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Kommentar des
Monats Januar 2011
von Abraham Melzer
Vom grausamen und
hässlichen Gesicht
der israelischen
Gesellschaft ist
endlich die Maske
gerissen worden
Erst im Dezember
2010 hat es im
Zentralrat einen
Generationenwechsel
gegeben, und Dieter
Graumann hat die
greise Charlotte
Knobloch abgelöst.
Gleich in seinem
ersten Interview hat
er zugegeben, dass
der Zentralrat zu
sehr Israel -lastig
ist und kundgetan,
dass es durchaus
erlaubt, ja sogar
erwünscht sei,
Israels Politik zu
kritisieren. Dabei
hat er sich
offensichtlich so
sehr vor seiner
"unüberlegten" Courage
erschrocken, dass er
gleich hinzugefügt
hat, dass Israel so
handeln muss, wie es
handelt, weil es
keine andere Wahl
hat, da es in Angst
um seine Existenz
lebt. Das Übliche
Geschwafel, die
üblichen dummen
Ausreden. Same
procedure as every
year.
Die Geschwindigkeit,
in der sich Israel
zu einem
faschistischen,
rassistischen
Apartheid-Staat
verändert, ist
atemberaubend und
entsetzlich. Ein
Indiz für die
moralische
Verkommenheit
Israels ist zum
Beispiel die
Tatsache, dass zwei
Jahre nach dem
brutalen Überfall
auf Gaza, diejenigen
in Israel, die vor
dem Arm des
Gesetzes geschützt
sind, diejenigen
sind, die die Armee
in diesen
mörderischen Krieg
geschickt haben.
Nach deren Aussagen werden in
Polizeiverhören
Soldaten gedemütigt,
die in die Schlacht
geschickt und denen
befohlen wurde,
Zivilisten zu töten.
In der Regel werden
sie am Ende
freigesprochen, und
bisher ist nur ein
Soldat ins Gefängnis
geschickt worden,
dem man nachweisen
konnte, dass er eine
Kreditkarte
gestohlen hatte.
Allerdings nur für
fünf Monate, und
schließlich wurde
ein Friedensaktivist
angeklagt und zu
drei Monaten Haft
ohne Bewährung
verurteilt, dessen
einziges Vergehen es
war, dass er mit
weiteren zwei
Dutzend Radfahrern
auf den Straßen
Tel-Avivs gegen den
Gazakrieg
demonstriert hat.
Das sind Zustände
wie in der Ukraine,
Russland, Myanmar
oder Ägypten bzw.
Syrien, dabei
betrachtet sich
Israel als „die
einzige Demokratie
im Nahen Osten“. Mit
Demokratie hat das
schon lange nichts
mehr zu tun.
Die Zunahme an
Rassismus und
Fremdenhass in
Israel war in den
letzten Wochen das
Hauptthema, das
Israel beschäftigt
hat. Und zu Recht,
denn es handelt sich
um eine sehr
besorgniserregende
Erscheinung.
Rabbiner fordern
Bewohner unzähliger
israelischer Städte
auf, Zimmer und
Wohnungen nicht an
Araber bzw.
Nichtjuden zu
vermieten. Ehefrauen
von Rabbinern
veröffentlichen
Resolutionen, in
denen sie jüdische,
israelische Frauen
auffordern, sich von
arabischen bzw.
nichtjüdischen
Männern zu
entfernen, denn
diese sind „unrein“.
Die zwanzig Prozent
Nichtjuden in Israel
werden öffentlich
als „Fünfte Kolonne“
verdächtigt und
überall wird
kundgetan, dass sie
eine Gefahr für
Israel sind. „Juden,
vermietet nicht an
Araber, denn Araber
sind unser Unglück!“
Ein Schuft, wer
dabei sich an die
„Nürnberger Gesetze“
erinnert.
Das Ergebnis ist,
dass die
Internationale
Gemeinschaft sich
immer mehr von
Israel abwendet. Man
sieht in Israel
schon lange keinen
Partner mehr für
Friedensverhandlungen
und das Ergebnis
ist, dass man
überlegt, Druck auf
Israel auszuüben, um
seine Führer zur
Unterschrift eines
Friedensvertrages zu
zwingen. Vier
südamerikanische
Staaten haben auf
eigene Faust und
ohne Israel zu
Konsoltieren, den
Staat Palästina, den
es noch gar nicht
gibt, bereits
offiziell anerkannt.
Allein das ist
absolut
kontraproduktiv, und
je mehr Druck von
Außen kommt, desto
mehr sind die
Israelis überzeugt,
dass alle Welt
antisemitisch ist.
So schließt sich der
Teufelskreis der
Paranoia: Die Angst
wird zum Hass und
zur Gewissheit, dass
die Welt Israel
nicht versteht, weil
sie antisemitisch
ist.
Aus historischer
Sicht führt die
Verschärfung und
Fanatisierung der
politischen Lage
früher oder später
zum Zusammenbruch.
So geschah es in
Italien, in
Deutschland, in
Japan und Serbien.
Im Fall von
Süd-Afrika hat die
Internationale
Gemeinschaft einen
immer stärker werden
Druck ausgeübt, bis
das Regime
schließlich
verstanden hat, dass
sein Ende
bevorsteht. In
Israel und in der
Welt wartet man
jetzt darauf: Wann
werden Netanjahu,
Lieberman, Barak und
alle anderen
nationalistischen
Politiker in Israel
verstehen, dass sie
den falschen Weg
gehen. Daß die Zeit
gegen sie arbeitet,
dass die Gegner der
israelischen Politik
jetzt nur noch ruhig
warten müssen, bis
Israel kollabiert.
Vom grausamen und
hässlichen Gesicht
der israelischen
Gesellschaft ist
endlich die Maske
gerissen worden.
Nicht etwa durch
fanatische
islamische
Terroristen, nicht
durch so genannte
linke israelische
Verräter, und auch
nicht durch jüdische
Selbsthasser, wo
immer sie auch
leben, sondern durch
die
nationalistischen,
chauvinistischen und
rassistischen
Israelis selbst. Das
Gesicht der
scheinbar
demokratischen,
duldsamen und
liberalen
israelischen
Gesellschaft wurde
innerhalb von
wenigen Wochen
verwandelt in ihr
echtes,
authentisches und
"ehrliches" Gesicht:
nationalistisch,
rassistisch und
fremdenfeindlich.
Vor Jahren noch hat
man Rassisten
verurteilt und aus
der Gesellschaft
entfernt; jetzt
sagen die Israelis
ohne Scham und
schlechtes Gewissen,
dass Kahane Recht
hatte. Fast die
Hälfte der Israelis
ist gegen die
Vermietung von
Wohnungen an Araber;
fast die Hälfte ist
für ein Treuegesetz
zum jüdischen Staat,
und
Knesset-Abgeordnete
rufen öffentlich
auf, Araber zu
erschießen, die das
Gesetz gebrochen
haben. Ein
Schuldirektor in
Jaffa verbietet
seinen (arabischen)
Schülern arabisch zu
sprechen, und ein
Friedensaktivist,
der sich für die
Rechte der Beduinen
eingesetzt hat,
deren Häuser vom
Militär systematisch
zerstört werden,
wurde zu 18 Monaten
Haft verurteilt,
obwohl er genauso
unschuldig war, wie
seinerzeit Carl von
Ossietzky.
Und last but not least:
Mordechai Vanunu,
der seine Haftstrafe
schon längst
abgesessen hatte,
wird immer noch
ungesetzlich in
Hausarrest gehalten
und wurde erst
kürzlich daran
gehindert, nach
Deutschland zu
fahren, wo er den
Carl von
Ossietzky-Preis
entgegennehmen
sollte. Die Nazis
haben seinerzeit
auch Ossietzky daran
gehindert, den
Nobelpreis
entgegenzunehmen,
und dieses Jahr
waren es die
Chinesen. Die
„einzige Demokratie
im Nahen Osten“ ist
nicht anders als
die große Diktatur
im Fernen Osten, was
die Menschenrechte
betrifft.
Insofern war das
letzte Jahr 2010
vielleicht ein
„gutes“ Jahr für
Israel und für uns,
die wir Israels
Politik kritisieren.
Vielleicht wird
diese widerliche
Hinwendung zum
Faschismus und
dunklen
Nationalismus, die
so viele Jahre
verborgen war,
endlich in Israel
und in der Welt
etwas bewirken und
die letzten noch
Schlafenden wecken
und zum Handeln
zwingen. Vielleicht
werden die Israelis
endlich aufschreien
und bekennen, dass
dies nicht der Staat
ist, in dem sie
leben wollen, und
vielleicht werden
unsere Politiker
endlich sehen, mit
wem sie sich
verbrüdern wollen
und wem sie den
Schutz der
„Staatsräson“
anbieten. Schon
zirkulieren Listen
mit Namen, Rang,
Position,
Geburtsdatum, Nummer
des
Personalausweises
und sogar
vollständige
Adressen von
hunderten
potentiellen
israelischen
Kriegsverbrechern,
die vielleicht doch
noch eines Tages
vor dem
Internationalen
Gerichtshof in Den
Haag vor Gericht
gestellt werden.
(Siehe
bei:www.dersemit.de)
Nun haben auch
führende israelische
Intellektuelle
scharf gegen eine
Entscheidung des
Parlaments
protestiert, künftig
härter gegen
Armeekritiker
vorzugehen. Mehr als
30 Professoren und
Schriftsteller haben
einen Protestbrief
an alle Abgeordneten
unterzeichnet.
Darunter seien der
Dramatiker Jehoschua
Sobol, der
Schriftsteller Joram
Kaniuk und der
Bildhauer Dani
Karavan.
Das Parlament hatte
am Mittwoch in
Jerusalem
beschlossen, dass
die Finanzierung
armeekritischer
israelischer
Organisationen stärker
unter die Lupe
genommen werden
soll. Die Resolution
war von der
Einwanderungspartei
Israel Beitenu
(Unser Haus Israel)
von Außenminister
Avigdor Lieberman
eingebracht worden.
Die Intellektuellen
verurteilten die
parlamentarische
Entscheidung den
Berichten zufolge
als "Initiative zur
Zerstörung der
israelischen
Demokratie". "Eine
schwarze Flagge weht
jetzt über dem
israelischen
Abgeordnetenhaus."
Das eingesetzte
Gremium zur
Überprüfung der
Organisationen wurde
als "faschistisches
Untersuchungskomitee"
beschrieben. Von den
Prüfungen betroffen
sind etwa die
Menschenrechtsorganisation
B'tselem und die
Organisation
Breaking the Silence
(Das Schweigen
brechen). Die Gruppe
sammelt
Zeugenaussagen
israelischer
Soldaten über ihren
Dienst in den
besetzten
Palästinensergebieten.
Auch Machsom Watch -
eine Gruppe
israelischer Frauen,
die israelische
Kontrollpunkte
beobachtet - soll
untersucht werden.
Manche kluge und
besorgte Israelis
glauben, dass dieses
Jahr 2011, das
letzte Jahr ist, in
dem noch was zu
retten ist. Wenn in
diesem Jahr kein
Wunder geschieht und
das Ruder der
Geschichte zur Wende
zwingt, kann es
danach zu spät sein.
Abraham Melzer
10.01.2011
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