem Polizeiminister Itamar Ben-Gvir und dem Finanzminister (und inoffiziellen Besatzungsminister) Bezalel Smotrich im Bett liegt.

Diese beiden Brandstifter wollen einen Flächenbrand mit den Palästinensern, um die israelische Öffentlichkeit für die Annexion der besetzten Gebiete zu begeistern. Sie haben die Mittel und das Motiv, die palästinensische Arena immer wieder in die Luft zu jagen, mit dem ständigen Risiko, jede Konfrontation auf andere Fronten auszudehnen, indem sie die Spannungen in der Al-Aqsa schüren.

Netanjahu könnte zu dem Schluss kommen, dass er durch einen Krieg mehr zu verlieren als zu gewinnen hat. Aber er könnte sich trotzdem in einem Krieg wiederfinden. Quelle

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