Die brutale Besatzung fordert ihren Zoll von Israels Seele
Dorothy Naor,
israelische Friedensaktivistin
New Profile, 11. Mai 2005 (Memorialday)
Heute gedenkt
Israel seiner mehr als 20 300 Toten, die seit 1948 getötet wurden.
So viele Tote – wofür?
Weder die
Errichtung eines jüdischen Staates noch die israelische Siege
erreichten das Ziel des zionistischen Traumes : Sicherheit für
Juden. Im Gegenteil – nirgendwo anders in der Welt sind nach dem 2.
Weltkrieg Juden weniger sicher als in Israel.
Nur während der
letzten 4 ½ Jahre sind fast 1000 Zivilisten bei Angriffen ums Leben
gekommen. Nebenbei: die augenblickliche relative Ruhe (April 2005)
in Israel ist illusorisch. Die Gewalt wird wieder ausbrechen, wenn
Israels Führer nicht mit der Expansion und der ethnischen Säuberung
aufhören.
Der Verlust des
Lebens ist aber „nur“ ein Preis der Besetzung. Israelis
bezahlen auch teuer mit Armut, Gewalt und post-traumatischem
Stress. Drastische Kürzungen bei sozialen Leistungen haben Israels
Sozialausgaben zu den niedrigsten in westlichen Ländern reduziert.
Sie lassen 1,5 Millionen Israelis unter die Armutsgrenze fallen.
Eines von drei Kindern ( nach Ran HaCohen 33%) geht hungrig zu Bett;
mehr Israelis denn je sind von Suppenküchen abhängig und sind
obdachlos. Auf ihre Kosten verschwendet die israelische Regierung
enorme Summen, um Groß-Israel zu schaffen.
Die
Trennungsmauer wird für 4 Millionen/ Meile errichtet – 400 Meilen (
ca. 640km) sind geplant. Zweimal so lang als die Grünen Linie. 6000
hoch subventionierte vorstädtische Häuser sind in
Westbank-Siedlungen geplant. Und viel Geld ist da, um Straßen “nur
für Israelis“ in den palästinensischen Gebieten zu bauen.
Die schlechter
werdende wirtschaftliche Situation trägt zur Eskalation von Stress
und Gewalt bei. Auf diese Weise wird eine/r von fünf alten
Israelis schlecht behandelt, und die israelische Polizei berichtet
von einer 36%en Zunahme von Gewalt unter Minderjährigen im
vergangenen Jahr.
Ein direkter
Preis der Besatzung und Bedrohung für Israels Wohlergehen ist
post-traumatischer Stress. Jüdische Jugendliche in anderen Ländern
müssen sich nicht damit aus einander setzen, da sie nach
Schulabschluss tun können, was sie wollen. Israelische 18-Jährige
jedoch sind dazu verurteilt, eine vor allem zivile Bevölkerung zu
bekämpfen, weil ihre Regierung nicht genug Land bekommen kann.
Die Folge davon
ist eine post-traumatische Störung als anhaltende Bedrohung. 2003
starben mehr Soldaten durch Selbstmord als während eines Kampfes.
Andere werden nach der Entlassung aus dem Militär drogen- und
alkoholabhängig. Und andere werden gewalttätig.
„Dies ist eine
tickende Bombe“, sagte ein Berater eines Rehabilitationszentrums.
Für viele Soldaten ist Hilfe nicht erreichbar. Sie gehen durch
schreckliche Qualen durch Drogen, Schläge, Gewalt, Unduldsamkeit,
... Soldaten, die mit der zivilen Bevölkerung zusammenstoßen, merken
nach der Entlassung, dass sie Unrecht taten.“
Hunderte
„laufen mit dem Gefühl herum, dass das Leben keinen Sinn mehr hat,
der Weg zum Selbstmord und zu Drogen ist dann sehr kurz. Wir
fürchten, dass frühere Soldaten infolge ihrer Qualen kriminelle Akte
begehen,“ sagte er noch.
Eine entlassene
Soldatin gibt der „ kranken israelischen Gesellschaft“ die Schuld
am Drogen-Phänomen. Es ist eine Kriegsgesellschaft. Der Soldat, der
„einen Mann oder ein Kind getötet hat“ oder „ bei Nacht in die
Wohnung einer arabischen Familie eingedrungen ist, ein Kind, eine
Mutter geschlagen und den Vater verhaftet hat“ nimmt nach der
Entlassung Drogen, um die Bilder zu vergessen, die ihn ständig
verfolgen. Sie sagte, dass die Drogen ein “Ausdruck des starken
Wunsches junger Israelis ist, dem Wahnsinn zu entfliehen, zu dem sie
gezwungen worden waren.
Yehuda Shaul
von „Das Schweigen brechen“ ( Bekenntnisse von Soldaten, die sich an
Palästinensern vergangen hatten) fasst zusammen: „Es ist eine
Situation, die jeden kaputt macht ...jeder fängt wo anders an und
endet an verschiedenen Punkten, aber jeder geht durch diesen
Prozess. Keiner kommt aus den Gebieten, ohne dass dieser tiefe
Narben in ihm zurücklässt und seinen Kopf verwirrt.
Wenn Israelis
Sicherheit und Frieden erfahren wollen, dann muss ihre Regierung die
Besatzung und die Gewalt aufgeben. Theodor Herzl, der Vater des
Zionismus, hat sehr weise beobachtet und gesagt:“ „Unterdrückung
schafft natürlich Feindschaft gegen den Unterdrücker....“
Die einzige Hoffnung für
eine bessere Zukunft für Israelis liegt in der Gerechtigkeit und
Freiheit für Palästinenser. Sari Nusseibeh, Rektor der Universität
al-Quds sagte: „Entweder gehen wir gemeinsam unter oder schwimmen
gemeinsam.“
(dt. ellen
rohlfs) |