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Gedanken zum
Flüchtlingsdrama
von Felicia Langer,
12. September 2015

Hunderte, Tausende
Menschen aus Krisen- und
Kriegsgebieten im Nahen Osten und in Afrika
suchen
auch
in Europa Zuflucht. Sie haben den Bildschirm
erobert. Das Willkommen, das ihnen die
Menschen in Deutschland
bereiten,
ist rührend.
Kleine Kinder umarmen die Puppen und
Stofftiere, die sie geschenkt bekommen, mit
einem Strahlen, das das Herz erwärmt.
Die Erwachsenen, die Alten, müde und
erschöpft, lächeln vor Glück über diesen
Empfang.
Und ich, die ein Flüchtlingskind war mit
neun Jahren 1939, bin stolz auf diese
Menschlichkeit hier in Deutschland.
Es gibt auch jemand anderen auf dieser Welt,
der zwar
ausnahmsweise die Bildschirme meidet,
aber doch seine Botschaft verkündet: Es ist
Benjamin Netanjahu, der nach einer Anfrage
erklärte, dass Israel zu klein sei, um
Flüchtlinge zu empfangen...
Was für eine Chuzpe muss man haben als
israelischer Premierminister, um dies
sagen zu können, denn
Israel ist verantwortlich
für eine der größten Flüchtlingstragödien
der neuen Geschichte: 800 000 Palästinenser
wurden 1948 vertrieben und es
wird ihnen trotz der UNO-Resolution 194 vom
Dezember 1948 bis heute nicht erlaubt,
heimzukehren.
Israel hat auch Tausende Palästinenser 1967
vertrieben, viele von ihnen zum
zweiten Mal, und jetzt vertreibt es
weiter, bis heute, oder zerstört die Häuser
der Menschen in Gaza, die nicht
einmal fliehen
können.
Es gibt circa fünf Millionen
palästinensische Flüchtlinge, viele leben
immer noch in
Flüchtlingslagern im Libanon oder in
Jordanien, andere müssen in der ganzen Welt
verstreut leben.
Ja, Netanjahu
ist Israels Orban im Geiste, obwohl Ungarn
im Unterschied zu Israel keine Menschen
vertrieben hat.
Benjamin Netanjahu ist das Böse
in Person und wenn er so eine Erklärung
macht, spricht er natürlich nicht im
Namen der Friedensmenschen in Israel.
So sehr ich stolz auf das Willkommenheißen
der Flüchtlinge in Deutschland bin, so sehr
verachte ich Netanjahus Haltung. Denn das
ist nicht nur eine Schande, es ist ein
Verbrechen gegen das Völkerrecht.