Das Palästina Portal

Täglich neu - Nachrichten aus dem, über das besetze Palästina - Information statt Propaganda
 Kurznachrichten - Archiv -Themen - Linksammlung  - 23. April 2023 - Sponsern Sie  - Veranstaltungen - Facebook - Suchen

 


 

Deutsche Luftwaffe nimmt an Israels Unabhängigkeitsfeiern teil

Deutschlands Luftwaffe nimmt kommende Woche erstmals an einer Luftparade am israelischen Unabhängigkeitstag teil.


Die deutsche Luftwaffe nimmt nächste Woche an einer Luftparade in Israel teil.

Ein Eurofighter fliegt bei der Show zum Unabhängigkeitstag mit.

Zum 75-jährigen Bestehen des Staates Israel wird am Mittwoch ein Eurofighter des Typs Eagle Star 2.0 von Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz geflogen, wie die israelische Armee bestätigte.

Die Flügel des Kampfjets sind mit der deutschen und der israelischen Flagge dekoriert. Die Unabhängigkeitsfeiern orientieren sich am hebräischen Kalender. Sie beginnen in diesem Jahr am Abend des 25. April. Gegründet wurde der Staat Israel am 14. Mai 1948.

Die Unabhängigkeitsfeiern beginnen am Dienstagabend mit einer Zeremonie in Jerusalem, bei der zwölf Fackeln entzündet werden. Sie symbolisieren die in der Bibel erwähnten zwölf Stämme Israels. Zudem sind in zahlreichen Städten Partys und Feuerwerke geplant. Am Unabhängigkeitstag ist es ausserdem üblich, dass Israelis mit  mehr >>>

 


 

Palästinensische Demos in Berlin

:Wo liegt die Gefahr?


100 Berliner Jü­d:in­nen und Israelis kritisieren das Verbot palästinensischer Demonstrationen. Sie warnen vor der Diskriminierung von Minderheiten.

Susanne Memarnia - 21. 4. 2023

ERLIN taz | In der Diskussion um das Verbot zweier palästinensischer Demonstrationen am vergangenen Wochenende mehren sich Stimmen, die das Vorgehen der Polizei kritisieren. So heißt es in einem offenen Brief von jüdischen und israelischen Berliner*innen, der am Freitag veröffentlicht wird und der taz vorab vorlag, ein „pauschales Verbot“ aufgrund der bloßen Befürchtung, es könne bei einer Demonstration zu Straftaten kommen, „sehen wir als diskriminierend gegenüber der palästinensischen Minderheit in Deutschland und als besorgniserregenden Präzedenzfall, der unweigerlich auch andere marginalisierte Communities betreffen wird. Solche antidemokratischen Maßnahmen kommen einer kollektiven Bestrafung gleich und bieten uns als jüdische Ber­li­ne­r*in­nen keinen wirksamen Schutz“.

Den Brief, der auch an Innensenatorin Iris Spranger (SPD) geschickt werden soll, haben 100 Jü­d:in­nen und Israelis aus dem linken und linksliberalen Spektrum unterschrieben, darunter die Philosophin Susan Neiman, Leiterin des Einstein-Forums in Potsdam, der Soziologe Michael Bodemann und der Schriftsteller Tomer Gardi.

„Wir sehen die Gefahr, dass künftig immer mehr Demos verboten werden“, sagte einer der Initiatoren, der Journalist Yossi Bartal, der taz. Demonstrationen seien ein zentrales demokratisches Recht und selbstverständlich auch „Ausdruck von Wut“, etwa über die Politik der israelischen Regierung gegenüber den Palästinensern. Sie zu verbieten löse nicht den Konflikt, sondern vertiefe die Kluft zwischen den Communities, so Bartal. „Deshalb halten wir die Unterstützung des Verbots durch den Zentralrat der Juden in Deutschland für verfehlt und nicht repräsentativ für die Vielfalt der jüdischen Meinungen in Berlin“, heißt es im Brief.

Am Karsamstag waren bei einer propalästinensischen Demo der Gruppe Samidoun in Neukölln antisemitische und antiisraelische Parolen auf Arabisch gerufen worden. Die Polizei hatte nicht eingegriffen, obwohl sie mit Dolmetschern vor Ort war, und war dafür im Anschluss scharf kritisiert worden. Der Verein Democ hatte die Demonstration beobachtet und berichtet, Teilnehmende hätten gemeinsam „Tod, Tod, Tod Israel!“ skandiert, ein Demonstrant habe vom Lautsprecherwagen „Tod den Juden“ gerufen.

Anzeige wegen Volksverhetzung

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, hatte daraufhin eine Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt, die Polizei ermittelt nun. Zudem verbot sie zwei für das vergangene Wochenende angemeldete Demos von Palästinener:innen, eine davon wieder aus dem Umfeld von Samidoun, mit der Begründung dort seien erneut Straftaten zu erwarten.

Mit diesem Argument, so Bartal zur taz, könne man allerdings viele Demonstrationen verbieten, auch am 1. Mai etwa komme es regelmäßig zu Straftaten. „Rassistische und antisemitische Parolen sollte man eindeutig verurteilen“, sagte er. Aber dies rechtfertige keine pauschalen Verbote, vor allem nicht gegen eine migrantische   mehr >>>

REAKTIONEN


Aus Palästina leider nichts Neues

Newsletter 23/2023

In Ergänzung unseres vor zwei Tagen versandten Newsletters, in dem ich auf den Artikel von vier US-amerikanischen Professoren zum israelisch-palästinensischen Konflikt ("Einstaatenlösung") hingewiesen habe, möchte ich heute zunächst auf die äußerst interessante und umfangreiche deutsche Webseite Palästina-Portal verweisen.

Wer immer laufend über Ereignisse in und um Palästina informiert werden möchte, möge sich diese Webseite regelmäßig ansehen. Zuletzt sind dort auch zwei äußerst aktuelle deutsche TV-Dokumentationen über die innenpolitische Krise in Israel sowie über die Situation in der Westbank, besonders in Jenin, herunter geladen worden. Diese sind unbedingt zu empfehlen, als Österreicher bedauert man, dass der ORF leider zu solchen Berichten nicht in der Lage ist.

https://www.ardmediathek.de/video/monitor-studiom/israel-staatsstreich-von-rechts/wdr/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLTI3OGQyNmZjLTJkNzUtNGZmMS05NzFiLTc4Y2U4MjY1ODJmYg

https://www.ardmediathek.de/video/monitor/die-maertyrer-kinder-im-herzen-des-nahostkonflikts/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLTFhOThkYTRiLTk2YTYtNDg0NC1iODE2LTNjNjZiMjQ3NjlmZg

https://www.palaestina-portal.eu/

Abschließend möchte ich nochmals auf die Buchpräsentation "Der Siegeszug des Neozionismus" am 5.5.2023 um 19.00 Uhr im Österreichisch-Arabischen Kulturzentrum hinweisen.
Mit besten Grüßen!
Fritz Edlinger
Präsident

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Eine koordinierte Diffamierungskampagne gegen die UN-Sonderberichterstatterin für Palästina
 

Zwei israelische Ministerien koordinieren eine Hetzkampagne gegen die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese. Die persönlichen Angriffe beruhen auf Lügen mit dem Ziel, sie aus ihrem Amt zu entfernen.
 
Israelische "Hasbara"-Organisationen diskreditieren die Rolle des Sonderberichterstatters für die Lage der Menschenrechte in den seit 1967 besetzten Palästinensischen Gebieten. Hasbara ist die israelische Propagandakampagne (siehe BIP-Aktuell #174). Das Amt des Sonderberichterstatters wurde von den Vereinten Nationen geschaffen, um die von Israel begangenen Menschenrechtsverletzungen an Palästinensern zu überwachen und zu dokumentieren. Das Amt, das ehrenamtlich ausgeübt wird, wurde von 2016 bis 2022 von Michael Lynk besetzt und wird derzeit von Francesca Albanese ausgeübt.
 

Bild links - Francesca Albanese, Sonderberichterstatterin für die Lage der Menschenrechte in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten, Quelle: OHCR.


Albanese stellt fest, dass der Staat Israel sich des Verbrechens der Apartheid schuldig gemacht hat. Israel sei ein Siedlerkolonialstaat, der für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den besetzten Palästinensischen Gebieten bisher nicht zur Rechenschaft gezogen wird.

Albanese ist seit ihrem Amtsantritt im Mai 2022 wie auch schon ihre Vorgänger auf heftigen Widerstand gestoßen. Im Dezember verschärfte die Hasbara-Plattform der israelischen Regierung, ACT-IL, den Angriff auf sie, als sie mit einer Albanese diskriminierenden Kampagne ihre Entlassung aus dem Amt forderte; eine ähnliche Petition auf Change.org folgte.

Anfang dieses Monats eskalierte die Kampagne in einem Shitstorm von zeitgleich  mehr >>>

Um das Video zu sehen, auf das Bild klicken

Netzwerk der Photographen für Palästina: 22.04.2023

Im Rahmen unserer monatlichen Veranstaltungsreihe zum 75. Jahrestag der
Jahrestag der Nakba wird Ursula Mindermann, eine der Vizepräsidentinnen der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, über das Leben der Palästinenser im Flüchtlingslager Shatila im Libanon sprechen und einige ihrer bemerkenswerten Bilder aus dem Lager zeigen.


Die Palästinenser in Shatila ertragen einige der härtesten Bedingungen, die es unter den
Palästinenser im Exil auf der ganzen Welt. Verwehrt werden ihnen die
libanesische Staatsbürgerschaft zu erhalten, ist der gleichberechtigte Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt stark und die Gesundheitsversorgung im Lager ist nach wie vor sehr schlecht.  Quelle

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Phantasien von Israel

Ilan Pappe - 19. 4. 2023 - Übersetzt mit DeepL

Wenn man in diesem Monat die Nachrichten aus Israel verfolgt, könnte man meinen, das Land werde von allen Seiten angegriffen. Drei anglo-israelische Siedler wurden von Guerillas im Westjordanland getötet; ein italienischer Tourist wurde in Tel Aviv bei einem Autounfall getötet und sieben weitere Personen verletzt, der jedoch weithin als terroristischer Vorfall dargestellt wurde; und die IDF behauptete, die größte Raketensalve abgefangen zu haben, die seit 2006 aus dem Libanon abgefeuert wurde. Wie üblich ignorierten diese Berichte geflissentlich die Mordfelder in den besetzten Gebieten, wo israelische Soldaten immer mehr junge Palästinenser ermorden, entweder durch Hinrichtung oder indem sie ihre Häuser in den Staub bomben. Das Neue an der Medienberichterstattung war jedoch die Fassungslosigkeit: Wie konnte Israels rechtsgerichtete Regierung es nicht schaffen, seinen jüdischen Bürgern Sicherheit - oder zumindest ein Gefühl der Sicherheit - zu geben? Wer trug die Schuld an diesem Versäumnis?

Für Benjamin Netanjahu lag die Verantwortung bei der anhaltenden Protestbewegung. Seit Anfang Januar sind Hunderttausende von Demonstranten auf die Straße gegangen, um sich gegen seine Justizreformen zu wehren, die eine politische Übernahme der Gerichte ermöglichen, den Ministerpräsidenten vor einer Verurteilung in seinem Korruptionsprozess bewahren und den Einfluss des orthodoxen Judentums sowohl im öffentlichen Leben als auch im Rechtssystem stärken würden. Netanjahu hat seine Kritiker beschuldigt, die Nation zu spalten und zu schwächen, und gleichzeitig die Reservesoldaten scharf angegriffen, die damit gedroht hatten, im Falle der Verabschiedung der Maßnahmen nicht zum Dienst zu erscheinen. Ihm nahestehende Personen haben auch das Gerücht verbreitet, die USA würden die Demonstranten finanzieren (dies war eine Fake News, aber angesichts der öffentlichen Verurteilung der Reformen durch Präsident Biden war sie berechtigt).

Nach den jüngsten Umfragen zu urteilen, hat Netanjahus Botschaft keinen Anklang gefunden. Für viele Israelis war es der Premierminister selbst, der solche Sicherheitsrisiken geschaffen hat. Seine Popularität hat einen historischen Tiefpunkt erreicht, und er würde wahrscheinlich die Wahlen verlieren, wenn sie heute stattfänden. Nachdem er den Versuch verpatzt hat, das Vertrauen seiner früheren Anhänger zurückzugewinnen und sie unter der angeblich vom Iran und seinen Verbündeten ausgehenden Kriegsdrohung in die warme Umarmung des zionistischen Konsenses zu bringen, muss er nun zwischen zwei unattraktiven Optionen wählen: entweder die Reformen verwerfen und den Widerstand auf der Straße unterdrücken oder sie weiterführen und die Spaltung der jüdischen Bürger vertiefen. Die Vorhersage, dass diese Spaltungen den israelischen Staat von innen heraus untergraben könnten, scheint zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht. Aber es besteht kein Zweifel daran, dass sie ernsthafte Risse im zionistischen Gebäude aufgedeckt haben - Risse, die sich in den kommenden Jahren durchaus noch vergrößern könnten.

Wenn ein sozialer Zusammenbruch nicht unmittelbar bevorsteht, so liegt das vor allem an dem gewaltigen Sicherheitsapparat des Landes. Israel ist immer noch eher eine Armee mit einem Staat als ein Staat mit einer Armee. Ohne die Zustimmung der führenden Militärs, die sich auch von der neuen autoritären Regierung nicht zwingen lassen, kann es keine wesentlichen Änderungen in der Sicherheitspolitik geben. Diese Schicht hat deutlich signalisiert, dass sie an der Beibehaltung des derzeitigen Rahmens interessiert ist. Das bedeutet im Wesentlichen, dass die wahllose Tötung von Palästinensern, die Praxis der Hauszerstörungen und die Sanktionierung von Siedlerpogromen fortgesetzt werden. Es bedeutet die Durchsetzung der institutionalisierten Diskriminierung palästinensischer Bürger Israels, denen das Recht auf Rede- und Versammlungsfreiheit verweigert wird. Und es bedeutet die regelmäßige Bombardierung und Belagerung des Gazastreifens sowie die fast wöchentlichen Luftangriffe auf Syrien.

Die Apparatschiks, die diese Aktivitäten planen und durchführen, bilden die Kerngruppe hinter den jüngsten Demonstrationen. Militärbeamte, die im Gazastreifen und zuvor im Westjordanland und im Libanon zahllose Kriegsverbrechen begangen haben, spielen nun eine entscheidende Rolle in dem entstehenden Oppositionsblock. Sie sind Teil einer breiteren aschkenasischen (europäisch-jüdischen) Elite, die Netanjahus Politik als einen Angriff auf ihre Machtbasis innerhalb des Staates betrachtet: nicht nur die Sicherheitsapparate, sondern auch die Finanzinstitutionen, das Justizsystem und die Wissenschaft. Sie spüren, dass die Reformen ihren Einfluss auf diese Institutionen schwächen und gleichzeitig eine aufständische Koalition aus orthodoxen Juden, Siedlern und mizrachischen (ostjüdischen) Likud-Anhängern stärken würden, die Israel religiöser, nationalistischer und expansionistischer machen wollen. Ihrer Ansicht nach würde der Triumph dieser neozionistischen Koalition ihren säkularen Lebensstil bedrohen, die Sicherheit des Staates gefährden und sein internationales Image weiter beschädigen.

Daher ist die Darstellung der Proteste in den westlichen Medien - als Versuch, die israelische Demokratie vor politischer Übervorteilung zu bewahren - hoffnungslos verzerrt. Die Bewegung versucht nicht, die Rechte von Minderheiten zu schützen (die erste Pflicht einer jeden Demokratie), geschweige denn die Rechte der Palästinenser auf beiden Seiten der grünen Linie. Während der ersten hundert Tage der neuen Regierung kämpften säkulare israelische Juden um den Erhalt ihrer Vorherrschaft, während fast hundert Palästinenser - viele von ihnen Kinder - von israelischen Streitkräften getötet wurden. Dieser Amoklauf wurde bei keiner der Demonstrationen erwähnt. Diejenigen, die versuchten, neben den israelischen auch palästinensische Flaggen zu hissen, wurden gewaltsam vertrieben. Araber haben offensichtlich keinen Platz in dieser Fehde zwischen den jüdischen Familien Israels.

Stattdessen werden die Demonstranten durch das motiviert, was man als die Fantasie Israels bezeichnen könnte: die Vorstellung eines säkularen demokratischen Staates, der über genügend moralisches Kapital verfügt, um seine Besetzung Palästinas im In- und Ausland zu rechtfertigen. Sie sind froh, als außergewöhnliche Nation gesehen zu werden - die die Araber unterwerfen muss, um den Traum von einer jüdischen Heimat zu bewahren - aber sie sind auch verzweifelt, sich den "zivilisierten" Standards des globalen Nordens anzupassen. Ihr liberaler Zionismus basiert auf einer Reihe von Oxymoronen: Israel als aufgeklärter Besatzer, als wohlwollender ethnischer Säuberer, als fortschrittlicher Apartheidstaat. Dank der Regierung Netanjahu ist dieses Bild nun bedroht; seine Widersprüche lassen sich nicht mehr eindämmen. Der Ruf des Staates wird nicht nur im Inland geschädigt, sondern auch in der "internationalen Gemeinschaft", die Israel üblicherweise als die einzige Demokratie im Nahen Osten und Tel Aviv als die LGBT-Hauptstadt der Welt preist, während sie das belagerte Gaza-Ghetto ein paar Kilometer südlich ignoriert.

Das ist der Grund, warum eine halbe Million Juden - meist liberal, meist säkular, meist westlicher Herkunft - auf die Straße gegangen sind, um das Apartheidregime zu verteidigen. Obwohl sie Netanjahu gezwungen haben, seine vorgeschlagenen Änderungen zu verzögern, sind die endgültigen Erfolgsaussichten ungewiss. Selbst wenn die Reformen verworfen werden, wird Israel immer noch konstitutiv geteilt sein, mit einem säkularen Tel Aviv neben einem religiösen Jerusalem. Wie sich dieses Spannungsverhältnis politisch auswirken wird, ist ungewiss. Eines ist jedoch klar: Es wird kaum konkrete Auswirkungen auf die staatliche Politik gegenüber den Palästinensern haben. Bei allen Unterschieden sind sich die beiden israelischen Lager in ihrer Unterstützung für das Siedlerkolonialprojekt einig, auf dem die Nation aufgebaut wurde. Der Siedlerkolonialismus bringt stets die Entmenschlichung der kolonisierten Völker mit sich, die als Haupthindernis für politische Harmonie angesehen wird. Er basiert auf dem Wunsch, die einheimische Bevölkerung zu eliminieren - entweder durch Völkermord, ethnische Säuberung oder die Schaffung von Enklaven und Ghettos. In Israel muss jeder Palästinenser als Wilder oder potenzieller Terrorist angesehen werden, jedes palästinensische Gebiet als Kriegsschauplatz.

Diese zugrunde liegende Logik bedeutet, dass die Palästinenser von einer Rückkehr zum Status quo ante nichts zu gewinnen haben. Tatsächlich war die vorherige Regierung unter der Führung des "Zentristen" Yair Lapid ebenso entschlossen, die gewaltsame Besatzung aufrechtzuerhalten. Die Aufnahme einer arabischen Partei brachte für die palästinensische Minderheit in Israel keine greifbaren Vorteile. Sie konnten immer noch von kriminellen Banden oder schießwütigen Polizisten erschossen werden, während der Staat ein Auge zudrückte; sie waren immer noch Bürger zweiter Klasse nach dem Apartheidgesetz von 2018; sie waren immer noch rechtlicher und finanzieller Diskriminierung ausgesetzt; und sie wurden immer noch durch die Ausbreitung jüdischer Städte und Siedlungen räumlich erdrosselt. Indem die aktuelle Protestwelle die "Demokratie" preist, während sie solche Missstände ignoriert, hat sie Israels grundlegendes Paradoxon hervorgehoben: Es kann nicht gleichzeitig demokratisch und jüdisch sein. Es wird entweder ein rassistischer jüdischer Staat oder ein demokratischer Staat für alle seine Bürger sein. Es gibt keinen Mittelweg.

Genau aus diesem Grund wird Israel heute von großen Teilen der Weltbevölkerung als unfreundlich angesehen. Obwohl es ihm bisher gelungen ist, strategische Allianzen mit Regierungen im Westen, in der arabischen Welt und gelegentlich im globalen Süden aufrechtzuerhalten, droht es international isoliert zu werden. Die Demonstranten befürchten zu Recht, dass das Land, wenn es sein Fantasie-Image nicht aufrechterhalten kann, ein ähnliches Schicksal erleiden könnte wie das Apartheid-Südafrika: einen allmählichen Verlust an Glaubwürdigkeit, so dass die Politik von unten die Fähigkeit gewinnt, die Politik von oben zu beeinflussen. In diesem Fall könnte Israel aufgrund seiner militärischen Stärke noch lebensfähig sein - mehr aber auch nicht. Dies wiederum könnte das zionistische Projekt ernsthaft gefährden; doch wie im Falle Südafrikas in den 1980er Jahren könnte dies auch der Moment sein, in dem das Regime versucht, sich selbst zu retten, indem es auf die schlimmsten Formen der Brutalität zurückgreift.

Einer der Hauptunterschiede zwischen Gegnern und Befürwortern der gegenwärtigen Regierung besteht darin, dass erstere sich dafür interessieren, was die globale Zivilgesellschaft über Israel denkt, während letztere dies nicht tun. Die aschkenasische Elite verteidigt eine Form des "Zionismus mit menschlichem Antlitz", die die rechtsextreme Regierung zunehmend aufzugeben bereit ist. Der Ausgang dieses Konflikts wird mit darüber entscheiden, ob Israel seine Aura der Immunität und des Exzeptionalismus bewahren kann. In der jüngeren Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts wurde die Weltöffentlichkeit oft durch andere Entwicklungen abgelenkt: erst der Arabische Frühling, jetzt der Krieg in der Ukraine. Doch die Sache der Palästinenser hat trotz dieser schwankenden Aufmerksamkeit überlebt. Kann sie den gegenwärtigen Moment nutzen, um Israel zu einem internationalen Paria zu machen?  Quelle



Bilal al-Mashharawi in seinem Haus in Gaza-Stadt.

Israel verzögert Behandlung eines lungenkranken Kindes

Aseel Mousa - 21. April 2023 - Übersetzt mit DeepL

Bei Bilal al-Mashharawi wurde Anfang des Monats eine Lungenkrankheit diagnostiziert. Mohammed Salem Bilal al-Mashharawi, 8, ist schwer krank. Anfang des Monats wurde bei ihm im al-Makassed-Krankenhaus im besetzten Ost-Jerusalem eine Lungenkrankheit diagnostiziert.

Die Organisation der erforderlichen Tests im Krankenhaus erwies sich als eine große Tortur.

Mehrere Monate lang bemühte sich seine Familie, die im Viertel al-Zaytoun in Gaza-Stadt lebt, um eine Reisegenehmigung für Bilal. Die israelischen Militärbehörden lehnten ihre Anträge wiederholt ab.

Während seine Eltern mit einem kafkaesken Albtraum kämpften, verschlechterte sich Bilals Gesundheitszustand. "Es bringt mich um, mein Kind so zu sehen", sagte seine Mutter Aya kurz vor der Diagnose. "Seine Brüder und seine Schwester beten ständig für ihn und bitten mich, sein Leben zu retten. Aber ich fühle mich hilflos."

Obwohl schon seit einiger Zeit klar war, dass Bilal Lungenprobleme hatte, konnten ihm die Ärzte im al-Rantisi Krankenhaus in Gaza keine genaue Diagnose stellen.

Da das Gesundheitssystem aufgrund der vollständigen Blockade, die Israel seit mehr als 15 Jahren über den Gazastreifen verhängt hat, stark belastet ist, gaben die Ärzte vor Ort zu, dass sie ihm nicht die erforderliche Behandlung zukommen lassen können. Im Dezember wurde er an das al-Makassed-Krankenhaus in Jerusalem überwiesen.

Die Familie erhielt von der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Sitz in der besetzten Stadt Ramallah im Westjordanland die Bestätigung, dass sie die Kosten für Bilals Behandlung übernehmen würde. Doch schon bald begann Israel, der Familie Steine in den Weg zu legen. Zunächst wurde ein Antrag auf Ausreise von Bilal in Begleitung seines Vaters Muhammad aus dem Gazastreifen unter dem Vorwand der "Sicherheit" abgelehnt.

Daraufhin reichte die Familie einen neuen Antrag ein, in dem sie Bilals Mutter Aya als seine Betreuerin angab. "Einen Tag vor unserem geplanten Termin bekam ich einen Schock", sagte Aya. "Eine Nachricht auf meinem Telefon teilte mir mit, dass auch ich wegen 'Sicherheitsbedenken' abgelehnt worden war."

Daraufhin stellte die Familie einen weiteren Antrag auf eine Ausreisegenehmigung. Diesmal benannte die Familie Bilals 52-jährige Großmutter als seine Betreuerin. Zwei Tage nach Einreichung des Antrags erfuhr die Familie, dass auch dieser Antrag abgelehnt worden war.

Verhöre

Während ihrer Tortur suchte die Familie Unterstützung bei Gisha, einer israelischen Menschenrechtsgruppe. Gisha bat die israelischen Behörden zunächst darum, Bilal in Begleitung eines seiner Elternteile ausreisen zu lassen.

Doch Israel weigerte sich erneut mit dem Vorwand der "Sicherheit".

Gisha hatte mehr Erfolg, als sie beim israelischen Gericht beantragte, Bilal die Reise in Begleitung seiner Großmutter zu gestatten. Am 7. April konnten Bilal und seine Großmutter endlich nach Jerusalem einreisen. Seine Großmutter war in Jerusalem strengen Bewegungseinschränkungen unterworfen. Sie durfte die Al-Aqsa-Moschee, eine der heiligsten Stätten des Islam, während des Ramadan nicht besuchen. Außerdem wurde sie sowohl bei der Ausreise aus dem Gazastreifen als auch bei ihrer Rückkehr einige Tage später von israelischen Soldaten verhört.

Bilal hat für den nächsten Monat einen weiteren Termin in Jerusalem geplant. Das bedeutet, dass die Familie Israel um die Erlaubnis bitten muss, noch einmal zu reisen. Zum jetzigen Zeitpunkt weiß die Familie nicht, wer ihn begleiten kann oder ob Israel die erforderliche Genehmigung erteilt. Seine Großmutter hat selbst gesundheitliche Probleme, so dass sich die Familie Sorgen macht, welche Auswirkungen eine weitere beschwerliche Reise auf sie haben könnte.

Ein derartig unmenschliches Verhalten ist für Israel nicht ungewöhnlich.
Al Mezan, eine palästinensische Menschenrechtsgruppe, hat dokumentiert, wie drei Kinder zwischen Januar und August 2022 starben, nachdem Israel ihnen eine medizinische Behandlung außerhalb des Gazastreifens verwehrt hatte.

Letzten Monat verhaftete Israel einen Krebspatienten, als er aus dem Gazastreifen zurückkehrte, nachdem er in Jerusalem behandelt worden war. Das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte beklagte, dass solche Verhaftungen Teil einer "fortlaufenden Politik" der israelischen Militärbesatzung seien.

Israel erhielt mehr als 1.600 Anträge von Patienten, den Gazastreifen für medizinische Termine im März zu verlassen. Achtzehn Prozent der beantragten Genehmigungen wurden nicht rechtzeitig erteilt, wie die UN-Beobachtungsgruppe OCHA mitteilte.

Khalid al-Bahtini


Khalid al-Bahtini, 37, gehört zu den vielen Menschen in Gaza, denen der Zugang zu medizinischer Versorgung verwehrt wurde. Seit 16 Jahren wird er im al-Shifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt mit einer Nierendialyse behandelt. Da sich sein Zustand verschlechtert hat, waren die Ärzte des Krankenhauses in letzter Zeit nicht mehr in der Lage, seine Arterien an ein Dialysegerät anzuschließen. Aus diesem Grund wurde er an al-Makassed in Jerusalem überwiesen.

Khalid erhielt im Dezember einen Termin in diesem Krankenhaus. Israel verweigerte Khalid und seiner Frau Riham jedoch die Ausreise unter Berufung auf "Sicherheitsgründe". Er hat daraufhin eine Reihe von Anträgen gestellt, die darauf abzielen, dass sein Vater und seine Tante ihn begleiten dürfen. Israel hat alle diese Anträge abgelehnt.

Die Ablehnungen haben dazu geführt, dass Khalid und seine Familie nicht nur körperliche, sondern auch seelische Qualen erdulden müssen. "Ich kann kaum schlafen", sagte Khalid. "Ich kann die Schmerzen am ganzen Körper nicht ertragen."

Khalid und Riham haben vier Kinder im Alter von 3 bis 16 Jahren. "Das wirkt sich natürlich auch auf unsere Töchter aus", sagte Riham. "Sie machen sich ständig Sorgen. Unser Leben ist so erbärmlich." Quelle

 

Über die Nakba sprechen lernen

Um eine stabile jüdische Mehrheit zu sichern, vertrieb Israel bei seiner Gründung hunderttausende Palästinenser:innen. Das Geschehen von 1948 ist wie ein Brennglas für aktuelle Fragen: nach der Zukunft eines jüdisch definierten Staates und nach der Utopie eines gleichberechtigten Einheimischseins.

Charlotte Wiedemann - 16. April 2023

Charlotte Wiedemann, langjährige Auslandsreporterin, lebt als Publizistin und Autorin in Berlin. Von Erinnerung, Empathie und Respekt handelt ihr jüngstes Buch: „Den Schmerz der Anderen begreifen. Holocaust und Weltgedächtnis“, Berlin (Propyläen) 2022.

Opfer können unter verschiedensten historischen Umständen ein Gefühl der Scham entwickeln. Die erste Generation jener, die ihre Heimat Palästina verloren, empfand die Scham, vertrieben worden zu sein, sich nicht ausreichend gewehrt zu haben. Die Scham erzeugte Schweigen, die Sprachlosigkeit der Eltern gegenüber den Kindern in den Flüchtlingslagern.

Nicht sprechen können, nicht sprechen wollen, nicht sprechen dürfen, all dies kreuzt sich im Begriff al-Nakba; die Katastrophe, wie es im Arabischen heißt, hat Tiefendimensionen jenseits dessen, was politisch lapidar aufgezählt werden kann: Flucht und Vertreibung von 750 000 Männern, Frauen und Kindern zwischen Herbst 1947 und Frühling 1949, die folgende Konfiszierung von Eigentum und Land, die Zerstörung von mehr als 400 Dörfern. Und bis heute ein Verbot der Rückkehr.

Zu erkennen, welches Unrecht bei der Gründung eines Staates begangen wurde, dessen jüdische Bürger:innen zu einem Drittel Überlebende des Holocaust waren, fällt besonders Deutschen schwer. Massaker an wehrlosen Zivilist:innen, mit dem Ziel, Fluchtbewegungen auszulösen, fügen sich nicht in das Idealbild eines progressiven, humanistischen jüdischen Heimstaats. Manche meinen, bereits das Aussprechen des Begriffs Nakba sei antisemitisch, ziele er doch auf die Delegitimierung Israels.

Diese beinahe religiöse Scheu ist keineswegs nur ein Echo auf israelische Geschichtsdoktrinen, sondern gleichermaßen ein Resultat genuin deutscher Psychodynamiken. Obwohl eine Anerkennung der Nakba den Jahrhundert-Schrecken der Shoah nicht um ein Jota mindert, herrscht offenkundig die Furcht, der kollektive Opferstatus der jüdischen Staatsgründer könne beeinträchtigt werden. Vielmehr sollen sie makellos reine Opfer sein, damit ein zentrales Element deutscher Erinnerungskultur funktioniert: Die Identifikation mit dem jüdischen Staat erlöst von eigenen Schuldgefühlen.

„Nicht sprechen können, nicht sprechen wollen, nicht sprechen dürfen, all dies kreuzt sich im Begriff al-Nakba.“
Über die Nakba sprechen zu lernen, bedarf einer Überwindung solcher Dynamiken. Dabei dürfen politische Ambiguitäten im Blick auf die Zeitgeschichte durchaus bleiben: Grausamkeiten gegen Zivilist:innen gab es auf beiden Seiten während der Kämpfe zwischen 1947 und 1949, zunächst einem jüdisch-palästinensischen Bürgerkrieg und – nach der Staatsgründung im Mai 1948 – dem israelisch-arabischen Krieg. Auch tragen die Vereinten Nationen und die arabischen Regime gravierende Mitschuld an der palästinensischen Tragödie.

Nur ist es eben auch eine geschichtliche Tatsache, dass die zionistischen Protagonisten eine demografisch klare jüdische Mehrheit für den neuen Staat wollten. Und eine solche Mehrheit sah der UN-Teilungsplan vom November 1947 nicht vor. Er begünstigte zwar die jüdische Minderheit in Palästina, indem er ihr mehr als die Hälfte des Territoriums zusprach. Doch wären in dem so konzipierten Staat 45 Prozent der Einwohner:innen arabisch gewesen – ohne die Nakba. Am Ende der Kämpfe hatte Israel einen Staat, der flächenmäßig größer war als von der UN vorgesehen, mit nur 20 Prozent arabischen Einwohner:innen.

War die Nakba unvermeidlich?

Die Vorstellung, es habe ein direkter Weg von der frühen jüdischen Besiedlung Palästinas ab 1882 bis zur Nakba geführt, wäre indes unhistorisch. „Dass die Schaffung einer jüdischen Heimat mit der Zerstörung der palästinensischen Heimat einher ging, war keine in die Geschichte eingeschriebene Notwendigkeit“, schreibt der israelische Historiker Alon Confino. Neuere Forschung gelangte zu einem differenzierten Bild, wonach sich die Bereitschaft zur aktiven Vertreibung erst im Jahrzehnt vor 1948 erhärtet hat.

Bis in die Mitte der 1930er Jahre koexistierten in der zionistischen Bewegung noch zwei einander widersprechende Positionen: Die eine erkannte nationale Rechte der Araber:innen in Palästina an, die andere verneinte sie. Den Gedanken an einen sogenannten Transfer von Palästinenser:innen gab es im Zionismus zwar von früh an, doch deren drastische Reduzierung galt erst ab 1936 als unabdingbar für den Erfolg des Staatsprojekts. Weil die Siedlergemeinde durch den Zustrom Geflüchteter aus Europa gewachsen war – und weil der Vormarsch des Ideals ethnischer Homogenität in Europa, obwohl so sehr zu Lasten der Juden, auf den Zionismus abfärbte und auch für Palästina die Idee eines möglichst homogenen ethnonationalen Staats forcierte.

Solange das Ausmaß des NS-Mordprogramms nicht absehbar war, bestand die Vorstellung, die Zahl der Palästinenser:innen müsse verringert werden, um bei Kriegsende Platz für Millionen von Neuankömmlingen zu schaffen. Nachdem die Shoah schreckliche Gewissheit geworden war, schien der künftige Staat andernfalls nicht genug Juden und Jüdinnen für eine Bevölkerungsmehrheit zu haben. Der Holocaust verlieh der Nakba den letztnötigen moralischen Rückhalt und den beteiligten jüdischen Kämpfern die notwendige Unerbittlichkeit. Das schlechte Gewissen der westlichen Welt tat ein Übriges: Der Westen hatte die jüdischen Flüchtlinge 1945 zum zweiten Mal im Stich gelassen und das Problem der Displaced Persons nach Palästina abgeschoben. Nun wurde die Staatsgründung welthistorisch aufgeladen, und die Nakba verschwand für Jahre hinter einem Vorhang – was nur möglich war, weil die Stimmen arabischer Historiker im anglophonen Raum nicht zählten.

Es gibt ein Detail, das aufschlussreich ist für die Atmosphäre von 1948: die spontane Bereitschaft jüdischer Zivilist:innen, sich den Besitz vertriebener und geflohener Nachbarn anzueignen. „Die Plünderung war eine Volksbewegung von unten, an der sich Juden aus allen Gesellschaftsschichten beteiligten“, schreibt Alon Confino. „Sie signalisierte die imaginäre Gewissheit, dass die Palästinenser nicht zurückkehren würden und dass sie im jüdischen Staat keinen Platz hätten.“

Wenn man eine solche imaginäre Gewissheit ebenso bei den jüdischen Milizionären und Soldaten voraussetzt, relativiert sich die früher heiß diskutierte Frage, ob sie aufgrund eines expliziten Vertreibungsbefehls handelten. Wie der Historiker Benny Morris berichtet, entschied die künftige Staatsspitze am 12. Mai 1948, in der zwei Tage später verkündeten Unabhängigkeitserklärung die Grenzen des neuen Staates nicht zu benennen. David Ben-Gurion war zuversichtlich, Israel könne bei Kriegsende mehr Territorium kontrollieren als im UN-Plan vorgesehen, und so kam es: Die Soldaten besetzten etwa das westliche Galiläa, im UN-Plan für einen arabischen Staat vorgesehen. Expansion und „Transfer“ gingen Hand in Hand.

Auf Fotos von 1948 erscheint die Nakba vor allem als ländliches Ereignis: altersgebeugte Flüchtende mit Bündeln, barfüßige Kinder. Doch die Entwurzelung betraf gleichfalls die städtischen Intellektuellen. Aus Villen im westlichen Jerusalem wurden große Buchbestände geplündert; einen Teil verleibte sich die israelische Nationalbibliothek ein, wo bis heute eine Sammlung die Buchstaben AP in der Signatur trägt, für „abandoned property“. Der Bücherraub illustriert die Zerstörung kultureller Identität, die überwucherten Ruinen der Dörfer den ausgelöschten Alltag zwischen Brunnen und Kaktushecke.

Wer die Nakba erwähnt, bekommt wie in einem Abwehrreflex häufig eine andere Vertreibung entgegengehalten: jene der arabischen Juden und Jüdinnen aus mehrheitlich muslimischen Ländern. Etwa 900 000 verließen in den Jahren nach 1948 ihre Heimat; 600 000 von ihnen zogen nach Israel. Historiker:innen zeichnen von Land zu Land unterschiedliche Panoramen von Push- und Pull-Faktoren: Ein sich radikalisierender arabischer Nationalismus machte die jüdischen Nachbarn zu ungewollten Fremden; zugleich warb die israelische Regierung um dringend benötigte Einwanderer – bis hin zu Bombenanschlägen des Geheimdienstes in Irak und Ägypten, um Unschlüssige in Panik zu versetzen. In Israel empfing die Mizrachim dann oft Rassismus. Opfer der Geschichte waren zweifellos auch sie – und wir können die vertriebenen jüdischen Araber:innen und die vertriebenen muslimischen und christlichen Palästinenser:innen als Leidtragende zweier Nationalismen betrachten, die politisch gegensätzlich, gar verfeindet waren und doch im Kern verwandt.

Die Vertriebenen gegeneinander aufzurechnen, ist indes eine ethisch verfehlte Mathematik. Und der Vergleich unterstreicht, was die Nakba unterscheidet: Sie fand kein Ende, Heimatlosigkeit und Entrechtung setzen sich fort.

Die neue Definition des Begriffs Rückkehr

Kann eine Demokratie verteidigt werden, die im wesentlich nur demokratisch für Juden ist? Diese Frage des Jahres 2023 ist im Geschehen von 1948 bereits angelegt. Israel wollte eine klare jüdische Mehrheit nicht allein aus Gründen der Sicherheit, sondern um den demografischen Spielraum für eine parlamentarische Demokratie zu gewinnen. Um für sich selbst also Demokratie zu sein, vertrieben 650 000 jüdische Siedler eine Zahl von Palästinenser:innen, die mit 750 000 größer war als sie selbst.

Da der UN-Teilungsplan Bürgerrechte für Minderheiten verlangte, gewährte Israel den verbliebenen 130 000 Palästinenser:innen die Staatsangehörigkeit – und konfiszierte den größeren Teil ihres Landeigentums. Nach zionistischer Lesart war das Land historischer Besitz des jüdischen Volkes; folglich bestand auch gegenüber den Geflüchteten in den Lagern jenseits der Grenze keine moralische Verpflichtung, ihnen die Rückkehr zu gestatten.

Der Begriff Rückkehr war fortan für Juden und Jüdinnen aus aller Welt reserviert. Das 1950 verabschiedete Rückkehrgesetz sicherte ihnen auf Wunsch automatisch die Staatsangehörigkeit. Das war weitaus mehr als ein Asylprivileg für den Fall künftiger Verfolgung; hier wurde signalisiert: Dieser Staat ist Juden vorbehalten. Dennoch hat es gegen das Primat des Ethnonationalismus immer wieder zeitweiligen Einspruch gegeben. Selbst der Historiker Shlomo Sand, der mit seinem Buch Die Erfindung des jüdischen Volkes (2008) Israels Selbstdefinition radikaler Kritik unterzog, hält es keineswegs für unausweichlich, dass sich Israel „einer echten Demokratisierung seiner Rechtsgrundsätze dauerhaft verweigerte“.

Wie literarische Zeugnisse beweisen, war manchen jüdischen Beteiligten 1948 durchaus bewusst, wie ethisch prekär die Staatsgründung verlief; es wurden sogar Analogien zum Holocaust gezogen. Und vereinzelt weigerten sich Überlebende, nach ihrer Ankunft aus Europa in Häuser zu ziehen, wo die Teller jener anderen Geflohenen noch auf dem Tisch standen.

Was danach geschah, in weniger als einem Jahrzehnt, gleicht einem doppelten Auslöschen von Erinnerung: an den Akt der Vertreibung und an die vorherige Existenz der Vertriebenen. „Als Kinder spielten wir in der Nähe sogenannter verlassener Dörfer, und wir fragten niemals: Wohin gingen die Araber? Warum sind sie nicht da?“ berichtet der Holocaust-Historiker Omer Bartov, geboren 1954. Es habe damals zwei wirkmächtige Tabus gegeben: Nie über das europäische Gestern sprechen und nie über das Palästina von gestern. „Mit uns begann die Geschichte. Menschen wie ich galten als erste Generation von Einheimischen, während die Araber als die viel länger Einheimischen entnormalisiert wurden.“ Deren Einheimischsein gänzlich zu bestreiten sei dann Staatsraison geworden.

Anders als vor einigen Jahrzehnten wird die Nakba als bloßes Faktum heute von zahlreichen Israelis anerkannt, jedoch ohne Schuldbewusstsein. Ein kaltes Wissen, aus dem nichts folgen darf. Die Nakba in den Mittelpunkt jüdischer Ethik zu stellen, „mit störender Empathie“, wie der Jerusalemer Historiker Amos Goldberg fordert, ist eine radikale Außenseiter-Position.

Der Komplexität der Materie kann niemand entrinnen

Zum Zeitpunkt des UN-Teilungsbeschlusses von 1947 waren in den Vereinten Nationen die kolonisierten Völker noch kaum vertreten. Seitdem das anders ist, etwa seit 1975, wird die Entrechtung der Palästinenser in der Vollversammlung regelmäßig verurteilt. Deutschland und die Schweiz gehören zu jener Minderheit von Ländern, die sogar zum 75. Jahrestag ein Gedenken an die Nakba unterbinden wollten. Obwohl es ohne deren Anerkennung keinen Weg zu einem gerechten Frieden in Israel-Palästina geben kann. Sollten nicht gerade Deutsche diesen Weg unterstützen?

Wenn der Holocaust als überragende Ursache der Gründung Israels betrachtet wird, wie es in Deutschland üblich ist, wäre die Nakba doch Teil einer gemeinsamen Geschichte, der Geschichte des europäischen Antisemitismus. Doch so sehen es nur wenige. Nach der vorherrschenden Erzählweise sollen die 200 000 Palästinenser und Palästinenserinnen in Deutschland ihr Schicksal vom Holocaust ausgehend als unvermeidliche Folge des größeren Leids anderer betrachten. Tun sie das nicht, wird die rote Karte gezeigt: Antisemitismus!

Unter diesem Verdacht steht auch ein Begriff, der mit dem weltweit gestiegenen Interesse an kolonialen und postkolonialen Fragen in der Palästina-Solidarität geradezu in Mode gekommen ist: Siedlerkolonialismus. Eines seiner wichtigsten Kennzeichen im Allgemeinen ist das Prinzip der Segregation: Im Unterschied zum Einwanderer, der sich in die örtliche Bevölkerung integriert, will der koloniale Siedler die Einheimischen, auf die er herabblickt, bestenfalls tolerieren, möglichst aber ersetzen. Die jüdischen Siedler hatten mit Arabern zuweilen gutnachbarliche Beziehungen, doch ihr Projekt zielte in der Tat auf räumliche und soziale Trennung. Und die Araber standen aus jüdischer Sicht auf der Fortschrittskala der Zivilisation beträchtlich weiter unten.

Um zu begreifen, wie es zur Nakba kommen konnte, bietet der siedlerkoloniale Rahmen einen wissenschaftlich legitimen Ansatz, jedoch keine erschöpfende Erklärung. Der palästinensische Philosoph Raef Zreik hat dies in folgende Worte gefasst: „Der Zionismus ist ein siedlungskoloniales Projekt, aber nicht allein das. Er verbindet das Bild des Flüchtlings mit dem Bild des Soldaten, des Ohnmächtigen mit dem Mächtigen, des Opfers mit dem Verfolger (…). Die Europäer sehen den Rücken des jüdischen Flüchtlings, der um sein Leben flieht. Der Palästinenser sieht das Gesicht des Siedlerkolonialisten, der sich sein Land aneignet.“

Die bekanntesten Siedlerkolonialismen der Welt endeten mit der Beinahe-Vernichtung der Einheimischen (Australien, USA) oder mit der antikolonial erkämpften Ausweisung der Siedler (Algerien). Für Israel-Palästina kann es hingegen keine Lösung geben ohne die Anerkennung jüdischer Selbstbestimmung – wegen der Shoah, aber auch weil die jüdischen Israelis, ob man sie nun ethnisch als Volk betrachten will oder nicht, zweifellos eine nationale Identität an Ort und Stelle entwickelt haben, wie die gegenwärtigen Massenproteste illustrieren.

Genaues Sprechen ist also ratsam, als Ausdruck intellektueller Sorgfalt, aber auch als ethische Selbstversicherung in einem oft toxischen Diskurs. Bereits die Forderung nach gleichen Rechten für alle zwischen Jordan und Mittelmeer, also die demokratische Utopie eines gleichberechtigten Einheimischseins, steht bei jenen unter Antisemitismus-Verdacht, die sich jüdische Existenz nur als Suprematie vorstellen können. Und genau dies ist der Scheitelpunkt, wo sich Zeitgeschichte und Tagesaktualität treffen – die Nakba als historisches Geschehen und als fortgesetzte Möglichkeit.

Die Charakterisierung von Raef Zreik, der Zionismus sei „eine andauernde Revolution, die sich weigert, ein Rechtsstaat zu werden, und ein ethnisch exklusives Siedlungsprojekt, das sich weigert, sich niederzulassen“, erweist sich mit Israels ultranationalistischer Regierung als hochpräzise. Die siedlerkoloniale Seite Israels wird auf die Stufe Turbo gestellt, wenn Benjamin Netanjahu die Besetzung der Westbank folgendermaßen wegdefiniert: „Das jüdische Volk hält sein Land nicht besetzt.“

Militante Siedler skandieren dieser Tage vor Fernsehkameras „Wir wollen Nakba!“, während manche Deutsche glauben, sie dürften das Wort nicht einmal für die historischen Geschehnisse verwenden. Und der Evangelische Kirchentag verbietet eine Ausstellung zum Thema auf seinem Großkonvent – ausgerechnet in Nürnberg, einer Stadt, deren dunkle Geschichte eigentlich zum Einsatz für universelle Menschenrechte verpflichtet.  mehr >>>

 

 

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Israel: «Die Fiktion einer Zweistaatenlösung aufgeben»

Red. / 22.04.2023 Das Leugnen der Realität ermögliche eine diskriminierende Zweiklassengesellschaft, sagen vier US-Professoren und Israel-Experten.

In einem ungewohnten Schritt haben vier Professoren in «Foreign Affairs» gemeinsam dazu aufgerufen, die «Zwei-Staaten-Lösung aufzugeben» und die Konsequenzen aus der Ein-Staat-Realität zu ziehen. Die US-Regierung solle die Hilfe an den Staat Israel künftig davon abhängig machen, dass die apartheidähnliche Politik beendet werde.
Der Aufruf dürfte noch viel zu reden geben. Deshalb dokumentiert Infosperber die gemeinsame Stellungnahme ganz leicht gekürzt.

Jüdische Vorherrschaft über alle Palästinenser

Die Mitglieder der neuen Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu haben ihre Ansichten klar dazu geäussert, was Israel ist und was es in allen von ihm kontrollierten Gebieten sein sollte: ein Gross-Israel, das nicht nur als jüdischer Staat definiert ist, sondern in dem die jüdische Vorherrschaft über alle Palästinenser, die dort verbleiben, gesetzlich verankert wird. Es ist seither nicht mehr möglich, die Ein-Staat-Realität zu leugnen.

Nicht erst die neue radikale israelische Regierung hat diese Ein-Staat-Realität geschaffen. Aber sie macht es jetzt unmöglich, die Ein-Staat-Realität zu leugnen. Die «Besetzung» der palästinensischen Gebiete ist zum Dauerzustand geworden in einem Staat, der von einer Gruppe von Menschen regiert wird, die über eine andere Gruppe von Menschen herrscht.

Das Versprechen einer Zwei-Staaten-Lösung machte in den Jahren um das Osloer Abkommen von 1993 als alternative Zukunft Sinn, als es sowohl auf israelischer als auch auf palästinensischer Seite Kräfte für einen Kompromiss gab, und als greifbare, wenn auch flüchtige Fortschritte beim Aufbau der Institutionen eines hypothetischen palästinensischen Staates erzielt wurden.

Es ist an der Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, was eine Ein-Staat-Realität bedeutet:

Palästina ist kein Staat im Wartezustand.
Israel ist kein demokratischer Staat, der zufällig palästinensisches Gebiet besetzt hält.

Ein einziger Staat unter israelischer Herrschaft


Das gesamte Gebiet westlich des Jordans ist seit langem ein einziger Staat unter israelischer Herrschaft, in dem das Land und die Menschen radikal unterschiedlichen Rechtssystemen unterworfen sind, und in dem die Palästinenser dauerhaft als eine niedrigere Kaste behandelt werden. Politiker und Analysten, welche diese Ein-Staat-Realität ignorieren, verbreiten eine Fiktion, die es lediglich erlaubt, den Status quo zu erhalten.

Die Ein-Staat-Realität hat Konsequenzen. Die Welt wird sich weiter um die Rechte der Palästinenser kümmern, auch wenn dies vielen Unterstützern Israels (und arabischen Herrschern) nicht passt. Gewalt, Enteignung und Menschenrechtsverletzungen sind im letzten Jahr eskaliert, und das Risiko einer gross angelegten gewaltsamen Konfrontation wächst mit jedem Tag, an dem die Palästinenser in diesem sich ständig ausweitenden System der legalisierten Unterdrückung und den israelischen Übergriffen ausgeliefert sind.

Noch offen ist, wie die Akteure reagieren, wenn sich die Realität eines einzigen Staates von einem offenen Geheimnis zu einer unbestreitbaren Wahrheit entwickelt.

Auch für die US-Regierung […] wird es nicht mehr lange eine Option sein, die neue Realität zu ignorieren.

In Israel und Palästina braut sich ein Sturm zusammen, der eine dringende Reaktion der USA erfordert. Die USA haben die Entstehung eines einzigen Staates, der die jüdische Vorherrschaft aufrechterhält, am meisten gefördert. Wenn die USA eine tiefgreifende Instabilität im Nahen Osten und eine Herausforderung für ihre globale Agenda vermeiden wollen, müssen sie aufhören, Israel von den Normen und Strukturen der liberalen internationalen Ordnung auszunehmen, auf die sich Washington gerne beruft.

Die Realität heute

Eine Einstaatenregelung ist keine Zukunftsmusik. Sie existiert bereits, egal was irgendjemand denkt. Zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan kontrolliert ein Staat die Ein- und Ausreise von Menschen und Waren, überwacht die Sicherheit und ist in der Lage, seine Entscheidungen, Gesetze und Politiken Millionen von Menschen ohne deren Zustimmung aufzuerlegen.

Eine Ein-Staat-Realität könnte im Prinzip auf demokratischer Herrschaft und gleicher Staatsbürgerschaft beruhen. Doch eine solche Regelung ist derzeit nicht in Sicht. Zwischen seiner jüdischen Identität und einer liberalen Demokratie entschied sich Israel für Ersteres. Es hat sich in einem System jüdischer Vorherrschaft verfangen, in dem Nicht-Juden strukturell diskriminiert oder in einem abgestuften System ausgeschlossen werden: Ein kleiner Teil der Nicht-Juden hat die meisten, aber nicht alle Rechte, die Juden haben. Doch die meisten Nicht-Juden leben unter strenger Segregation, Trennung und Vorherrschaft.

In den letzten Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts bot ein Friedensprozess die verlockende Möglichkeit, etwas zu ändern. Doch seit dem Gipfeltreffen von Camp David im Jahr 2000, bei dem die von den USA geführten Verhandlungen nicht zu einem Zweistaatenabkommen führten, dient der Begriff «Friedensprozess» vor allem dazu, von den Realitäten vor Ort abzulenken und eine Entschuldigung dafür zu liefern, diese Realitäten nicht anzuerkennen.

Die zweite Intifada, die kurz nach der Enttäuschung von Camp David ausbrach, und Israels anschliessendes Eindringen in das Westjordanland verwandelten die Palästinensische Autonomiebehörde in kaum mehr als einen Sicherheitslieferanten für Israel. Sie beschleunigten auch den Rechtsruck der israelischen Politik. Der Zuzug israelischer Bürger in das Westjordanland führte zu Bevölkerungsverschiebungen und zur geografischen Fragmentierung der palästinensischen Gesellschaft.

Die kumulative Wirkung dieser Veränderungen wurde während der Krise um die Aneignung palästinensischer Häuser in Ostjerusalem im Jahr 2021 deutlich, die nicht nur israelische Siedler und Palästinenser, sondern auch jüdische und palästinensische Bürger Israels in einem Konflikt gegeneinander aufbrachte, der Städte und Stadtteile spaltete.

Netanjahu: «Ein Staat nur des jüdischen Volkes»


Netanjahus neue Regierung, die sich aus einer Koalition rechtsgerichteter religiöser und nationalistischer Extremisten zusammensetzt, verkörpert diese Tendenzen. Ihre Mitglieder rühmen sich ihrer Mission, ein neues Israel nach ihrem Bild zu schaffen: weniger liberal, religiöser und eher bereit, die Diskriminierung von Nicht-Juden zu akzeptieren. Netanjahu hat geschrieben, dass «Israel kein Staat aller seiner Bürger» sei, sondern «des jüdischen Volkes – und nur dieses». Der Mann, den er zum Minister für nationale Sicherheit ernannt hat, Itamar Ben-Gvir, erklärte, dass der Gazastreifen «uns» gehören sollte und dass «die Palästinenser nach Saudi-Arabien oder an andere Orte wie den Irak oder den Iran auswandern können».

Diese extremistische Vision wird seit langem zumindest von einer Minderheit der Israelis geteilt und ist fest im zionistischen Denken und in der Praxis verwurzelt. Diese Vision gewann schon bald nach der Besetzung der palästinensischen Gebiete durch Israel im Krieg von 1967 an Anhängern. Diese Vision hat heute eine Mehrheit der israelischen Gesellschaft und kann nicht mehr als Randposition bezeichnet werden.

Die Tatsache der Einstaatlichkeit ist seit langem offensichtlich. Doch bis vor kurzem wurde die Realität der Einstaatlichkeit von wichtigen Akteuren kaum anerkannt, und diejenigen, welche die Wahrheit laut aussprachen, wurden ignoriert. Mit bemerkenswerter Geschwindigkeit ist das Unaussprechliche jedoch fast zur konventionellen Weisheit geworden.

Demokratie nur für Einige


Man kann nicht mehr zwischen den besetzten Gebieten und dem eigentlichen Israel unterscheiden – also dem Staat, wie er vor 1967 bestand, als Israel das Westjordanland und den Gazastreifen eroberte – und denken, dass Israels Souveränität auf das Gebiet beschränkt sei, das es vor 1967 kontrollierte.

Staat und Souveränität sind nicht dasselbe. Der Staat definiert sich durch das, was er kontrolliert, während die Souveränität davon abhängt, dass andere Staaten die Rechtmässigkeit dieser Kontrolle anerkennen.

Vom Mittelmeer bis zum Jordan sind die Bedingungen eines Staates erfüllt

Betrachten Sie Israel durch die Brille eines Staates. Israel besitzt die Kontrolle über ein Gebiet, das sich vom Jordan bis zum Meer erstreckt, besitzt nahezu das Gewaltmonopol und nutzt diese Macht, um eine drakonische Blockade des Gazastreifens aufrechtzuerhalten und das Westjordanland mit einem System von Kontrollpunkten, Polizeiaufsicht und unerbittlich expandierenden Siedlungen zu kontrollieren.  mehr >>>

 

Textsammlung und Diskusion - Ein-Staaten Lösung  - Zwei-Staaten Lösung

 


 

Gantz in Führung, Netanjahu in neuer Umfrage abgeschlagen

In einer Umfrage von Channel 12 geben 47 Prozent der Befragten der Regierung Netanjahu die Schuld an der Herabstufung der Moody's-Prognose für Israel
 

Wenn jetzt in Israel Wahlen abgehalten würden, würde die Partei der Nationalen Einheit von Benny Gantz mit 28 Sitzen in der Knesset am stärksten abschneiden, wie eine am Sonntag veröffentlichte Umfrage von Channel 12 ergab. Die Likud-Partei von Premierminister Benjamin Netanjahu würde nur 24 Knesset-Sitze erhalten - ein Rückgang gegenüber den 32 Sitzen, die sie bei den Wahlen im November erhielt.

Insgesamt entfallen der Umfrage zufolge 63 der 120 Sitze in der Knesset auf den Oppositionsblock und nur 52 Sitze auf die Netanjahu-Anhänger.

Die drittgrößte Partei wird der Umfrage zufolge die Jesch Atid des Oppositionsführers Yair Lapid sein (gegenüber 24 Sitzen bei der letzten Wahl), während der religiöse Zionismus um drei Sitze auf 11 Sitze schrumpft.


Meretz, die im November an der Wahlhürde gescheitert ist, würde fünf Sitze erhalten, Labor hätte keinen. Würden Meretz und Labor gemeinsam antreten, kämen sie auf neun Sitze.

Auf die Frage, wer für die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Israels durch die Rating-Agentur Moody's verantwortlich sei, antworteten 47 Prozent der Befragten, dass die Regierung schuld sei. Weitere 36 Prozent gaben an, dass die Proteste gegen die Justizreform zu dieser Veränderung geführt haben, während 17 Prozent sagten, sie wüssten es nicht.

Wird die Herabstufung des Ausblicks für Israel durch Moody's das Ende von Netanjahus Justizreform bedeuten?
Die Umfrage wurde am Sonntag online und per Telefon von Midgam Research and Consulting unter der Leitung von Mano Geva durchgeführt. Befragt wurden 504 Israelis über 18 Jahren mit einer Fehlermarge von +4,4 Prozent.  Quelle

Beiträge geben nicht unbedingt und in allen Aussagen  die Meinung der Redaktion wieder.

 

Eine kleine Auswahl weiterer Nachrichten und  Texte,  in meist englischer Sprache

AUCH WENN OFT JEDEN TAG SICH DIE MELDUNGEN ÄHNELN - ES SIND JEDEN TAG AKTELLE NEUE MELDUNGEN
TAG FÜR DIE GLEICHEN VERBRECHEN AM ANDEREN ODER GLEICHEN ORT UND GLEICH DIE ABSICHTEN DAHINTER:

Soldiers Shoot A Palestinian Child Near Jenin (imemc.org)

Israeli Colonizers Destroy Crops Near Hebron (imemc.org)

Soldiers Abduct Two Palestinians Near Ramallah And Northern Plains (imemc.org)

Israel Approves Demolition Of Home Two Homes In Ramallah And Nablus (imemc.org)

Army Invades Shu’fat Refugee Camp (imemc.org)

Speaker of the PNC holds Israel accountable for prisoner Adnan's life

Israeli army storms Aqsa Mosque prayer area

Israeli Soldiers Abduct Six Palestinians In West Bank (imemc.org)

On Eid's second day, Israeli forces block main entrance to Jericho

Israeli forces intensify measures near Nablus

Israeli forces detain former prisoner from Jenin

Israeli forces arrest one Palestinian, briefly detain others near Nablus

Palestinian detainee Khader Adnan enters his 77th day of hunger strike

Israeli settlers damage crops in Hebron


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