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Älterwerden
Sterne der
Jugend wohin seid ihr hinabgefallen?
Keinen
mehr von euch allen seh in Gewölk ich ziehen.
Ihr meiner
Jugend Genossen,
Ach wie
früh mit der Welt habt ihr Frieden geschlossen!
Dennoch
kämpfe ich weiter.
Steh
entgegen der Welt!
Kann ich
nicht siegen als Held, will ich doch fallen als Streiter.
(Hermann Hesse)
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Osterbrief 2008
Reuven Moskovitz
e-mail:
vardamos@hotmail.com
Solche Bücher lässt du drucken,
Teurer Freund, du bist verloren.
Willst du Geld und Ehre haben,
musst du dich gehörig ducken.
Nimmer hätt ich dir geraten,
so zu sprechen vor dem Volke
so zu sprechen von
den Pfaffen
und von mächtigen Magnaten.
Teurer Freund, du bist verloren!.
Pfaffen haben lange Zungen,
Fürsten haben lange Arme,
Und das Volk hat lange Ohren.
Heinrich Heine
Liebe Freundinnen und Freunde
Dieses Gedicht ist eines der
wenigen Gedichte Heines, die ich noch auswendig weiß. Die
lange und giftige Zunge von Henryk Broder, der lange Arm
meiner gegenwärtigen Fürsten, ausgerichtet auf die langen
Ohren des Volkes, haben mich diesmal erwischt.
Einige von Euch wissen
vielleicht, dass sich
Henryk
M. Broder im Dezember in
„DIE JÜDISCHE“ mit meiner Biografie befasst hat. Das
Ergebnis ist eine für Broder typische Vermengung von
Wahrheiten, Halbwahrheiten, Unwahrheiten und schweren
Beleidigungen. In seinem Aufsatz erhebt er den Vorwurf, ich
hätte mir in betrügerischer Weise den Doktortitel angemaßt.
Zum Beweis dafür listet er
u.a. zahlreiche
Veranstaltungen auf, zu denen ich als Dr.
Reuven
Moskovitz angekündigt worden
bin. Das ist richtig. Richtig ist auch seine Darstellung,
dass ich keinen Doktortitel führen darf. Wahr ist aber auch,
dass ich diesen Titel selbst nie benutzt habe: Weder habe
ich mich jemals als Dr. M. eingeführt, noch habe ich ein
einziges Schriftstück als Dr. M. unterzeichnet. Ebenso wenig
habe ich mich auf Visitenkarten oder auf Briefpapier mit
einem Titel geschmückt. Allerdings muss ich einräumen, dass
ich nicht immer mit dem gebotenen Nachdruck eine Korrektur
verlangte, wenn die Veranstalter meiner Vorträge den
Doktortitel vor meinen Namen setzten. Diese Praxis hatten
sie offensichtlich aus früheren Ankündigungen Dritter
übernommen.
Diese Nachlässigkeit habe ich
mir vorzuwerfen. Vermutlich lag der Grund weniger in
persönlicher Eitelkeit als in dem Bestreben, meinem
Eintreten für einen gerechten Frieden in meiner Heimat mehr
publizistisches Gewicht zu verleihen.
Tatsache ist auch, dass
ich in den Jahren 1974/75 in Berlin eine Arbeit
(Dissertation) mit dem Titel "Juden und Deutsche zwischen
Macht des Geistes und Ohnmacht der Gewalt" geschrieben habe.
Mein damaliger Doktorvater Prof. Walter Grab hatte mir
geholfen, ein Stipendium der Friedrich Ebert-Stiftung zu
bekommen. Es kam aber nicht zu einem Promotionsverfahren
–wohl auch wegen der in meiner Arbeit angeblich
aufgestellten Behauptung, Israel sei ein faschistischer
Staat. Inzwischen hatte ich an mein Gymnasium in Rechovot
zurückkehren müssen, wo ich jedoch, wiederum auf Grund
derselben Unterstellung, entlassen wurde. In der Folgezeit
beteiligte ich mich mit allen Kräften an der Gründung und
dem Aufbau des Friedensdorfes
Neve
Shalom/Walat
al Salam. Die ursprünglich angestrebte Promotion verlor
darüber immer mehr an Bedeutung. Wichtiger war für mich die
Erkenntnis, dass sich im Laufe der Jahre meine Befürchtungen
mehr und mehr bestätigten, dass sich Israel einem gerechten
Frieden verweigert und dass die israelische Gesellschaft
zunehmend durch faschistoides, klerikales, rassistisches und
rechtsvergessenes
Denken vergiftet wird.
Tatsache ist schließlich,
dass von meiner "Dissertation" drei Exemplare existierten:
je eines hatten meine mittlerweile verstorbenen Professoren
Grab und
Gollwitzer
und eines hatte ich. Ist es Zufall, dass bei einem Einbruch
in mein Arbeitszimmer ausschließlich diese Arbeit mitsamt
aller
von mir in hebräischer Sprache veröffentlichten Aufsätze und
Zeitungsartikel gestohlen wurden?
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich habe Euch offen die Hintergründe geschildert, die den
„Stoff“ für Broders Hetzartikel bilden. Ihr könnt nun selbst
urteilen und es ist an Euch, ob Ihr dem Reuven, der nicht „
Dr. Reuven“ ist, weiter vertrauen wollt.
Nicht alle werden reagieren wie
Übereifrige in Freiburg, die die Entfernung meines Buches,
das doch nur der Versöhnung und Vergebung dienen sollte, aus
der Uni-Bibliothek verlangten – Gott sei Dank hat man auf
die Verbrennung verzichtet.
Für meinen weiteren Brief an
Euch suchte ich einige Zitate aus, die die heutige schlechte
Situation gut beschreiben.
Ein unbequemer Mahner
Vor über 30 Jahren, auch in der
Passionszeit, schrieb ich, ein durch die Gräuel der
Nazizeit gebrannter Jude, meinem ersten Brief an deutsche
Freunde – an „die Freunde, um derentwegen ich sagen kann: Es
gibt ein Deutschland, das ich liebe“. Erschüttert durch das
Gefühl, dass ich mit meiner Botschaft so einsam blieb wie
Jesus in Getsehmane unter seinen schlafenden Jüngern und
besorgt durch das Scheitern aller Friedensinitiativen nach
dem Jom-Kippur-Krieg und das, wie ich meinte, Einschlafen
der deutschen Friedensbewegung, rief ich auf zu einer
„aktiven Stellungnahme“ an dem Geschehen in diesem Wirbel
von Gewalt und Gegengewalt im „Heiligen Land“
Zu meinem großen Bedauern haben
sich seither alle meine Befürchtungen bestätigt:
Ermutigt durch das Schweigen der
Weltöffentlichkeit, haben die verschiedenen israelischen
Regierungen weiter ausschließlich auf Gewalt und
Unterdrückung gesetzt .Es wurde auch hier keine Gelegenheit
verpasst, die Gelegenheit des Friedens zu verpassen.
„Muss man warten“ –
schrieb ich damals „bis sich auch
dort alles kompliziert wie in Vietnam? müssen wir warten,
bis wir noch mehr Flüchtlingen und Waisen helfen müssen,
statt alles zu tun, dass keine weiteren Flüchtlinge und
Waisen im Nahen Osten hinzukommen und die schon
existierenden Flüchtlinge eine Heimat erhalten?“
Dieser Aufruf, von
Hunderten und später Tausenden deutscher Friedensbewegter
aufgenommen, wurde von der deutschen Politik – egal, ob
rechts oder links - überhört – und es bestätigte sich
leider die Klage unseres Propheten Jeremia:
“Denn sie gieren alle, klein und groß, nach
unrechtem Gewinn, und Propheten und Priester gehen alle mit
Lüge um und heilen den Schaden meines Volks nur obenhin,
indem sie sagen: Friede!Friede! und ist doch nicht Frieden.“
Jeremia 6, 13-14.
Vor 35 Jahren
konnte man denken, dass meine Mahnung einem merkwürdigen
israelischen Nestbeschmutzer und Selbsthasser zuzuschreiben
sei...
Versuchen wir aber, nicht nur
mich selbst zu zitieren. Was schreibt ein Leitartikel der
einzigen seriösen israelischen Tageszeitung Ha’aretz im
Jahr 2008:
“ Bush macht sich einer Sünde
mitschuldig.
Die „provisorische“ Siedlung
Migron, die auf privatem palästinensischem Boden gebaut
worden ist und deren Auflösung die Vereinigten Staaten mit
angeblicher Entschlossenheit fordern, ist eine stabile
Siedlung, die seit 7 Jahren existiert. Es gibt dort Gärten,
Spielplätze mit Schaukeln, Kindergärten und eine
Infrastruktur, in die 4 Millionen Schekel Staatsgelder
investiert worden sind. Diese Siedlung Migron ist nur ein
Beispiel. Es gibt solche provisorischen Siedlungen mit mehr
als 500 Einwohnern und solche, wo mehr als 1000 Menschen
wohnen. Der Begriff „Provisorium“ ist ein leeres Wort. Die
Lüge in der Unterscheidung zwischen legaler Siedlung und
illegaler – als hätte jemand die Legalität der alten
Siedlungen anerkannt, und als ob diese provisorischen
Siedlungen aufgebaut worden wären gegen den Willen der
Regierungen und nicht durch deren aktive Unterstützung – ist
offensichtlich.
Die Israelis meinen, es
gelänge ihnen, die ganze Welt zu betrügen, aber sie betrügen
nur sich selbst. Die provisorischen Siedlungen stellen die
Essenz des israelischen Bluffs dar. Seit 40 Jahren siedelt
Israel in den besetzten Gebieten und tut so, als wäre es
bereit, sich jeden Augenblick zurückzuziehen, sobald eine
Friedensaussicht besteht. Eigenhändig nimmt Israel der
2-Staaten-Lösung jegliche Relevanz, während es in aller
Öffentlichkeit erklärt, das sei die einzig
mögliche Lösung,
Während die
Außenministerin Zippi Livni während ihres 1. Besuchs in der
Westbank fordert, dass wir die Frage der Räumung der
Provisorien nicht mit einem Augenzwinkern behandeln dürfen,
erklärt ihr der verantwortliche Offizier, dass es doch schon
89 solcher angeblich provisorischen Siedlungen gibt. Als ob
sie ein Gast von einem anderen Stern wäre und nicht eine
Mittäterin an diesem nationalen Unglück.“
Auch der amerikanische
Präsident zeigt sich mitverantwortlich für diese Sünde, denn
die Verpflichtung Olmerts Bush gegenüber, dass er für die
Räumung eintritt, ist nicht mehr als leeres Gerede.
Die Vereinigten Staaten fordern nicht
ernsthaft die Räumung dieser Siedlungen. Wäre es so, würden
diese Siedlungen schon lange nicht mehr existieren“.
Dieser Artikel bringt die
Quintessenz dessen, was ich schon seit Jahren als die
kolossale Lüge der israelischen Politik bezeichne, die uns
und den Nahen Osten in den immerwährenden zerstörerischen
Konflikt treibt.
Kann es auch uns nicht passieren?
In meinem Brief von vor 30
Jahren mahne ich, dass kein Volk vor der Gefahr gefeit ist,
die das deutsche Volk betroffen hat. Diese Behauptung wurde
mit einem skeptischen und empörten Augenbrauenzucken
erwidert.
Zitieren wir den Mann, Avner
Werner Less, der israelische Polizeibeamte, der Eichmann
verhört und auf Tonband aufgenommen hat.
„Das Furchtbare dabei ist, dass
dieser Eichmann keine Ausnahme bildet. Seiner gibt es viele,
ja, ganze Heerscharen. Ein jeder, der passiv solche
Gräueltaten mit ansieht und sich abwendet mit der Ausrede,
dass er es ja nicht gewollt und befohlen habe, ist für alle
Ewigkeit mitverdammt. Kein Volk bleibt hier verschont, kein
Volk bildet eine Ausnahme, keine Nation kann sagen:’ das
gibt es nicht bei uns, das ist bei uns nicht möglich’.
So brutal es auch klingen mag,
so sehr man auch dagegen protestieren wird, aber viele unter
uns sind fähig, eine Eichmann-Rolle zu spielen. Und so wird
Eichmann zu seinem Symbol des Übels“.
Dies ist das Wesentliche meiner
langjährigen Warnungen angesichts des eskalierenden
Verrohung auf allen Seiten als Ergebnis der nachhaltigen
Besetzungs- und Siedlungspolitik.
Was ist Jiddischkeit?
Wenn man denkt, das könne
Juden nicht passieren, erlaube ich mir ein Weiteres Zitat
aus einem Aufsatz in jiddischer Sprache von dem großen
jüdischen Schriftsteller I.L.Peretz unter dem Titel:
Was is Jiddishkeit?
„Jiddishkeit ist die jiddishe
Weltanschauung, die Weltidee, die ihre Verkörperung sucht in
der Moral. Die Welt mit jiddische Augen gesehen, ist
organisch zusammengebunden und darüber hinaus moralisch
verantwortlich. Die Welt mit götzendienerischen Augen
betrachtet, ist epileptisch, eine Welt, die kein Gesetz
kennt und in welcher man keine moralische Forderung stellen
kann.
Unser moralisches Ringen ist
nicht an einen bestimmten Ort gebunden. Wir sind ein
Weltvolk geworden und verpflichtet, die Fahne der jiddische
Renaissance hochzuhalten, des Messias und des Weltrechts
und der Befreiung...Der jiddische Messias soll nicht nur
Juden befreien, er soll kommen die Welt zu erlösen von Pein,
von Krieg und von den Abgründen zwischen Armen und
Reichen...Alles soll für alle sein. Unser Messias ist noch
nicht gekommen, aber er darf nicht nur für sein Volk allein
kommen. Die ganze Menschheit muss befreit werden von der
menschlichen Tragödie.“
Nichts von dem hier zitierten
Geist ist übriggeblieben, weder im Diskurs noch im Handeln
des zeitgenössischen Israel. Ich wage zum Ausdruck zu
bringen, dass das von Gewalt, Unrecht und
Erbarmungslosigkeit geprägte heutige Judentum für viele
jüdische Überlebende - und nicht nur diese - wie ein
geistiger Holocaust empfunden wird. Dieser Geist ist auch
realpolitisch nicht zu verantworten. Die Fortsetzung des
Krieges als einziges Mittel der Politik zum Überleben
verurteilt unseren Staat, der doch als einmaliges Wunder
begann, zum Untergang.
60 Jahre Israel – berauschender
Aufstieg , trostlose Naqba
Nun sind wir im 60.Geburtsjahr
des Staates Israel. Wir hätten dieses Jubiläum krönen können
durch einen hoffnungsvollen politischen Schritt, der die
vergangenen 60 Jahre Sicherheitspolitik, die uns und unsere
arabischen Nachbarn anhaltend unsicher gemacht haben,
überwinden und uns umsteigen ließe zu einer
verheißungsvollen Hoffnung auf ein friedliches
Zusammenleben. 22 arabische Länder und Vertreter der Hamas
hatten uns ihre Hand hingestreckt und ihre Bereitschaft
erklärt, mit Israel Frieden zu machen unter der Bedingung,
dass Israel sich aus den 1967 eroberten Gebieten
zurückzieht. Israel würde weltweit anerkannt werden und
damit seine Berechtigung, in Frieden auf knapp 80% des
ehemaligen Palästina zu leben. Wie wurde diese einmalige
Gelegenheit versäumt? Anstatt sofort ja zu sagen und zu
einer internationalen Konferenz aufzurufen, eilt Olmert nach
Washington, um diese Friedensgefahr alsbald zu beseitigen.
Annapolis wurde bestimmt, diese
vielversprechende Friedensaussicht in die Sackgasse zu
treiben. Gleichzeitig besuchte er Berlin und andere
Hauptstädte in dem Versuch, eine Front gegen Iran
aufzubauen. Der klare Aufruf des syrischen Präsidenten
Bashar Assad, mit Israel einen Frieden zu schließen, der die
Räumung der Golan- Höhen voraussetzt, wird beantwortet mit
einem feindlichen Anflug über syrisches Territorium und die
Bombardierung und Zerstörung einer vermeintlichen
nordkoreanischen Atomanlage.
Was den 2. Libanonkrieg
anbelangt, habe ich ihn in einem Interview des
Deutschlandfunks bezeichnet als eine gezielte Brandstiftung,
die den Libanon und Israel brennen ließ.
Die einzige Schlussfolgerung ,
die in Israel aus diesem Verbrechen gezogen wurde, war, den
nächsten Krieg genauso wie den vorigen von langer Hand
vorzubereiten, ihn dann aber kompetenter zum Erfolg zu
führen – d. h. noch gründlichere Zerstörung, noch mehr Tote
und noch mehr Streubomben zum Abschluss.
Gaza ist ein beschämendes
und verbrecherisches Kapitel: Ein Gebiet von knapp 150 qkm,
wo über 1300 000 Menschen zusammengepfercht sind,
überwiegend Vertriebene des Krieges von 1947- 49. Schon
unmittelbar nach 1949 waren sie mörderischen
Vergeltungsschlägen ausgeliefert, die oft eine ungewünschte
Friedensinitiative unterlaufen sollten. Ein
60jähriges nachhaltiges Kalvarium. Wenn auch von Gaza
mörderische Anschläge gegen Israel verübt wurden und werden,
ändert das nichts an der Tatsache, dass es sich dort um eine
andauernde Verletzung von Menschen - und Völkerrecht
handelt. Der „friedfertige“ Sharon hatte die Armee
beauftragt, dafür zu sorgen, täglich „Berge von Leichen“ zu
hinterlassen. Das schmälerte nicht die Bewunderung der Welt
und besonders deutscher Politiker für den „friedlichen
Abzug“ aus Gaza unter Umständen, die den Bürgerkrieg unter
den Palästinensern und das gegenwärtige Gemetzel
provozierten. Dass Gaza das größte Gefängnis ist, in dem die
Menschen hungern und verhungern ist keine Metapher mehr.
Kein Grund zum Feiern
In den kommenden Wochen wird
man, besonders in Deutschland, die Errungenschaften von 60
Jahren Israel kritiklos loben und preisen. In Israel werden
nicht alle in den Jubel einfallen, denn jetzt besteht noch
weniger Anlass zum Feiern als beim 50.Jahrestag.
Damals schrieb Nathan Zach,
Literaturprofessor, Dichter und Israelpreisträger in seinem
Artikel ‚Kein Grund zum Feiern’
„Ah, meine Unschöne, die Jahre
haben dir gegenüber gesündigt, meinte der Dichter. Diese
Worte treffen genau auf unseren 50 Jahre alt gewordenen
Staat zu, der frühzeitig gealtert ist und den man jetzt in
Festkleider hüllt, ohne ihn dadurch attraktiver zu machen.
Gerade so, als gäbe es Grund zur Freude. Gerade so, als gäbe
es ein Jubiläum zu feiern. Wen hat dieser Staat in den
letzten 50 Jahren nicht enttäuscht? Wen oder was hat dieser
Staat nicht verraten? Welche Vision ist noch geblieben, die
nicht verblasst oder verloren gegangen ist? Von welchen
Grausamkeiten hat dieser Staat seine Seele ferngehalten,
welche Lüge und Heuchelei ist nicht aus seinem Munde
verkündet worden? Ein Ungeheuer des 2000jährigen Traumes
(...). Sollen wir wirklich des 50jährigen, frühzeitig
vergreistren Staates gedenken, des industriellen
Aufschwungs, der Errungenschaften von Medizin,
Landwirtschaft und Wissenschaft, der Wolkenkratzer und der
eindrucksvollen Betonklötze? Nein, nicht deshalb standen
die Gründer dieses Staates vor den Völkern der Welt und
appellierten an ihr Gewissen, um 1917 Hilfe für eine
nationale Heimat und 1947 die Staatsgründung zu erhalten.
Nicht um so stark sein wie Sodom, so reich wie Gomorrha und
so furchterregend wie Ninive ist dieser Staat zur Welt
gekommen. Nicht das war der Traum der Gründergeneration und
nicht dafür ist so viel Blut geflossen.“
Dieser Zustand hat sich in den
vergangenen 10 Jahren nur noch verschlimmert. Dass man in
Deutschland diesen Staat weiter kritiklos feiern und
bejubeln wird, spricht nur für die willige Blindheit der
Feiernden, die sie hindert, zu sehen, dass der Staat Israel
schwer erkrankt ist an der Krankheit der Friedlosigkeit. In
Deutschland höre und lese ich immer wieder den Spruch aus
dem Talmud, dass die Erlösung in der Erinnerung liegt.
Unablässig, bis zu meinem
letzten Atemzug, werde ich an die palästinensische Naqba
erinnern und die friedfertigen und differenziert denkenden
Deutschen aufrufen, nicht nur des Wunders der israelischen
Staatsgründung zu gedenken, sondern auch der gekreuzigten
Freiheit des palästinensischen Volkes.
Jetzt in der Karwoche bin ich
wieder in Jerusalem – und gleich erschütterten mich zwei
Ereignisse:
1.
Obwohl im Westjordanland seit drei Monaten
Waffenruhe herrscht, drang die israelische Armee in
Bethlehem und Tulkarem ein und tötete mehrere Menschen.
2.
Die deutsche Bundeskanzlerin hält es für
richtig, gerade in diesen Tagen nach Israel zu kommen, um
der israelischen Regierung den Rücken zu stärken.
Nun etwas für die Seele
Vom 14. bis
17. August 2008 veranstalten wir in der Friedenswerkstatt in
Bentierode die Sommertage unter dem Motto “Wenn ihr nicht
werdet wie die Kinder…“
Gedacht ist an ein offenes Zusammensein,
das den Teilnehmenden ermöglicht sich einzubringen und sich
anregen zu lassen.
Wir werden musizieren, erzählen, singen,
tanzen, diskutieren und spazieren. Die täglichen Aufgaben –
besonders das Kochen – wollen wir in das kreative Geschehen
mit hinein nehmen. Es wird nicht Herren und Knechte,
Referenten, Hörer und Dienstpersonal geben, sondern ganz
kindlich: einfach Geschwister.
Die drei
Aachener Musikanten „Kaleidoklez“ haben zugesagt und Christa
wird mit uns tanzen.
Nähere Informationen über Ort
und Anreise findet Ihr unter
www.friedenswerkstatt.de.
Anmeldungen bitte bis
spätestens zum 10. Juni 2008 bei
hanja.vandyck@t-online.de oder 030/34503244. Kosten für
die Teilnahme sind auch bei Ihr zu erfragen.
Ich freue mich auf Euch!
Herzliche Grüße,
Euer
Reuven
Münster, den 16. März 2008
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