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Israel zerstört Gazas Molkerei zum 2. Mal

Rami Almegharim
http://electronicintifada.net/v2/article11185.shtml    5.4.10

 

Es war keinen chemische Fabrik, noch eine Nuclear-Fabrik , oder Fabrik für Massenvernichtungswaffen. Aber fast alle Trümmer der völlig zerstörten Fabrik waren weiß bedeckt mit weißen großen Brocken. Dies waren Käsestückchen, Butter und Joghurt  - einige der Produkte, die in der Dalloul-Molkerei  im südlichen Teil von Gaza-Stadt hergestellt werden/wurden.

Israelische Bomber trafen die Fabrik kurz vor Mitternacht am 1./2.. April und zerstörten das ganze Gebäude, seine Maschinen und den  Verkaufs-LKW völlig.

 

„Um 12 Uhr 30 hörten wir in der Nähe eine sehr  laute Explosion“, sagte der Besitzer Mutassim Dalloul, als er die Ruinen am Freitagmorgen ansah.  „Ich ging hinunter und fand meine Fabrik völlig verwüstet. Alles, alles war zerstört: Maschinen, Generator, alle Produkte …

Und das war nicht der erste Angriff auf die Fabrik.

Während des Januar 2009-Angriffes  auf den Gazastreifen trafen israelische Bomber meine Fabrik und verursachten einen Verlust von einer halben Million Dollar. Doch mein Bruder und ich entschlossen uns, sie wieder aufzubauen – nun haben wir also eine neue zerstörte Molkerei,“ sagte Dalloul. Er schätzt, dass der Verlust vom letzten Angriff mindestens bei $ 100 000.- liegt.

Die Molkerei liegt/ bzw. lag ziemlich weit weg von der Gaza-Israel-Grenze und verteilte ihre Produkte in der ganzen Stadt.

Mindestens 60 Familien wurden durch die Arbeit in der Molkerei unterstützt: Meine Familie mit mir und meiner Frau; meine beiden Brüder mit einer Reihe anderer Arbeiter, die versuchten so unter den harten Bedingungen durchzuhalten“, erklärt Dalloul geduldig trotz seines Verlustes.

Der Angriff auf die Dalloul-Molkerei gehörte zu den  zwölf Luftangriffen, die eine Antwort auf die Raketenangriffe von Gaza aus auf die nahen israelischen Städte gewesen seien. Die palästinensischen Widerstandsgruppen sagen: Die Raketen seien eine Antwort auf die ständigen israelischen Angriffe auf den Gazastreifen.  Die israelischen Führer haben öffentlich mit schweren Angriffen gedroht, nachdem palästinensische Kämpfer zwei israelische Soldaten getötet hatten, die den Gazastreifen letzte Woche  mit einer Patrouille  überfallen hatten.

Internationale Vertreter hatten in den letzten Tagen vor einer Gewalteskalation gewarnt, und der palästinensische Ministerpräsident im Gazastreifen Haniyeh rief zu einer internationalen Intervention auf, um  eine weitere Verschlechterung zu verhindern. Al Quds al Arabi berichtete am 5. April, dass Vertreter aller palästinensischen Fraktionen im Gazastreifen, außer der Fatah sich getroffen hatten, um  über ein Moratorium über Raketen nach Israel zu diskutieren und über das Recht der Selbstverteidigung.

„Ich kann mir nicht vorstellen, was meine Fabrik mit dieser Situation zu tun hat“, sagte Dalloul, „können sie hier eine selbstgebastelte Rakete sehen oder eine einzige Kanonenkugel? Warum greifen sie mein Molkerei an?“

 

Seit Juni 2007 – als Israel die Blockade über den Gazastreifen  noch enger  zog – sank die Wirtschaft in eine tiefe Depression, da die Arbeitslosigkeit auf 70 % stieg. Die Armut unter den 1,5 Millionen Bewohnern hat  jetzt noch nie da gewesene  80%  erreicht, die von UNWRA-Lebensmittelhilfe abhängig sind, der UN-Agentur für palästinensische Flüchtlinge. Die  verheerende Situation ist die Folge von Israels Absperrung -  nach  zahlreichen internationalen  Beurteilungen. Obwohl Israel  ungleichmäßig die Grenzübergänge für den Import von Lebensmitteln und andere lebensnotwendigen Dingen nach Gaza öffnet, kommt nur ein Bruchteil dessen herein, was die Bevölkerung braucht.

Dallouls Molkerei war eine der wenigen, die den Bedarf des Gazastreifens deckten. In einer Ecke der Fabrikruine hob Haroun Dalloul, der in der Fabrik arbeitete, kleine Stücke Käse auf.  „Ich hab mir nicht vorstellen können, als ich an diesem traurigen Morgen aufstand, dass ich Käse in den Müll werfen werde, statt beim Verteilen zu helfen,“ sagte er.

Mustafa Al-Qayed, der in der Nähe wohnt, drückte seinen Groll über den Angriff aus: „Die zerstörte Molkerei hat unsern Stadtteil täglich mit Milch und Käse versorgt.“  Er bemerkte noch, dass die Preise für die hier  fabrizierten Produkte viel niedriger sind als die israelischen Produkte, die gelegentlich nach Gaza importiert wurden.

 

Nach  wirtschaftlichen Beurteilungen im Gazastreifen sind annähernd 95% der lokalen Industrie/Handwerksbetriebe wegen der geschlossenen Handelsübergänge gezwungen worden, die Arbeit einzustellen. So wurden 70 000 Arbeiter arbeitslos. Dallouls Molkerei  war mit einigen Metallwerkstätten, die Israel  bei den  letzten Angriffen auch zerstörte, für Gazas Wirtschaft  lebensnotwendig.

Während seines Angriffes im Winter 2008/2009 hat Israel eine Anzahl anderer Betriebe zerstört, die für Gazas Lebensmittelversorgung lebenswichtig waren, wie z.B. die al-Badr Mühle, die  einzige noch funktionierende  in den besetzten Gebieten und die Sawafiry-Hühnerfarm, die  den größten Teil des Gebietes mit Eiern versorgte.

Der UN-Bericht von Goldstone fand, dass diese und andere Angriffe auf Gazas Wasser-, Lebensmittel- und Landwirtschafts-Infrastruktur Teil eines absichtlichen Musters und  Verletzung des Rechtes auf Nahrung ist, also auch ein Kriegsverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Aber Fabrikanten wie Dalloul sind entschlossen, ihr Geschäft wieder zurückzubekommen und weiterlaufen zu lassen.

„Genau wie wir unsere Molkerei nach dem Krieg wieder aufgebaut haben, so sind wir entschlossen, sie  auch diesmal wieder aufzubauen,“ sagte Mutassim Dalloul. Wir sind entschlossen, mit  großer Hoffnung unsere Produktion wieder aufzunehmen und unserm Feind zu sagen: egal was du machen wirst, wir lassen uns nicht klein kriegen.

Unterdessen begrüßt Dalloul alle, die zur Molkereiruine kommen und ihm alles Gute zum Wiederaufbau wünschen und Unterstützung zusagen.

 

(dt. und zuweilen etwas großzügig übersetzt: Ellen Rohlfs)

 

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