Dieses
Psalmwort aus Psalm 23 mag vielen vom Konfirmandenunterricht
bekannt sein. Es ist in einem Land entstanden, in dem das
Vorhandensein von Wasser gar nicht selbstverständlich, es also
von besonderer Bedeutung , ja sehr kostbar ist.
Bei
einer der Landverheißungen (Mos. 3,8) heißt es seltsamerweise
darum „In ein Land, in dem Milch und Honig fließt“ – nicht etwa
Wasser. Ist Wasser nicht kostbarer als Milch und Honig? Es ist
schön und gut, wenn es Milch und Honig gibt, also viel Weideland
für Milchkühe, - Schafe oder Ziegen und üppig blühendes Land, in
dem Bienen viel Honig sammeln können --- aber wäre ein Land mit
Wasser nicht noch viel wichtiger? fragte ich mich damals …im
Frühling 1967 .
Ich
möchte einmal nicht von meinen Begegnungen mit Menschen bei den
gut 20 Reisen ins sog. Heilige Land erzählen, sondern von
Begegnungen mit Wasser: das erste Mal kam ich im März 1967 mit
dem Schiff bis Beirut. Nun da gab es rund ums Schiff genug
Wasser. Von dort ging es mit dem Flugzeug zum damaligen
Jerusalemer Flughafen Kalandia im Westjordanland, das damals zu
Jordanien gehörte. Wir flogen über den schneebedeckten Hermon
dann über das Jordantal. Wir konnten sehr wohl sehen, wie der
Jordanfluss durch den breiten Jordangraben mäandrierte. Es muss
ein ziemlich breiter Fluss gewesen sein.
Nach ein
paar Tagen mitten in der Altstadt Jerusalems – und einem von
meinen deutschen Gastgebern längst geplanten Trip nach
Jordanien über den Yabbok, wo viele Störche auf dem Flug nach
Norden Rast hielten und später den andern Nebenfluss des Jordan,
dem Yarmuk, wo ich an einer Stelle sogar einen Blick auf den See
Genezareth in Israel werfen konnte, ging’s nach Bethlehem, wo
ich bei palästinensischen Familien zu Gast war, deren Väter die
ev. Schule und das Internat dort neben der ev. Weihnachtskirche
leiteten. Die Arbeit dort in den Schulen und in der Gemeinde
sollte ich besonders kennen lernen, um dann hier davon zu
berichten.
An
Ostern erlebte ich sogar Schnee in Bethlehem.
Meine
Gastgeber fuhren mit mir auch nach Hebron zur Abrahamsmoschee
und zu den Glasbläsern, nach Amman, zum Berg Nebo, zum
Herodesberg, nach Qumram, zum Toten Meer, wo ein Bad natürlich
zum besonderen Erlebnis gehört: man muss sich nur mit dem Rücken
aufs Wasser legen und wird getragen. Dann ging es natürlich
auch nach Jericho und an den Jordan. Von dieser Fahrt durch das
fruchtbare Jordantal ist mir noch der fast betäubende Duft der
blühenden Orangenbäume in Erinnerung. Am Jordan wollte man mir
die sog. Taufstelle zeigen, wo Jesus getauft worden sein soll.
Aber der Jordan war nach einem Regen reichen Winter so weit
über seine Ufer getreten, dass wir auf einmal wie am Ufer eines
Sees und nicht an einem Flussufer standen – so viel Wasser
hatte der Jordan selten. Selbst meine Gastgeber hatten dies so
noch nicht erlebt.
Hinter
dem uralten Jericho-Tell kamen wir zur sprudelnden Auja-Quelle,
die Jericho seit Jahrtausenden zu einer großen Oase machte, wo
es seit undenkbaren Zeiten Bananen und Dattelpalmen gibt.
Im
wasserführenden schmalen eingefassten Kanal floss das kühle
Wasser eilig hinunter zu den Feldern und Obstbaumplantagen und
dem großen Flüchtlingslager von 1948. diese Quelle ist
inzwischen versiegt, weil Israelis viel tiefere Brunnen bohren
und von dort das wasser wegholen.
Wir
hatten eigentlich auch zu den Ruinen der alten Nabatäerstadt
Petra gewollt, aber dort sei der schmale Zugang zwischen hohen
Felsen, zu einem reißenden Bach geworden, es sei sogar jemand
ertrunken. Viele Jahre später bin ich mit einem Kamel dort
hindurchgeritten , das Wadi war wieder trocken.
Auf dem
Weg nach und von Amman fuhren wir über die Jordanbrücke über
einen breiten Fluss, eben den Jordan.
Doch 21
Jahre später, also 1988, als ich mit einer Gruppe von Syrien
über Amann gekommen war und wir wieder über die Jordanbrücke
nach Jerusalem fuhren, hatten wir Mühe, den Jordanfluss unter
der Brücke ausfindig zu machen – wo war das Wasser nur
geblieben – ein Rinnsal schmutzigen Wassers war auf dem Weg zum
Toten Meer übriggeblieben.
Kein
Wunder also, als ich 2003 noch einmal am Toten Meer war: man
musste zig Meter vom ursprünglichen Ufer bis an den Rand des
Wassers laufen. Das Tote Meer ist dabei, auszutrocknen. Warum?
Weil das Wasser schon im obersten Lauf, auch aus dem See
Genezareth von Israel abgeleitet wird, um die Städte an der
Küste mit Wasser zu versorgen. Und natürlich auf dem Weg bis
dorthin schon zur Bewässerung der Landwirtschaft in Galiläa
und bis in den Negev im Süden benützt wird, wo man auf einer
Karte aus großer Höhe seltsame runde grüne Felder ausmachen
kann – das Bewässerungsrohr mit Tröpfchenbewässerung dreht sich
langsam im Kreis – hatte ich so etwas nicht auch beim Flug über
den USA gesehen?
Als ich
einmal mit Dalia, einer jüd. Freundin, durch die jüdische
Siedlung Ephrata fuhr, staunte ich nicht schlecht, als ich auf
einer kleinen Verkehrsinsel Bewässerungsschläuche entdeckte.
Hatte ich richtig gesehen? In dieser wasserarmen Gegend eine
bewässerte Verkehrsinsel ?? Diese wird – wenn auch sparsam mit
Tröpfchenbewässerung versehen, während im benachbarten
Bethlehem es an Trinkwasser fehlt. Und in anderen jüdischen
Siedlungen werden nicht nur Felder gesprengt, es gibt sogar
Swimmingpools nicht nur für die Kinder.
Auf dem
Weg in den Gazastreifen in der jüd. Siedlung direkt nördlich
davon, wohin der öffentliche Bus noch einen Abstecher machte,
wurden die grünen und frischen Rasen vor den Häusern gesprengt
--- als ob es hier jede Menge Wasser wie in Ostfriesland gäbe.
Kurz danach überquerte ich zu Fuß den Checkpoint Erez und war im
Gazastreifen, wo braune Dürre herrschte. Sollte mich das nicht
wundern?
Als ich
abends bei meinen palästinensischen Freunden die Zähne putzen
wollte – mit Wasser aus dem Wasserhahn, kam eine braune Brühe
heraus, vor der mir nur noch ekelte. Anke sagte mir dann,
‚dieses Wasser benützen wir nur für die Klospülung’ – das war
etwa 1995. ‚Wir holen unser Trinkwasser mit Kanistern von einer
der damals noch vorhandenen Quellen’. Eine der Quellen erlebte
ich in einem Orangenhain (der Familie des damaligen
Finanzministers, wo ich eingeladen war) neben der damals noch
vorhandenen jüdischen Siedlung Nezarim ….
Meine
Gastgeberin sagte mir auch, als wir über das Wasserproblem
sprachen, Israel würde das aus den Hebroner Bergen kommende
Wasser kurz vor dem Gazastreifen abfangen, sammeln und in die
israelische Wasserleitung leiten, die damals noch die jüdischen
Siedlungen versorgte.
Sara Roy
– eine Jüdin aus den USA - hatte damals schon in ihrem Gazabuch
* festgestellt, dass dieses schwerst kontaminierte Wasser bei
uns kein Gärtner für sein Gemüsebeet benützen würde. Wie muss
das Wasser heute - 20 Jahre später - 2009 erst verschmutzt
sein? Neugeborene kämen blau auf die Welt auf Grund des
Nitratgehalts des Wassers, von dem die Mütter während der
Schwangerschaft leben … Auf diese Weise kann man ein Volk – sehr
langsam, schleichend kaputt machen. Es ist keine aktive
Vergiftung, wie schon einmal – wo anders – sondern eine passive
Vergiftung, die die Welt nicht wahrnimmt, noch dazu wenn sie
wegsieht, wie schon einmal. ….nicht nur die Säuglinge sterben
langsam dahin, immer mehr Nierenkranke gibt es, für die es keine
Heilung, keine Dialysegeräte gibt und keine Möglichkeit, ein
anderes Krankenhaus aufzusuchen …
Hier
sollte noch erwähnt werden, dass es den Palästinensern seit 1967
verboten ist, neue Quellen zu bohren, eine Reihe Quellen ( wie
die von Yayous) nun hinter der Mauer liegen und dass Quellen
zerstört wurden, bzw. austrockneten, weil Israelis viel tiefer
bohren, dass Brunnen auch schon durch Siedler vergiftet wurden,
in dem tote Tiere in Brunnen geworfen wurden ( südlich Hebron),
dass nicht anerkannte Dörfer ( von Beduinen) neben jüdischen
Siedlungen ( mit Wasseranschluss) nicht an die Wasserleitung
angeschlossen werden, dass Siedler 10-18 mal mehr Wasser
verbrauchen dürfen und dass Palästinenser für das Wasser aus dem
eigenen Boden dieses mit Tankwagen kaufen und vier mal mehr
dafür bezahlen müssen. …. Hier stellen sich viele Fragen . Ja
sie müssen gestellt werden dürfen.
Ich
erinnere noch einmal an das Psalmwort.„Er führet mich zu
frischem Wasser..“ das muss vor sehr langer Zeit gewesen sein.
Davon können die Menschen im Gazastreifen und in vielen, zum
Teil nicht anerkannten Orten - da Orte von Beduinen - in der
Westbank und im Negev nur träumen…. Oder als Nierenkranke ohne
Dialysegeräte einfach sterben …
Ist das
nicht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ?
* “Gaza
Strip – The Political Economy of De-development “ S. 165 ff