Im Garten der Bigotterie und
des Extremismus
Larry Derfner
Nun ist noch so ein rechter orthodox-jüdischer Killer aus dem Nichts
aufgetaucht, was heißt, dass noch einmal das rechte orthodox-jüdische Lager
aufsteigt, während das säkulare linke Lager absteigt.
So funktioniert es jetzt: ein ‚ideologischer’ Siedler geht auf eine Zechtour
mit Bomben, Schießen und Messerstechen gegen Palästinenser, Schwule, einen
Professor der Linken, einen christlichen Missionar, vielleicht auch auf eine
Reihe Polizisten und wer weiß noch gegen wen. Sofort gesteht die
orthodox-jüdische Rechte ein, wie geschockt sie ist, beginnt sich selbst
aber himmelhoch zu rühmen, verurteilt die Medien und eine halbes Dutzend
Linke der Hetze, und schüchtert alle anderen ein, dass sie nur noch mit dem
Kopf nicken.
Die Leute von Shvut Rahel, dem Wohnort des Mörders Ya’acov Teitel, ein
verdächtiger Komplize Yoseph Shpinozas, dem früheren Kach-Aktivisten Avraham
Richard und dem verstorbenen Asher Weissgan ( der 2005 vier palästinensische
Arbeiter getötet hat) sind völlig fassungslos.
Wie konnte das nur geschehen – ausgerechnet hier? Ya’acov war ein so netter,
bescheidener und ruhiger Kerl. Er war so hilfsbereit. Natürlich verurteilen
wir Mord – was für eine Frage! Und all diese Versuche der Linken, Vorteile
aus der Situation zu ziehen und gegen alle Siedler zu hetzen. Das ist
hässlich und erbärmlich.
Je mehr man darüber nachdenkt, um so klarer wird einem, wie wunderbar Shvut
Rachel und alle anderen jüdischen Gemeinschaften in den befreiten
[besetzten, AdÜ] Gebieten sind. ‚Die Bewohner von Binyamin im allgemeinen
und von Shvut Rahel im besonderen sind ein moralisches, gesetzestreues Volk
von hoher Qualität’, sagt Avi Roeh vom Binyamin-Regionalrat.
Und nicht nur die Siedler, sondern alle Orthodoxen vom rechten Flügel, die
sich mit ihnen identifizieren. Die religiöse zionistische Bewegung ist davon
überzeugt, die Gesetze zu halten und sie verzichtet auf alle Gewalt, sagt MK
Zevulun Orlev von der Habayit Hayehudi-Partei.
Klugerweise bittet er die Öffentlichkeit und die Medien dringend, nicht
zynische Vorteile aus der Untersuchung zu schlagen, um den ganzen religiös
zionistischen Sektor abzustempeln.
Es dauerte eine Weile, aber, ich denke, schließlich ging die Nachricht
durch. Eine Menge Israelis dachten früher, es gebe eine Verbindung zwischen
den rechten orthodoxen jüdischen Killern und ihrer Umgebung. Da gab es in
den frühen 80ern eine Menge Gerede dieser Art, nachdem der jüdische
Untergrund aufgedeckt war, ebenso nach Baruch Goldstein und nach Yigal Amir.
Aber nach dem Auflösen der Gush Kativ-Siedlerkolonien ( im Gazastreifen)
stellte sich heraus, dass die Siedler eine verfolgte Gemeinschaft sind, und
nach der 2. Intifada erwies es sich, dass die Linken kein moralisches Recht
haben, ihren Mund zu öffnen. Die Wahrheit siegte durch ein K.o.
Natan Eden-Zada, der Kahane-Anhänger, der während der Auflösung der
Siedlungen in einem Bus nach Shfaram vier Araber tötet und 20 andere
verletzte, wurde als „wildes Unkraut’ bezeichnet – und keiner widersprach.
Asher Weisgan – ein anderes ‚wildes Unkraut’ – keine Widerrede. Ya’acov
Teitel, noch ein wildes Unkraut – keine Widerrede.
Hier ist eine israelische Stimme der Mäßigung, eine Stimme der Erfahrung und
Befugnis zu diesem Problem – Yisral Hasson, ein Kadima-Mitglied und früherer
stellvertretender Chef des Shin Bet redet über den Teitel-Fall: Wir müssen
nicht einen ganzen Bevölkerungsteil besudeln – zuweilen wächst auch in einem
gut gepflegten Garten wildes Unkraut.
Genau. Wildes Unkraut in einem gepflegten Garten - sie sind alle Teitel.
Weisgan, Eden-Zada, Goldstein, Amir, der jüdische Untergrund, die jüdischen
Mörder, von denen der Shin Bet sagt, dass sie noch immer herum laufen. Die
maskierten Siedler und die Hügeljugend mit Schusswaffen und Schlagstöcken –
sind sie alle Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Und die Regel ist, wenn
es um Werte geht, kann man die rechten Orthodoxen nicht schlagen – sie sind
mindestens alle Kronjuwelen wie Shvut Rahel.
Werte, Werte und noch mal Werte – reden diese Leute noch über etwas anderes,
bieten sie Israel etwas anderes als ein Modell einer Gesellschaft, die sich
auf Werte gründet, auf jüdische Werte, die kostbarsten jüdischen Werte?
Endlich sehen wir das Licht. Endlich sehen wir auch, dass all die Linken,
all die Eliten, die die Siedler kritisieren - du weißt Kobi, Moshik, Dafan
und ein oder zwei ihrer Freude – die wirkliche Gefahr, die echte Gefahr
sind. Sie sind die wirklichen jüdischen Terroristen.
Nach dem Mord an Rabin gab es so ein paar national religiöse Typen, Rabbi
Yehuda Amital und Yoel Bin-Nun, die tatsächlich sagten, das Yigal Amir gar
keine Ausnahme darstellte, die die Regel bestätigte, dass da in der
ideologischen Gemeinschaft wirklich etwas falsch lief. das half Killer zu
produzieren, etwas, das hätte geregelt werden müssen.
Es gibt sogar Leute, die sagen, vor dem Sechs-Tage-Krieg und vor der
Siedlerbewegung wäre das national-religiöse Lager für seine politische
Mäßigung bekannt gewesen, dass eine Menge von ihnen sogar Tauben waren.
Orthodoxe jüdische Peaceniks – in Israel! Kann man sich das vorstellen?
Versuche, einen heute zu finden.
Heute gibt es keinen von irgendwelchem Einfluss, weder unter den Religiösen
noch unter den Säkularen, die sagen werden, das jeder einzelne jüdische
politische Mord einzig und allein von einer Art wildem Unkraut begangen wird
– von den Orthodoxen des rechten Flügels. Es ist der Garten, der von
Bigotterie und Extremismus befallen ist.
In den ideologischen Siedlerkolonien, in Teilen Jerusalems und woanders,
wird Baruch Goldstein, der 29 betende Männer und Jungen getötet hat, als
Märtyrer verehrt. Die Mitglieder des jüdischen Terroruntergrunds, jene, die
unschuldige Palästinenser getötet und verstümmelt haben und die gemeinsam
geplant hatten, den Felsendom zu sprengen, werden als Helden und Pioniere
angesehen.
Ya’acov Teitel aus Shvut Rahel ist nicht die Ausnahme, die die Regel
bestätigt. Er ist nur der jüngste, aber nicht der letzte in einer langen
Reihe extremer aber authentischer Produkte einer Umwelt, die spirituell
krank zuweilen sogar vergiftet ist.
(dt.
Ellen Rohlfs)