Brief an Herrn Dr.
Felix Klein Beauftragter der Bundesregierung für
jüdisches Leben in Deutschland Bundesministerium
des Innern, für Bau und Heimat Alt-Moabit
140 - 10557 Berlin
Reiner Bernstein -
München, 08. Mai 2019
Sehr geehrter Herr Dr.
Klein,
ich
höre, dass Sie die Vortragsrunde von Herrn Arye
Sharuz Shalicar in der Bundesrepublik finanziell
fördern. Ihre Entscheidung löst bei mir äußerste
Betroffenheit aus.
Ich bin
1968 an der Freien Universität Berlin mit einer
Arbeit über den Antisemitismus in der Weimarer
Republik promoviert worden. Seit 2005 war ich der
deutsche Vertreter der israelisch-palästinensischen
Genfer Initiative, dem Modell für die
Zwei-Staaten-Lösung. Außerdem habe ich sechs Jahre
lang die Bürgerinitiative Stolpersteine für München
e.V. geleitet.
Ich
nehme an, dass Ihnen bewusst ist, dass die
Kriminalisierung der BDS-Kampagne, die ich aus
verschiedenen Gründen nicht unterstütze, darauf
abzielt, die internationale Diplomatie und
Öffentlichkeit auf die Annexion „Judäas und Samarias“
nach Ost-Jerusalem einzustimmen. Hierauf habe ich
vor kurzem auch die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela
Merkel aufmerksam gemacht. Seit einigen Monaten
liegt mein jüngstes Buch „Wie alle Völker…?“ zur
Rezeption des israelisch-palästinensischen Konflikts
seitens unserer Politik vor.
Meine
Ehefrau Judith Bernstein wurde als Tochter
deutsch-jüdischer Eltern in Jerusalem geboren, ihre
Großeltern mütterlicherseits wurden Anfang März 1943
aus Erfurt nach Auschwitz deportiert und dort
ermordet. Wer hierzulande den Namen Bernstein trägt,
braucht keine Belehrungen über die Reichweite und
die Tiefenwirkung fortwährender antijüdischer
Ressentiments.
mehr >>>
(Kommentar - E. Arendt - Eine
Vortragsrunde von Arye Sharuz Shalicar finanziell zu
fördern ist so, als würden man dem AFD Strategen Björn
Höcke fördern.)
„Lebt mit der Angst!“
Reiner Bernstein - 1. .5 2019 -
Im November 2018 stellte Arye Sharuz Shalicar, ehemals Sprecher der israelischen
Armee und seit 2017 Mitarbeiter des Ministeriums für Transport und
Geheimdienste, in der Münchner Israelitischen Kultusgemeinde sein Buch „Der
neu-deutsche Antisemit“ vor. Im Werbetext der Gemeinde – wer trägt dafür die
Verantwortung? – wurde darauf hingewiesen, dass der Reservemajor beruflich „auf
deutsche Spitzenpolitiker, Vertreter von NGOs, Journalisten, Polizisten,
Bundeswehrsoldaten, Akademiker und Pilgergruppen“ trifft. Er selbst wandte sich
an seine Gegner mit einer Drohung, welche die Tageszeitung „Die Welt“ übernahm:
„Die Message dieses Artikels geht auch raus an all diejenigen in
Deutschland, die denken, dass sie den Davidstern öffentlich verbrennen können,
ohne dafür bestraft zu werden. WIR wissen, WER ihr seid, WO ihr seid und WIE
WIR EUCH zur Rechenschaft ziehen können. WIR bestimmen Zeitpunkt und Ort. Lebt
mit der Angst!“
Shalicar, 1977 in Göttingen in eine jüdisch-iranische Familie geboren,
definiert einen rechtsfreien Raum in Deutschland, in dem die israelische
Regierung nach eigenem Gutdünken frei schalten und walten kann, und liefert
somit die in Jerusalem bevorzugte Interpretation der besonderen
israelisch-deutschen Beziehungen.
Ich bin ihm nie begegnet. Ich vermute, dass er nie einen Text von mir
gelesen hat oder eine meiner Veranstaltungen besucht hat. Wer also waren seine
Zuträger über jenen Kölner antideutschen Schauspieler Gerd Buurmann hinaus, der
mich vor einem Jahr maßlos angegriffen hat, ohne dass auch er mich kannte? In
Shalicars Buch finden sich folgende Passagen:
„Reiner Bernstein liebt tote Juden in Deutschland und ehrt sie mit
Stolpersteinen, aber mit lebendigen Juden in Israel hat er ein Problem, weshalb
er eine Organisation unterstützt, die zum Boykott lebendiger Juden und jenen,
die mit ihnen in Frieden leben, aufruft. E Bernstein will wahrscheinlich auch
nicht anders sein als die Münchner Elite und tut alles, um noch
Israel-kritischer bzw. antisemitischer aufzutreten als alle anderen, um nicht
nur wie alle anderen gekleidet zu sein, zu sprechen und sich zu benehmen,
sondern auch mit dem Zeigefinger auf den gemeinsamen Feind, den Juden und seinen
kriminellen Staat, zu deuten. Er lebt in einer Fantasiewelt. Bernstein ist Jude
und wird Jude bleiben ganz gleich, wie sehr er es hasst, Jude zu sein. Keine
Anti-IsraelAktion, die er unterstützt, wird ihn unjüdischer und somit in den
Augen der Antisemiten ‚menschlicher‘ machen.“
Hermann Göring lässt grüßen: „Wer Jude ist, bestimme ich!“
Im
Gefolge seiner Rufmord-Kampagne gegen mich hat Shalicar die „Münchner Elite“
gleich mit zu den Antisemiten gerechnet. Welcher Veranstalter hat den Mut, einen
solchen Mann zu einer Lesung einzuladen? Welche Verantwortung trägt der Berliner
Verlag Hentrich & Hentrich, der das Buch im Handel für 16,90 Euro vertreibt?
Lassen sich Shalicars Drohungen und Pöbeleien mit Hinweis auf die
Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 GG rechtfertigen?
Wie weit diese in Israel selbst unter die Räder geraten ist, bejubelte der
Nachrichtendienst-Mitarbeiter, der laut „Wikipedia“ in Berlin mit zwei
AusländerGangs liiert war und nach Auskunft israelischer Gewährsleute eine
Aufpasser-Rolle im Ausland einnehmen soll, mit folgendem Satz:
„Interessanterweise haben sowohl Moshe Zimmermann“ – emeritierter Historiker der
Hebräischen Universität – „und Avi Primor“ – einstiger Botschafter in Berlin –
„in Israel nichts zu melden.“
Auch der Tel Aviver Historiker Moshe Zuckermann bleibt nicht
verschont: „Wie sich gutes Geld mit jüdischer Hetze gegen den jüdischen Staat
verdienen lässt, braucht man auch Moshe Zuckermann nicht zu erklären.“ Fällt
Shalicar auf, dass er Juden rasenden Selbsthass unterstellt und gleichzeitig das
antisemitische Klischee vom raffgierigen Juden bedient, der die nichtjüdische
Welt ausbeutet? Lässt sich dieses Doppelspiel so erklären, dass er einst in
Deutschland alles tat, um wie „meine muslimischen Mitbürger“ zu sein? Gehörte er
einst zu jenen, die Davidsterne verbrennen?
Es ist höchste Zeit, solchen Leuten und ihren Hintermännern und -frauen
öffentlich und juristisch das Handwerk zu legen.
Übrigens und nicht nebenbei: Hat das Kulturreferat der Landeshauptstadt den
Auftritt Shalicars finanziell gefördert, und wie wäre dann das vorauseilende
Verbot der Filmvorführung von Mohammed Alatar über die Debatten von 2004 im
Internationalen Strafgerichtshof über den israelischen Mauerbau zu verstehen,
weil am Rande das Thema BDS hätte vorkommen können? Wurde das Verbot der
Stolpersteine auf öffentlichem Grund nicht mit der Furcht begründet, dass auf
den Ermordeten nochmals herumgetrampelt würde?
München ein Hort des Antisemitismus seit eh und je? Ist der Stadt das Prinzip
der Einheit des Verwaltungshandelns bekannt? Auch der Verlag wird sich äußern
müssen.
Offener Brief an Angela Merkel
27. Juli 2020
Mehr als sechzig Intellektuelle protestieren in einem
offenen Brief gegen das Abwürgen der Kritik an der
israelischen Regierungspolitik.
Mehr als
sechzig Akademiker und Intellektuelle haben einen
offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel
aufgesetzt, in dem sie gegen die Unterdrückung legitimer
Kritik an der israelischen Regierungspolitik
protestieren. Sie schreiben: "Unsere Sorge gilt der
drohenden Annexion palästinensischer Gebiete durch
Israel sowie dem inflationären, sachlich unbegründeten
und gesetzlich unfundierten Gebrauch des
Antisemitismus-Begriffs, der auf die Unterdrückung
legitimer Kritik an der israelischen Regierungspolitik
zielt. Unsere Sorge ist besonders groß da, wo diese
Tendenz mit politischer und finanzieller Unterstützung
des Antisemitismusbeauftragten gefördert wird."
Insbesondere die Schmähung des Historikers und
Publizisten Reiner Bernstein macht ihnen Sorgen.
Bernstein ist derzeit im rhetorischen Fadenkreuz des
israelischen Spitzenbeamten Arye Sharuz Shalicar. Der
veröffentlichte vor zwei Jahren das Buch "Der
neu-deutsche Antisemit" im Verlag Hentrich & Hentrich.
Laut dem Brief an Merkel wird Bernstein in dem Buch als
Antisemit beschrieben, obwohl er sich schon lange für
eine gerechte Lösung des Nahost-Konfliktes einsetze.
Kritischer Dialog notwendiger denn je - "Wir fragen
uns, welchen Kräften im heutigen Israel die
Unterstützung der Bundesregierung gilt"
mehr >>>
Unterschrieben haben unter anderen die
Friedenspreisträger Jan und Aleida Assmann, der
Politologe Johano Strasser, der ehemalige Verleger
Michael Krüger, der Historiker Moshe Zimmermann und der
Autor Sten Nadolny.
Ein neues Gespenst geht um in Deutschland
July 16, 2019 - von Ilana Hammerman
„Schließlich bin ich im Wedding aufgewachsen und war
Offizier in der IDF. Wollen wir sehen, wer den längeren
Atem hat", hat Arye Sharuz Shalicar via Facebook nach
dem Bericht „Gezielte Kampagne" im „Spiegel" (Nr.
29/13.7.2019, S. 46 ff.) angekündigt, wobei er – wie die
„Jerusalem Post" berichtet hatte –in Berlin als
„Kleinkrimineller" aufgefallen war und nach seiner
Auswanderung nach Israel in seiner Selbstdarstellung
damit gedroht hatte, seine Gegner zu finden, wo auch
immer sie sich versteckt hielten.
Seitdem die Tageszeitung „Haaretz" am 05. Juli unter dem
genannten Titel den Kommentar der renommierten
israelischen Publizistin und Schriftstellerin Dr. Ilana
Hammerman in hebräischer Sprache veröffentlicht hatte
und am 14. Juli die englische Version nachgereicht
wurde, sind in deutschen sozialen und weit rechts
stehenden Printmedien und von Seiten des Präsidenten des
Zentralrats der Juden in Deutschland heftige Anwürfe
laut geworden, die in Anklagen gipfelten, die Autorin
gebe dem Klischee einer jüdischen Weltverschwörung neue
Nahrung. Einige Verfasser wie Shalicar verglichen den
„Spiegel“ mit dem „Stürmer“ und rückten die
Bundesrepublik sogar in die Zeit des „Dritten Reichs".
Dass die ARD am 10. Juli die Dokumentation über die
israelische Rechtsanwältin Leah Tsemel ausstrahlte,
veranlasste ihn zu der Klage, den Sender des
Antisemitismus zu zeihen.
In hebräischen Einträgen sind in „Haaretz“ viele
zustimmende Kommentare zu Hammermans Beitrag erschienen.
Andere haben sich den Schmähungen der Kritiker
angeschlossen. Die Chefredaktion des „Spiegel“ sah sich
veranlasst, die Vorwürfe mangelnder Recherche und
Förderung antijüdischer Ressentiments in einer
Stellungnahme zurückzuweisen:
https://www.spiegel.de/plus/anmerkungen-zu-unserer-recherche-fuer-den-artikel-gezielte-kampagne-a-0960bc5e-2bc4-485d-8dde-5ff0cdded5db
Noch ist ungewiss, ob und welche Konsequenzen die
Bundesregierung zieht. Bei Lichte besehen, kann sie
nicht hinnehmen, dass die Bundesrepublik in die Nähe der
Jahre seit 1933 gerückt wird. Außerdem wird ihr
Beauftragter für jüdisches Leben in Deutschland und
gegen Antisemitismus Felix Klein überlegen müssen, ob er
an der finanziellen Förderung der Arbeit Shalicars
festhält – und ob er politisch nicht überfordert ist,
wenn er die Lobbyarbeit von Gruppen und Organisationen,
die der Politik Benjamin Netanjahus nahestehen, als
„vollkommen legitim“ verteidigt. Dabei hatte der
„Spiegel“ aus dem MV-Protokoll des
„Nahost-Friedensforums“ die dort vermerkte Genugtuung
zitiert, es sei diesem „durch eine gezielte Kampagne“
gelungen, auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD
einzuwirken. Was war dort im Februar 2018 festgehalten
worden? Der Vertrag distanzierte sich von der
Siedlungspolitik und wiederholte die besondere
Verantwortung gegenüber Israel als einem jüdischen und
demokratischen Staat. Ist mehr „Ausgewogenheit” ohne
weiteren Gesichtsverlust möglich?
Reiner Bernstein
„Der neu-deutsche Antisemit" heißt ein kürzlich in
Deutschland erschienenes Buch. Sein Autor Arye Sharuz
Shalicar ist jetzt unterwegs, um für sein Werk in ganz
Deutschland zu werben. Die Reise wird von der
Bundesregierung finanziert, genauer gesagt von ihrem
Beauftragten für jüdisches Leben und den Kampf gegen
Antisemitismus. Dieses Amt, das solch einen eigenartigen
Titel trägt – das wahre jüdische Leben in Deutschland,
das seinerzeit so vielfältig war, wurde vor siebzig
Jahren brutal vernichtet –, wurde vor etwas mehr als
einem Jahr eingerichtet. So bekam ich neulich während
meines Besuchs in Berlin ein wenig von dem zu spüren,
was als heutiges „jüdisches Leben" ausgegeben wird,
mittels offener oder verdeckter Interventionen der
israelischen Regierung und ihrer Institutionen. Ich
besuchte einen Abend zu Ehren des Buches, der an der
Humboldt-Universität stattfand.
Shalicar ist israelischer Staatsbürger, Major der
Reserve, ehemaliger Armeesprecher und auch heute in
leitender Position: Leiter der Abteilung für auswärtige
Angelegenheiten im „Ministerium für Nachrichtendienste".
Auf der offiziellen Website dieses Ministeriums –
ebenfalls ein relativ neues Produkt im Geiste der Zeit –
heißt es, dass „das Ministerium als aktiver Partner in
Israels nachrichtendienstlichem und
sicherheitspolitischem System fungiert … als Basis eines
Apparats, dessen Ziel es ist, 'schwache Signale' und
'aufkommende Trends' in der Welt und in der Region
frühzeitig zu erkennen“ Aber in der Humboldt-Universität
stellte sich Shalicar als Privatmann vor: „Arye, ich bin
Arye.“
Arye ist in Deutschland geboren und aufgewachsen und
schreibt und spricht fließend Deutsch, gewürzt mit
aktuellen Floskeln der Umgangssprache. In diesem
fließenden Deutsch hat der Mann vor seinen deutschen
Zuhörern eine lange Hetz- und Propagandarede gehalten –
eine arrogante, giftige und rassistische Hetze vor allem
gegen Muslime, aber auch gegen bestimmte Juden und eine
billige Propaganda zum Lob Israels und seiner Politik.
Seine Worte wurden vom Publikum mit Genugtuung und
Applaus aufgenommen.
In der Einladung hieß es, dass eine Diskussion
vorgesehen sei. Also meldete ich mich zu Wort, um meine
jüdisch-israelische Sichtweise zum Ausdruck zu bringen.
Ich wollte die Tatsachen richtigstellen, was Deutschland
und Israel betrifft, und habe besonders immer wieder
gegen die Verteidigungsmauer des „Privatmannes"
protestiert, hinter der sich der Vortragende
verschanzte.
Ich erhielt feindselige Reaktionen: Weder der
Vortragende, noch der Moderator, noch das Publikum waren
an einer Diskussion interessiert. Ich wurde mit bösen
Blicken fixiert und aufgefordert zu schweigen. Arye
beklagte sich, ich störe so sehr, dass er nach dem Abend
eine entspannende Massage brauche. So sagte er es und
grinste das Publikum kokett an, das mit einem Lächeln
der Zuneigung und des Verständnisses reagierte. Es war
offensichtlich, dass er ein Mann nach ihrem Geschmack
war, dieser dreiste Israeli, der gegen Muslime im
Allgemeinen und in Deutschland insbesondere predigt und
für die Notwendigkeit plädiert, mit starker Hand gegen
sie vorzugehen. Ausdrücklich gegen sie und nicht gegen
den deutschen Rechtsextremismus, der laut jüngsten
Berichten für eine erheblich zunehmende Zahl durch Hass
motivierter Verbrechen verantwortlich ist. Anfang Juni
fand sogar ein politischer Mord statt: Der Kasseler
Regierungspräsident wurde vor seinem Haus wegen seines
Engagements für die Flüchtlinge in Deutschland ermordet.
Ich verließ den Raum gequält von einer Last, die ich bei
meinen früheren Besuchen in Deutschland so nie gespürt
hatte.
Ein heißer Sommer hat von Berlin Besitz ergriffen. Der
ganze Himmel strahlt in blauer Farbe. Und doch lief ich
unter ihm gebeugt und mit düsteren Gefühlen umher, als
ob die Wolken der Vergangenheit am Himmel wieder
aufziehen, unvorhersehbar, hinterhältig – eine
erstickende Feindseligkeit hüllt sich in ein Gewand von
allumfassender Liebe, und dieses Gewand wird immer
dicker.
Veranstaltungen, bei denen Kritiker der israelischen
Politik, Juden und Nichtjuden, sprechen wollen, bekommen
keine öffentlichen Räume mehr. Der Münchner Stadtrat hat
beschlossen, keine Räume in kommunalen Einrichtungen für
Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen, die die
BDS-Bewegung unterstützen, nicht einmal für
Veranstaltungen, die sich mit der Bewegung befassen (!).
Der farbige Rapper Talib Kweli aus New York, der
planmäßig zu einem Festival in Düsseldorf eingeladen
worden war, wurde vom Direktor des Festivals
aufgefordert, seine Position gegenüber der BDS-Bewegung
schriftlich klarzustellen. Als sich der Künstler
weigerte, dies zu tun, wurde seine Beteiligung abgesagt.
Am 17. Mai wurde im Bundestag mit überwältigender
Mehrheit eine Resolution verabschiedet, in der definiert
wurde, was Antisemitismus sei, und behauptet, dass diese
Definition auf die BDS-Bewegung zutreffe. Peter Schäfer,
Direktor des Jüdischen Museums Berlin, ein Judaist
ersten Ranges, musste unter dem Druck der Kritik
zurücktreten; die Pressesprecherin des Museums wurde
freigestellt, nachdem auf der Homepage des Museums auf
einen Zeitungsartikel hingewiesen wurde, in dem eine
Petition jüdischer Akademiker aus Israel und außerhalb
Israels gegen den Beschluss des Bundestags zitiert
wurde. Eine große Bank in Berlin hat das Konto der
„Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“
endgültig geschlossen, nachdem vor einigen Monaten die
Universität Göttingen und der Oberbürgermeister ihre
Patenschaft beim etablierten jährlichen Göttinger
Friedenspreis zurückgezogen hatten, weil die Jury den
Preis an diese Organisation für ihren Einsatz für
Menschenrechte verliehen hatte. Der haltlose Grund für
diese Entscheidung war die Unterstützung der
BDS-Bewegung seitens der „Jüdischen Stimme", also
„Antisemitismus“.
Aus dieser immer längeren Liste wird klar, gegen wen die
Deutschen sind: gegen die BDS-Bewegung. Diese Bewegung
wurde für sie, die Deutschen, zu einem Sündenbock unter
dem Deckmantel eines neuen eigenartigen politischen, von
Interessen geleiteten Kampfes gegen den Antisemitismus.
Dazu soll hier klar festgestellt werden (und dies tue
ich, obwohl ich mit einigen BDS-Positionen nicht
einverstanden bin), dass diese Bewegung nichts mit
Antisemitismus zu tun hat: Sie ist einzig und allein aus
dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern
entstanden.
Wen nun unterstützen die Deutschen? Die Veranstaltung an
der Humboldt-Universität und Shalicars Buch gaben mir
eine traurige Antwort: Sie unterstützen mit öffentlichen
Geldern den neuen israelisch-jüdischen Rassisten, den
der Autor und sein Buch in all seiner Hässlichkeit
verkörpert. Shalicar hält in Deutschland nicht nur die
Fahne des Rassismus gegen Araber, Muslime und
Einwanderer aus muslimischen Ländern hoch, sondern auch
die Fahne des Rassismus gegen Juden, die Kritik an der
Politik der israelischen Regierung üben, und sogar gegen
Deutsche, denen er eine jüdische Identität zuschreibt.
Einer der Menschen, auf die es Shalicar in seinem Buch
besonders scharf und grob abgesehen hat, ist Dr. Reiner
Bernstein. Bernstein, geboren 1939, wohnhaft in München,
widmete seine Doktorarbeit dem Studium des
Antisemitismus in der Weimarer Republik; er ist ein
Wissenschaftler und Publizist, eine Person, die sich am
öffentlichen und politischen Leben beteiligt. Eine
zentrale Rolle in seinem Engagement spielt die
gründliche Beschäftigung mit dem Konflikt zwischen dem
Staat Israel und dem palästinensischen Volk. Bernstein
hat in Deutschland die Genfer Initiative vertreten,
steht also für die Zwei-Staaten-Lösung. Sein Weg ist
nicht der der BDS-Bewegung. Seit vielen Jahren bemüht er
sich, den Stimmen der israelischen und palästinensischen
Friedensaktivisten und Menschenrechtsorganisationen im
deutschen Diskurs Gehör zu verschaffen – eine zunehmend
schwierige Aufgabe in der heutigen Zeit.
Ein weiterer Meilenstein in Bernsteins Arbeit ist seine
Beteiligung am Gedenkprojekt „Stolpersteine". Sechs
Jahre lang stand er in seinem Wohnort München an der
Spitze dieses beeindruckenden Projekts, dessen Ziel es
ist, die Erinnerung an die Opfer der Nazis mit
eingelassenen Gedenksteinen auf den Gehwegen
wachzuhalten. Dies ist eine der kreativen und
eindrucksvollen Initiativen, die dazu führen, dass die
Auseinandersetzung mit den Verbrechen Nazideutschlands
an ihren richtigen Ort gebracht wird: in die
Öffentlichkeit. Die Verfolgung jüdischer Bürger fand ja
vor aller Augen statt, und so wurde die gesamte deutsche
Gesellschaft zu einem Partner im Verbrechen – durch
aktive Beteiligung und durch passives Hinschauen.
Aber siehe da, auch in diesem Zusammenhang ist Shalicar
auf Bernstein wütend, so unglaublich es klingen mag:
Reiner Bernstein, so steht es in Shalicars Buch, „liebt
tote Juden in Deutschland und ehrt sie mit
Stolpersteinen, aber mit lebendigen Juden in Israel hat
er ein Problem, weshalb er eine Organisation
unterstützt, die zum Boykott lebendiger Juden aufruft...
Bernstein ist ein selbsthassender Jude, ich glaube, dass
er es hasst, Jude zu sein und insgeheim sich wünscht, er
wäre kein Jude. Bernstein lebt in einer Fantasiewelt. Er
ist Jude und wird Jude bleiben, ganz gleich, wie sehr er
es hasst, Jude zu sein." So schreibt dieser unverschämte
Israeli über einen moralisch aufrechten Mann, der vor
achtzig Jahren als Sohn deutscher protestantischer
Eltern geboren wurde und kein Jude ist.
Nun aber lassen wir Shalicar mit seinem Rassismus und
seinen Lügen beiseite. Denn mit den Deutschen habe ich
eine Rechnung offen: Der Höhepunkt dieses Kapitels auf
deutscher Seite war das Urteil des Landgerichts Berlin,
das gerade in diesen Tagen eine Klage Bernsteins gegen
Shalicar und den Verlag, der das Buch veröffentlicht
hat, wegen Rufmords und Verleumdung zurückgewiesen hat.
Das Urteil besagt, dass die Äußerungen in dem Buch „eine
zulässige kritische Meinungsäußerung" nicht
überschritten. Dafür lieferten Bernsteins Ansichten eine
sachliche Grundlage. Zum Selbsthass, den Shalicar dem
„Juden" Bernstein vorwirft, und zu der falschen
Behauptung, Bernstein sei Jude, sagt das Gericht, dass
diese Aussagen als eine noch legitime „subjektive
Einschätzung“ gälten, die sogar durch die politische
Einstellung Bernsteins und seiner Frau (sie ist
tatsächlich Jüdin) bestätigt würden. Es ist wichtig
anzumerken, dass sich das Urteil auch auf die
öffentliche Meinung in Deutschland stützt, die unter dem
Einfluss der politischen Führung des Landes Kritik an
der Politik Israels als eine Form des Antisemitismus
ansieht. In ihrem Urteil bezieht sich die Richterin
ausdrücklich auf den neuen Beschluss des Bundestages,
der dieser Position seinen staatlichen Segen verliehen
hat.
In einem offenen Brief haben sich die
Kulturwissenschaftler Jan und Aleida Assmann, die
letztes Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen
Buchhandels ausgezeichnet worden sind, für den
zurückgetretenen Direktor des jüdischen Museums Peter
Schäfer eingesetzt: „Ein neues Gespenst geht um in
Europa: das ist der Antisemitismus-Vorwurf.“ Er stelle
„uns Europäer, insbesondere Deutsche, unter
Generalverdacht und ruft im Stil der McCarthy-Ära zu
einer Hexenjagd auf jeden auf“, der die Politik Israels
nicht unterstütze und denunziere ihn als Antisemiten.
„Wir haben Angst", sagen mir immer wieder
Gesprächspartner in Deutschland, die die gefährlichen
Entwicklungen in Israel mit Bedauern und Besorgnis
betrachten und sich fürchten, dies zum Ausdruck zu
bringen. Diese Angst wächst immer weiter, denn das ist
heute nach dem Bundestagsbeschluss die offizielle
Position, die seit einigen Jahren im öffentlichen Leben
und in Gerichtsurteilen vorherrscht: Die Kritik an der
israelischen Politik gilt als Antisemitismus und wird
juristisch verfolgt – auch wenn gerade diese Politik
Millionen Juden (und Nichtjuden), die in dem von Israel
kontrollierten Gebiet leben, in eine völlig ausweglose
Situation bringt.
In der Tat geht in Deutschland ein neues böses Gespenst
um. Die Drahtzieher sitzen in Israel, es sind die
israelische Regierung, der Auslandgeheimdienst und der
Inlandsnachrichtendienst, die ein Vermögen für diese
Tätigkeiten ausgeben. Aber die Schuldigen an diesem
neuen Gespenst, Politiker aller Schattierungen, sitzen
in Deutschland. Ich glaube nicht an die Unschuld und
Ehrlichkeit jener, die sich von diesem Garn einwickeln
lassen. Ich verdächtige sie der Heuchelei und
Scheinheiligkeit. Bewusst oder unbewusst oder weil sie
die Tatsachen nicht wissen wollen, bedienen sie sich
einer neuen Art von Rassismus, zu der auch eine völlige
Gleichgültigkeit gegenüber unserem Schicksal hier in
Israel gehört. In diesem Sinne verfolgen sie auch uns,
Mitglieder des Friedenslagers in der israelischen
Gesellschaft. Unser Spielraum wird immer weiter verengt.
„B'tselem“ und „Breaking the Silence“ sind hier
sicherlich keine gern gesehenen Gäste. Die Warnungen
seitens israelischer Historiker und israelischer
Faschismus- und Nationalsozialismus-Forscher vor dem
aktuellen Weg der israelischen Regierung können nach der
neuen Definition des Antisemitismus in Deutschland
sanktioniert werden. Wenn die international
hochgeschätzte Tageszeitung „Haaretz“, die diesen
Stimmen eine wichtige Plattform bietet, eine deutsche
Zeitung wäre, würden ihre Redakteure heute ganz
sicherlich auf der Anklagebank sitzen.
Quelle
lrich Kammer - 4. Juli 2021 - An:
kontakt@chrismon.de
Betreff: Shalicar
Sehr geehrte Frau Horst,
sind Sie naiv und uninformiert? Schauen Sie sich bitte im Internet das Interview
der „Ruhrbarone“ mit Shalicar an unter dem Titel „Ich bin denen ein Dorn
im Auge“. Wer ist „denen“? Hauptsächlich der kürzlich verstorbene Dr. Reiner
Bernstein, der sich jahrzehntelang für jüdisches Leben, Gedenken durch
Stolpersteine und Frieden in Nahost eingesetzt hat. Die verlogene Polemik gegen
ihn ist unterste Schmutzpropaganda. Was er „stark“ nennt, ist in praxi
menschenrechtsverachtende Brutalität. Bei seinen Auftritten gibt er sich als
netter Kumpel mit den Besuchern seiner Propagandaveranstaltungen, läßt sich mit
lieben Kleinen auf dem Arm fotografieren. Im gleichen Atemzug leugnet er,
Kritiker Israels als Antisemiten zu bezeichnen, zieht sie in den Dreck, in dem
er diese Kritiker zugleich lächerlich macht. Ich bin so alt, daß ich noch die
Propaganda-Maschen des Dr. Goebbels mitbekommen habe. Der machte es ähnlich.
Herausgegriffen: „Zimmermanns und Zuckerbergs“. Moshe Zimmermann ist jüdisch
israelischer Wissenschaftler und Kritiker israelischer Politik, aber Zuckerberg?
Doch wohl der Facebook-Mogul. Er meint Zuckermann, der in Frankfurt bei Adorno
promoviert wurde und Israel so kritisiert, daß die israelbegeisterte
Stadtregierung von Frankfurt Vorträge von ihm verbieten wollte. Mit solchen
Mätzchen macht er begründete Kritik lächerlich, und die Dummen fallen drauf
rein. Gehören die Autoren und Leser von Chrismon wirklich dazu? Wenn ja, ist das
Niveau dem von BILD vergleichbar. Chrismon will ein progressiv christliches
Medium sein. Für christlich halte ich eine Gesinnung, die sich Menschen
zuwendet, besonders solchen, die leiden. Hierfür gäbe es bei genauem Hinsehen
nach Nahost genug Gelegenheit.
Mit freundlichen Grüßen von Dr. Ulrich Kammer
Judith Bernstein - 2.
Juli 2021 - An: kontakt@chrismon.de
Betreff: Im Kino "Heißes Pflaster"
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Erstaunen und Entsetzen bin ich auf Ihre Empfehlung auf Seite 32 Ihres
Heftes gestoßen.
Hierzu kann ich Ihnen nur dringend empfehlen, sich die Beiträge zu Shalicar auf
dem Palästina-Portal anzusehen. Als integre Institution kann man sich von so
einer Person nur distanzieren.
https://www.palaestina-portal.eu/Arye_Sharuz_Shalicar_Hasbara_Israel.htm
Auch die liberale israelische Zeitung Haaretz hat einen
Beitrag von Frau Dr. Ilana Hammerman zu Herrn Shalicar
veröffentlicht, der im FREITAG erschienen ist.
Herr Shalicar betreibt seit mehreren Jahren israelische Propaganda in
Deutschland. Er benutzt die sozialen Medien wie Facebook und Twitter, um seine
Propaganda unter seinen „Fans“ zu verbreiten.
Seine Hetze richtet sich u.a. auch gegen deutsche Politiker wie dem
Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier
Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel
und vor allem den deutschen UN-Botschafter Dr. Christoph Heusgen
Mit seinem Hass und seiner Verleumdung der hier lebenden Muslime, und vor allem
mit seiner Diffamierung der Palästinenser, versucht er, die deutsche Bevölkerung
zu manipulieren und zu spalten.
Mit freundlichen Grüßen Judith Bernstein
Pressemitteilung, 10.06.2020
June 25, 2020
Der lange Arm Netanyahus in Deutschland und
die Berliner Justiz:
Meinungsfreiheit oder ehrverletzende Verleumdung?
von Rainer Ratmann, Hünstetten
Kürzlich hat
das Berliner Kammergericht ein fragwürdiges und anscheinend
politisch motiviertes Urteil gefällt. Worum geht es? Da gibt
es einen in Göttingen geborenen und in Berlin
aufge-wachsenen 43-jährigen israelischen Staatsbürger namens
Arye Sharuz Shalicar. Seit 2017 ist er Mitarbeiter der
israelischen Regierung, und zwar Abteilungsleiter mit
besonderen Aufgaben im Jerusalemer Außenministerium. Zuvor
leitete er die Abteilung für auswärtige Angelegenheiten im
Ministerium für Nachrichtendienste. Dann war er
Presseoffizier bei der israelischen Armee und seinerzeit
aufgrund seiner Muttersprache Deutsch vor allem für die
deutschsprachigen Länder zuständig. Der Major der Reserve
Shalicar ist auch Buchautor; so erschien vor zwei Jahren im
Berliner Hentrich und Hentrich Verlag sein Buch "Der
neu-deutsche Antisemit: Gehören Juden heute zu Deutschland?
Eine persönliche Analyse." Mit finanzieller Unterstützung
von Felix Klein, dem "Beauftragten der Bundesregierung für
jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen den
Antisemitismus", so die vollständige Bezeichnung, fördert er
seitdem seine Publikation in deutschen Landen. So weit, so
gut?
Denn da gibt es auch den 81-jährigen Nahost-Historiker und
Publizisten Reiner Bernstein aus München. Sein ganzes
Berufsleben und bis heute beschäftigt ihn der
israelisch-palästinensische Konflikt und die jüdische
Geschichte. Seine Promotion galt 1968 dem Abwehrkampf der
deutschen Juden gegen den Antisemitismus in der Weimarer
Republik. Seine wissenschaftliche Expertise in diesen
Themenbereichen ist unbestritten. Obwohl sein Familienname
es nahelegen mag, ist er kein Jude; er ist jedoch mit einer
in Jerusalem geborenen Jüdin verheiratet, Enkelin von
Shoah-Opfern.
Was haben nun die beiden Personen miteinander zu tun, und
warum kommt hier die Justiz ins Spiel? Neben anderen
Personen greift Shalicar in seiner Publikation auch
Bernstein heftig an: „Bernstein liebt tote Juden in
Deutschland und ehrt sie mit Stolpersteinen, aber mit
lebendigen Juden in Israel hat er ein Problem, weshalb er
eine Organisation unterstützt, die zum Boykott lebendiger
Juden aufruft… Bernstein ist ein selbsthassender Jude, ich
glaube, dass er es hasst, Jude zu sein und insgeheim sich
wünscht, er wäre kein Jude.“ Dagegen und gegen des Autors
Behauptung, er sei Antisemit, ist Bernstein juristisch
vorgegangen und hat sich gegen Rufmord und Verleumdung
verwahrt.
Nun hat das Berliner Kammergericht in zweiter Instanz
Bernsteins Klage mit der Begründung abgewiesen, Shalicars
Unterstellungen seien nicht zu beanstanden und Bernsteins
Persönlich-keitsrechte würden nicht verletzt. Es handele
sich bei den angegriffenen Buchpassagen um zulässige
Meinungsäußerungen, die ungeachtet ihrer teilweise scharfen
Polemik die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten
würden. Das Gericht hat sich dabei u.a. auf die
Anti-BDS-Erklärung der Bundestagsmehrheit vom 17. Mai 2018
berufen. Die Entscheidung der Richter steht im Gegensatz zu
einem Urteil ihrer Kollegen am Stuttgarter Landgericht, das
2019 die "Deutsch-Israelische Gesellschaft Stuttgart" in
ihrem juristischen und publizistischen Feldzug gegen
Bernstein gestoppt und dessen Unterlassungsklage
stattgegeben hatte. Dabei ging es ebenfalls um ähnlich üble
Verleumdungen Bernsteins durch die DIG Stuttgart.
Das Berliner Urteil ist ein Skandal, weil unter
Berücksichtigung der Vorgeschichte und der Gesamtumstände,
welche die Richter kennen und bei der Urteilsfindung hätten
berücksichtigen müssen, hier ein zugegebenermaßen
langjähriger Kritiker der israelischen Siedlungspolitik, ein
dem Staat Israel aber zweifellos in kritischer Solidarität
verbundener engagierter Demokrat nun auch juristisch mundtot
gemacht werden soll, indem man ihm mit dem Verdikt des
Antisemitismus den Garaus machen will. Das Urteil gegen
Reiner Bernstein ist im Zusammenhang mit einer breit
angelegten politischen Kampagne zu sehen, die alle
kritischen Äußerungen zur israelischen Regierungspolitik als
antisemitisch zu brandmarken sucht, und die letztlich direkt
aus dem Büro des Jerusalemer Regierungschefs orchestriert
wird. Mit der Konstruktion von Reiner Bernstein zum Feind
Israels und der Juden wird über seinen Fall hinaus ein Klima
der Einschüchterung geschaffen, das geeignet ist, die
Freiheit der Meinungsbildung zu untergraben. Das darf gerade
auch hinsichtlich kontrovers geführter öffentlicher Diskurse
zu anderen brisanten Themen hierzulande keinesfalls
hingenommen werden.
Rainer Ratmann, M. A., Hünstetten, ist Sozialwissenschaftler
und Referent für politische Bildung (ehemals Bistum Limburg)
und seit 1983 intensiv mit den Themen isr.-paläst. Konflikt,
Shoah, Antisemitismus, Judentum befasst. Im Rahmen des
deutsch-israelischen Jugendaustausches für Multiplikatoren
hat er über viele Jahre Studienseminare für deutsche
Fachkräfte in Israel sowie in den besetzen Gebieten und für
israelische Fachkräfte in Deutschland organisiert und
geleitet. In Kooperation mit einer Landeszentrale für
politische Bildung hat Ratmann ähnlich Aufenthalte in Israel
mit organisiert und vorbereitet; gleiches gilt bis heute für
Studienreise-Gruppen einer Akademie.
Quelle
Diesen Pressetext haben sich außerdem zu eigen gemacht:
Prof. Dr. Sumaya Farhat-Naser, Bir Zeit; palästinensische
Naturwissenschaftlerin, Autorin, Frauenrechtlerin und
Friedensvermittlerin; ehemalige Dozentin an der University
of Bir Zeit und Ex-Leiterin des Jerusalem Center for Women
Prof. Dr. Efrat Gal-Ed, Köln, israelische
Literaturwissenschaftlerin, Übersetzerin und Malerin
Dr. Ulrich Kusche, Göttingen, ev. Theologe, Mitgründer des
Deutsch-israelischen Arbeitskreises für Frieden im Nahen
Osten (DiAk)
Prof. Dr. Gert Krell, Hofheim, Politikwissenschaftler, em.
Professor für internationale Politik an der Universität
Frankfurt und der Hessischen Stiftung für Friedens- und
Konfliktforschung (HSFK), Frankfurt
Ala Nuseibah, MA, Ost-Jerusalem, wissenschaftliche
Mitarbeiterin & Lehrbeafutragte Projekt- und
Innovationsmanagement an einer deutschen Hochschule,
Doktorandin an der Universität des Baskenlandes
Adrian Paukstat, MA, Augsburg, Politikwissenschaftler, wiss.
Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft und
politische Theorie der Universität Augsburg (WS 2019/20
Visiting Research Fellow am Franz Rosenzweig-Minerva Zentrum
der Hebräischen Universität Jerusalem)
Christian Sterzing, Rechtsanwalt, Edenkoben, ehem.
Vorstandsmitglied des DiAk und MdB (Bündnis 90/Die Grünen),
ehem. Leiter des Büros der Heinrich Böll-Stiftung in
Ramallah
Ein falsches Urteil gegen Reiner Bernstein
June 23, 2020
Der DIAK -Deutsch-Israelische Arbeitskreis für Frieden im
Nahen Osten ( Israel | Palästina | Deutschland – zusammen
denken) wendet sich gegen das Urteil des Berliner
Kammergerichts, die Unterlassungsklage des Münchener
Historikers und Publizisten Dr. Reiner Bernstein
zurückzuweisen.
Bernstein setzt
sich seit Jahrzehnten gegen Antisemitismus und Rassismus und
für die universelle Bedeutung der Menschenrechte ein. Er
gehörte in München zu den Initiatoren der Aktion
Stolpersteine, war Mitbegründer des DIAK.Er war die hiesige
Stimme der israelisch-palästinensischen Genfer Initiative
für eine Friedensregelung auf der Basis der
Zwei-Staaten-Lösung. Wegen seines Eintretens für
Verhandlungen mit den Palästinensern, einem gerechten
Frieden im Nahen Osten und einer kritischen Haltung
gegenüber der israelischen Besatzung und Siedlungspolitik,
wird er von den Befürwortern dieser Politik als Antisemit
verunglimpft.
Bernstein konnte sich im August 2018 vor dem Landgericht
Stuttgart gegen den Vorwurf des Antisemitismus durch die
dortige Deutsch-Israelische Gesellschaft erfolgreich zur
Wehr setzen. Vor dem Kammergericht Berlin ist ihm dies jetzt
nicht gelungen. 2019 klagte Bernstein gegen eine
Veröffentlichung des Autors Arye Sharuz Shalicar, Der
neu-deutsche Antisemit des Hentrich & Hentrich Verlages, in
dem er des Antisemitismus bezichtigt wird.
Bernstein, selbst kein Jude, wird darin als ‚Alibi-Jude‘ und
als ein selbsthassender Jude mit antisemitischer Sichtweise
bezeichnet. Seine Klage lautete auf Streichung dieser
Behauptung wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Das
Urteil vom 19. Mai 2020 weist die Beschwerde gegen die
Ablehnung der Klage zurück mit der Begründung, es sei auch
ohne Tatsachenbeweise zulässig, ihn als Judenhasser zu
bezeichnen und ihm eine antisemitische Sichtweise
zuzuschreiben.
Dieses ‚Schandurteil‘, so Micha Brumlik, dehnt das Recht auf
freie Meinungsäußerung inflationär aus und öffnet
verleumderischen Äußerungen Tür und Tor. Mit der
Einschätzung, diese Beleidigungen seien keine dem Beweis
zugänglichen Tatsachenbehauptungen, wird jegliche rational
begründete Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus
desavouiert.
Während der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in
Straßburg Einschränkungen der Meinungsfreiheit wegen des
Vorwurfs antisemitischer und wirtschaftlicher
Diskriminierung am 11. Juni dieses Jahres gerügt hat, halten
deutsche Gerichte und politische Instanzen daran fest,
Kritik an völkerrechtswidrigen Praktiken der israelischen
Regierung in den besetzten Gebieten ins demokratische
Abseits zu stellen.
Im August vorigen Jahres haben mehr als 120 deutsche und
israelische Engagierte aus Wissenschaft und politischer
Bildung, aus Publizistik und Kirchen Reiner Bernstein ihre
Solidarität erklärt, unter ihnen der israelische Historiker
Moshe Zimmermann, die Kölner Jiddistik-Professorin Efrat
Gal-Ed und der frühere Präses der Rheinischen Kirche und
Vorsitzende der EKD Manfred Kock.
Mit ihnen treten wir weiterhin dafür ein, dass die
notwendige Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in
geschichtsbewußter Verantwortlichkeit geschieht, ohne die
einseitigen Interpretationen israelischer
Regierungsvertreter zum Maßstab des Denkens und Handelns zu
nehmen.
Verabschiedet vom Vorstand des DIAK am 18. Juni 2020
Initiiert und mitgetragen von:
Dr. Ulrich Kusche, Göttingen, Gründungsmitglied des DIAK,
Pastor i.R.
RA Christian Sterzing, Edenkoben, ehem. Vorstandsmitglied
des DIAK
Jörn Böhme, Berlin, ehem. Vorstandsvorsitzender des DIAK
Erstunterzeichner*innen:
Mohammad Alatar, Ramallah
Prof.Dr. Dieter Becker, Bielefeld
Dr. Johannes M. Becker, Friedens- und Konfliktforschung,
Marburg
Hildebrecht Braun, MdB a.D., München
Prof.Dr. Micha Brumlik, Berlin
Tsafrir Cohen, Berlin/Tel Aviv/London
Prof.Dr. Johannes Feest, Bremen
Prof.Dr. Gideon Freudenthal, Jerusalem
Thomas Gebauer, Frankfurt am Main
Dr. Ilana Hammerman, Jerusalem
Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München
Prof.Dr. Gert Krell, Hofheim
Wolfgang Killinger, Humanistische Union Bayern, Gauting
Prof.Dr. Karin Kulow, Berlin
Andreas Lesser, München
Dr. Hanno Loewy, Hohenems
Nazih Musharbash, Präsident der Deutsch-Palästinensischen
Gesellschaft, Bad Iburg
Rainer Ratmann, Hünstetten
Prof.Dr. Sebastian Scheerer, Hamburg
Dr. Tilman Spengler, München
Khalil Toama, Offenbach
Dr.Dr. Peter Ullrich, Berlin
Hans Well, „Wellbappn”, Türkenfeld
Prof.Dr. Lothar Zechlin, Essen
Prof.Dr. Moshe Zimmermann, Jerusalem
Prof.Dr. Moshe Zuckermann, Tel Aviv
"Ein Skandal ohne Ende"
Reiner Bernstein - June 7, 2020
Das
Kammergericht Berlin hat am 25. Mai 2020 beschlossen, dass
die Invektiven des israelischen Autors und Abteilungsleiters
im Jerusalemer Auswärtigen Amt Arye Sharuz Shalicar in
seinem Buch „Der neu-deutsche Antisemit“ (Leipzig 2018), ich
sei Antisemit und würde tote Juden lieben, weil ich die
Bürgerinitiative „Stolpersteine für München” aufgebaut habe,
nicht zu beanstanden seien und meine Persönlichkeitsrechte
nicht verletzen würden. Das Gericht hatte sich dazu auch auf
die Anti-BDS-Erklärung im Bundestag vom 17. Mai 2018
berufen.
Die Autorin Ilana Hammerman, eine der führenden Frauen in
der israelisch-jüdischen Friedensszene, hat in einem Beitrag
mit dem Titel „Abgeordnete des Bundestages, ich bin eine
Antisemitin“ für die Tageszeitung „Haaretz“ am 29. Mai 2018
gegenüber dem Bundestag eingestanden, dann sei auch sie wohl
eine Antisemitin:
„Dass du, Deutschland, die Familie meiner Mutter umgebracht
hast und dazu noch Millionen weitere meines Volkes gibt dir
nicht das Recht zu entscheiden, was Antisemitismus ist. Und
dieses Recht hast du dir mit dem scheinheiligen
Bundestagsbeschluss vom 17. Mai herausgenommen. … Der
Beschluss geht in keiner Weise auf die Prozesse ein, die der
Staat und die Gesellschaft Israels in den letzten Jahren
durchlaufen haben und die das Land an den Rand von
Ausweglosigkeit und Verderben gebracht haben, und zwar für
alle seine Bewohner, Jüdinnen und Juden, Nicht-Jüdinnen und
Nicht-Juden.“
Schon früher hatten der ehemalige Sprecher der Knesset
Avraham Burg und der Künstler Dani Karavan ihrer
Intervention die Überschrift „Deutschland düpiert den Kampf
gegen den Antisemitismus“ gegeben.
Der Titel meiner Zusammenfassung ist die Reaktion eines
Münchner Rechtsanwalts auf den Beschluss des Berliner
Kammergerichts.
Von Ilana Hammerman liegen u.a. in deutscher Sprache die
ihrem verstorbenen Ehemann Jürgen Nierand gewidmete
Biographie „Ich wollte, daß du lebst. Eine Liebe im Schatten
des Todes“ (Berlin 2005) und in hebräischer Sprache „Eine
einsame Frau” (2016) vor. Von Avraham Burg sind in deutscher
Sprache „Hitler besiegen. Warum Israel sich endlich vom
Holocaust lösen muss“ (Frankfurt am Main 2009) sowie in
englischer Sprache „In Days to Come. A New Hope for Israel“
(New York 2018) erschienen.
Die Zitatstellen von Hammerman und Burg sind meinem in
Vorbereitung befindlichen Traktat „Ist Gott Zionist?
Religion und Rechtsstaat in Israel“ entnommen.
Quelle
Filmtipp S. 32 in chrismon 07/08 2021 Sabine Horst
Ulla Philipps-Heck - An kontakt@chrismon.deAdd contact
Datum Dienstag
Sehr geehrte Frau Horst,
sehr geehrtes Chrismon-Redaktionsteam,
stets schaue ich mir Chrismon interessiert an und lese auch einiges. Im
aktuellen Heft hat mir u.a. der Beitrag über Streetworker in Stuttgart gut
gefallen.
Ihren Filmtipp auf S. 32 habe ich jedoch mit sehr gemischten Gefühlen gelesen.
Und bei der Kombination Ihres lächelnden Gesichts, Frau Horst, und der
Filmbeschreibung habe ich gedacht: Hat sie den Film im Vorfeld gesehen? Und was
weiß sie über Arye Shalikar?
Zu Ihrer Information: Arye Shalikar hat in seinem Roman sein eigenes Leben als
Heranwachsender in Berlin verarbeitet - natürlich ein legitimer Ansatz. Er ist
als Erwachsener nach Israel gegangen und hat dort seinen Armeedienst absolviert
- bis hierher alles völlig in Ordnung. Inzwischen ist er seit vielen Jahren
Mitarbeiter des Ministeriums für Sicherheitsdienste Israels. Als solcher ist er
nach Deutschland zurückgekommen. Seine Rolle in Deutschland ist in den
vergangenen Jahren sichtbar die gewesen, nicht so sehr tatsächlichen
Antisemitismus zu bekämpfen (ein wichtiges und richtiges Anliegen!), sondern
Menschen, die für gleiche Rechte von Juden und Palästinensern eintreten, zu
verleumden und in der Öffentlichkeit als "neo-Antisemiten" zu denunzieren - bis
zum Rufmord.
Ein herausragendes Beispiel unter etlichen so Verleumdeten ist der im Februar
2021 verstorbene Reiner Bernstein, der Mitgründer des "deutsch-israelischen
Arbeitskreises für Frieden im Nahen Osten" und Mitinitiator der "Stolpersteine"
in München zum Gedenken an in der NS-Doktatur ermordete Juden. Shalikar hat ihn
in seinem Buch "Der neu-deutsche Antisemit" in übelster Weise verleumdet:
„Reiner Bernstein liebt tote Juden in Deutschland und ehrt sie mit
Stolpersteinen, aber mit lebendigen Juden in Israel hat er ein Problem, weshalb
er eine Organisation unterstützt, die zum Boykott lebendiger Juden und jenen,
die mit ihnen in Frieden leben, aufruft. … " Mit dieser "Organisation" ist BDS
gemeint, zu der R. Bernstein ein kritisches Verhältnis hatte, aber als Demokrat
gleichwohl der Ansicht war, dass es möglich sein müsse und nötig sei, die
Anliegen dieser Organisation in der Öffentlichkeit kontrovers zu diskutieren.
Reiner Bernstein ist Zeit seines Lebens gegen Antisemitismus und für das
Existentzrecht des Staates Israel aufgestanden. Im Kontext des
Israel-Palästina-Konflikts ist er stets eingestanden für Sicherheit und Frieden
für beide Völker. Genau deshalb hat er das Friedensdorf Neve Shalom/Wahat
al-Salam in Israel unterstützt, in dem seit über 40 Jahren jüdische und
palästinensisch-arabische Israelis vorleben, dass ein friedliches Leben in
gegenseitigem Respekt und produktiver Partnerschaft tatsächlich möglich ist.
Ihr Text, Frau Horst: Der Film "ist politischer Kommentar,
Coming-of-Age-Geschichte und dynamisches Großstadtportrait in einem Paket" mit
Ihrem lächelnden Gesicht daneben verleiht dem Film eine Qualität, die er
vielleicht hat - oder aber eben auch nicht. Auf jeden Fall werben Sie so für
einen Autor, der als politischer Kommentator höchst einseitig und verleumderisch
tätig (gewesen) ist.
Dies möchte ich Sie wissen lassen. Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn
Chrismon einmal über das Friedensdorf Neve Shalom/Wahat al-Salam, sein
Gesellschaftsmodell und seine friedenspädagogischen Bildungseinrichtungen
berichten würde. Für Fragen und Materialien stehe ich gern zur Verfügung.
Ihnen alles Gute für die kommende Zeit. Mit freundlichen Grüßen
Ulla Philipps-Heck stellv. Vorsitzende der Freunde von Neve Shalom/Wahat
al-Salam
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