Das Israelische Komitee gegen Hauszerstörungen (ICAHD)
12. Januar 2012 Herausgeber: Itay Epshtain
Dieser Artikel stellt eine politische Analyse der
Grundursachen und Konsequenzen von Israels Strategie der
Häuserzerstörung auf mit dem Augenmerk auf der Zerstörung von
palästinensischen Wohnhäusern und anderen Strukturen in der
besetzten Westbank. Alle erfassten Vorfälle sind von Partnern in der
Arbeitsgruppe Vertreibung bestätigt und dokumentiert worden.
(eine interinstitutionelle Gruppe unter der Schirmherrschaft des
Büros des UN-Hochkommisariats zum Schutz der Menschenrechte unter
dem Vorsitz des UN-Büros für die Koordination von Humanitären
Angelegenheiten. Die AG Vertreibung setzt sich aus mehr als 100
Mitgliedern wie UN-Organisationen, internationalen und lokalen
israelischen und palästinensischen NGO’S sowie Spendern zusammen.
Das ICAHD war immer ein aktives Mitglied dieser Gruppe seit seiner
Gründung 2008).
„Die Palästinenser sind bitter enttäuscht von den
Auswirkungen der israelischen Politik auf ihr Leben. Sie können sich
nicht frei auf ihrem Territorium bewegen. Sie können ihre Gemeinden
nicht planen. Sie sind aus ihren Häusern vertrieben worden. Ihre
Häuser werden immer wieder zerstört. Ich glaube nicht, dass die
meisten Leute in Israel überhaupt eine Ahnung haben, wie
Ordnungspolitiken dazu benutzt werden, um Gemeinden und Familien zu
trennen und zu schikanieren.“ Die Untergeneralsekretärin der UN
für humanitäre Angelegenheiten, Baroness Valerie Amos, Mai 2011.
2011 – Rekordjahr der Vertreibungen
Häuserzerstörungen und Zwangsräumungen gehören zu
Israels schändlichsten Praktiken in den besetzten palästinensischen
Gebieten. 2011 – ein Rekordjahr von Vertreibungen – wurden
insgesamt 622 palästinensische Gebäude von israelischen Beamten
zerstört, 36% davon (oder 222) waren Familienwohnhäuser; der
verbleibende Anteil war mit den Lebensgrundlagen verbunden
(einschließlich der Wasserspeicherung und landwirtschaftlichen
Strukturen). Das Ergebnis waren 1094 Menschen, die ihr Heim verloren
hatten, fast das Doppelte wie 2010.
Das Jordantal erlitt die höchste Zahl an
Zerstörungen (32% aller zerstörten Strukturen, 40% der zerstörten
Siedlungsstrukturen, 37% der Vertriebenen) mit 199 zerstörten
Gebäuden und 401 Menschen, die ihr Heim verloren.
Das Jordantal stellt eine bedeutende
Gebietsreserve, agrarwirtschaftliches Hinterland und eine
wirtschaftsstrategische Infrastruktur dar, um einen existenzfähigen
palästinensischen Staat zu gründen. Nicht nur das, dieses Gebiet
stellt den einzigen Landeszugang des potentiellen Staates zur
Verfügung. Israel hat indessen seit 1967 das Jordantal begehrt
sowohl wegen dessen wirtschaftlichem Potential als auch seiner
strategischen Bedeutung, um der Gründung eines funktionsfähigen
palästinensischen Staates vorzugreifen. Israel begründet seine
Präsenz in diesem Gebiet als notwendig für die Sicherheit. So hat
Premierminister Netanyahu z. B. in seiner Rede zum amerikanischen
Kongress im Mai 2011 erklärt: „Israel wird das Jordantal niemals
abgeben. Israel würde niemals einem Abzug aus dem Jordantal
zustimmen in keinem mit den Palästinensern unterzeichneten
Friedensabkommen. Und es ist unverzichtbar – wirklich unverzichtbar
-, dass Israel eine langfristige militärische Präsenz am Jordan
Fluss entlang aufrecht erhält.“ Das Jordantal, das sich der Länge
nach durch die Westbank zieht, nimmt mit seinen 1.600 km² insgesamt
29 % ihrer Fläche ein. Vor der Besetzung im Jahr 1967 lebten
ungefähr 320.000 Palästinenser dort, aber laut einem neulich vom
palästinensischen Zentralbüro für Statistiken erstellten Gutachten
sind davon heute weniger als 65.000 geblieben. Gegenwärtig
kontrolliert Israel schätzungsweise 90% des Jordantals und hat es „judaisiert“:
119 km² (12%) sind in der Hand von 37 illegalen Siedlungen, in denen
9.500 Siedler wohnen, 318 Km² (20%) bestehen aus 26 ausgewiesenen
Naturreservaten (nur 4 sind der Öffentlichkeit zugänglich) und
736km² (46%) sind geschlossene Militärzonen.
Tausende bleiben dem Risiko von Zerstörung und
Vertreibung unterworfen in der C-Zone und Ost-Jerusalem,
insbesondere in Gebieten mit strategischer Bedeutung wie Gemeinden
in der Umgebung von Jerusalem sowie im Jordanland. Das ICAHD hat
lange vor der Entstehung eines „größeren Jerusalem“ gewarnt, wobei
die Judaisierung von Ost-Jerusalem und die Vertreibung der Beduinen
im größeren Jerusalem (zwischen Ost-Jerusalem und Ma’aleh Adumim)
einhergeht mit der Ausdehnung von Ma’aleh Adumim und Mevasert Adumim,
die ganze Strecke zum Jordantal hin. Der Sinn dieser Entwicklung
liegt nicht nur in der Schaffung eines größeren Jerusalem, welches
das Zentrum der Westbank kontrolliert, vielmehr schließt das
Entstehen zusammenhängender Gebiete unter israelischer Besatzung
auch faktisch die Zwei-Staaten-Lösung aus.
Die Zerstörungen zielen ab auf ungeschützte
Gemeinschaften, darunter auch Beduinen und Hirten, die oft bereits
mehrmals vertrieben worden waren in der Zeit seit 1948. 2011 waren
60 % der abgerissenen Gesamtstrukturen in ländlichen Gebieten; diese
Bewohner stellen mehr als 80% aller vertriebenen Menschen dar. Die
palästinensischen Gemeinschaften der Beduinen, die auf den Hügeln im
Osten Jerusalems leben, sind einem in starkem Maße wachsenden Risiko
einer erzwungenen ethnischen Vertreibung ausgesetzt. Die Gemeinden
sind von den israelischen Behörden informiert worden, dass sie keine
andere Möglichkeit haben, als das Gebiet zu verlassen (als Teil
eines größer angelegten Plans, die in der C-Zone lebenden
Gemeinschaften der Beduinen umzusiedeln). Die Zwangsumsiedlung der
Beduinen würde sich aus nachteilig auf deren semi-nomadische
Lebensform auswirken.
Das ICAHD hat zur internationalen Mobilisierung
aufgerufen, um solch einen Vorfall zu verhindern, die israelischen
„Verpflichteten“ zur Rechenschaft zu ziehen und sie von
schwerwiegenden Verstößen gegen das Völkerrecht abzuhalten. Im
Anschluss an ein Treffen mit Mitarbeitern des ICAHD im November 2011
bat der Sonderberichterstatter zur Menschenrechtslage in den
besetzten Palästinensischen Gebieten, Prof. Richard Falk um
dringende Aufmerksamkeit für die Notlage der palästinensischen
Beduinen in der besetzten Westbank: „Der gegenwärtige beispiellose
Druck, der von israelischen Behörden und Siedlern ausgeübt wird, um
ganze Gemeinden von palästinensischen Beduinen aus der C-Zone zu
vertreiben, ist verwerflich, illegal und muss aufhören. Die geplante
Umsiedlung der palästinensischen Beduinen ohne die freie und
bewusste Zustimmung der Gemeinden läuft auf eine Zwangsumsiedlung
von beschützten Personen unter Humanitärem Völkerrecht hinaus.“
Prof. Falk fügte hinzu: „Die geplante Umsiedlung der
Beduinen-Gemeinden wirft viele Bedenken auf hinsichtlich der
Einhaltung der Menschenrechte, besonders in Anbetracht von
gewaltsamen Vertreibungen und Zwangsumsiedlungen.“ Im Anschluss an
eine kurze Unterweisung und einen Besuch vor Ort unter Führung von
Mitarbeitern des ICAHD erhielten die Europäischen Außenminister
einen Bericht, der von den Europäischen Konsulen in Ramallah und
Ost-Jerusalem über die Situation der Palästinenser innerhalb der
C-Zone der Westbank erstellt worden war. Andrew Standley, der
Botschafter der EU in Jerusalem, reichte beim israelischen
Außenministerium eine formelle Protestnote ein zu Plänen der
Umsiedlung von Beduinen und der Zerstörung von palästinensischen
Häusern in der Zone E1 in der Nähe der Siedlung Ma’aleh Adumim in
der Westbank. Der Botschafter brachte auch tiefe Besorgnis zum
Ausdruck über die Verschlechterung der Situation der
palästinensischen Einwohner in der C-Zone der Westbank unter
israelischer Kontrolle.
Die Vertreibung hat besonders drastische
Auswirkungen auf Frauen und Kinder, speziell wegen der Unterbrechung
der Grundausbildung, was post-traumatische Belastungsstörungen,
Depressionen und Angstzustände zur Folge hat. 609 Kinder im Alter
unter 18 Jahren (60% aller Vertriebenen) waren von der Vertreibung
betroffen.
Vertreibungen in der West Bank (einschließlich
Ost-Jerusalem)
Summe aller abgerissenen Gebäude
abgerissene Wohnhäuser: |

vertriebene Menschen: |

Monatliche Zerstörungen: |
Vertreibungen nach der Region
Summe der abgerissenen Gebäude:

Abgerissene Wohnhäuser: |

vertriebene Menschen |

Vertreibung von
Hirten-Gemeinschaften (Beduinen/Hirten)
Summe der abgerissenen Gebäude |
Ethnische Vertreibungen und die
Judaisierung
Die Zerstörung von palästinensischen Häusern ist
politisch motiviert und strategiekonform. Das Ziel ist dabei, die
vier Millionen Einwohner der Westbank, von Ost-Jerusalem und Gaza in
kleine Enklaven zu sperren und somit auf effektive Weise einen
lebensfähigen palästinensischen Staat zu verhindern und die
israelische Kontrolle abzusichern einhergehend mit der Enteignung
von Land, der ethnischen Vertreibung der Palästinenser und der
Judaisierung der besetzten Westbank.
Nach dem Kantonalisierungsplan, der von der
gegenwärtigen wie schon von der früheren israelischen Regierung
verfolgt wird, würde Israel die Siedlungsblöcke, in denen 80% der
Siedler leben, annektieren zusätzlich zum „größeren Jerusalem“ und
dem Jordantal. Es würde schätzungsweise 85% des Landes
judaisieren und für die Palästinenser würden nur 15% bleiben in
Form von zusammenhanglosen Enklaven. Israel würde alle Grenzen
kontrollieren, alle See- und Flughäfen, den palästinensischen
Luftraum, die elektro-magnetische (Kommunikations-) Sphäre und die
Randgebiete der Westbank. In dieser Version der Zwei-Staaten-Lösung
wäre den Palästinensern eine wirkliche nationale Selbstbestimmung
vorenthalten. Der palästinensische „Staat“ hätte nur begrenzte
Souveränität und keine lebensfähige Wirtschaft. Man hätte die
Erwartung, dass dieser Staat dann alle rückkehrwilligen Flüchtlinge
aufnehmen würde, obwohl er über kein wirtschaftliches
Entwicklungspotential verfügen würde und seinen künftigen
Generationen keine Perspektiven bieten könnte.
Wir sind Zeuge eines Prozesses von Ethnischer
Vertreibung und Judaisierung, institutionalisierter Politiken,
um die ethnische, religiöse und rassische Zusammensetzung einer
betroffenen Bevölkerungsgruppe zu verändern – der Palästinenser,
die in der C-Zone der besetzten Westbank leben – und das hat zu
einer Situation geführt, in der breite Teile dieser
Bevölkerungsgruppe von dieser Zone in die A- und B-Zone ziehen, die
unter Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde stehen, nicht
unbedingt freiwillig, sondern mangelnder Alternativen wegen, oder in
anderen Worten, weil sie gehen mussten. Israels Politiken schaffen
nicht nur eine Situation, in der es zu Vertreibungen kommt, sondern
auch de facto zu Zwangsdeportationen, die den Bestand eines
Kriegsverbrechens erfüllen kann. In Fällen, in denen Palästinenser
physisch aus ihren Gemeinden deportiert wurden und/oder es ihnen
nicht gestattet ist, dorthin zurückzukehren, hat Israel in der Tat
das Kriegsverbrechen der Zwangsdeportation begangen. Zusätzlich
umfassen Israels Politiken und Praktiken in der Westbank das, was in
Artikel 7(1)(d) des Römer Statuts des Internationalen
Strafgerichtshofs als „inhumane Handlungen“ definiert wird und
stellen gleichwohl eine Verletzung der UN Konvention zur Bekämpfung
und Bestrafung des Verbrechens der Apartheit von 1973 dar.
“Nach international geltendem Recht, so
beobachtet das Gericht, waren dies somit besetzte Gebiete, in denen
Israel den Status einer Besatzungsmacht hatte. Die Geschehnisse in
diesen Gebieten haben seither nichts getan, um die Situation zu
verändern. Das Gericht gelangt zu der Schlussfolgerung, dass all
diese Gebiete (einschließlich Ost-Jerusalem) besetzte Gebiete
bleiben und dass Israel weiterhin den Status einer Besatzungsmacht
beibehält.“ Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom
Juli 2004
Rechtliche Rahmenbedingungen
Um in Jerusalem und der C-Zone (70% der von
Israel kontrollierten besetzten Westbank) Häuser bauen zu dürfen,
müssen die Palästinenser eine Baugenehmigung beantragen bei denen,
die diese Gebiete kontrollieren - den israelischen Behörden. Die
überwiegende Mehrheit der Abrissverfügungen werden erlassen, weil
ein Wohnhaus oder anderes Gebäude ohne israelische Erlaubnis gebaut
worden ist. Unter Israels Politik der Einteilung in Zonen können die
Palästinenser nur in 13% von Ost-Jerusalem und in nur 1% der C-Zone
bauen. In beiden Fällen sind diese Bereiche bereits regelrecht
überbaut. Mehr als 94% aller palästinensischen Bauanträge sind in
den letzten Jahren abgelehnt worden. Das bedeutet, dass wenn eine
Familie Zuwachs erhält oder eine Gemeinde möchte eine Infrastruktur
aufbauen, um ihren Grundbedürfnissen nachzukommen, so haben sie die
Wahl entweder ohne Genehmigung oder überhaupt nicht zu bauen. Viele
bauen schließlich, um den dringenden Bedarf zu decken in der
Hoffnung, von einem Abriss verschont zu bleiben. Leider steigt die
Zahl der vom Abriss ihrer Häuser betroffenen Menschen weiterhin
ständig an.
Israels Praktiken in den besetzten
palästinensischen Gebieten (OPT) verstoßen gegen das Recht auf
angemessenen Wohnraum, das in mehreren Organen der Internationalen
Menschenrechte verankert ist. Ausdrücklich ist das Menschenrecht
auf passenden Wohnraum enthalten u. a. in der Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte von 1948 (Art. 11), dem Internationalen Pakt über
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966 (Art. 11),
dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von
1966 (Art. 17), der Internationalen Konvention zur Beseitigung jeder
Form von Rassendiskriminierung von 1969 (Art. 5(e) (iii), die
Konvention über die Rechte des Kindes von 1990 (Art. 16, 27) sowie
in den Allgemeinen Anmerkungen 4 (1991) und 7 (1997) des UN-Komitees
für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.
Das Recht auf angemessenen Wohnraum ist ein
wesentlicher Bestandteil des Rechts auf einen angemessenen
Lebensstandard. Wenn das garantiert ist, bietet es die Grundlage zur
Verwirklichung anderer Rechte einschließlich des Rechts auf Familie,
Arbeit, Bildung und letztendlich der nationalen Selbstbestimmung.
Israel ist Vertragspartner und gebunden an den Internationalen Pakt
über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR), der
ausdrücklich das Recht auf angemessenen Wohnraum garantiert. (Art.
11.1): „Die Vertragsstaaten des gegenwärtigen Paktes erkennen das
Recht eines jeden auf einen angemessenen Lebensstandard für sich
selbst und seine Familie an, einschließlich ausreichender Ernährung,
Bekleidung und Unterbringung sowie zur ständigen Verbesserung seiner
Lebensbedingungen.“ Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale
und kulturelle Rechte interpretierte den Inhalt der
Menschenrechtsbestimmungen in dem Pakt (Allgemeine Anmerkung 4 – Das
Recht auf angemessene Unterbringung) dahingehend, dass das „Recht
auf Wohnraum nicht im engen und restriktiven Sinn ausgelegt werden
sollte, indem man den Schutz beispielsweise lediglich darin sieht,
ein Dach über dem Kopf zu haben oder in der Unterkunft als reines
Versorgungsgut. Es sollte vielmehr als Recht betrachtet werden,
irgendwo in Sicherheit, Frieden und Würde zu leben.“ Das schließt
auch die Sicherheit einer Beschäftigung, Zugang zu Dienstleistungen
und kulturelle Eignung ein. Der Ausschuss hat ebenso in seiner
allgemeinen Anmerkung 7 (Das Recht auf angemessenen Wohnraum –
Zwangsräumungen) festgelegt, dass gewaltsame Vertreibungen prima
facie (auf den ersten Blick) unvereinbar sind mit den Bedingungen
des Vertrags, und dass geeigneter Verfahrensschutz, ein ordentliches
Verfahren, angemessene alternative Unterbringung, Wiederansiedlung
oder Zugang zu nutzbarem Land von einer Vertragspartei des Paktes,
wie es Israel ist, gewährleistet sein müssen. Israels Behauptung,
dass der Vertrag in den besetzten palästinensischen Gebieten nicht
gelten würde, ist von allen Menschenrechts-Vertragsorganen der UN
zurückgewiesen worden, die die Einhaltung der Verträge überwachen.
Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Rechte, ein Organ von unabhängigen Experten, das die
Umsetzung des Vertrags kontrolliert, hat in seinen abschließenden
Beobachtungen für 2011 (worauf die Entscheidung des Komitees, was
den Status des Vertrags gegenüber einer vorhandenen Vertragspartei
anbelangt, beruht) Israel aufgerufen, die Zerstörung von Häusern,
Zwangsvertreibungen sowie die Aufhebung des Wohnsitzes in den
besetzten palästinensischen Gebieten und Ost-Jerusalem unverzüglich
einzustellen. Nachdem der Ausschuss den staatlichen Bericht von
Israel auf die Einhaltung des internationalen Paktes für
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte überprüft und mit dem
Parallel-Bericht des ICAHD abgeglichen hatte, empfahl es, dass
Israel seine Vorgehensweise überdenken und umgestalten sollte, um
sie mit den Empfehlungen des ICAHD und Partnerorganisationen für
Frieden und Menschenrechte zu koordinieren. Das ICAHD, dem beim
Wirtschafts- und Sozialrat der UN ein besonderer Beratungsstatus
eingeräumt wurde, wird dem Ausschuss der Vereinten Nationen für die
Beseitigung der Rassendiskriminierung, der im Februar 2012 zusammen
trifft, einen Parallel-Bericht vorlegen, in dem die Tendenzen zur
ethnisch bedingten Vertreibung und Israels rassistische
Diskriminierungspolitiken und -praktiken näher beleuchtet werden.
„Das Komitee ist tief besorgt über die
Hauszerstörungen und Zwangsräumungen in der Westbank, besonders in
der C-Zone und in Ost-Jerusalem, die von israelischen Behörden,
Militärbediensteten und Siedlern vorgenommen werden. Das Komitee
ermahnt die Vertragspartei, den Hauszerstörungen unverzüglich
Einhalt zu gebieten. Das Komitee spricht weiterhin die Empfehlung
aus, dass der Vertragsstaat seine Wohnungspolitik und die Erteilung
von Baugenehmigungen überdenkt und überarbeitet, um dem Abriss von
Häusern und Zwangsräumungen vorzubeugen und die Legalität von
Bauprojekten in jenen Gebieten zu gewährleisten.“ Das Komitee
für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten
Nationen, Dezember 2011
Als Besatzungsmacht ist Israel
verpflichtet, die Häuser der unter dem Schutz des internationalen
humanitären Rechts (namentlich den Haager Bestimmungen und der
Vierten Genfer Konvention) stehenden Personen (Palästinenser) zu
schützen. Israel ist an die Vierte Genfer Konvention zum Schutz von
Zivilpersonen in Kriegszeiten gebunden, zu deren Unterzeichnern
Israel gehört. Der Artikel 53 verbietet die Zerstörung von Anwesen,
wenn es nicht durch militärische Notwendigkeit gerechtfertigt ist.
Die Vierte Genfer Konvention untersagt auch den Transfer der
Zivilbevölkerung einer Besatzungsmacht in das Land, das sie besetzt
hält sowie den Transfer der unter Besatzung stehenden
Zivilbevölkerung aus ihrem eigenen Territorium heraus. Artikel 49
schreibt folgendes vor: „Zwangsweise Einzel- oder Massenumsiedlungen
sowie Deportationen von
geschützten Personen aus besetztem Gebiet nach dem Gebiet der
Besetzungsmacht oder dem irgendeines anderen besetzten oder
unbesetzten Staates sind ohne Rücksicht auf ihren Beweggrund
verboten.“ Israels Behauptung, die Vierte Genfer Konvention würde
für die besetzten palästinensischen Gebiete nicht gelten, ist von
der internationalen Gemeinschaft abgelehnt worden, einschließlich
dem UN-Sicherheitsrat und dem Internationalen Gerichtshof (ICJ).
Weiterhin ruft die Haager Konvention von 1907 Vertragsstaaten dazu
auf, die Ehre und Rechte der Familie, das Leben von Menschen, deren
Privateigentum sowie deren religiöse Überzeugungen und Praktiken zu
respektieren, schützen bzw. ihnen gerecht zu werden.
Gemäß dem israelisch-palästinensischen
Interimsabkommen von 1995 hätten die Zuständigkeiten und
Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der Zoneneinteilung und
Planung im Gebiet C innerhalb von 18 Monaten der palästinensischen
Kontrolle übertragen werden sollen. Dies ist jedoch nicht geschehen
in den 17 Jahren seit der Unterzeichnung dieses Abkommens und Israel
setzt immer noch die Vertreibung der palästinensischen Einwohner der
Westbank fort in Zuwiderhandlung des Völkerrechts und der
bi-lateralen Vereinbarungen.
Die illegale israelische Praxis der Zerstörung
von Häusern, der Basisinfrastruktur sowie den Lebensgrundlagen macht
weiterhin palästinensische Gemeinden in Ost-Jerusalem und der
C-Zone zunichte. Die Zerstörungen führen zu einer gravierenden
Verschlechterung der Lebensbedingungen von ganzen Gemeinden. Eine
große Anzahl von Palästinensern sind mit zunehmender Armut und einer
langfristigen Instabilität konfrontiert, und haben nur begrenzten
Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Bildung,
Gesundheitsversorgung, Wasser und sanitären Einrichtungen als Folge
dieser Praktiken.
Gewalttätigkeiten der Siedler
Die Eskalation der Vertreibungen im Jahr 2011
folgt einer Welle von Aggressionen der Siedler als Folge von
Versuchen, Land von palästinensischen Kommunen zu konfiszieren.
Aufgrund der wöchentlich stattfindenden Übergriffe von Siedlern hat
sich die Zahl der palästinensischen Opfer und Sachschäden 2011 um
40% erhöht im Vergleich zum Vorjahr, darunter drei getötete und 167
verletzte palästinensische Männer, Frauen und Kinder. Israels
Politik der Förderung der Ansiedlung seiner Bürger innerhalb der
besetzten palästinensischen Gebiete, unter Missachtung des
Völkerrechts, hat diese Siedlergewalt herbeigeführt.
Israels Politik der Judaisierung und
Vertreibung hat zu der Annexion von palästinensischem Land,
Wasserressourcen und Verkehrswegen geführt und hat zwei getrennte
Systeme von Rechten und Privilegien geschaffen zu Gunsten
israelischer Bürger auf Kosten der palästinensischen Bewohner der
besetzten Westbank. Die Gewaltakte der Siedler sorgen für einen
ständigen Druck auf den palästinensischen Gemeinden, der durch
Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und Hauszerstörungen noch
verschärft wird. Das Büro der UN für die Koordination von
Humanitären Angelegenheiten hat 80 palästinensische Gemeinden, in
denen 250.000 Menschen leben, ermittelt, die dem Risiko der
Siedlergewalt ausgesetzt sind.
Israel kontrolliert nun mehr als 40% der Westbank
durch 149 Siedlungen und 102 Außenposten, in denen mehr als 500.000
jüdische Israelis wohnen, sowie durch geschlossene Militärzonen und
ausgewiesene Naturschutzgebiete. Zusätzlich haben die
Hauszerstörungen, Zwangsräumungen und Landenteignungen – verstärkt
noch durch Übergriffe von Siedlern und die wirtschaftlichen
Auswirkungen der Einschränkung der Bewegungsfreiheit – dazu geführt,
dass palästinensische Gemeinden um ihren Lebenserhalt kämpfen
müssen. Palästinenser leben in ständiger Angst vor Vertreibung und
Zerstreuung, während Israel seine Vorherrschaft und Kontrolle
absichert.
Empfehlungen
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Das
ICAHD fordert ein Ende der Besatzung der palästinensischen
Gebiete und eine sofortige Beendigung der Zerstörung von
palästinensischen Häusern, Schulen und der Infrastruktur, was zu
Vertreibung und Enteignung führt.
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Das
ICAHD fordert die Übertragung der Zuständigkeiten und
Verantwortlichkeiten, die mit der Planung und Zoneneinteilung in
der Westbank – einschließlich der Zone C – verbunden sind, an
die palästinensische Gerichtsbarkeit in Übereinstimmung mit dem
Völkerrecht und den bi-lateralen Vereinbarungen. Damit kann ein
Planungssystem berücksichtigt werden, das die Beteiligung der
Gemeinden auf allen Ebenen des Planungsprozesses ermöglicht.
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Das
ICAHD fordert, dass Familien, die zwangsweise vertrieben wurden,
das Recht erhalten, in Würde und Sicherheit zu ihren Häusern
zurückzukehren und eine Wiedergutmachung erhalten für alle
erlittenen Schäden, einschließlich der Zerstörung von Land,
Häusern und Eigentum.
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Das
ICAHD fordert die Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen
der EU und Israel und des Freihandelsabkommens zwischen den USA
und Israel, solange bis Israel das Völkerrecht einhält und seine
illegale Politik der Häuserzerstörung, gewaltsamen Vertreibung
und Kolonisierung beendet.
Alle verzeichneten Vorfälle wurden überprüft
und von Partnern in der Arbeitsgruppe zur Vertreibung dokumentiert.

Übersetzt von Fatima
Radjaie