Ich habe keinen Bruder
Yosi
Sarid
„Die Siedler sind unsere Brüder“, sagte diese Woche Bibi Netanjahu in dem Versuch ihren heiligen Zorn von sich abzuwenden. Sie sind aber nicht meine Brüder, damit es klar ist, ich habe einen solchen Bruder nicht, auch keine Schwester.
Es ist schwer ein Jude zu sein und in letzter Zeit ist es noch schwerer; nicht weil die ganze Welt gegen uns ist, sondern weil wir gegen die ganze welt sind. Ben Gurion hatte recht: Es zählt was die Juden machen, und das ist es was wir gemacht haben –wir haben uns getrennt von der Welt, wie ein verlorener Stern, der seine Laufbahn verlassen hat; die Siedler haben uns getrennt. Die Welt beobachtet uns durch einen Teleskop und fragt: Ist das Israel? Und ich frage dasselbe.
Es kann nicht anders sein, als das man uns bei der Geburt vertauscht hat, hier hat eine schmerzliche Verwechselung stattgefunden. Es gibt doch überhaupt keine Ähnlichkeit. Wir gehören nicht derselben Familie. Wenn ich sie sehe Feuer anlegen – Felder in Brand setzen, Olivenbäume abschneiden, Kinder auf dem Weg in die Schule schlagen, Soldaten angreifen und Aufsichtsbeamte verjagen – prüfe ich mich sofort um festzustellen, dass sie nicht ich sind. Ich verleugne jede Ähnlichkeit und behaupte, dass ich mit ihnen nichts zu tun habe.
Wenn ich einen Juden sehe, wie er einen verwundeten Araber überfährt und wieder überfährt – bin ich sicher, dass jede Verbindung zwischen uns zufällig und unbeabsichtigt ist und es liegt an mir eine solche Verbindung vollständig zu kappen. Ich muss mein eigenes menschliches Antlitz retten, bevor auch ich von diesem silbernen Mercedes überfahren werde.
Und wenn ich sehe wie Juden Palästinenser aus ihren Häusern in Scheich Jerach vertreiben – vertreiben und erben, übernehmen warte Schlafstellen, die noch nicht kalt geworden sind und lassen ganze Familien in der Kälte frieren – erfüllt mich Abscheu: Was habe ich mit ihnen zu tun? Brüder sind wir nicht, ehe Fremde in der Nacht. Und wo sind die Richter, die es einst in Jerusalem gab, was ist mit ihnen geschehen? Sind etwa auch sie Säuglinge, die gefangen genommen wurden von diesen Fremden?
Ausgerechnet wer von der Liebe zu Israel dauernd spricht, zeigt mehr Bereitschaft für Hass und Verbrechen; ausgerechnet wer bei jeder Gelegenheit daran erinnert, das wir „alle Juden sind“, verlässt sich auf Blutsverwandtschaft und ignoriert die Verwandtschaft der Werte. Wir sind doch nicht verantwortlich für das Blut in unseren Adern; Vater und besonders Mutter sind verantwortlich. Wir sind so geboren, sagt das Gesetz der Halacha. Wir haben keinen besonderen Grund uns darüber zu klagen, niemals wollten wir andere sein. Wir fühlen uns wohl in unserem nicht verantwortlichen Judentum. Aber wir fühlen uns überhaupt nicht wohl in der Gesellschaft von diesen Schuften, die sich auf die Rassenlehre berufen. Warum trennen sie sich nicht von uns und wir wären sie los. Warum trennen wir uns nicht von ihnen noch bevor ihre Verbrechen unser Haus zerstören.
Was die kulturelle Verbindung betrifft, so sind wir schon verantwortlich und wir erkennen nicht immer unsere Verantwortung. Und diese Verantwortung zwingt mich zu sagen: Besser ein naher Nachbar oder ein ferner, als ein ferner Bruder jenseits der schwarzen Berge, mit dem ich nichts gemein habe. Blutsverwandtschaft ist keine Garantie für eine gemeinsame Sprache und anderen Werten.
Soll doch Shimon Peres aufstehen und uns seine Meinung sagen: Was sollen wir mit dem aufständischen Staat machen, den er gegründet hat, das jetzt unsere eigene Existenz gefährdet, die Herzl und Ben Gurion vor ihm gegründet hatten in Tel Aviv und Basel.
Übersetzt von Abraham Melzer