22. Juli 2015:
Atempause für Susya - Kein Abriss
bis Dienstag -
medico
international
Der internationale
Druck und die Proteste haben Wirkung
gezeigt. Die israelische
Ziviladministration wird vor
kommendem Dienstag keine Schritte
gegen das Dorf Susya in den
südlichen Hebronbergen der Westbank
unternehmen. Für diesen Tag ist nun
ein Treffen zwischen den Anwälten
der Gemeinde und der
Besatzungsbehörden angesetzt. Ein
Update von medico-Büroleiter Riad
Othman finden Sie im medico-Hausblog:
https://www.medico.de/blog/artikel/atempause-fuer-susya/
Die israelische Ziviladministration
wird vor kommendem Dienstag keine
Schritte gegen die kleine Gemeinde
in den südlichen Hebronbergen der
Westbank unternehmen. Für diesen Tag
ist nun ein Treffen zwischen den
Anwälten Susyas und der Behörde
angesetzt.
Selten war ich so erleichtert
darüber, meine Planung über den
Haufen werfen zu müssen. Der Plan
für heute war eigentlich, mittags
aufzubrechen, mir in Jerusalem noch
einen Schlafsack zu kaufen und dann
einen israelischen Aktivisten
aufzunehmen, der mit mir im Auto
nach Susya fahren wollte, um dort
über Nacht die Schutzpräsenz gegen
die angekündigten Abrisse durch die
Besatzungsbehörden zu unterstützen.
Der Aufschub kann als kleiner
Etappensieg gewertet werden, der
zeigt, dass entsprechend klare
Botschaften an die israelische
Regierung, wie sie aus dem
US-amerikanischen Außenministerium
und dem Rat der Europäischen Union
kamen, in Kombination mit den
zivilgesellschaftlichen Stimmen des
Protests etwas bewirken können.
Dennoch ist es sehr
unwahrscheinlich, dass der Konflikt
zwischen den Besatzungsbehörden und
dem Dorf Susya, das stellvertretend
für so viele andere Orte und
Menschen auf der Westbank steht,
nächste Woche gelöst wird. Die
Zusicherung der Ziviladministration
verschafft den Menschen im Dorf und
ihren Unterstützer_innen lediglich
eine Atempause.
Die EU hat sich klar geäußert, dass
es gegenüber der palästinensischen
Bevölkerung einen Politikwechsel
geben müsse, solange die Besatzung
anhält. Sie "ruft Israel dazu auf,
beschleunigte palästinensische
Baumaßnahmen und die soziale und
wirtschaftliche Entwicklung in den
C-Gebieten zu ermöglichen." Dem
steht die Politik des israelischen
Staates seit Jahrzehnten entgegen.
Israel wird in der Erklärung des
Rates explizit dazu aufgefordert,
Zwangsumsiedlungen und Abrisse zu
unterlassen.
Die Frage bleibt offen, was
geschieht, wenn Israel die mahnenden
Worte nicht berücksichtigt, wie es
auch in anderen Gemeinden,
beispielsweise im Jordantal, laufend
der Fall ist, ohne dass so stark
protestiert wird wie im Falle Susyas.
Bloße "Betroffenheit" oder
"Besorgnis", je nach Anlass auch
"tiefe Besorgnis", wie man sie aus
Verlautbarungen gewohnt ist, haben
noch selten vor
Menschenrechtsverletzungen und
Brüchen der Genfer Konventionen
geschützt oder Opfern Gerechtigkeit
verschafft.
Die Regierungen, die es mit der
Zweistaaten-Lösung ernst meinen,
wären deshalb gut beraten, nicht nur
ihrer Missbilligung Ausdruck zu
verleihen, sondern zu
konkretisieren, was die israelische
Regierung zu erwarten hat, wenn
Recht fortgesetzt gebrochen wird.
Anders wird sich die
Verdrängungspolitik, deren Praxis
auf der Anwendung verschiedener
Rechtssysteme in Abhängigkeit von
der ethno-religiösen Zugehörigkeit
fußt, nicht ändern. Wie die
medico-Partner Al Mezan
Menschenrechtszentrum und Breaking
the Silence sagten: "Rechte werden
nicht gewährt, weil eine
Besatzungsmacht oder ein Staat nett
sein wollen. Man muss sie sich
nehmen. Und dafür muss man kämpfen."
Ein solcher Kampf lässt sich jedoch
nicht mit bloßen Absichtserklärungen
oder empörten Telefonaten und
Verlautbarungen gewinnen. Vor allem
dann nicht, wenn der Adressat
einfach weiter Siedlungen baut.
Nachdem zwei illegale errichtete
Bauten in der Siedlung Beit El auf
Anordnung des Obersten Gerichtshofes
abgerissen werden mussten, was zu
Siedlerprotesten unweit Ramallahs
führte, wird die israelische
Ziviladministration in den kommenden
Tagen die Bauerlaubnis für 906 neue
Wohneinheiten erteilen, davon
alleine 296 in Beit El. Das sollte
reichlich entschädigen für den
Abriss zweier Gebäude. Es ist
dieselbe Behörde, die das Dorf Susya
mit seinen gerade mal 340
Einwohner_innen niederreißen möchte.
- Mit freundlichen Grüßen, Bernd
Eichner
Betreff:
Susya, C-Gebiete, Westbank:
Nachtwachen gegen Räumung und
Verdrängung der palästinensischen
Bevölkerung -
Bernd Eichner - Pressereferent -
Press Officer - medico international
- eichner@medico.de
Sehr geehrte Damen
und Herren, trotz Protesten der EU
und des US State Department plant
die israelische Armee den Abriss des
Dorfes Susya in den nächsten Tagen.
Die kleine Gemeinde liegt in den
sog. C-Gebieten der
palästinensischen Westbank in den
südlichen Hebronbergen. Ein
exemplarischer Fall systematischer
Verdrängung der palästinensischen
Bevölkerung – zugunsten des weiteren
Ausbaus israelischer Siedlungen.
medico international unterstützt mit
palästinensischen und israelischen
Partnern die Gemeinde seit 2009.
Seit der Räumungsdrohung zeigen
zivilgesellschaftliche
Organisationen aus Israel und
Palästina gemeinsam mit der lokalen
Bevölkerung Präsenz, um die Räumung
zu verhindern oder wenigstens
Öffentlichkeit zu schaffen.
In seinem neuen Blogbeitrag
beschreibt Riad Othman,
medico-Repräsentant in Israel und
Palästina, die aktuellen
Entwicklungen und Hintergründe:
https://www.medico.de/blog/artikel/endspiel-in-susya/
Das informative Fact-Sheet (PDF;
engl.) “Susiya - A Community at
Imminent Risk of Forced Displacement“
des UN Office for the Coordination
of Humanitarian Affairs finden Sie
hier:
https://www.ochaopt.org/documents/ocha_opt_susiya_factsheet_May_2015_english.pdf
Endspiel in Susya? - C-Gebiete,
Westbank - In
dieser Woche will die israelische
Armee die kleine Gemeinde Susya,
gelegen in den C-Gebieten der
palästinensischen Westbank in den
südlichen Hebronbergen, räumen. Seit
der Räumungsdrohung zeigen
zivilgesellschaftliche
Organisationen aus Israel und
Palästina gemeinsam mit der lokalen
Bevölkerung Präsenz, um die Räumung
zu verhindern oder ihr wenigstens
Öffentlichkeit zu verleihen.
medico international unterstützt mit
palästinensischen und israelischen
Partnern die Gemeinde seit 2009. Ein
exemplarischer Fall systematischer
Verdrängung der palästinensischen
Bevölkerung aus den C-Gebieten.
Die Entscheidung des Obersten
Gerichtshofs in Jerusalem -
Anfang Mai 2015 hatte Israels
oberster Gerichtshof eine Petition
der Bewohner des Dorfes Susya,
vertreten durch die Rabbis for Human
Rights, abgelehnt. Mit dieser
Petition sollten vorliegende
israelische Abrissverfügungen wegen
fehlender Baugenehmigungen
ausgesetzt werden. Die Begründung
war, dass für August eine Anhörung
über einen Masterplan für Susya
stattfinden wird, der die weitere
Dorfentwicklung und Bebauung regeln
könnte. Dann wäre die Legalisierung
bestehender Bauten möglich geworden.
Doch das Gericht lehnte ab.
Nach jetzigem Stand hat die
israelische Ziviladministration der
Einwohnerschaft von Susya eine Liste
mit Strukturen übergeben, die nach
dem Ende des Ramadans, also
wahrscheinlich diese Woche,
abgerissen werden sollen. Das halbe
Dorf ist betroffen. Viele der
Menschen, die möglicherweise in den
nächsten Tagen ihr Zuhause verlieren
werden, sind Eigentümer der
Solarstromanlagen, die der
medico-Partner Comet-ME mit
deutschen Steuergeldern gebaut hat.
Schon vor etwas mehr als zwei Wochen
kam die Ziviladministration mit
schwerem Gerät und vermittelte den
Anschein, dass abgerissen werde. Die
Angst und Anspannung war in Susya an
jenem Tag groß. Es schien den
Beamten aber vorläufig nicht um mehr
zu gehen als um Einschüchterung. Der
Widerstand muss gebrochen werden,
denn die Abrisse sind keine Gewähr
dafür, dass die Leute nicht doch
wieder kommen. Das haben einige
Familien in Susya und an anderen
Orten in den Bergen südlich von
Hebron schon mehr als einmal hinter
sich gebracht. Israel reißt ab - die
Menschen kehren zurück und bauen
wieder auf. Susya wurde seit 2001
bereits vier Mal abgerissen. >>>
Dem
palästinensischen Dorf Susiya im
Westjordanland droht in den
kommenden Tagen die Zerstörung durch
die israelischen Behörden.
Der vorliegende Abbruchbefehl für
die Häuser in Susiya kann jederzeit
ausgeführt werden, was eine
humanitäre Krise für die rund 340
BewohnerInnen zur Folge hätte.
Weltweit wird dagegen protestiert.
Die USA und verschiedene Länder der
EU verlangen mitterweilen von
Israel, den Abbruch auszusetzen.
(http://www.theguardian.com/world/2015/jul/21/israel-demolition-palestinian-village-khirbet-susiya-eu-protest)
BDS Schweiz schliesst sich dem
Protest an und verlangt, dass sich
die Schweiz ebenfalls gegen die
Zerstörung des Dorfes ausspricht.
BDS Schweiz hat am 21. Juni 2015
einen offenen Brief an verschiedene
Mitglieder des Bundesrats
geschrieben und sie aufgefordert,
die Verletzung der Grundrechte der
BewohnerInnen Susyias durch Israel
zum Ausdruck zu bringen. Der Schweiz
als Depositärstaat der Vierten
Genfer Konvention kommt die Pflicht
zu, darauf hinzuweisen, dass durch
das Vorgehen der israelischen
Behörden in Susiya die Rechte der zu
schützenden Bevölkerung unter
Besatzung massiv verletzt werden.
Den Brief finden Sie
auf unserer Webseite. >>>
Israeli settlers demand demolition
of Palestinian village
- Charlotte Silver Rights -
Throughout Ramadan, most
Palestinians look forward to Eid
al-Fitr, the feast that marks the
end of a month of fasting. But the
residents of Susiya in the South
Hebron Hills have dreaded the
month’s conclusion: Israel has
stated that after Ramadan, it would
begin to demolish the village.
Since the Israeli high court struck
down the residents’ petition to
prohibit further demolitions in May,
the village has been at risk of
total destruction. About half of the
village’s structures are slated for
demolition at any moment. This half
consists of 10 residential homes,
one clinic, eight animal shelters
and 12 other structures.
The residents of Susiya — home to
340 people — expect these structures
to be demolished before the high
court begins an appeal hearing,
which is scheduled for 3 August.
According to media reports,
villagers met Israeli officials
overseeing the West Bank’s military
occupation last week to try to reach
an agreement under which the
residents would be relocated without
forced demolitions. During the
meeting, the military officials
reportedly suggested they were under
pressure from Israeli settlers to
relocate the villagers.
Exceptional outrage - The
impending demolition of Susiya has
garnered unusual resistance from
Israel’s staunchest ally, the United
States. John Kirby, the US State
Department spokesperson described
the proposed demolitions as “harmful
and provocative” and stated “we
strongly urge the Israeli
authorities to refrain from carrying
out any demolitions in the village.”
>>>
21. 7. 2015
Israels
verdächtiges Schweigen zu den
archäologischen Ausgrabungen in
Palästina! -
Zwei israelische Vereine erwarten,
gemäß dem
"Informationsfreiheitsgesetz", die
Ergebnisse aus israelischen
Grabungen in der Westbank.
Die israelische Regierung weigert
sich Informationen zu Dokumenten und
Funden herauszugeben. Weder Fundorte
, noch Archäologen und die
Auftraggeber werden genannt.
Die israelische Tageszeitung
"Haaretz" vermerkt, dass die "große
israelische Demokratie" es nicht
nötig hat, über Grabungen in einem
Gebiet, das ihr nicht gehört, zu
informieren und die Ergebnisse vor
der Weltöffentlichkeit versteckt.
Man muss deshalb annehmen, dass
diese Ergebnisse nicht zu den Mythen
eines jüdischen Volkes passen, das
seit tausenden Jahren dort gelebt
hat.
Eine Stellungnahme der Regierung
dazu:" Wir befürchten, dass die
Veröffentlichung von Untersuchungen
und Namen der Forscher zum jetzigen
Zeitpunkt Wut erregt und durch
Boykott die Zukunft der beteiligten
und Institutionen gefährdet wird"
Außerdem hat Israel Angst vor
"Beziehungsproblemen mit anderen
Ländern"
Es gibt keine Auskunft über Funde
und ihre Fundorte. Durch das
Oslo-Abkommen ist es eigentlich dazu
verpflichtet, und erwartet die
Einhaltung des Abkommens von
Palästina. Kaum bekannt ist, dass
Israel eine zentrale Rolle beim
illegalen Verkauf von Antiquitäten
spielt. Selbst die israelische
"Universität für Kunst und
Wissenschaften" gibt das zu: "
Israel ist eines der wenigen Länder,
das den Vertrag zum illegalen Handel
mit Antiquitäten nicht
unterschrieben hat!
Ähnlich wird auch mit den
Ausgrabungen im großen Areal des
"City of David national Park" in
Ostjerusalem verfahren: David Be'eri
ist Direktor einer Gruppe aus Eilad;
sie ist im Siedlungsbau involviert.
Ein großer Teil der Ausgrabungen
wird von ihr finanziert. Die Frage
ergibt sich, wie sich die UNESCO
dazu verhält, da der Staat Palästina
von ihr anerkannt wurde! Quelle
http://europalestine.com/spip.php?article10813
-Übersetzung G. Nehls
Das
palästinensische Dorf Susiya -
Archäologie der Enteignung
- Der Fall
des palästinensischen Dorfes Susiya
zeigt, wie Archäologie zum
Instrument israelischer
Siedlungspolitik wird. 1986 fand man
dort die Ruinen einer alten
Synagoge. Daraufhin wurden die
Dorfbewohner enteignet und das
Gelände zum archäologischen Park
deklariert. Die Bewohner wehren sich
vergeblich. Von Ylenia Gostoli
Der Weg in das Dorf Susiya führt in
die Berge südlich von Hebron. Auf
der unbefestigten Straße in Richtung
Susiya geht es vorbei an einem mit
Steinen übersäten Gipfel. Dort steht
sichtbar eine uralte Synagoge, heute
ist sie eine Moschee. "Hier war
einmal unser Dorf. Hier wurde ich
geboren", sagt der 29-jährige Abed
Nawajaa.
Das Grundstück auf das er weist, ist
umgeben von einem Stacheldrahtzaun.
Es wird vom Militär überwacht. Die
verstreuten Steinbrocken sind die
Überreste des alten Susiya. Auf dem
Grundstück stand das Dorf seit 1830.
Im Jahr 1986 wurden die Bewohner
enteignet. Ein archäologischer Park
sollte dort entstehen. Die
Dorfbewohner wurden auf ihr
Ackerland umgesiedelt, das weniger
als einen Kilometer vom früheren
Susiya entfernt liegt.
Palästinenser, vor allem die
Dorfbewohner selbst, dürfen das
Gelände seitdem nicht mehr betreten.
Ende März berichtete die israelische
Tageszeitung "Haaretz", die
Regierung habe beim Obersten
Gerichtshof des Landes beantragt,
das alte Dorf nun vollständig
abreißen und seine Einwohner in die
naheliegende Stadt Yatta umsiedeln
zu dürfen. In dem Antrag wird auch
die Antwort der israelischen
Regierung auf eine Petition der
Dorfbewohner zitiert. An der
Ausgrabungsstätte habe es kein
historisches palästinensisches Dorf
gegeben, heißt es. Zudem bestehe der
Ort lediglich aus einigen nur
zeitweise verwendeten Wohnstätten
von wenigen Familien; das Gelände
werde für den archäologischen Park
benötigt. >>>
|