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VIDEO - Nahost-Expertin Muriel Asseburg über Israel & Palästina
- Jung & Naiv: Folge 647


Debattenhoheit - Der eskalierte Diskurs

Besatzer gibt’s nur im Donbass, niemals auch in Palästina: Reaktionen auf Interview bei Jung & naiv zeigen »Unmöglichkeit der deutschen Nahostdebatte«

Jakob Reimann - 13.07.2023

Seit zwei Wochen sind deutsche Medien in heller Aufregung, insbesondere digitale. Der Grund: Es gibt ein gutes Interview zum Thema Israel/Palästina. Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) stand für zweieinhalb Stunden beim Internetportal Jung & naiv dem Journalisten Tilo Jung Rede und Antwort zum Nahostkonflikt. Die sachlichen Aussagen der Wissenschaftlerin brachten ihr Verleumdungen und persönliche Beleidigungen der übelsten Sorte ein, von bekannten Internettrollen, aber auch von meinungsmachenden Feuilletonisten und der israelischen Botschaft.

Die SWP ist ein mehrheitlich staatlich finanzierter, regierungsnaher Thinktank. Die Mitarbeiter sind Berater unter anderem von Bundestag und Regierung. Das staatstragende Profil lässt keine radikalen Aussagen zu, auch nicht von Muriel Asseburg, was selbstredend ihre Fachkompetenz in keiner Weise schmälert. Vom Interview bei Jung & naiv rief besonders jener Teil einen hysterischen Aufschrei hervor, der zwei herausragende Themenfelder auf vermeintlich unzulässige Weise miteinander verknüpfte: Israel und den Ukraine-Krieg. Die Politologin verglich hier nüchtern Russlands Besatzung von Teilen der Ukraine mit der israelischen Besatzung des Westjordanlands. Bei allen Unterschieden ist das Völkerrecht in dieser Hinsicht in beiden Fällen eindeutig: Es handelt sich jeweils um eine illegale Besatzung. Doch durch den Zirkus um das Asseburg-Interview zog sich einmal mehr eine Grundkonstante des medialen Israel-Diskurses in Deutschland: die Unfähigkeit, zwischen Vergleichen und Gleichsetzen zu unterscheiden.

Herablassend attestierte FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube Asseburg »Eine Krankheit namens multiple Analogitis«, um Asseburg zu unterstellen, sie sei »knapp davor, jüdische Strippenzieher am Werk zu sehen«. Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, sprach despektierlich vom »Schuldkomplex-Gequatsche der Asseburg«. Aus dem rechten Springer-Dunstkreis kam das erwartbare »Antisemitismus«-Gekeife. Als Reaktion auf eine Solidaritätsbekundung der SWP mit Asseburg (»Wir unterstützen unsere langjährige Kollegin vorbehaltlos«) pöbelte der vom Bild-Chefredakteur zum rechten Youtube-Hetzer avancierte Julian Reichelt auf Twitter: »Für solchen antisemitischen Dreck sollten wir nicht zwangsweise bezahlen.« Auf derselben Plattform warf die israelische Botschaft Asseburg »Verharmlosung von Terror« sowie »Israel-Bashing und wilde Verschwörungsphantasien« vor und kam zu dem Schluss: »Widerwärtig!«   mehr >>>


 


Wie die Lobby desinformiert und konditioniert.

Quelle Twitter

 

Warum Israels Botschaft eine deutsche Wissenschaftlerin kritisiert
Stand: 19:51 Uhr | Lesedauer: 7 Minuten
Daniel-Dylan Böhmer - 12. 7. 2023 - Quelle

 


Asseburg und die Apartheid: Auch schlechter Rat kann teuer sein
Mena Watch - Alex Feuerherdt - 8. März 2022 - Quelle
 

 

 


 

Stellungnahme der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft e.V. zur Schmierenkampagne der israelischen Botschaft gegen Frau Dr. Muriel Asseburg


Erneut wird eine Persönlichkeit in Deutschland, die sich kritisch mit der israelischen Besatzungspolitik auseinandersetzt, durch eine von der israelischen Botschaft initiierten medialen Kampagne als „Antisemitin“ diffamiert und beleidigt. Aber diesmal trifft es keine Aktivist*in, die zu BDS oder zu Nakba-Demonstrationen aufruft, keine Menschenrechtsaktivist*in, die die Besatzungpraxis – zu Recht – als Apartheid bezeichnet, sondern eine renommierte Politologin und Nahostexpertin: Dr. Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), einem deutschen Thinktank, der auch das Kanzleramt und die Bundesregierung politisch berät. Hintergrund der Kampagne ist ein zweieinhalbstündiges Interview, in dem Frau Asseburg dem Sender Jung&Naiv die Situation der Palästinenser unter dem Besatzungregime sowie mögliche Folgen der Neuausrichtung der israelischen Politik unter der neuen rechtsradikalen Regierung analysiert.

Lesen Sie hier die vollständige Stellungnahme:
Schreiben der DPG-Vizepräsidentin Ivesa Lübben zur Kampagne gegen Dr. Muriel Asseburg

 

 

 

Es geht nicht um die Sache

Die Kontroverse um die Wissenschaftlerin Muriel Asseburg zeigt die Unmöglichkeit der deutschen Nahost-Debatte. Als Folge droht ein gefährliches Schweigen.

Zeit online - Ein Kommentar von Lea Frehse - 8. Juli 2023  - Quelle

 

 


 

Zum Interview Dr. M. Asseburg bei "Jung und Naiv"

nifdeutschland - 5. Juli

Ein Tweet der Israelischen Botschaft in Deutschland vom 4. Juli 2023 bezeichnete ein Interview des Journalisten Tilo Jung mit der Wissenschaftlerin Dr. Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in der Sendung Jung & Naiv als “Zweieinhalb Stunden Israelbashing und wilde Verschwörungsfantasien”.

Dieser und andere Tweets der Botschaft zu dem Interview vom 27.6.2023, sowie vergleichbare Äußerungen von anderen Accounts, stellen einen persönlichen, auf unbegründeten Diffamierungen basierenden Angriff gegen Dr. Asseburg dar und sind im Kontext von Versuchen zu verstehen, wissenschaftliche Kontroversen über Israel, Palästina und die israelische Besatzung zu diskreditieren.   mehr >>>

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Israelische Besatzungsarmee greift das Haus eines Journalisten der Agentur "WAFA" an, was zu Rechtsverletzungen führt

Besetztes Westjordanland, 12. Juli 2023 - WAFA - Übersetzt mit DeepL

Die israelischen Besatzungstruppen haben heute, Mittwoch, das Haus eines palästinensischen Journalisten in Hebron, im Süden des besetzten Westjordanlands, gestürmt.

Der Journalist der Nachrichtenagentur "WAFA", Jawed Al-Tamimi, sagte: "Mein Haus und die Häuser meiner Brüder, darunter der Leiter der palästinensischen Landbehörde, Alaa Al-Tamimi, und das Haus meines Onkels und seines Sohnes, des Anwalts Adel Al-Tamimi, wurden von der Besatzungsarmee, die von Polizeihunden begleitet wurde, angegriffen und beschädigt und ihre Türen und Fenster eingeschlagen.

Er fügte hinzu, dass die Besatzungstruppen Gasbomben in der Nähe des Hauses abgeworfen hätten. Er erwähnte, dass er vor Ort über seine Familie befragt worden sei, nachdem die Fahrzeuge der Familienmitglieder durchsucht und die Mobiltelefone verwüstet worden seien.

Von Hebron nach Bethlehem, ebenfalls im Süden des besetzten Westjordanlandes, wurden mehrere Palästinenser bei Zusammenstößen mit Besatzungstruppen im Flüchtlingslager Ad-Dheisheh im Süden des Gouvernements mit Gasbomben angefriffen, wie aus Sicherheitsquellen verlautete.

Nach Informationen unseres Korrespondenten in Bethlehem waren die Besatzungstruppen in das Lager eingedrungen, was zum Ausbruch von Konfrontationen am Haupteingang und im Al-Salam-Viertel führte, in deren Verlauf die Soldaten Kugeln, Gas- und Betäubungsbomben abfeuerten, was bei einer Reihe von Palästinensern, die vor Ort behandelt wurden, zu Erstickungsanfällen führte.

Bei der Razzia nahmen die israelischen Soldaten drei junge Palästinenser gefangen, nachdem sie die Häuser ihrer Familien angegriffen und durchsucht hatten. Unter diesen Häusern sprengten die Soldaten den See einer Lagerhaustür und beschlagnahmten Reisegepäck.

In einer anderen Region im Westjordanland verletzten Besatzungssoldaten einen jungen Palästinenser mit scharfen Kugeln am Fuß bei Zusammenstößen, die nach einem militärischen Überfall auf das Flüchtlingslager Aqbat Jaber in Jericho ausbrachen, wie lokale Quellen berichteten.

In Nablus im nördlichen Westjordanland erlitten fünf palästinensische Bürger Erstickungsanfälle, nachdem sie während des israelischen Militärangriffs auf eine Straße in der Stadt Giftgas eingeatmet hatten, und wurden vor Ort behandelt, wie Quellen des Palästinensischen Roten Halbmonds berichteten.

Die Besatzungstruppen feuerten auch Kugeln auf einen Krankenwagen und zertrümmerten dessen Windschutzscheibe.

Diese Verstöße werden nicht nur heute begangen, sondern wiederholen sich täglich in einem israelischen Versuch, das Leben der palästinensischen Bürger tragisch und unerträglich zu machen.  H.A.   Quelle

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 Besatzungstruppen zerstören Land und entwurzeln Dutzende von Olivenbäumen nördlich von Salfit
 

Die israelischen Besatzungstruppen haben in der Stadt Kifl Haris nördlich von Salfit im besetzten Westjordanland palästinensisches Land zerstört und Dutzende von Olivenbäumen entwurzelt, wie eine städtische Quelle berichtet.

Salfit  12. Juli 2023 - WAFA - Übersetzt mit DeepL

Osama Saleh, Bürgermeister von Kifl Haris, sagte WAFA, dass die israelischen Streitkräfte große Teile des Landes an der Südseite der Stadt verwüstet hätten, um Wasserleitungen für das israelische Unternehmen Mekorot zu bauen, die den Siedlern in den illegalen Industriekolonien Barkan und Ariel zugute kommen sollten.

Saleh fügte hinzu, dass das von diesem Projekt betroffene Land schätzungsweise 50 Dunum groß ist und palästinensischen Landwirten erheblichen materiellen Schaden zufügt.

Kifl Haris liegt etwa fünf Kilometer nördlich der Stadt Salfit, hat rund 4.450 Einwohner und erstreckt sich über eine Gesamtfläche von 9.300 Dunum.

Im Rahmen des Oslo-Abkommens, einem Abkommen, das vor 25 Jahren geschlossen wurde und eigentlich nur fünf Jahre lang gelten sollte, um ein autonomes Land an der Seite Israels zu schaffen, wurde der Palästinensischen Autonomiebehörde eine begrenzte Kontrolle über 42 % der Gesamtfläche des Dorfes eingeräumt, die als Zone B eingestuft wurde, die das bebaute Gebiet des Dorfes darstellt.

Israel hingegen behält die Kontrolle über den Rest, der als Zone C klassifiziert ist und hauptsächlich aus landwirtschaftlichen Flächen, offenen Flächen und Land besteht, das für israelische Siedlungen beschlagnahmt wurde.

Israel hat große Teile des Dorfes für den Bau von Ariel beschlagnahmt, der flächenmäßig zweitgrößten illegalen Siedlung im Westjordanland. Es beschlagnahmte noch mehr Land für den Bau der den Siedlern vorbehaltenen Umgehungsstraßen 5 und 505, die sich 4,6 Kilometer lang über das Land des Dorfes erstrecken.  H.A   Quelle



(Wöchentliches Update v. 22 Juni – 05 Juli 2023)

Verletzung des Rechts auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit:

15 Palästinenser, darunter 6 Kinder, wurden getötet, 144 andere, darunter 19 Kinder, 3 Frauen und ein Journalist, wurden verletzt, während dutzende andere unter Erstickungsanfällen litten und Prellungen bei Angriffen der israelischen Besatzungstruppen (IOF) in den besetzten palästinensischen Gebieten (oPt) erlitten haben. Einzelheiten, wie folgt:

Am 04. Juli 2023 zog die IOF sich aus dem Jenin-Flüchtlingslager zurück, nachdem sie eine weitangelegte Militäroperation mit mehr als 1000 Soldaten, dutzenden Militärfahrzeugen und Kampfflugzeugen verschiedener Arten durchgeführt hatte. Die Operation, die 40 Stunden andauerte, tötete 12 Palästinenser, darunter 6 Zivilpersonen, unter ihnen 5 Kinder; 2 von der Getöteten waren Mitglieder palästinensischer bewaffneter Gruppen, und verletzte 120 weitere, darunter 14 Kinder und mindestens zwei Frauen und bei 20 von ihnen ist der Zustand kritisch. Außerdem wurden 109 Häuser teilweise zerstört und unbewohnbar, wobei auch die Infrastruktur weitgehend zerstört wurde, einschließlich des Einebnens von Straßen und Ausfallens von Strom, Wasser und Internet sowie die Unterbrechung von Kommunikationsdiensten. Auch circa 4000 Palästinenser wurden zwangsweise aus ihren Häusern bei der Operation vertrieben.[1][2].Mitglieder von PCHR sammelten auch weiterhin Informationen und dokumentierten die Verstöße der IOF und Verbrechen bei dem Angriff gegen Jenin.

Am 24. Juni 2023 verkündete das Al-Arabi Arabische Spezialkrankenhaus den Tod von Tariq Mousa Idris (39), einem Mitglied palästinensischer bewaffneter Gruppen aus dem ‘Askar-Flüchtlingslager in Nablus, nachdem er seinen Verletzungen erlegen war, die er durch mehrere Kugeln bei Zusammenstößen mit der IOF, die deren Überfall auf das Lager am Tag zuvor begleitet hatten, erlitten hatte. Bei demselben Überfall wurden 5 Palästinenser verhaftet.

Am selben Tag wurde Isaac Hamdi Al-‘Ajlouni (17) aus dem Dorf Kafr ‘Aqab in Jerusalem getötet, nachdem die IOF mehrere Kugeln auf ihn abgefeuert hatte, als er israelische Soldaten, die am Qalandia-Kontrollpunkt, im Norden von Ostjerusalem, postiert waren, mit einer Schusswaffe angriff.

Mohammad ‘Imad Abu Hassanein (21) wurde durch das Feuer der IOF bei Auseinandersetzungen am nördlichen Eingang nach Al-Bireh getötet. (Einzelheiten, siehe PCHRs Presseerklärung: press release).

Diejenigen, die verletzt waren, waren Opfer des exzessiven Einsatzes von Gewalt, der die Überfälle der IOF auf Städte und Dörfer und die Niederschlagung friedlicher von palästinensischen Zivilpersonen organisierten Proteste begleitete.

Am 22. Juni 2023 erlitt eine ältere Frau eine leichte Verletzung an der Schulter durch eine  Kugel, nachdem die IOF das Feuer eröffnet hatte, um eine Gruppe von Siedlern zu schützen, die das Dorf  ‘Urif in Nablus angriff.

Am 23. Juni 2023 wurden 4 Palästinenser, darunter ein Kind durch gummi-ummantelte Stahlkugeln bei der Niederschlagung des friedlichen wöchentlichen Protestes von Kafr Qaddum im Norden von Qalqilya durch die IOF verletzt

Am selben Tag wurde Khaled Akram Malalha (5) durch eine scharfe Kugel am linken Auge verletzt, was dessen Enokleation erforderlich machte. Das Kind erlitt die Verletzung, als die an einem temporären Kontrollpunkt am Eingang zum Dorf Bazariya in Nablus postierte IOF das Feuer auf ein ziviles Fahrzeug eröffnete, dass sich beim Ausbruch der Zusammenstöße in dem Gebiet befand.

Am 27. Juni 2023 wurden 2 Palästinenser durch das Feuer der IOF bei Zusammenstößen in Nablus verletzt. Vor ihrem Rückzug verhaftete die IOF 6 Palästinenser, darunter der Journalist Mohammad Anwar Mona (44) aus dem Dorf Zawata.

Am 30. Juni 2023 wurden 7 Palästinenser, darunter ein Kind, durch gummi-ummantelte Stahlkugeln bei der Niederschlagung des wöchentlichen friedlichen Protestes von Kafr Qaddum im Norden von Qalqilya verletzt.

Am 03. Juli 2023 wurden 3 Kinder bei Zusammenstößen mit der IOF am Eingang von Beit Ummar in Hebron von scharfen Kugeln getroffen und verletzt. Ein weiterer Palästinenser wurde von einer scharfen Kugel am Fuß getroffen und ebenfalls bei ähnlichen Zusammenstößen in der Nähe der Beit Einoun-Kreuzung in Hebron verletzt.

Im Gazastreifen wurden am 04. Juli 2023 vier Palästinenser, darunter ein Kind, von scharfen Kugeln und Tränengaskanistern getroffen, die die IOF gezielt auf sie während einer Demonstration in Solidarität mit Jenin, im Osten von Gaza, abgeschossen hatte. Der Journalist Fadi Shana’a wurde von einem Tränengaskanister am Fuß getroffen und verletzt und ein zweiter Schuss zielte auf seine Kamera, während er über eine ähnliche Demonstration im Osten von Khan Yunis berichtete.

Es gab auch Berichte über  5 Schießereien der IOF auf landwirtschaftliche Gebiete im östlichen Gazastreifen, außerdem über 2 Schießereien auf Fischerboote vor der westlichen Gazaküste.

Bis heute in 2023 töteten Angriffe der IOF   189 Palästinenser, darunter 95 Zivilpersonen; unter ihnen 33 Kinder, 6 Frauen und ein Palästinenser mit Behinderung, und der Rest waren Mitglieder bewaffneter palästinensischer Gruppen, darunter 6 Kinder. 7 wurden von Siedlern getötet und 2 starben in israelischen Gefängnissen.  962 Palästinenser, darunter 146 Kinder, 29 Frauen und 16 Journalisten wurden in der Westbank und im Gazastreifen verletzt.
 

Landeinebnungen, Zerstörungen, Beschlagnahmungen und Siedlungen

Am 22. Juni 2023 begannen Siedler, einen Siedlungsaußenposten auf den Ländereien des Dorfes Derastia, im Westen von Salfit, gegenüber der Emmanuel-Siedlung zu errichten. Die Siedler ebneten, geschützt von der IOF, das Land ein, stellten Zelte und Ställe für Nutztiere auf und verhinderten, dass die Palästinenser zu ihren Ländereien gelangten.

Am selben Tag zerstörte die IOF zwei im Bau befindliche Häuser im nördlichen Jordantal, im Osten von Tubas, unter dem Vorwand nicht genehmiger Baumaßnahmen in Zone C.

Die IOF stellte auch einen Bescheid für die Bewohner des Dorfes Qarawet Bani Hassan in Salfit  zur Räumung von Beer Abu ‘Ammar aus, das ein landwirtschaftliches Erholungsgebiet der Gemeinde ist, im Westen des Dorfes.

Am 23. Juni 2023 beschlagnahmte die IOF einen Bagger, der auf einem Feldweg im Einsatz war, im Osten des Dorfes Al-Dhahiriya in Hebron.

Am 26. Juni 2023 stellte die IOF 6 Bescheide aus zur Räumung von über 7 Dunum Land, im Westen von Beit Ula in Hebron, unter dem Vorwand, es sei Staatsland.

Am 29. Juni 2023 stellten Siedler, von der IOF beschützt, Zelte auf palästinensischem Land in Umm Lakhous-Gebiet in Masafer Yatta, im Süden von Hebron auf, um einen Siedlungsaußenposten zu errichten, während die IOF 4 Palästinenser verhaftete, die versuchten, sich gegen die Siedler zu stellen.

Am 03. Juli 2023 zwang die IOF ‘AbdulKareem Abu Tair, einen Teil seines Hauses in Jabal Al-Mukaber in Ostjerusalem nach einem Beschluss der israelischen Stadtverwaltung selbst zu zerstören, unter dem Vorwand einer nicht genehmigten Baumaßnahme.

Seit Anfang 2023 machte die IOF   105 Familien obdachlos, insgesamt   656 Personen, darunter  139 Frauen und  299 Kinder. Das war das Ergebnis der Zerstörung von  113 Häusern; 27 wurden zwangsweise von ihren Eigentümern selbst zerstört und 13 im Rahmen der kollektiven Bestrafung. Die IOF zerstörte ebenso  89 weitere Zivilobjekte und weiteres Eigentum und stellte Dutzende von Abriss- und Baustoppbescheiden in der Westbank, einschließlich Ostjerusalem, aus.

Zerstörungen im Rahmen der kollektiven Bestrafung

Am 22. Juni 2023 zerstörte die IOF das Familienhaus von Kamal Hani Jouri in Nablus im Rahmen der Politik der kollektiven Bestrafung für palästinensische Familien von Personen, die beschuldigt werden, Angriffe gegen die IOF und/oder Siedler verübt zu haben. Außenmitarbeiter von PCHR berichteten, dass das zerstörte Haus eine Wohnung im 2. Stock eines 7-stöckigen Gebäudes war. Die IOF zwang die Bewohner des Gebäudes und 10 weitere Familien in benachbarten Häusern zur Räumung, bestückte den 2. Stock mit Sprengkörpern und aktivierte sie aus der Ferne. Das Ergebnis war, dass das 180 qm große Appartment, das eine 5-köpfige Familie, darunter ein Kind, beherbergte, zerstört wurde. Es ist anzumerken, dass die IOF Kamal Jouri am 13. Februar 2023 verhaftete, nachdem er beschuldigt wurde, an einem Angriff beteiligt zu sein, bei dem ein israelischer Soldat am 11. Oktober 2022 getötet wurde.

Seit Anfang des Jahres hat die IOF 13 Häuser im Rahmen der kollektiven Bestrafung zerstört.
 

Beschlagnahmung von Geld und Eigentum im Rahmen der kollektiven Bestrafung

Am 26. Juni 2023 drang die IOF in 16 Häuser von ehemals in israelischen Gefängnissen inhaftierten Häftlingen ein und durchsuchte sie, in mehreren Vierteln und Dörfern im besetzten Ostjerusalem. Sie beschlagnahmte Geld, Fahrzeuge, Hab und Gut und Schmuck dieser Häftlinge und ihrer Familien. Die IOF stellte auch einigen von ihnen Enteignungsbescheide aus und verhängte hohe Gebühren, unter dem Vorwand, sie hätten Geld von der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) erhalten.   Quelle

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Begleitet von viel Pomp lässt sich Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas zum erstem Mal seit elf Jahren wieder in Dschenin blicken.

Wo andere das Sagen haben

Palästinenser-Präsident Abbas besucht das vom israelischen Militär verwüstete Flüchtlingslager von Dschenin. Doch er ist dort ein Anführer ohne Rückhalt im Volk.

Von Peter Münch - 12. Juli 2023

Vom Himmel hoch, da ist er eingeschwebt: Per Hubschrauber hat sich Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas am Mittwoch nach Dschenin begeben, in die Niederungen seines Reichs. Eine Woche nach dem massiven israelischen Militäreinsatz im dortigen Flüchtlingslager hat er sich selbst ein Bild gemacht von den Verwüstungen und den Wiederaufbaubemühungen. Ein Zeichen hat er damit setzen wollen, ein Ausrufezeichen natürlich. Doch tatsächlich wird auch dieser Auftritt so wie seine ganze Herrschaft mittlerweile viel mehr von Fragezeichen umrankt.

Der 87-Jährige gilt inzwischen nicht mehr nur als Präsident ohne Staat, sondern auch als Anführer ohne Rückhalt im Volk. Aktuellen Umfragen zufolge wünschen sich 80 Prozent der Palästinenser seinen Rücktritt - und an wenigen Orten ist der Verlust seiner Macht so deutlich zu sehen wie in Dschenin. Die von Abbas geführte Palästinensische Autonomiebehörde hat dort längst die Kontrolle verloren. Das Sagen haben hier die radikaleren Gruppen wie Hamas und Islamischer Dschihad.

Abbas verspricht Millionen - doch seine Autonomiebehörde gilt als korrupt
Abbas hat diesen Kontrahenten das Feld bislang praktisch kampflos überlassen. In Dschenin, das Luftlinie nicht einmal hundert Kilometer von seinem Amtssitz in Ramallah entfernt liegt, hatte er sich seit 2012 nicht mehr blicken lassen, und auch damals hatte er nur kurz vorbeigeschaut zu einem Kondolenzbesuch nach dem Tod des dortigen Gouverneurs Kadura Musa. Im brodelnden Dscheniner Flüchtlingslager ist er kein einziges Mal gewesen seit seiner Wahl zum Präsidenten 2005.

Dass er und seine Palästinensische Autonomiebehörde dort nicht nur machtlos, sondern verhasst sind, war unmittelbar nach der israelischen Militäraktion zu sehen: Bei der Beerdigung der bei den Gefechten getöteten zwölf Milizionäre wurden zwei hohe Vertreter der Autonomiebehörde unter wütenden Sprechchören vom Friedhof gejagt. Videos von dieser Schmach verbreiteten sich schnell. Überdies wurde ein Stützpunkt der Abbas unterstellten Sicherheitskräfte in Dschenin mit Steinen beworfen. Die Vorwürfe im Volk gehen von unterlassener Hilfeleistung bis hin zur Kollaboration mit dem Feind.


 

Israel vertreibt palästinensische Familie aus ihrem Haus in Jerusalem

Die israelische Polizei hat am Dienstag eine palästinensische Familie aus ihrem mehr als 70 Jahre alten Haus in der Jerusalemer Altstadt vertrieben.

Die Wohnung der Familie Ghaith-Sub Laban ist nach einem israelischen Gerichtsbeschluss nun von jüdischen Siedlern besetzt

Maureen Clare Murphy - 12. Juli 2023 - Übersetzt mit DeepL

Das Gerichtsurteil beendete das geschützte Mietverhältnis von Nora Ghaith, 68, und Mustafa Sub Laban, 72.

Ajith Sunghay, der Leiter des UN-Menschenrechtsbüros im Westjordanland und im Gazastreifen, erklärte, dass die Räumung des Paares "einer gewaltsamen Verbringung gleichkommen könnte ... ein schwerer Verstoß gegen die Genfer Konventionen und ein Kriegsverbrechen".

Das Menschenrechtsbüro fügte hinzu, dass "das humanitäre Völkerrecht Israel verbietet, seine eigenen Gesetze in den besetzten Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, durchzusetzen, was die Anwendung israelischer Gesetze zur Vertreibung von Palästinensern aus ihren Häusern einschließt".

Die UN-Behörde stellte fest, dass die Vertreibung der Familie Ghaith-Sub Laban Teil eines umfassenderen Versuchs ist, Palästinenser/innen aus dem östlichen Teil Jerusalems zu vertreiben, der 1967 von Israel besetzt und unter Verletzung des Völkerrechts annektiert wurde.

BREAKING: Israelische Besatzungstruppen haben das Haus der Familie Sub Laban im besetzten Jerusalem übernommen, die palästinensischen Eigentümer gewaltsam vertrieben und das Haus an israelische Siedler übergeben. pic.twitter.com/KOgRjkIMbP

Zahlreiche israelische Siedler hissen die israelische Flagge über dem Haus der Familie Sub Laban, nachdem die israelischen Behörden die Bewohner gezwungen haben, es heute Morgen in der Altstadt von Jerusalem zu räumen.#FreePalestine pic.twitter.com/abpgnlKEP7

Etwa 150 palästinensische Familien in der Stadt - rund 1.000 Personen - sind aufgrund diskriminierender Gesetze und staatlicher Absprachen mit Siedlergruppen von Vertreibung und Zwangsumsiedlung bedroht", so die UN.

Eine Organisation, die mit der rechtsgerichteten Siedlergruppe Ateret Cohanim verbunden ist, hatte seit 2010 versucht, das Ghaith-Sub Laban-Grundstück in Besitz zu nehmen. Der Kampf um das Haus dauert jedoch schon seit 45 Jahren an, da der Staat versucht hat, es für jüdische Siedlungen zu beschlagnahmen.

 

Quelle

Diese erstaunliche Aussicht wurde von israelischen Siedlern beschlagnahmt. Aus dem Haus der palästinensischen Familie Sub Laban, das gestern von israelischen Siedlern geraubt wurde, mit Blick auf den Felsendom.



Es ist nicht das erste Mal, dass ein israelisches Gericht zugunsten von Siedlern entschieden hat, die Palästinenser aus ihren Häusern in Jerusalem vertreiben wollen.

Palästinenserinnen und Palästinenser weisen seit langem darauf hin, dass die israelische Justiz - die die Protestierenden vor Benjamin Netanjahus Reform schützen wollen - Verstöße gegen ihre Rechte absegnet.

Jahrzehntelanger Kampf

Israelische Siedler wohnten bereits in anderen Wohnungen in dem Gebäude, aus dem die Familie Ghaith-Sub Laban am Dienstag entfernt wurde.

Ahmad Sub Laban erzählte The Electronic Intifada im Jahr 2015, dass seine Großeltern 1953 in das Haus einzogen und es von einer jordanischen Behörde mieteten, die gegründet wurde, um das Eigentum zu verwalten, das Juden im Westjordanland vor der Ausrufung des Staates Israel im Jahr 1948 weggenommen oder aufgegeben hatten.

Der Mietvertrag sah vor, dass das Mietverhältnis der Familie geschützt ist, solange Nora Sub Laban, die in dem Haus geboren wurde, und ihre Erben dort leben.

Als Israel 1967 den Ostteil Jerusalems besetzte, fiel das Grundstück unter die Autorität des Staates.

Seitdem hat Israel versucht, den geschützten Mietstatus der Ghaith-Sub Laban aufzuheben und die Familie zu vertreiben. Zwei andere palästinensische Familien wurden in den späten 1970er Jahren aus demselben Gebäude vertrieben, und die israelischen Siedler, die dort einzogen, versperrten der Familie Ghaith-Sub Laban schließlich den Zugang zu dem Grundstück.

Sie lebten 16 Jahre lang in einem anderen Viertel, bis ein Gerichtsbeschluss ihnen den Zugang zu ihrem Haus wieder ermöglichte.

Die Probleme der Familie begannen 2010 von neuem, als der israelische Guardian of Absentee Property das Eigentum an dem Haus auf eine Einrichtung übertrug, die später zum Kollel Galicia Trust wurde. Dieser Trust hat enge Verbindungen zu Ateret Cohanim, einer Siedlergruppe, die das muslimische Viertel der Jerusalemer Altstadt besiedeln will - ein Ziel, das auch der Staat verfolgt.

Ein Gesetz aus dem Jahr 1970 erlaubt es Israelis, Eigentum zurückzufordern, das Juden vor der Ausrufung des Staates Israel im Jahr 1948 gehörte. Viele der Grundstücke, die die Siedler aufgrund dieses Gesetzes beschlagnahmen wollen, gehören Palästinensern, die 1948 aus dem westlichen Teil Jerusalems geflohen sind oder vertrieben wurden.

Lass dich von der Zustimmung des israelischen Gerichts nicht täuschen: Die Vertreibung der Familie Sub Laban aus ihrem Haus ist zwar "legal", aber nur nach den Gesetzen der Apartheid. https://t.co/f1vHzuLdU8

Ausländische Diplomaten hatten die Familie Ghaith-Sub Laban vor ihrer Zwangsräumung besucht. Aber ohne nennenswerten Druck auf Israel trägt die internationale Besorgnis wenig dazu bei, die Palästinenserinnen und Palästinenser in einer Situation völliger Straflosigkeit zu schützen.

Das war vor einem Monat. Heute Morgen wurde die Familie gewaltsam vertrieben und jetzt sind bereits Siedler im Haus und genießen die Früchte der jüdischen Vorherrschaft. Wird es echte Konsequenzen geben? https://t.co/WRFlPJu0d2

Am Dienstag erklärte die Europäische Union: "Wir bedauern die Entscheidung der israelischen Behörden, die Familie Ghaith-Sub Laban nach einem Gerichtsurteil aus dem Haus zu vertreiben, das sie seit 1953 bewohnt".
Das britische Konsulat in Jerusalem zeigte sich "entsetzt" über die Räumung und fügte hinzu, dass "solche Aktionen unnötiges Leid verursachen ... und die Gefahr bergen, dass die Spannungen zwischen den Gemeinschaften zunehmen".

Das Konsulat bediente sich eines bekannten rhetorischen Kunstgriffs: Es verurteilt eine israelische Maßnahme, weil sie die Spannungen anheizen könnte, anstatt ausdrücklich zu sagen, dass sie gegen internationales Recht verstößt - und damit das Vereinigte Königreich zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Palästinenser bezeichneten die Vertreibung der Familie Ghaith-Sub Laban als eine "zweite Nakba" oder eine Fortsetzung der ethnischen Säuberung Palästinas zur Zeit der Gründung Israels.  Quelle



Israelische Streitkräfte stehen Wache, während palästinensische Frauen auf den Abriss ihres Hauses in der "Area C" im Westjordanland in der Stadt Hebron reagieren, 28. Dezember 2021. (Wisam Hashlamoun/Flash90)

Smotrich will eine Million Siedler im Westjordanland. Das ist gar nicht so weit hergeholt

Um die Zahl der Siedler zu verdoppeln, treibt Israels rechtsextreme Regierung Infrastrukturpläne voran, die - oft wortwörtlich - schon vor Jahrzehnten festgelegt wurden.

Ben Reiff - 12. Juli 2023 - Übersetzt mit DeepL

In der ersten Phase seines "Entscheidenden Plans" - einem detaillierten Vorschlag aus dem Jahr 2017 für den "Sieg und die Beendigung" des israelisch-palästinensischen Konflikts - skizzierte Bezalel Smotrich eine Vision, die er "Sieg durch Siedlung" nannte. Der israelische Gesetzgeber, der derzeit als Finanzminister fungiert und über eine eigens für ihn geschaffene Ministerposition im Verteidigungsministerium die Aufsicht über das Westjordanland innehat, erklärte in dem Essay, dass sein Plan "die Ermutigung von Zehn- und Hunderttausenden von Einwohnern, in Judäa und Samaria zu leben", wie der biblische Name für das Westjordanland lautet, erfordern würde.

"Nichts hätte eine größere und tiefere Wirkung auf das Bewusstsein der Araber in Judäa und Samaria ... und würde zeigen, dass es unmöglich ist, einen weiteren arabischen Staat westlich des Jordans zu gründen", schrieb er. "Die Fakten vor Ort lassen die Hoffnungen schwinden und machen die Ambitionen zunichte.

Smotrich hat seine Zeit abgewartet, aber jetzt - dank einer Vereinbarung mit Verteidigungsminister Yoav Gallant im Februar, die seine Kontrolle über verschiedene Aspekte des Siedlungsplanungsprozesses erweitert - scheint er darauf erpicht zu sein, seinen "Decisive Plan" in die Tat umzusetzen. Einem Bericht von Haaretz vom Mai zufolge hat der Vorsitzende der Religiösen Zionistischen Partei (RZP) Vertreter/innen verschiedener Ministerien angewiesen, sofort mit den Vorbereitungen für eine Verdopplung der Siedlerpopulation im Westjordanland zu beginnen, wodurch die Gesamtzahl von derzeit 500.000 auf 1 Million steigen würde.

Berichte über den Plan, in dem die fast 250.000 Israelis, die im besetzten Ostjerusalem leben, nicht enthalten sind, führten zu einer Verurteilung durch das Weiße Haus. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versicherte daraufhin gegenüber US-Beamten, dass der Vorschlag nicht die Politik der Regierung widerspiegelt. Doch die enormen infrastrukturellen Entwicklungen, die im Westjordanland im Gange sind, sowie der sprunghafte Anstieg der Zahl der Wohneinheiten, die in diesem Jahr in dem Gebiet errichtet wurden, bedeuten, dass die Weichen für einen erheblichen Anstieg der Siedlerbevölkerung in den kommenden Jahren bereits gestellt sind. Auch wenn die Regierung versucht, die Dinge zu beschleunigen, wurden die Grundlagen für vieles, was wir heute sehen, bereits vor Jahrzehnten gelegt - oft buchstäblich.

'Die Straßen sind der Schlüssel'

Die Absichten der aktuellen rechtsextremen Regierung für das Westjordanland waren von Anfang an klar. In ihren Gründungsrichtlinien wird das "ausschließliche und unbestreitbare Recht des jüdischen Volkes auf alle Teile des Landes Israel" bekräftigt, d. h. auf das gesamte Land zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer, das sich rund 7 Millionen israelische Juden mit einer etwa gleich großen Zahl von Palästinensern teilen. In einem Positionspapier des Rechtszentrums Adalah wird argumentiert, dass diese Bestimmung "weiter geht als die Grundsätze, die im Gesetz über den jüdischen Nationalstaat von 2018 verankert sind" - eine quasi verfassungsmäßige Verankerung, die laut dem Papier bereits "deutliche Merkmale der Apartheid" aufweist - und dazu dienen wird, "die jüdische Vorherrschaft und die Rassentrennung als Grundprinzipien des israelischen Regimes zu vertiefen".

Die Koalitionsvereinbarung zwischen der RZP und Netanjahus Likud sieht vor, dass der Ministerpräsident "auf die Formulierung und Förderung einer Politik hinarbeitet, die die Souveränität für Judäa und Samaria gewährleistet". Die Vereinbarung zwischen Gallant und Smotrich, mit der letzterem Regierungsbefugnisse übertragen wurden, die jahrzehntelang beim Militär lagen, war ein Schritt zur Erfüllung dieses Versprechens, das von Menschenrechtsanwälten und -experten kürzlich als ein Akt der De-jure-Annexion bezeichnet wurde.

Was die Ausweitung der Siedlungen angeht, wartet die Regierung nicht ab. Seit Anfang 2023 hat sie die Planung von über 12.000 neuen Wohneinheiten in den Siedlungen im Westjordanland vorangetrieben, von denen mehr als 7.000 zum Bau genehmigt wurden - Zahlen, die die der letzten Jahre in den Schatten stellen und in denen die 16.000 Wohneinheiten, die im selben Zeitraum in Ostjerusalem gebaut wurden, nicht enthalten sind.

Im Juni beschloss das Kabinett außerdem, das Genehmigungsverfahren für den Siedlungsbau zu verkürzen, während die Zivilverwaltung - der bürokratische Arm der Besatzung - unter Smotrichs Leitung praktisch keine illegalen Bauten von Siedlern mehr abreißt; auf der anderen Seite haben die Abrisse palästinensischer Bauten im Westjordanland im selben Zeitraum stark zugenommen.

Darüber hinaus genehmigte das Kabinett im Februar die rückwirkende Legalisierung von 10 Siedleraußenposten, die ohne offizielle Genehmigung gebaut wurden, und ermöglichte damit deren erhebliche Ausweitung. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs: Es gibt Pläne, weitere 70 Außenposten auf der Grundlage zu legalisieren, dass sie "Nachbarschaften" bestehender Siedlungen und keine eigenständigen Gemeinden sind. Diese Schritte wurden von der Regierung Biden zwar verbal verurteilt, aber nicht weiter verfolgt.

Hagit Ofran, Leiterin des Projekts Settlement Watch bei der israelischen Anti-Besatzungs-NGO Peace Now, ist jedoch der Meinung, dass es am Thema vorbeigeht, wenn man sich nur auf die Siedlungen selbst konzentriert. "Um eine Ausweitung [der Siedlerbevölkerung] zu erreichen, müssen sie zuerst die Straßen ausbauen - und genau das tun sie jetzt", erklärt sie gegenüber +972 und betont, dass "die Straßen der Schlüssel sind".

Neben dem Ausbau der Wasser-, Strom- und Telekommunikationsinfrastruktur, um Hunderttausende von Siedlern zu versorgen, werden derzeit mehrere neue Straßen gebaut, die die Staus, die in den letzten Jahren auf den Siedlerstraßen aufgetreten sind, erheblich reduzieren und den Verkehr von den palästinensischen Städten wegleiten werden. Auf diese Weise kann Israel mehr Bürgerinnen und Bürger dazu bewegen, in das Westjordanland zu ziehen, denn die Fahrten von den Siedlungen in die Städte innerhalb der Grünen Linie wie Jerusalem und Tel Aviv werden viel schneller und aus Sicht der Siedlerinnen und Siedler auch sicherer.

Ofran verdeutlicht am Beispiel der "Liberman Road" - benannt nach dem ehemaligen Verkehrsminister Avigdor Liberman, unter dessen Amtszeit vor zwei Jahrzehnten mit dem Bau der Straße begonnen wurde - welche Auswirkungen neue Straßen auf das Siedlungswachstum haben können.

"In Siedlungen östlich von Bethlehem wie Tekoa und Nokdim musste man früher Bethlehem von Süden her umfahren, um von Jerusalem zu kommen, was 40 Minuten dauerte und durch palästinensische Dörfer ging", erklärt sie. "Sobald die Liberman Road asphaltiert wurde, dauerte die Fahrt nur noch 15 Minuten. Mit der Eröffnung der Straße im Jahr 2008 verdoppelte sich die Zahl der Siedler in diesen Siedlungen in weniger als 10 Jahren.

Das ist die Blaupause, die jetzt im ganzen Westjordanland verwendet wird. Nach dem Bau der Umgehungsstraße Nabi Elias in der Nähe der palästinensischen Stadt Qalqilya im Jahr 2017 hat Israel mit dem Bau der Umgehungsstraße Al-Arroub im Süden und der Umgehungsstraße Huwara im Norden begonnen. Für eine weitere Umgehungsstraße, die den Siedlerverkehr von der palästinensischen Stadt Al-Funduq in Richtung der Siedlung Kedumim - in der Smotrich selbst wohnt - umleiten soll, wurde bereits ein Beschlagnahmebeschluss erlassen. In der Zwischenzeit wird an der Verdoppelung der Breite der "Tunnels Road" (Route 60) gearbeitet, um den Pendlerverkehr zwischen Jerusalem und den Siedlungen im Gebiet Hebron, insbesondere Kiryat Arba, zu erleichtern.

Während Israel diese Straßen als Projekte darstellt, die sowohl den Palästinensern in der Region als auch den Siedlern zugute kommen, sieht die Realität ganz anders aus. Laut Dror Etkes, dem Gründer der Nichtregierungsorganisation Kerem Navot, die Israels infrastrukturelle Entwicklungen im Westjordanland genau beobachtet, hat der Bau dieser Straßen verschiedene negative Folgen für die Palästinenser, darunter den Verlust von landwirtschaftlichen Flächen und die weitere Zerstückelung der palästinensischen Ortschaften voneinander. "Die Straßen sind sehr wichtige physische Barrieren für die Bantustanisierung des Westjordanlandes", erklärt er und fügt hinzu: "Israel hat sich darauf spezialisiert, Straßen zu benutzen, um die Grenzen zwischen den einzelnen Gemeinden zu unterbrechen."

Diese Straßen sind technisch gesehen für den palästinensischen Verkehr geöffnet, aber ihre Strecken sind speziell für die Fahrten der israelischen Siedler/innen ausgelegt - und, wie Etkes betont, "wenn Israel eine Straße für Palästinenser/innen sperren will, kann es das im Handumdrehen tun". Er verweist auf das Beispiel der Route 443, einer wichtigen Ost-West-Achse, die das Westjordanland durchquert und in den 1990er Jahren ausgebaut wurde: "Ursprünglich war sie für Palästinenserinnen und Palästinenser asphaltiert, aber während der Zweiten Intifada fand Israel Wege, die Straße für Palästinenserinnen und Palästinenser zu sperren und den palästinensischen Verkehr in Enklaven abzudrängen, so dass die 443 im Grunde genommen eine Straße nur für Israel ist."

Gleiche Ideologie, gleiche Mittel

Smotrichs Ziel von 1 Million Siedlern ist bei weitem nicht der erste Vorschlag dieser Art. Bereits 1978 legte die Siedlerbewegung Gush Emunim einen "Masterplan" vor, der vorsah, innerhalb von 25 Jahren 750.000 Siedler im Westjordanland (ohne Ostjerusalem) anzusiedeln, und der von der Regierung von Menachem Begin genehmigt wurde. Drei Jahre später unterbreitete Matityahu Drobles, der damalige Leiter der Siedlungsabteilung der Zionistischen Weltorganisation, einen Vorschlag für 1 Million Siedler im Westjordanland innerhalb von 30 Jahren.

Obwohl beide Ziele nicht erreicht wurden, warnt Yehuda Shaul, Co-Direktor der israelischen Nichtregierungsorganisation Ofek und langjähriger Aktivist gegen die Besatzung, davor, sich auf die Machbarkeit des in solchen Plänen vorgeschlagenen numerischen Endziels zu fixieren. "Wenn du mich fragst, ob es realistisch ist, dass wir bis 2050 weitere 500.000 Siedler im Westjordanland haben werden, würde ich sagen, wahrscheinlich nicht", sagt er. "Aber in der Vergangenheit haben sie zwar nicht 1 Million in 30 Jahren erreicht, aber immerhin eine halbe Million".

In jedem Fall, so betont er, "geht es nicht um die genaue Zahl, die sie erreichen können, sondern darum, was dieses Projekt tagtäglich anrichtet: die Enteignung und Vertreibung der Palästinenser, das Leid vor Ort, die Reibereien und Konflikte, die dadurch genährt und aufrechterhalten werden. Die Höhe der Investitionen, die [die derzeitige Regierung] tätigt, und die Art der strukturellen Veränderungen, die sie vornimmt, werden die unglaublich unmenschliche Realität, die wir in den besetzten Gebieten bereits haben, noch viel schlimmer machen - und das in einem noch nie dagewesenen Tempo."

Mit Blick auf mehrere dieser Entwicklungen - darunter die Änderung des Disengagement-Gesetzes, mit dem die Regierung Siedlern die Rückkehr in die vor 18 Jahren im Zuge des israelischen Rückzugs aus dem Gazastreifen geräumten Siedlungen ermöglicht - warnt Shaul: "Wenn man diesen Extremisten Siege gönnt, kann die politische Fantasie sehr schnell und sehr weit gehen."

Die Siedlerbewegung, die heute durch Figuren wie Smotrich die Regierungspolitik diktiert, sei "eine sehr entschlossene ideologische Gruppe, die eine sehr klare Vision hat und jedes ihr zur Verfügung stehende Mittel nutzen wird, um ihre Agenda durchzusetzen und voranzubringen. 500.000 [weitere Siedler im Westjordanland] klingen verrückt, aber 250.000 werden sie schaffen."

Tatsächlich wurden die Pläne für eine solche Aufstockung schon lange vor dem Amtsantritt der jetzigen Regierung ausgearbeitet. Im Jahr 2015 erhielt Peace Now Daten aus dem Wohnungsbauministerium, aus denen hervorging, dass seit 2012 Pläne für mehr als 55.000 zusätzliche Wohneinheiten für israelische Bürgerinnen und Bürger im Westjordanland entwickelt wurden, die auch die Errichtung von zwei neuen Siedlungen beinhalteten. Ofran schätzt, dass dieser Ausbau - von dem ein Teil inzwischen genehmigt wurde, während der Großteil noch in der Planungsphase ist oder durch internationalen Druck blockiert wird - den Weg für einen Anstieg der Siedlerbevölkerung um 250.000 ebnen würde.

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Die unmittelbaren Folgen sind unschwer auszumalen: die sichere Zerstörung palästinensischer Dörfer wie Khan Al-Ahmar, deren Anwesenheit ein Dorn in Israels jüdischen Bauplänen ist; die gewaltsame Vertreibung weiterer ländlicher Gemeinden unter fadenscheinigen Vorwänden, wie derjenigen, die derzeit in Masafer Yatta bedroht sind; und die weitere Verschärfung der staatlich unterstützten Siedlergewalt gegen diejenigen, die es wagen, diesen Kräften zu trotzen, indem sie auf ihrem Land bleiben, wie die Bewohner des inzwischen entvölkerten Dorfes Ein Samia. Es ist ein koloniales Drehbuch, das älter ist als die Besatzung selbst, dessen Umsetzung sich über das gesamte israelische Landregime erstreckt und die Vertreibung der Palästinenser/innen zwischen dem Fluss und dem Meer vorantreibt.

Neben der massiven Expansion im Westjordanland treibt die Regierung den Bau mehrerer neuer jüdischer Städte im Naqab/Negev im Süden und in Galiläa im Norden voran - Gebiete innerhalb der Grenzen von vor 1967, die aufgrund ihrer großen palästinensischen Bevölkerung seit langem im Fokus offizieller Judaisierungsbestrebungen stehen, obwohl sie Bürger sind. In der Knesset wird außerdem ein Gesetz eingebracht, das die Zuständigkeit der "Zulassungsausschüsse" ausweiten soll, um die Segregation auf beiden Seiten der Grünen Linie per Gesetz zu gewährleisten.

Während der Staat normalerweise den Bauprozess innerhalb seiner offiziellen Grenzen anführt, hat er manchmal auch kleinen Gruppen erlaubt, die Führung zu übernehmen, wie bei den Siedler-Außenposten im Westjordanland. Diese Dynamik spielt sich derzeit in Ramat Arbel ab, einem Außenposten in Galiläa, der kürzlich vom Kabinett genehmigt wurde.

"Eine ideologisch motivierte Gruppe von Menschen geht hinaus und schafft Tatsachen, ohne eine Baugenehmigung zu erhalten", erklärt Suhad Bishara, der juristische Direktor von Adalah und Leiter der Land- und Planungsabteilung des Zentrums. "Wenn sich dann ihre Interessen mit denen der Regierung in Bezug auf die Judaisierung decken, kommen sehr praktische Budgets ins Spiel."

Bishara betont, dass diese Ziele auf beiden Seiten der Grünen Linie als miteinander verwoben betrachtet werden müssen. "Es ist das gleiche Konzept, die gleiche Ideologie und die gleichen Mittel", sagt sie. "Das Leitprinzip ist die jüdische territoriale und räumliche Vorherrschaft durch die Ausweitung der Instrumente der Judaisierung in den von Israel kontrollierten Gebieten.

Um auf Smotrichs Plan zurückzukommen: Etkes glaubt, dass es einen Grund gibt, warum der Gesetzgeber bei Treffen mit Ministerialbeamten die Zahl von einer Million in den Raum stellt: "Es ist fast ein symbolischer letzter Nagel im Sarg - ihre letzte Versicherung, dass die Siedlungen niemals abgebaut werden. Aber für Etkes ist der Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt, bereits weit überschritten, und die Diskussion verlagert sich zu Recht auf ein neues Terrain. "Jeder versteht, dass es keinen palästinensischen Staat geben wird und die Siedlungen nicht geräumt werden - diese Geschichte ist vorbei", sagt er. "Die Frage ist nicht mehr, ob die Siedlungen abgebaut werden, sondern welche Art von politischem Regime sich hier durchsetzen wird.  Quelle und  mehr >>>

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