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Weitere Texte von Mohssen Massarat

Ein Iran-Krieg, um auch Barak Obama zu verhindern.
Und wie der Iran US-Pläne durchkreuzen kann

 Interview (vom 15. März 2008) des deutschsprachigen Senders des iranischen Rundfunks (IRIB) mit Prof. Dr. Mohssen Massarrat von der Universität Osnabrück

  
Rundfunk: Die amerikanischen Drohungen gegen den Iran gehen nach einer kurzen Unterbrechung wieder weiter. Was ist diesmal der Anlass dafür?

Massarrat: Es ist in der Tat so, dass nach der Veröffentlichung des Berichts der 16 amerikanischen Geheimdienstorganisationen die Welt eine Erleichterung erfahren hat und dass ein geplanter Krieg gegen den Iran vorerst aufgegeben worden war. Nun nach circa acht Wochen nimmt man an, dass die Bush-Regierung weiterhin an seinem geplanten Krieg gegen den Iran festhält. Möglicherweise hat die Bush-Regierung geglaubt, man würde nach einer gewissen Zeit den Bericht der 16 amerikanischen Geheimdienstsorganisationen wieder vergessen und man könnte dann mit neuen Legenden, neuer Propaganda erneut eine psychologische Kriegsführung vorbereiten. Man könnte eine Reihe von Indizien sehen, die dafür sprechen, dass die Bush-Regierung in der Tat konsequent an ihren alten Plänen festhält.

Rundfunk: Auch Israel nutzt jede Gelegenheit, um gegen die Islamische Republik Iran zu hetzen. Ein Beispiel dafür wären die jüngsten Äußerungen des israelischen Ministerpräsidenten, Ehud Olmert, bei einem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin, Angela Merkel, in Berlin. Sind das alles nicht Schritte, um die Öffentlichkeit auf einen Krieg gegen den Iran vorzubereiten?

Massarrat: Israel hat sofort nach der Veröffentlichung des o.g. Berichts der 16 amerikanischen Geheimdienstsorganisationen dessen Inhalt in Frage stellt und sich dabei auf Angaben seiner eigenen Quellen bezogen und behauptet, Iran verfolge nach wie vor den Bau der Atombombe. Eine Woche später hat die Vertretung der „Volksmodschahedin" dieselbe Behauptung in die Öffentlichkeit lanciert. Auch israelische Medien sind voll von Legendenbildung, von Faschmeldung. Man kann sagen, Israel dränge ganz massiv darauf, dass die US-Regierung ihre Pläne nicht aufs Eis legt.

Rundfunk: Wie ernst sind diese Drohungen?

Massarrat: Man muss diese Drohungen sehr ernst nehmen. Man kann sagen, Israel hat damit auch offensichtlich Erfolg. Es gibt eine Reihe von Indizien, die dafür sprechen, dass die Bush-Regierung dabei ist, einen Krieg gegen den Iran vorzubereiten. Lassen Sie mich hier einige dieser Indizien nennen: Interne berichte aus Pentagonkreisen deuten darauf hin, dass die Offiziere und Soldaten auf einen möglichen Krieg vorbereiten werden.
Ein weiteres Indiz ist der Rücktritt des Kommandeurs der US-Truppen im Nahen Osten, Admiral William Fallon, der offensichtlich massive Bedenken gegen einen Irankrieg hatte. Die US-Regierung will jemanden zum Oberkommandierenden der US-Truppen im Nahen Osten haben, der auch die Befehle ausführt. Hinzukommt, dass sich der US-Zerstörer „USF-Coole" vor der libanesischen Küste befindet und dies entsprechenden Spekulationen Anlass gibt. Im Falle eines Kriegs werden die Vereinigten Staaten versuchen, Hisbollah als Bündnispartner der Islamischen Republik Iran auszuschalten.
Ich glaube, dass ein sehr wichtiger innenpolitischer Grund hinzukommt, den man auch berücksichtigen muss.

Rundfunk: Der israelische Ministerpräsident sagte kürzlich, Israel werde nicht alleine gegen den Iran vorgehen. Wie interpretieren sie diese Aussage?

Massarrat: Ich glaube, dass Israel immer die Vereinigten Staaten im Auge hat, aber möglicherweise die moralische Unterstützung Frankreichs und Deutschlands erwartet. Ich glaube, dass Israel nach einem Vorwand sucht oder auf einen solchen wartet, um eigenständig zu agieren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die USA dann versuchen werden, die amerikanische Öffentlichkeit für einen Beistand zugunsten Israels zu gewinnen. Wenn es dazu käme, dann könnte die Bush-Regierung einen Beistand zugunsten Israels innenpolitisch legitimieren und ihren eigentlichen Plan, nämlich massiv Iran zu bombardieren, umsetzen. Lassen Sie mich aber, bevor wir über einen möglichen Vorwand reden, einen anderen doch sehr wichtigen innenpolitischen Faktor hervorheben.
Wie Sie wissen, befindet sich die Bush-Regierung, aber auch das ganze neokonservative Lager in der Defensive angesichts der Popularität der beiden demokratischen Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Barak Obama. Sie lehnen den Irakkrieg ab und wollen im Falle eines Sieges eine Änderung der US-Außenpolitik herbeiführen, wofür sie auch die Zustimmung der breiten Bevölkerung haben. Ich befürchte, dass genau dieser Punkt ein weiterer innenpolitischer Grund sein könnte für Neokonservativen gerade jetzt, bevor es zu einer endgültigen Entscheidung in den USA kommt, einen Krieg vom Zaun zu brechen, der dann die Chance für alle Demokraten, insbesondere für Obama, den nächsten amerikanischen Präsidenten zu stellen, zunichte macht. Also, hier geht es um die Realisierung von zwei Zielen, nämlich erstens, das alte Vorhaben gegen den Iran umzusetzen, und zweitens den Sieg eines amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Barak Obama zu verhindern.
Ich bin sehr froh über diese Entwicklung in den USA, dass nämlich ein Präsidentschaftskandidat, der Krieg ablehnt, die Rückendeckung der US-Bürger hat, auch die beste Chance hat, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Ich bin aber zugleich auch besorgt darüber, dass gerade dies der Bush-Regierung Anlass geben könnte, mit einer neuen Aggression zu beginnen.

Rundfunk: Wie soll Iran auf diese Gefahr reagieren?

Massarrat: Ich glaube, dass die iranische Führung sehr gut beraten wäre, alles zu tun, um Israel vor der US-Wahl keinen Vorwand für eine Aggression zu geben. Ein Bespiel dafür wäre zu überprüfen, ob der für den kommenden Sommer angekündigte Abschuss eines iranischen Satelliten ins All nicht verschoben werden sollte! Denn, dies könnte als ein sehr wichtiger Vorwand von Israel benutzt werden. Israel könnte behaupten, man müsse zur eigenen Verteidigung präventiv agieren. Ein solcher Vorwand könnte auch in den USA auf ein gewisses Verständnis stoßen. Insofern würde ich sehr begrüßen, wenn die iranische Führung im Interesse der eigenen Bevölkerung vorerst von der Realisierung des erwähnten Plans absieht.
Ich glaube weiter, eine freiwillige Aussetzung der iranischen Urananreicherungsaktivitäten bis zur Präsidentschaftswahl in den USA im kommenden November könnte ebenfalls sehr hilfsreich sein, um einen Krieg zu verhindern. Denn, so wird die Bush-Regierung in die Defensive getrieben. Sie wird dann nicht mehr in der Lage sein, einen Krieg anzuzetteln. Mit einem solchen Manöver wäre Iran zum ersten Mal in der Lage, sogar auf innenpolitische Entwicklungen in den USA zu Lasten des amtierenden Präsidenten Einfluss zu nehmen. Denn, wenn der Iran ankündigen würde, bis zur nächsten Präsidentenwahl das, was der Westen immer gefordert hat, zu realisieren, dann kündigt er gleichzeitig an, dass der nächste amerikanische Präsident in der Lage sein wird, ohne Vorbedingung mit Iran ins Gespräch zu kommen. Dies ist übrigens ein Signal an den künftigen amerikanischen Präsidenten und zugleich ein Druck, sich gegenüber dem Iran anders zu verhalten, als es Bush getan hat. 

 

Das Interview wurde geführt von Seyed Hedayatollah Shahrokny

 


 

 

 

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